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Ausgabe:

1881 Nr. 22

Spalte:

519

Autor/Hrsg.:

Otto, Jo. Car. Th. Eques de (Ed.)

Titel/Untertitel:

Justini, philosophi et martyris, Opera quae feruntur omnia. Tom. III, Pars II: Opera Justini subditicia. Editio tertia plurimum aucta et emendata 1881

Rezensent:

Harnack, Adolf

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519 Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 22. 520

22), (ich kaum über das Niveau derartiger Spielereien
erheben dürfte, wie wir z. B. S. 65 lefen: ,Der bunte
Rock des Jofeph wurde das Gegenbild des feinen Rockes
feines Bruders (?) Efau'.

Immerhin ift es zu rühmen, dafs der Verf. am
Schluffe einer langen Gelehrten auf bahn uns die wefent-
lichen Refultate feiner biblifchen Studien in fo über-
fichtlicher Form zugänglich gemacht hat. Er wird es
uns nicht verargen, wenn wir neben Bedenken, wie fie
gegen feine ganze Methode angedeutet wurden, auch
Einzelnes beanftanden, und z. B. fraglich finden müffen,
ob man von einer ,Bibel der Effäer' (S. 28. 32) reden
oder Zophar überfetzen könne mit ,der Springer,
Schwadroneur' (S. 85).

Strafsburg i. E. H. Holtzmann.

Justini Philosophi et Martyris Opera quae feruntur
omnia. Edid. J. C. Th. eques de Otto. Tom. III.
Part. II. Opera Justini subditicia. Editio tertia plu-
rimum aucta et emendata. A. u. d. T.: Corpus
Apologetarum Christianorum saeculi secundi-
Vol. V.] Jenae 1881, Fifcher. (426 p. gr. 8.) M. 8. -

Mit diefem Bande ift die neue Auflage der Opern
Jitstini abgefchloffen. Derfelbe enthält die drei Quä-
ftionenwerke und die unechten Fragmente. Die Prole-
gomena für diefelben find bereits im 4. Bande veröffentlicht
worden (f. Theol. Lit.-Ztg. Nr. 1 d. J.). Ausführliche
neugearbeitete Regifter und .forgfältige Reviflon
des Commentars fowie des Textdrucks zeichnen die
neue Auflage aus. Auf dem Umfchlage wird mitge-
theilt, dafs die Ausgabe des Tatian fleh bereits unter
der Preffe befindet.

Giefsen. Adolf Harnack.

Hatch, Lecturer Edwin, M. A., The Organization of the
early Christian churches. Eight lectures, delivered be-
fore the university of Oxford, in the year 1880.
London 1881, Rivingtons. (XXVIII, 216 S. gr. 8.)

,Bezüglich der urchriftlichen Verfaffungsverhältnifse
läfst fleh die Erfahrung machen, dafs oft ganz entgegengefetzte
Beurtheilungen nur an der verfchiedenen Art
und Weife hängen, wie die vorhandenen Data gruppirt
und im Vorder- und Hintergrund der Darftellung vertheilt
werden' (Holtzmann, Paftoralbriefe p. VI). Diefe
Beobachtung erweift fleh auch angeüchts des vorftehen-
den Buches als befonders zutreffend. Hatch hat in
diefen acht Vorlefungen, indem er den gewöhnlichen
Weg der Unterfuchung der älteften Verfaffungsverhältnifse
verlaffen hat, eine Reihe von eigenthumlichen und J müffe, anerkannt fein läfst u. f. w., fo glaube ich, ift er

