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Ausgabe:

1881 Nr. 21

Spalte:

502-503

Titel/Untertitel:

Kirchenregiment und Kirchenzucht in der hessischen Renitenz. Eine Schutzschrift, hrsg. von dem Presbyterium der renitenten Gemeinde zu Kassel 1881

Rezensent:

Köhler, Karl

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Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 21.

502

Petrus. S. 1 Z. 2. Die Jaffe'fche Verweifung auf
I Gem. ad. Cor. 5 für das gemeinfame Wirken des Petrus
und Paulus und ihren Märtyrertod in Rom ift wegge-
laffen, aber die viel unficherere auf Ignat. ad. Rom. beibehalten
, und dafür wird die veraltete Ausgabe von
Petermann citirt. Z. 4 ftatt Euseb. h. e. I. III ift vielmehr
II zu lefen. Z. 7 ftatt Origines ,Origenes'.

Clemens I. S. 2 Z. 4 v. u. wird der Bifchof einfach
mit dem Clemens des Hermas identificirt, was min-
deftens fehr fraglich ift. S. 3 Z. 5 f. ift auf den neuentdeckten
Schlufs des erften Clemensbriefs in der Regelte
keine Rückficht genommen. Z. 12 heifst es (der Fehler
ift übrigens von Jaffe übernommen) ,Gaudium, Ephebum,
Valerium, Bitonem'. Allein in dem Briefe ift nicht von
vier, fondern von zwei Männern: Claudius Ephebus und
Valerius Biton die Rede. S. 4 Z. 6 f. reicht die Regelte
aus dem zweiten Clemensbrief an die Corinther wieder
nur fo weit als das Fragment im Codex Alexandrinus.

Anicetus. S. 9. Die Begegnung mit Polycarp-.wird
c. 164 angefetzt, ohne Rückficht auf die neueren Nach-
weifun^en, dafs Polycarp höchft wahrfcheinlich fchon
in der IViitte der fünfziger Jahre geftorben ift.

Soter. Der Brief an die korinthifche Gemeinde
wird erwähnt. Es hätte aber hinzugefügt werden können,
dafs fich aus dem Antwortfehreiben der Korinther auf
eine grofse Zahl von offiziellen Briefen aus der römifchen
Gemeinde nach auswärts fchliefsen läfst. Euseb. L e.
IV, 23, io: l| uoxijc v(üv e'9og «ort zoixo . . . hxEhrfiLaig
re nolkaic, valg -/.ata. nüoav 716i.1v sipodia nsfineiv xcl.
Hier ift jedenfalls auch an begleitende Briefe zu denken.

Eleutherus. Hier wäre in Analogie zu dem fon-
ftigen Verfahren des Verf.'s zu bemerken gewefen, dafs
E. nach Hegefipp (bei Eufeb. IV, 22) Diacon des Anicet
gewefen ift. Dafs er der römifche Bifchof war, welcher
auf Praxeas Betreiben die litterae pacis für die Monta-
niften erft ausgeftellt, dann zurückgenommen hat (Nr. 66.
67), ift mindeftens nicht ficher.

Zephyrinus. Die Erwähnung des erften bekannten
römifchen Gegenbifchofs Natalis und feiner Unterwerfung
unter Z. fehlt {Ensch. Ii. c. V, 28, 8 sq.). Das
Edict Nr. 79), welches Tertullian de pudic. 1 erwähnt,
darf mit höchfter Wahrfcheinlichkeit dem Calliftus und
nicht dem Zephyrin beigelegt werden.

Calliftus. S. 13 Nr. 84. Der Eingriff in die ftaat-
liche Ehegefetzgebung, welchen fich C. durch einen Er-
lafs erlaubt hat, hätte regiftrirt werden müffen, zumal
da es der erfte Fall diefer Art ift {Philos. IX, 12 p. 460,
28 f.).

Fabianus. Wie bei Pius erwähnt ift, dafs fpätere
Griechen ihn ,üfus' genannt haben, fo wäre die Ver-
taufchung Flavian = Fabian im Chron. pasch, zu nennen
gewefen.

Cornelius. Hier führt Kaltenbrunner 6 echte, verloren
gegangene Schreiben auf neben den beiden erhaltenen
an Cyprian und dem grofsen Fragmente aus
einem Briefe an Fabius. Ueberfehen ift dabei, dafs nach
Hieron. de vir. ill. 66 Cornelius 4 Briefe an den antio-
chenifchen Bifchof gerichtet hat (doch ift wahrfcheinlich
einer derfelben fälfehlich von H. dem Cornelius beigelegt
) : ,scripsit ad Eabium, Antiochenac ecclesiae episcopum,
de synodo Romana et Italica et Africana, et aliam de No-
vatiano et de Iiis qui lapsi sunt; tcrüam de gestis synodi,
quartam ad eundem Eabium valdc prolixam epistulam et
Novatianae hcrescos causas et anathema continentem'.
Ueberhaupt aber hätte angemerkt werden müffen, dafs
Cornelius, foviel wir jetzt wiffen, der erfte römifche Bifchof
gewefen ift, von dem Briefe in verfchiedenartigen
Sammlungen circulirt haben. Eine folche Sammlung,
aus griechifchen und lateinifchen Schriftftückcn beflehend,
kam fchon Eufebius in die Hände (Ii. e. VI, 43, 3), auch
in die Bricffammlung Cyprian's fanden fehr bald Schreiben
des Cornelius Aufnahme.

