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Ausgabe:

1881

Spalte:

489-492

Autor/Hrsg.:

Studer, Gottl. Ludw.

Titel/Untertitel:

Das Buch Hiob für Geistliche und gebildete Laien übersetzt und kritisch erläutert 1881

Rezensent:

Kamphausen, Adolf

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I

Theologische Literaturzeitung,

Herausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Profi", zu Giefsen.

Erfcheint

Preis

alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

No. 21. 8. October 1881. 6. Jahrgang.

S tu der, Das Buch Hiob (Kamphaufen). bus ac Magistratibus preces fundente (A.

Lucius, Der Eirenismus in feinem Verhältnifs T^^Re™*, pontificum Romanorum, edit. II.
zum Judenthum (Schurer). ^ ^ ^ j J (A' Harnack).

Kirchenregiment und Kirchenzucht in der hef-

fifchen Renitenz (Köhler).
Schmid- Sonneck, Die evang. Diafpora Württembergs
(Bilfinger).

Hofmann, K. v., Die heilige Schrift neuen
Teftaments zufammenhängend unterfucht. 9
Thl., bearbeitet von Volck (Schürer).

Mangold, De ecclesia primaeva pro Caesari-

Evers, Katholifch oder proteftantifch? (Katten-
bufch).

Wiffenfchaftliche Vorträge über religiöfe Fragen.
4. Sammlung (Kraufs).

Meufs, Wodurch haben wir uns der Wahrheit
unferes Chriftenglaubens zu verfichern? (A.
Harnack).

St Uder, Prof. Dr. Gottl. Ludw., Das Buch Hiob für Geift- 1 folgende Anmerkung gegeben: ,Soviel fcheint deutlich,
liehe und gebildete Laien überfetzt und kritifch er- j dafs vergleichungsweife von einer fchriftlichen Klage
läutert. Bremen 1881, Heinfius. (VIII, 232 S. gr. 8.) und Unterfchnft die Rede ift. Die Worte: Gott möge
1 ' J fa mir antworten oder m ich erhören, fcheinen mir eine

M. 4. ■— j der Unterfchrift gefetzlich beigefügte Formel, ähnlich

Obgleich fich die Schrift des Berner Veteranen als 1 unferem: fowahr mir Gott helf! zur Beglaubigung der
eine Ueberfetzung und kritifche Erläuterung des Buches Wahrhaftigkeit des Klägers und feiner Auslage'. Ich
Hiob für Geiftliche und gebildete Laien bezeichnet, halte diefe Identification von Klage und Unterfchrift

fcheint der Verf. doch ganz überwiegend nur die gebildeten
Laien im Auge zu haben, denen er das Ver-
ftändnifs der wichtigen Dichtung erfchliefsen helfen will.
Nicht einen Commentar für Fachgelehrte follen wir
empfangen, obwohl St., der vor mehr als vierzig Jahren
feine wiffenfchaftliche Befchäftigung mit dem Buche Hiob
begann, auch für die Gelehrten manches Neue zu bringen
glaubt (Vorwort, S. IV). Vielmehr fchreibt er ,für das
gebildete Publicum im Allgemeinen' und vermeidet daher
die dem Kreife der ungelehrteia Bibellefer unverdänd-
lichcn fprachwiffenfehaftlichen Erörterungen. Sowenig
es dem Verf. in den Sinn kommt, die des Hebräifchen
kundigen Geiftlichen zu den Laien zu rechnen, ebenfo-
wenig leugne ich, dafs ein für alle Gebildeten befiimmtes

lammt der Ueberfetzung ,und fpräche' und ,fo Gott mir
helf!' für unftatthaft und finde im Texte mit den meiften
Auslegern zwei Schriftftücke erwähnt, die Vertheidigungs-
und die Anklagefchrift. Dabei kann ich freilich nicht
mit Delitzfch, der übrigens mit Recht das letzte Glied
von Vs. 35 nicht zu Vs. 36 zieht, erklären: ,und fiehe die
Schrift, die meine Ankläger gefchrieben', fondern verbleibe
mit Dillmann bei der Deutung von Vs. 35°, dafs
Gott endlich mit feiner Anklage hervortreten möge.
Sehr wirkungsvoll läfst der Dichter den Hiob kühn auf
feine Vertheidigung hinweifen, ehe er noch die Anklage
Gottes kennt; dagegen führt die frodige Hinweifung auf
die dem Dulder fattfam bekannte Anklage des Triumvirats
zu der matten Deutung, Hiob wollte die fchon

