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Ausgabe:

1881 Nr. 24

Spalte:

579-580

Autor/Hrsg.:

Leopold, Paul

Titel/Untertitel:

Predigten. Aus dem Nachlasse hrsg. von Karl Lechler 1881

Rezensent:

Fay, Friedrich Rudolf

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Seite 1

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579 Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 24. 580

bens ift unverkennbar in eminentem Sinne eine redne- j ,der durch die feltene Gediegenheit und Geradheit feines
rifche'. Bei der Begründung diefer Behauptung wird Charakters und die reiche Geiftesbildung, die er befafs,
Manchen die Mittheilung überrafchen: ,Es ift ein bedeut- I alle, welche ihm näher kamen, mit Hochachtung er-
fames Zeichen der Zeit, dafs die Socialiften als die Er- | füllte, denen aber, welche tiefer in fein Leben zu blicken
ften damit vorgegangen find, auch befondere Schulen i vermögend waren, durch feinen Glaubensernft, wie durch
für die Rhetorik in der Verborgenheit zu errichten'. die Reinheit feines Chriftenwandels zu einem ganz be-

Nach dem Nachweife der Bedeutung des äufseren fonderen Segen geworden ift'.

Vortrages und nach einer Befprechung der Behandlung
desfelben in der älteren und neueren Literatur der praktischen
Theologie, wird der Titel diefer Schrift gerechtfertigt
. Dann folgen auf 14 Seiten .Andeutungen im

Der Freund hat dem Freunde nicht zu viel nachge-
gerühmt, denn man fühlt es Leopold's Reden an, dafs
der Mann, der fie gehalten hat, ein ebenfo ernfter, als
befonnener, ein ebenfo fchriftkundiger, als gebildeter

N. T. über den äufseren Vortrag des Herrn und feiner ; Geiftlicher gewefen fein mufs. Was er verkündigt, ift
Apoftel'. Hier werden die bezüglichen Schriftausdrücke durch feine Seele hindurchgegangen: reines und lauteres
fehr genau und fcharffinnig erwogen, fo dafs vielleicht : Evangelium! Da werden nicht Bibelfprüche auf Bibelmanchmal
etwas zu viel aus ihnen gefolgert wird. Wenn { fprüche gehäuft, aber noch weit weniger fchöne Redenses
z. B. S. 28 hinfichtlich jener heiligen Männer heifst, j arten gebraucht, fondern die Worte der heiligen Schrift in
dafs fie ,dem aufnehmenden Ohre und dem beobach- i edler und kräftiger Sprache den Hörern nahe gebracht. Es
tenden Auge ihrer Zuhörer in allem Mafse gerecht zu | ift daher wohl zu begreifen, dafs diefe Kanzelvorträge ,in
werden fuchten', fo darf man doch wohl in diefes Suchen ; der Gemeinde Neuburg, wo der treue Knecht Gottes fieb-
nicht zu viel bewufste Abficht hineinlegen. j zehn Jahre lang wirkte, tiefe Spuren des Geiftes Gottes

