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Ausgabe:

1881

Spalte:

585-590

Autor/Hrsg.:

Hommel, Fritz

Titel/Untertitel:

Die semitischen Völker und Sprachen, als erster Versuch einer Encyklopädie der semitischen Sprach- und Alterthumswissenschaft. Vorträge 1881

Rezensent:

Philippi, Fr.

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Ericheint prejs
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 25.

3. December 1881.

6. Jahrgang.

Hommel, Die femiiifchen Völker und Spruchen
(l'liilippi).

Meyer, Römerbrief, umgearbeitet von Weifs
(Schürer).

Meyer, I. Korintherbrief, neu bearb. von Hein-
rici (Schürer).

Meyer, Galaterbrief, neu bearb. von Sieffert
(Schureri.

Breeft, Johannes der Triufer (Iloltzmann).
Erichion, Das Marburger Religionsgefpräch
(Zoepffel).

Rüetfchi, Gefchichte und Kritik der kirchl.

Gehre von der urfprünglichen Vollkommenheit

(Wendt).

Schultz, Lehre von der Gottheit Chrifti (Gott-
fchick).

Zirngiebl, Johannes Huber (Carriere)

Hommel. Fritz, Die semitischen Völker und Sprachen, als

erfter Verfuch einer Kncyclopädie der femitifchen
Sprach- und Alterthumsvviffenfchaft. Ein Cyclus von
Vorträgen, gehalten im Sommer 1878 an der Univer-
fität München. 1. Die Semiten und ihre Bedeutung
für die Kulturgefchichte. Mit drei Farbenkärtchen
zur Vcranfchaulichung der femitifchen Sprachentwicklung
und einer phyfikalifchen Karte der femitifchen
Länder. Leipzig 1881, O. Schulze. (VIII, 68 S.
gr. 8.) M. 2. —
Das vorliegende Schriftchen enthält den erften in

einem Cyclus von Vorträgen, die Fr. Hommel im Sommer
1878 an der Univerfität München gehalten hat und

nun veröffentlichen will als erflen Verfuch einer Ency-

klopädie der femitifchen Sprach- und Alterthumswiffen-

fchaft, zugleich als zeitgemäfse Apologie der Semiten,

die auf directe Quellen-Studien bafirt, aber nicht aus

judenfreundlichen Antrieben heraus gefchrieben fein will.

Die Vorträge, obwohl nach diefem zu urtheilen in ganz

populärer Form gehalten, fcheinen doch, nach dem Ge-

lämmttitel, den der Verf. ihnen gegeben, zu fchliefsen,

einen Anfpruch auf wiffenfchaftliche Geltung zu machen

und find daher mit anderem Mafsftabe zu meffen, als den

man an populäre Producte zu legen pflegt. Darnach

kann ich aber wenigflens dem, was bis jetzt vorliegt,

einen wiffenfchaftlichen Werth kaum zu erkennen. Nicht

nur, dafs der Vortrag nirgends wefentlich neue Gefichts-

punkte eröffnet und einen recht unfelbftändigen Charakter
an fich trägt —■ der Haupttheil ift compilirt aus

Renan, Grau, v. Kremer, Krehl u. a., — enthält er

auch eine Reihe von Behauptungen, in denen fich nur

zu oft Sicherheit der Aufftellung und Verkehrtheit des

Aufgeftellten die Wage halten.