Werk fehr wohl für die gelehrten Lefer manches Nütz- j jetzt in feinen Händen befindliche Anklagefchrift dann,
liehe enthalten kann. Gefchieht es doch nicht ganz j wenn Gott wirklich zum Gericht erfcheinen würde,
feiten, dafs ein gelehrter Schriftdeller, der durch das | triumphirend zur Schau tragen. Wie Studer überhaupt
löbliche Streben nach einem für den Laien geniefsbaren j (S. 4) ,den einzelnen Reden jeweilen Erörterungen ange-
Buch dem gelehrten Lefer abfichtlich Unbequemlichkeit fchloffen hat, die ihren Inhalt theils erläutern, theils bebereitet
, thatfächlich weniger unmittelbar für die grofse urtheilen und befonders fich bedreben follen, den durch
Menge arbeitet, als für den engern Kreis, der fich das die dichterifche Einkleidung oft nicht leicht erkennbaren
für ihn Paffende herauslefcn kann. Täufche ich mich Gang der Gedanken im Einzelnen und den Fortfehritt

der Discuffion im Grofsen klar zu legen', fo lefen wir
S. 115 f. folgende Umfchreibung der Worte Hiob's in
Cp. 3U 33ff-: .Uebrigens, fagt er zum Schlufs, wenn er
fich eines Vergehens bewufst wäre, würde er es offen
und freimüthig eingeflehen; denn feine Art fei es nicht,
begangene Fehler aus Menfchenfurcht zu vertufchen und
feige die Oeffentlichkeit zu meiden. Wenn aber fonft
Jemand Schlimmes von mir weifs, fo möge er mich nur
öffentlich zur Verantwortung ziehen. Gerne will ich ihm
Rede flehen; ja feine Anklagefchrift, die mir Gelegenheit
böte, mich zu verantworten, würde ich im Vorgefühl
meines Sieges fo wenig fcheuen, dafs ich fie vielmehr
mir zur Ehre rechnen und einem fürftlichen Ehrenkleide
und einer Krone für mein Haupt gleichachten würde"
Die Selbftändigkeit des Verf.'s zeigt fich auch darin,
dafs er gerne an Stellen, wo die meiden Ausleger jetzt
Textverderbnifs annehmen, neue Wege auffucht. So wird
Cp- 33> l7 zu der Ueberfetzung ,um fie von Sünden
abzuwenden' kurz bemerkt, dafs die gefperrt gedruckten
Wörter auf einer Textverbefferung beruhen; hier fcheint
mir St. das Schlufswort von Cp. 34, 10 lefen zu wollen,
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nicht, fo wird Studer's Schrift, obgleich wohl Jedermann
etwas aus ihr lernen kann, dem grofsen Publicum im
Ganzen wenig helfen, da fie leicht ebenfoviel Verwirrung
anrichten, als Förderung bringen mag. Dagegen
werden die Gelehrten fchon um des durch felbdändige
Forfchung bekannten Verfaffers willen fein Buch forg-
fältig lefen und mit Dank benutzen. Sollten fie auch,
wie es mir bisher ergangen id, von dem dargebotenen
Neuen nur verhältnifsmäfsig Weniges nicht ohne Mühe
fich aneignen können, fo wird ja auch eine kleine Hülfe
bei der anerkannten Schwierigkeit des biblifchen Buches
mit aufrichtigem Danke angenommen werden.

Die Ueberfetzung id mit grofser Sorgfalt gearbeitet
, und bei fchwierigen Stellen, welche fehr ver-
fchieden erklärt werden, findet fich oft unten am Rande
eine Anmerkung, welche die Textauffaffung Studer's erläutert
. So wird Cp. 31, 35 h zu der Ueberfetzung:

,Dafs Jemand doch mich hört' und fpräche:
,,Hier meine Unterfchrift, fo Gott mir helf!"

Die Schrift von meinem Widerfacher —

ich wollt' fie um die Schultern legen u. f. w.'