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Ausgabe:

1881 Nr. 22

Spalte:

522-524

Autor/Hrsg.:

Dove, Richard

Titel/Untertitel:

Zeitschrift für Kirchenrecht. 16. Bd. Neue Folge. 1. Bd. 4 Hfte 1881

Rezensent:

Köhler, Karl

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Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 22.

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den Gang der Entwicklung von da ab bis zur Epoche 1 mittein läfst. Alfo Hieronymus hat Unrecht oder doch
Conftantin's. I wenigstens nicht völlig Recht. Hie Epifkopen find allem

Den zweiten Punkt anlangend, fo haben wir an der | Anfchein nach gerade in ältefter Zeit nicht mit den
Arbeit des Verf.'s den bis in's Detail durchgeführten j Presbytern identifch gewefen, — mindestens nicht überall —
Verfuch erhalten, alle Elemente der Verfaffung der auch nicht mit den Patronen und Vorstehern, wo fich
Kirche, welche in der Gefchichte ihrer Entwicklung bis folche fanden. Allerdings — als fich die Aelteftenordnung
zum 6. Jahrh. hervorgetreten find, aus Adoption zu er- , in den Gemeinden nach Ort und Zeit verfchieden, ausklären
: Namen, Aemter, Competenzen, Würden, Attri- , bildete — diefe Ordnung, welche wefentlich der Auf-
bute, Tracht u. f. w. — alles das ift übernommen und j rechterhaltung der Disciplin und der Hebung derJuris-
zwar'getreu der politifchen Entwicklung der Kirche erft diction galt und deren Vertreter auf Autorität Anfpruch
aus den freien, religiöfen Affociationen, dann aus der machen konnten — da find die höheren Beamten der
Communalverfaffung refp. fpäter auch in Analogie zu der Armenpflege in das Collegium aufgenommen worden.
Verfaffung der jüdifchen Gemeinden, dann aus der Pro- So gab es allerdings eine Zeit, wo Presbyter Epifkopen
vincialverfaffung in ihren verfchiedenen Formen, endlich gewefen find, ja nach dem Urtheile des Verf.'s hat in
aus der Staatsverfaffung. Die Kirche aber abforbirt und einigen Gemeinden bis in's dritte Jahrhundert eine Mehr-
monopolifirt fo zu fagen fucceffive alle diefe Formen zahl von Epifkopen im Presbytercolleg beftanden, aber
für fich. Jede Institution, die fic mit Befchlag belegt, ! zu keiner Zeit find Presbyter und Bifchöfe völlig identifch
geht neben ihr zu Grunde oder welkt doch dahin. Re- i gewefen. Wie nun in den meiden Gemeinden die Mehrzahl
fultat des Proceffes ift die fertige Kirche. ,Die Welt, j der Epifkopen bald nach ihrer Aufnahme in das Aelteften-
die fie aufgebaut hatte, hatte fich an ihr bankerott ge- j collegium zu dem einen Epifkopus zufammengefchmol-
baut' (Rothe's Kirchengefch. hrsg. von Weingarten zen ift, und wie diefer freilich berufene Eindringling all-
II, 8). Der Verf. weifs Sehr wohl, dafs diefer Gedanke mählich im Zeitalter des Gnofticismus und Montanismus
kein neuer ift; aber mit Recht erhebt er den Anfpruch, das Collegium zu überragen begann und fchliefslich
ihn zum erften Male mit grofser Vollständigkeit durch- hinter fich liefs, darüber konnte der Verf. nicht mehr
geführt zuhaben. Und zwar nicht in fchematifcher Weife fagen, als man bisher wufste, d. h. fehr wenig. Aber

_daswäre auch kinderleicht, aber wenig überzeugend—, feine Theorie erhält an der Beobachtung, dafs an die

fondern für jedes einzelne Element, Soweit er es in Be- ' Epifkopen z.Th. andere Anforderungen gettellt worden find
tracht zieht, trcfonders und unter umfaffender Vergleich- j als an die Presbyter, dafs die Presbyter-Bifchöfe und
ung der politifchen Zuftände im römifchen Reiche, die J nachher die Bifchöfe in der Regel aus der Zahl der Dia-
der Verf. augenfeheinlich aus den Quellen ftudirt hat, konen gewählt worden find, endlich an der Gefchichte
wie die virtuofe Ausbeutung des infehriftlichen Mate- | des Archidiakonats — in diefem Amt hat fich die ur-
riales beweift. Ref. bekennt, in diefer Richtung von dem fprüngliche Bedeutung des Bifchofs niedergefchlagen,
Verf. fehr viel gelernt zu haben, der nirgendwo feiner j nachdem der Epifkopat zum Supremat geworden ift —
Theorie zu Liebe die Dinge färbt und fich mit dem Si- j eine Starke Stütze. Und fchliefslich gereicht es der gan-
cheren begnügt, ja oft dem Lefer es überläfst, wichtige zen Conftruction gewifs nicht zur Widerlegung, dafs
Confequenzen felbft zu ziehen. j nach ihr fich die Bifchöfe zunächst deshalb haben her