Novatianus. Eine Brieffammlung Novatian's

war dem Hieronymus bekannt (Ep. X ad Paulum senem
Concordiae n. 3 Opp. I p. 344 ed. Migne). Nach Cypr.
epp. 55, 6 (ed. Härtel) ift die ep. 30 der Cyprianifchen
Sammlung: ,Quamquam bette sibi conscius' von Novatian
verfafst worden; wahrfcheinlich rührt auch ep. 36 ,cum
perlegissemus' von ihm her. Zu bedauern ift, dafs Kaltenbrunner
die Briefe Cyprian's nicht nach der Ausgabe
und Anordnung von Härtel citirt hat.

Stephanus I. Die Nr. 129 nach Euseb. h. e. VII,
5 aufgeführten Briefe nach Syrien und Arabien find wahrfcheinlich
mit den Briefen des Cornelius nach Syrien
identifch.

Felix L Der Brief (Nr. 140) des Felix, deffen Echtheit
fchon Lequien beanftandet hat, mufs nach den
Nachweifungen von Caspari (Alte und neue Quellen
z. Gefch. des Tauffymbols 1879 S. Iii f. 1231.) für un-
tergefchoben gelten. Bisher noch unbekannte und auch
noch nicht edirte Stücke desfelben finden fich übrigens in
Cod. syr. Add. 14,663 des Brit. Mufeums.

Eufebius. Ein bisher unbekanntes Fragment mit
der Ueberfchrift: Evasßiov iniar.on.ov 'Ptofiijg hat Caspar
i in der Tidskr. f. d. evang. luth. K. Ny Rackke V,
4p. 572 sq. veröffentlicht, deffen Echtheit allerdings den
ftärkften Bedenken unterliegt.

Durch diefe Bemerkungen foll die ausgezeichnete
Leiftung Kaltenbrunner's nicht herabgefetzt werden. Wo
es fich um viele taufende von Notizen handelt, fallen ein
paar Dutzend nicht in's Gewicht, zumal da fie einen Zeitraum
betreffen, über welchen ein Werk von diefer Art
und Anlage niemals ein Handbuch erften Ranges werden
kann. Es find eben in der Ueberlieferung fowohl als in
der Legende die erften Jahrhunderte des römifchen Bisthums
von den folgenden fo gefchieden, dafs fchon die
Durchführung derfelben Methode und Dispofition dort
und hier Unzuträglichkeiten mit fich bringt. Der Hrsg.
hat es fich aber redliche Mühe koften laffen, die Jaffe'fche
Arbeit gerade auch für die drei erften Jahrhunderte
gründlich zu verbeffern. Davon legt jeder Artikel Zeug-
nifs ab. Der Druck des Werkes ift ausgezeichnet correct;
die wenigen Fehler, die mir aufgeftofsen find, corrigiren
fich für den Lefer von felbft.

Giefsen. Adolf Harnack.

Kirchenregiment und Kirchenzucht in der hessischen Renitenz.

Eine Schutzfchrift, hrsg. von dem Presbyterium der
renitenten Gemeinde zu Kaffel. Kaffel 1881, Klei-
menhagen. (96 S. gr. 8.) M. 1. —

Wer der Meinung wäre, dafs von den Uebeln, an
welchen unfere Landeskirchen leiden, Rettung im Frei-
kirchenthum zu finden fei, den könnte die vorliegende
Brofchüre eines Befferen belehren. Eine der lebenskräf-
tigften unter den neuerdings hervorgetretenen fepara-
tiftifchen Gemeindebildungen fchien die kurheffifche .Renitenz
', wie die dortigen Separatiften Vilmarifcher Richtung
ihre Gemeinfchaft mit Vorliebe bezeichnen, zu fein.
In welchem Mafse auch diefe bereits durch perfönliche
und doctrinelle Gegenfätze innerlich zerrüttet ift, zeigt
die vorliegende Schrift. Es ift an diefer Stelle nicht
möglich, auf das Sachliche der höchft unerquicklichen
Streitigkeiten, welche bis zu gegenfeitiger Aufkündigung
der Kirchengemeinfchaft geführt haben, einzugehen. Den
Kern des Streites bildet der bis ins Mafslofe über-
fpannte Amtsbegriff, den der Melfunger Metropolitan
Vilmar vertritt, und der hierdurch hervorgerufene Wider-
ftand des Presbyteriums der Gemeinde zu Kaffel. Man
kann dem letzteren die Anerkennung nicht verfagen,
dafs es von dem einmal eingenommenen Standpunkt aus im
Allgemeinen correct und befonnen verfahren ift, während
das Vorgehen des Vilmarifchen Anhangs nicht feiten in
recht bedenklichem fittlichem Lichte erfcheint. Wundernehmen
mufs es den fern Stehenden übrigens, warum
das Presbyterium, nachdem zwei feiner Mitglieder in-