an welcher der Fortfehritt der Entwicklung doch auch
nachweisbar ift. Vorlefung 2—5 befchäftigen fleh vornehmlich
mit den Verfaffungsverhältnifsen bis zur Mitte
des 3. Jahrhunderts, Vorlefung 6, 7 mit dem vierten,
Vorlefung 8 mit dem fünften bis achten Jahrhundert.
Die Darftellung des Verf.'s ift eine ausgezeichnete; jedes
überflüffige Wort ift vermieden. Der Gang der Unterfuchung
wird nirgendwo durchkreuzt. Der Verf. ftrebt
in jeder Vorlefung auf dem geradelten Wege feinem
Ziele zu. Ein fehr reiches Material ift für den Eorfcher
in den Anmerkungen beigefetzt. So folgt man dem
fachkundigen Verfaffer mit wahrem Genufs in feinen
ftreng gehaltenen Beweisführungen. Das Inhaltsverzeich-
nifs (p. IX—XXVIII) recapitulirt bis in's Detail den Gang
der Unterfuchungen. Eine ausgeführte Gefchichte der
älteften Kirchenverfaffung ift hier nicht geboten, wie
fchon die Ueberfchriften der einzelnen Vorlefungen zeigen
. Vieles ift leicht zu ergänzen, aber noch mehr
bleibt unbeftimmt. So hat das Ganze doch einen frag-
mentarifchen Charakter; man mufs dies bedauern, da
der Verf. zu einer vollftändigen Darfteilung trefflich aus-
gerüftet war. Als wichtigfte Ergebnifse feiner Arbeit
nennt Hatch felbft p. 208 erftens die Einficht, dafs die
Entwicklung der kirchlichen Verfaffung eine lang-
famere gewefen ift, als gewöhnlich angenommen wird,
2) dafs die Ele mente der Organifation der Kirchen vom
1. bis zum 8- Jahrh. nicht nur zum Theil, fondern
fämmtlich bereits früher im römifchen Reich vorhanden
gewefen find, die Kirchen mithin ftets bereits Vorhandenes
lediglich adoptirt haben. Was den erften
Punkt betrifft, fo glaube ich, dafs der Verf. oftmals im
Rechte ift, wenn er indirect feinen Vorgängern vorwirft,
gewiffe Verfaffungsverhältnifse für eine zu frühe Zeit
fleh als abgefchloffene zu denken. Namentlich feine
Nachweifungen über die Rechte der Laien noch am Anfang
des 3. Jahrhunderts, über die volle Abhängigkeit
der Bifchöfe vom Collegium in demfelbcn Jahrhundert,
über die epochemachende Bedeutung des 4. Jahrh. für
die Verfaffungsgefchichte fcheinen mir aller Beachtung
werth, ebenfo die Ausführungen darüber, wie lange das
kirchliche Amt lediglich Vorfteheramt zur Leitung der
fouveränen Gemeinde geblieben ift. Aber wenn er den
Clerus eigentlich erft feit der Anerkennung der Kirche
durch den Staat und feit dem Auftreten des Mönchthums
für einen befonderen Stand in der Kirche gelten
laffen will, wenn er den Independentismus der einzelnen
Gemeinden fleh bis zum Ende des 3. Jahrhunderts we-
fentlich erhalten denkt, wenn er die FYage, ob in einer
Stadt zwei Bifchöfe fein können, erft zur Zeit Cyprian's
in verneinendem Sinne gelöft fleht, wenn er erft^für die
zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts die Forderung,
dafs jeder Chrift einem Gemeindeverbande angehören

neuen Ergebnifsen gewonnen, die auf genaue Prüfung zu weit gegangen. Hatch hat eine löbliche Scheu vor
allen Anfpruch machen dürfen und die, mögen fle nun aller Plusmacherei und vor der Ausbeutung ifolirtcr No-
in Zukunft Erweiterungen oder Befchränkungen erleiden, tizen; er geht von dem richtigen Grundfatze aus, dafs
jedenfalls einen bleibenden Werth behalten werden. man den Standort zum Nachweife einer gefchichtlichen

Die Form von Vorlefungen, in welchen der Verf. Entwicklung dort nehmen müffe, wo fie zuerft zu einem
die Refultate feine Unterfuchungen bietet, ift der Be- | gewiffen Abfchluffe gediehen ift; aber er hätte fleh wohl
handlung des Stoffes freilich nicht fehr günftig gewefen. I an manchen Stellen mit dem Urtheile begnügen follen,
Er mufste jedes einzelne Capitel abrunden und als mehr dafs eine Erfcheinung hier oder dort zum erften Male
oder weniger abgefchloffcnes Ganze vorftellen. Dabei von uns beftimmt conftatirt werden kann, ftatt zu
hat der Zufammenhang der Theile gelitten. Die Me- fagen, dafs fie damals erft fichtbar geworden fei. Das
thode ferner der Sachgruppirung — die Themata der j dunkle Jahrhundert zwifchen c. 230 und 330 ift gewifs
einzelnen Vorlefungen lauten: 1) die Methode, 2) Bi- 1 auch für die Verfaffungsgefchichte fo wenig ein blofser
fchöfe und Diakonen, 3) die Presbyter, 4) die Supre- ] Annex an der Gefchichte der Jahre von 180—230 wie
matie des Bifchofs, 5) Clerus und Laien, 6) der Clerus für die Lehr- und Sittengefchichte. Die richtige Deut-
als ein befonderer Stand, 7) die Concilien und die Ein- , ung der Daten freilich, die fich aus der Brieffammlung
heit der Kirche, 8) Parochie und Cathedrale — hat auch | Cyprian's gewinnen laffen, wird immer fehr fchwierig
ihre nicht geringen Nachtheile. Doch hat der Verf. die- 1 bleiben, da kein Material zur Vergleichung vorhanden
felben vielfach glücklich eliminirt durch die gefchickte ift. Der Verf. fcheint mir aber nicht in dem gefehlt zu
Auswahl und Anordnung der einzelnen Hauptftücke; haben, was er über die Verfaffung in den Jahren 180—
denn, wie man leicht fleht, flehen diefelben in einer Folge, 230 ausgeführt hat, fondern in den Divinationen über