Mit dem allen find noch nicht die eigenthümlichen
Refultate genannt, zu welchen der Verf. in Bezug auf
die ältefte Gefchichte der Kirchenverfaffung gelangt ift.
Sie find hauptfächlich in den Vorlefungen 2—4 zu Sin

aufarbeiten können, weil fie die Kaffe führten. Als
der Virtuofe in der Liebesthätigkeit {yaqia^a xrg dia/.o-
vlag) und darum als Verwalter der Gemeindekaffe hat
er den Einflufs auf die Gemeinde in Steigendem Mafse

den, doch enthalten auch die folgenden manches Origi- : fich zu erwerben gewufst. Dann ift ihm fpäter alles
nelle. Am beachtenswertheften fcheint mir der Verfuch ' Uebrige zugefallen, und er hat die gegebene Ordnung
des Verf.'s, der fich in der Aufeinanderfolge der Ueber- ! von nQeaßweQOi-vstuttcioi gefprengt. Kann man diefen
Schriften,BishopsandDcacons — Presbyters1 bereits ankün- ' Gang der Entwicklung unwahrscheinlich finden? Es wäre

nicht Schwierig, aus allerneuefter Zeit ihm Parallelen zur
Beglaubigung beizugeben.

Die Hypothefen des Verf.'s werden noch zu erproben
fein; wie fchon bemerkt, find feine Ausführungen
fragmentarische, und es ift oftmals fogar nicht deutlich,

digt, zwifchen der Entstehung des Epilkopates
und Diakonates einerfeits, des Presbyterates an-
dererfeits zunächst zu fcheiden und in der Späteren
Ordnung (Bifchof, Presbyter, Diakonen)
die Combination zweier, anfangs von einander

relativ unabhängiger, ganz verfchiedenartiger | in welchem Umfange fie gelten follen. Indeffen darf
Organifationsformen nachzuweifen. Der Epifko- man vielleicht fchon jetzt prognofticiren, dafs der Verf.
patÖ— der Verf. ift von aller katholifirenden Tendenz- j in vielen Stücken Recht behalten wird, und mindestens
kritik frei — fei augenfeheinlich in manchen Gemeinden 1 wird kein Historiker an feinen dankenswerthen Anfrüher
hervorgetreten als das Presbytercollegium; denn | deutungen mehr vorübergehen können. Auf die an-

— und diefer Thefe ift falt die ganze zweite Vorlefung
gewidmet — die Bifchöfe (Oberdiakonen) und Diakonen
find urfprünglich nichts anderes als die Armenpfleger
ohne jede autoritative Stellung. Aus den älteften kirchlichen
Urkunden, aus der profangefchichtlichen Literatur
und den Infchriften, endlich, und nicht zum minderten,
aus den Competenzen, die den Bifchöfen und Diakonen

regenden Ausführungen betreffs der Ordination, der Pa-
rochie, der Kircheneinheit etc. fei fchliefslich hingewiefen.
Giefsen. Adolf Harnack.

Zeitschrift für Kirchenrecht. Unter Mitwirkung von DD.
E. R. Bierling, J. Herrmann u. A. herausgeg. von Geh.
auch zur Zeit der katholifchen Kirchenverfaffung geblie- j Juftizrath Prof. Dr. Richard Dove und Geh. Hofrath

ben find im Unterfchied vom Aeltcftencollegium, endlich
aus den engen Beziehungen, die gleich anfangs und
fortgefetzt zwifchen Epifkopat und Diakonat beftanden
haben, fucht der Verf. mit Glück feine Beobachtung zu
begründen. Sehr zu Statten kommt ihm dabei die Stelle
Philipp. 1, 1, wo zwar Bifchöfe und Diakonen, aber nicht
Aeltefte genannt find. Er hätte fie noch nutzbarer machen
können , wenn er bemerkt hätte, dafs es fich im
Philipperbrief eben um eine Geldangelegenheit handelt,
und dafs fich von dorther die Nennung jener Pfleger in
der Adreffe des Briefes erklärt und ihre Bedeutung er-

Prof. Dr. Emil Friedberg. XVI. Bd. Neue Folge.
I. Bd. 4 Hfte. Freiburg i/Br. 1881, Mohr. (1—3.
Hft. 460 S. gr. 8.) M. 10. —

Die Zeitfchrift für Kirchenrecht, bereits vor 20 Jahren
begründet und Seitdem in 15 Bänden erfchienen, hat
eine ,Neue Folge' begonnen, feit fie von der im Dec.
v. J. unter Dove's Vorfitz ins Leben getretenen Göttinger
Gefellfchaft für Kirchenrechtswiffenfchaft zu ihrem
Organ erhoben wurde. Die Zeitfchrift hat bei ihrer Begründung
eine wirklich vorhandene Lücke ausgefüllt.