Im erften Theil (p. I—20) präcifirt der Verf. zu-

nächft feine Aufgabe dahin, dafs ,er die älteften Ur-

fprünge der Semiten, ihre urfprünglichen Wohnfitze, ihre

Sprache, da fie noch ein ungetrenntes Volk waren, ihre

alte Cultur, ihre anfängliche Religion erfchliefsen lehren,

ferner zeigen, wie fie fich dann trennten und ihre fpäteren

Wohnfitze einnahmen, welche Culturvölker vor ihnen

dort den Weg gebahnt, was fie von diefen angenommen,

ndu wie fie das fo Angenommene weiter ausbauten und

m Dienft der Culturgefchichte verwertheten, endlich

aus dem femitifchen Nationalcharakter erklären will, j gegenüber den° Indogermanen' inTGfigenTat^
warum fie fich be. den gegebenen äufseren h.ftonfchen wefentlich auf die Seite Grau's. Er gefleht zu dafs die
Verhältmfsen und bei der geograph.fchen und khmati- ! Semiten in Kunft, Wiffenfchaft und Staatsieben weit we-
fchen Bcfchaffenhc.t der Lander, in die fie das Gefchick ■ niger geleiftet haben, als die Indogermanen, obwohl ihre
geführt, genau fo wie fie es gethan haben, entwickelten Leitungen auf diefen Gebieten wie dem der Induflrie
oder was etwa der erwarteten Entwicklung hinderlich j und materiellen Seite der Cultur weit höher anzufchla'en
fein konnte oder mufste', führt uns fodann die Schwie- 1 fein follen, als Renan und Grau anerkennen wollen

rigkeiten vor, die fich der Löfung diefer Aufgabe von
Seiten der heutigen orientalifchen Wiffenfchaft entgegen-
ftellen, weift ferner nach, wie unglücklich der Name
.femitifch' für die darunter befafsten Völker und Sprachen
gewählt ift, wofür er (Note 7) den nach dem Vorbild
von ,indogermanifch' gemodelten, meines Erachtens
um nichts befferen Namen fyro-arabifch oder affyro-
arabifch oder auch den Namen Triliteralfprachen —gluck -
licherweife nicht einführen will, giebt dann eine Ein-
theilung und Aufzählung der Semiten oder vielmehr der
femitifchen Sprachen, je nach dem zeit-, literatur- und
fprachgefchichtlichen Moment', und bezeichnet endlich
die Grenzen der femitifchen Völker überhaupt nach
aufsen hin gegen die denfclben anwohnenden Nicht-
femiten. An diefem Theil habe ich im Ganzen wenig
auszufetzen, er bringt ja auch meift Allbekanntes, nur
dafs mich doch die Angabe überrafcht, dafs die neugewonnenen
philologifchen Refultate der Affyriologie fich
befonders durch die Verdienfte A. H. Sayce's, Friedr.
Delitzfch's und Francois Lenormant's befeftigt haben
follen (p. 5), fowic die Sicherheit einer Reihe von Behauptungen
, für die der Beweis erft fpäter erfolgen foll,
wie z. B. dafs die neuen Refultate der Pentateuchkritik
durch die Affyriologie glänzend beftätigt werden (Note 1),
oder dafs die femitifche Sprach- und Culturwiffenfchaft
Mittel befitzt, nicht blofs die Urfitze der Semiten, fondern
auch die der Indogermanen zu beftimmen (p. 7).
Wenden wir uns nun zum Haupttheil (p. 21—46), in
dem Hommel uns eine vorläufige Charaktcriftik der Semiten
fpeciell nach Seiten des Antheils, den fie an dem
gemeinfamen Werk der Civilifation gegenüber den Indogermanen
gehabt haben, zu geben fucht. Zunächfl begreife
ich nicht recht, was eigentlich diefe Erörterungen
an diefer Stelle follen? Sie gehören ans Finde, follten
erft der genaueren Schilderung der culturgefchichtlichen
Leiftungen der Semiten, die er uns ja zu geben ver-
fpricht, folgen; hier konnten die hergehörigen Fragen
doch nur ganz oberflächlich und mit Weglaffung der
Hauptbeweife behandelt werden. Was aber den Inhalt
diefer Seiten anbetrifft, fo gebe ich gerne zu, dafs fich
auf ihnen manche richtige Bemerkung findet, kann aber
dem Verf. weder im Refultat beiftimmen, noch in der
Art feiner Argumentation, die ich der Hauptfache nach
mindeftens als recht fchief bezeichnen möchte. Er Hellt
fich in der Frage nach der Werthfehätzung der Semiten

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