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Ausgabe:

1881 Nr. 18

Spalte:

421-424

Autor/Hrsg.:

Félice, Paul de

Titel/Untertitel:

Étude sur l‘Octavius de Minucius Félix 1881

Rezensent:

Neumann, Karl Johannes

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Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 18.

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zu demfelben neutrale Elemente — Ueberrefte aus der
pharif. Atmofphäre — gelagert waren.

Seiner Auslegung hat Holften eine vollftändige
Ueberfetzung beigegeben. Wenn es Aufgabe und
Ideal einer Ueberfetzung ift, fremdfprachige Gedanken

der Franzofen im Wefentlichen das Richtige oder Wahr-
fcheinliche auszuwählen.

Die Einleitung (S. 9—40) bietet zunächft eine biblio-
graphifche Ueberficht, welche auf Vollftändigkeit keinen
Anfpruch erhebt (S. 10, Z. 11 lies Luebkert für Loebkert).

und Sätze in Vorftellungs-, Äusdrucksform und Sprech- . Die Herkunft des z. Z. des Dialoges in Rom lebenden

weife eines anderen Volkes zu übertragen, fo kann Hol
ften's Ueberfetzung, die fehr ftark gräcifirt und nur die
logifche, nicht die äfthetifche und mufikalifche Seite der
Sprache zu kennen fcheint, keine ,mufterhafte' genannt
werden, wenn fie auch immerhin an einigen fchwierigeren
Stellen dem Verftändnifse nachhilft und alfo die ,probe
des gewonnenen verftändnifses' (p. XIV) heifsen mag.
Eine Ueberfetzung, die den Grundtext fclavifch-buchftäb-

Minucius läfst der Verf. unbeftimmt, da aus feiner Bezeichnung
des Fronto als Cirtensis noster nicht nothwen-
dig auf Landsmannschaft und afrikanifche Abdämmung
zu fchliefsen fei. Er kennt noch nicht die von Deffau
behandelten (Hermes XV, 471 ff.;, doch für diefe
Deutung fprechenden Infchriften (jetzt C. I. L. VIII
7094—7098) eines Caecilius Natalis eben aus Cirta. Mit
gröfserem Rechte hätte er geltend machen können, dafs

lieh nachahmt, die durchgehends die Attributivbeftimm- j die Worte Cirtensis noster nicht dem Minucius, fondern

ungen nachhinken läfst (z. B. ,von der einfalt des
finnes, der in bezug auf den Chriftus', p. 201, u. v. a.),
welche Formeln wie: ,ein über die mafse eiferer', ,die
vor mir apoftel'(p. 69), u. a. dgl. beibehält, welche Sätze
wie: ,was ich ich mich auch btfbrebte, •«grade diefes

dem Caecilius angehören. Nach der Annahme des Verf's
hätte Minucius feinen c. 36, 2 mitgetheilten Plan, noch
de fato zu fchreiben, auch ausgeführt. Dagegen fpricht,
dafs Lactanz nur den Octavius kannte, und nicht minder,
dafs dem Hieronymus ein dem Minucius untergefchoben es

zu erfüllen' (76), oder .Vorherfchauend aber die fchrift 1 Buch de fato vorlag. Alfo auch der an Oct. 36, 2 an-
(Subject!), dafs u. f. w. — — —, verkündete fie' (p. j knüpfende Fälfcher hat von einer Ausführung des Planes
91), oder: ,da entfandte Gott feinen fon, indem er [sc. i nichts gewufst.

der fon!) ward aus einem weibe' (p. 114), oder: ,Ein | Der Beftimmung der Abfaffungszeit des Octavius hat
eheweib, welches einen ungl. Mann hat, und diefe i der Verf. die folgenden Seiten (bis 40) gewidmet. Dabei

ftimmt zu--, fo foll fie u. f. w.' (p. 299) u. a. ä. baut, , hat es keine fchädlichen Folgen gehabt, dafs er die

welche endlich mit Ausdrücken wie ,ge fetz ler' p. 70), j Deffau'fchen Infchriften noch nicht benutzt hat, vielleicht

auch felbft die vorläufige Mittheilung im Bull, des arclt.
Inst, nicht mehr hat benutzen können. Deffau hält die
Identität des mit Minucius Felix befreundeten Caecilius
Natalis und des unter Septimius Severus und Caracalla
lebenden Triumvirn von Cirta ihrer ,vollftändigen Namensgleichheit
' wegen für unabweisbar. Aber erftens fleht
eine folche vollftändige Namensgleichheit gar nicht feft.
da wir ja nur von dem Triumvirn den vollftändigen
Namen kennen; und zweitens kommt auch vollftändige
Namensgleichheit fogar von Vater und Sohn vor. Herr
Prof. Dittenberger hat die Güte, mir aus der Zeit von
Trajan bis zu den Antoninen folgende Beifpiele mitzu-
theilen: L. Vipftanus Meffalla cos. 113 n. Chr. und fein
uns aus C. J. Att. III 621 bekannter Sohn; C.Julius Scapula
cos. suff. 138 n. Chr. und fein Sohn, Quaeftor unter
Antoninus Pius C. J. Att. III 626; um abzufehen von
geborenen Griechen wie von Herodes Atticus und feinem
gleichnamigen Vater. Der eine Caecilius könnte alfo
fogar des anderen Vater fein; indefs ift directe Abdämmung
des einen vom anderen ebenfowenig, wie ihre
denden Lefer oft zu längerem Herumfuchen nöthigt. i Identität erwiefen, vielmehr Gewifsheit nur für die Anlief
, fchliefst mit dem dankbaren Bekenntnifs, aus 1 nähme naher Verwandtfchaft vorhanden. Damit verlieren
Holften's Buch viel gelernt und viel Anregung empfan- | die Deffau'fchen Infchriften ihre Verwendbarkeit für
gen zu haben, und mit dem Wunfche, dafs jenes viele ! chronologifche Zwecke, und die Entfcheidung über das