Die nachherigen Erörterungen fchliefsen fich an die zurückgelaffen haben'. Schlicht und einfach ift die Anwichtige
Unterfcheidung zwifchen mehr äufserlichen For- trittspredigt über Rom. 1, 16: .Mein Bekenntnifs von
derungen an den Vortrag und folchen tief innerlicher dem Evangelium' gehalten, tief ergreifend die Predigt
Art. Gut werden letztere namentlich auf das .Bezeugen' am Chriftfeft des Jahres 1870, gedankenreich die Predigt
gegründet. Dann werden die Forderungen des freien am Erfcheinungsfefte über Jef. 42, 1—8, in der mit gro-
Vortrages hinfichtlich der Declamation auf 18 Seiten, fsem Gefchick nachgewiefen wird, dafs ,die Heidenmif-
hinfichtlich der Action auf 3 Seiten befprochen. Mehr fion eine göttliche Reichsfache' fei. Nicht weniger rühm-
als 2 Seiten werden zuletzt dem liturgifch-gebundenen lieh find die feftlichen Anfprachen am Charfreitage
Vortrage gewidmet. Diefe Anlage ift eine überfichtliche, über die Heilskraft des Kreuzes Chrifti, am Ofterfefte
die Darfteilung eine klare und beftimmte, das Urtheil von ,den hellen Strahlen der Ofterfonne', am Pfingftfelte
ein fehr verftändiges. Geeignete Beifpiele fehlen nicht über ,das Neue, was durch die Ausgiefsung des heiligen
und die hergehörige Literatur wird angeführt. Man er- Geiftes gefchaffen worden' zu erwähnen. Mit grofscr
hält nicht nur eine Menge trefflicher Regeln, fondern praktifcher Gewandtheit ift am Dreieinigkeitsfeftc die
auch die principielle Begründung. Der Verf. betrachtet Epiftel Rom. II, 33—36 in der Weife behandelt, dafs
die Sache keineswegs blofs äufserlich, warnt vielmehr nachgewiefen wird: ,Wie in der göttlichen Dreieinigkeit
ebenfo ernft vor falfchen Künften, als er das ethifche unferes wahren Lebens Ausgang, Weg und Ziel enthal-
Fundament der wahren Beredfamkeit und den Einflufs ten ift'. Von anmuthigem, an Paul Gerhardt's Art
des inneren Lebens auf diefelbe fchön hervorhebt, f. S. erinnerndem Naturfinne zeugt die Predigt am Ernte- und
43.49. Er behandelt feinen Stoff recht vollftändig. Nur Herbftdankfeft über Pfalm 65, 10—14: Das göttliche Se-
etwa über den Unterfchied des Vortrages von Predigten gensbrünnlein'. ,Wie am erften Tage', heifst es da,
und Cafualreden, fowie über den Einflufs des wörtlichen .durchdringt noch heute der belebende und befruchtende
Memorirens oder Extemporirens wäre noch Einiges zu Odem Gottes das Land, und an den Angern, die uns in
bemerken gewefen. Ebenfo über die Bedeutung, welche frifchem Grün entgegenlachen, an den Auen, die mit
für Flufs und Wärme des Vortrages die Form des In- dichtgedrängten Aehren daftehen wie Mauern, an den
haltes, namentlich die Art des Satzbaues, und das Vor- Bäumen, die fich oft unter der Laft ihrer Früchte beu-
handenfein oder Fehlen eines klaren Finalthemas zu gen, an den Rebhügeln voller Luft, an den angefüllten
haben pflegen. Ganz Weniges fcheint beffreitbar, z. B. Scheunen, an den überftrömenden Kufen, daran kann es
ob man nicht doch zwifchen Betonung und Tonfarbe Jedermann, wer nur Augen hat, erkennen, dafs der
unterfcheiden follte. Letztere kann eine ganz ange- lebendige und allmächtige Gott feinen Segen nicht fpar-
nehme und erftere trotzdem nicht ganz richtig fein. Die fam und dürftig ausgetheilt, fondern dafs er ihn in Strö-
Eindringlichkeit des Vortrages könnte man vielleicht men ausfehüttet, und darum fagt auch der Pfalmift: Du
mehr auf den Einflufs der Perfönlichkeit als auf das kröneft das Jahr mit Deinem Gut und Deine Fufsftapfen
äufsere Verfahren zurückführen. S. 29 mufs wohl An- 1 triefen von Fett' (S. 106).

hang ftatt Anfang gelefen werden. Diefe kleinen Aus- Den Schlufs der kleinen, aber inhaltreichen Samm-

ftellungen werden als Belege aufmerkfamen Lefens und lung bildet eine gediegene Inveftiturrede über 1 Kor.
als Fingerzeige für eine zu wünfehende 2. Auflage ge- 9, 20—22. Sie wurde am 8. Februar 1880 in Feldrenmacht
, nicht aber um den Werth der trefflichen Schrift nach gehalten. ,Auf dem Heimwege von diefer Feier
herabzufetzen. Sie bietet viel auf engem Raum und würde der Verfaffer durch einen Hcrzfchlag in die feiige
füllt eine wirkliche Lücke tüchtig aus, fo dafs fie der Ewigkeit abgerufen' (S. 110). Mögen recht viele fein
wiffenfchaftlichen Homiletik zur Beachtung, namentlich Andenken dadurch ehren, dafs fie diefe wenigen, aber
aber den praktifchen Theologen, Vifitatoren zumal, zu wahrhaft muftergültigen Predigten lefen und ftudiren.
fleifsigem Gebrauche dringend empfohlen werden mufs. Dem Herausgeber aber fagen wir herzlichen Dank für

die köftliche Gabe.

Friedberg. Die gel.

Leopold, weil. Dek. Paul, Predigten. Aus dem Nach-

Crefeld. F. R. Fay.

laffe hrsg. von Dek. Karl Lechler. Heilbronn 1880, Herr E- Weiterburg ichreibt in einem Briefe an die Redaction:

Hennincrer. (VI, II3 S. gr. 8.) M. 3. — -A- Harnack's Recenhon meiner Schrift über die Senecafage in Nr.

' 19 diefer Zeitfchrift veranlafst mich zu zwei Berichtigungen.
,Der Herr laffe diefe Predigten zeugen wie eine 1. H. bemerkt tadelnd, dafs ich die ältere Gruppe der Briefe auf die-

Stimme aus der feiigen Ewigkeit herüber!' Mit diefem 1 feU>e conciliatorifch überarbeitete ebionitifche Quelle zurückgeführt hätte,

fchönen Wunfche fchliefst der Herausgeber, Dekan j" t^tui^i *S^-GB3?e E." ift dies "nwahr- ..Gera<le

t , 1 u -ii. u —aAc a • die Wahrnehmung, dafs die altere Gruppe im Gegenfatz zur jüngeren

Lechler in Heilbronn die Vorrede, aus der Wir er- Ueine ebionitifche« Züge enthält, war ja ein Hauptgrund für meineiScheid-

lehen, dafs der entfchlafene Venauer ein Mann war, ung heider Beftandtheile.