.befchrieen' (Gal. 3, 1), ^efetzeswerkler' (p. 92), ,fa-
menkind' (== toi oueouctTi, Gal. 3, 16. 19), .kindes-
zuchtmeifter' (p. 110 u. ö.), ,knechtin' (p. 118 u.ö.),
,die ehemannslofe' (p. 119), ,fc hl echte werden (= sy/.u-
y.eiv) p. 132, ,überfehra poftel' (p. 197 u ö.), (.verkrä-
mern' (p. 208), .finnengeiftig und gottgeiftig' (p.
269 f.), ,ausgedanke n' (== dialoyiaf.ioi, p. 276), ,trunk-
fällig' (p. 288 u. ö.), ,bildgottsopferfleifch' (= eidw-
/.oü'unv , p. 293 u. ö., ,überblühende jungfrau' (p.
305 f.), ,gottesgefetzlofer und chriftusgefetzgebundener
' (p. 321), .urteilend fcheidet den leib'
(I Kor. Ii, 29), ,uns felber fichtend(!) beurteilten'
ibid. v. 31), .erdenftaublich' (p. 436 u. ö.) u. a. dgl.
operirt: eine folche Ueberfetzung ift weder fchön noch
gut. Auch keine Zierde des Buchs find ca. 300 Druckfehler
, falfche Citate u. dgl. Ein ftörender Uebelftand
endlich ift es, dafs bei den der Auslegung je eines
Briefes nachfolgenden Anmerkungen die Seitenzahlen,
worauf jene fich beziehen, nicht notirt find: was den
die Noten nicht fofort mit der Text-Lectüre verbin

und eifrige Lefer finden möge! Will auch der Verf. in
erfter Linie der protefl. Wiffenfchaft dienen, fo foll
doch die Vorführung der grofsartigen Bewufstfeins-Meta-
morphofe des Saulus-Paulus auch der Kirche zu Gute
kommen und der neuerwachten Sehnfucht ,des chrift-
lichen gemütes, von der erdrückenden laft väterlicher

Verhältnifs zwifchen Tertullian und Minucius Felix bleibt
die Hauptfache nach wie vor. Auch die ältere Literatur
über diefe Frage hat der Verf. eingehend ftudirt. In der
Annahme der Priorität des Minucius vor Tertullian fchliefst
er fich den Gründen Ebert's an. Rückfichtlich des Wider-
fpruchs, den feiner Zeit Härtel, deffen Recenfion der

Überlieferungen frei zu werden'(p. XV), an feinem Theile 1 Verf. nicht zu kennen fcheint, und ganz neuerdings

Victor Schultze dagegen erhoben, ift eine theilweife Neubegründung
des Ebert'fchen Refultates allerdings noth-
wendig geworden, aber auch möglich. Die von Keim
und Aube verfuchte genauere Fixirung des Octavius verwirft
der Verf. mit Recht, macht jedoch gegen Keim
nur geltend, dafs eine Beziehung des Octavius zu dem
wahren Wort des Celfus keineswegs erwiefen fei. Da
nun aber kürzlich Victor Schultze auf ein noch luftigeres
Argument von Keim eine eigenthümliche Hypo-
thefe gebaut hat, fo mag dasfelbe kurz erwähnt fein.
Anders, wie die Heiden, bei denen nach Minucius (29, 5)
etiam ßrinäßibics et regibus — ut deis adulatio falsa blan-
ditur, handelt der Chrift, der (37, t) libertatem suam
adversus reges etprineipes erigit. Hier hat Keim aus dem
Plural der Kategorie gefchloffen, dafs damals mehr als

Vorfpanndienfte leiften.

Giefsen. Wilh. Weiffe nbach.

Feiice. Paul de, Etüde sur l'Octavius de Minucius Felix.

These pour la licence presentee ä la faculte de theo-
logie de Montauban. Blois 1880, Marchand. (147 S. 8.)

Zur Abfaffung einer neuen Arbeit über Minucius
Felix hat den Verfaffer die Wahrnehmung bewogen, dafs
kein franzöfifch gefchriebenes Buch über diefen Apologeten
vorhanden fei. Er würde alfo feine Abficht, diefe
Lücke auszufüllen, für erreicht halten können, wenn es
ihm gelungen, aus den eingehenden Arbeiten vornehmlich
der Deutfchen und den mehr gelegentlichen Aeufserungen

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