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Ausgabe:

1881 Nr. 17

Spalte:

398-401

Autor/Hrsg.:

Koffmane, G.

Titel/Untertitel:

Die Gnosis nach ihrer Tendenz und Organisation. Zwölf Thesen 1881

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 17.

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Ref. es für pfychologifch wie fittlich gleich unmöglich,
rlafs mit einem folchen zum fanatifchen Widerfacher
gewordenen (p. 78) ,V'erkündigungsgenoffen' ein Paulus
immer noch die doch auch von Holften (p. 76. 228 ff.
443) ihm vindicirte Fühlung hätte behalten können
und wollen. Es fcheint daher vom Standpunkt

p. 139, felber angiebt — in I, II vorliegt und in v 12
erläutert, wird fo dafs alfo in 1, 13, die (zunächft
negative) begründung beginnt' (p. 69).

In feiner kurzen Exegefe fetzt Holften beim Gal.-
wie I. Kor. Br. das reichlichere exegetifche Material der
Commentare von de Wette und Meyer voraus, will dicfe

Holften's aus keine andere Wahl zu bleiben als J aber, befonders nach der Seite des Gedankenz'ufammen-

zwifchen einer völligen unbegreiflichen Naivität des
P. oder einer ungebührlichen Selbftüberfchätzung
des Apoftels, der fich ernftlich die Kraft zutraute, über
die Köpfe der .Empfohlenen' und des .Empfehlers' wie
.Senders", d. i. aber eines Jakobus hinweg .durch
feine perfönliche gegenwart zu einem frieden
mit der juden-chriftlichen gemeinde in Jer. zu
gelangen' (p. 229)! Wirklich denkbar ift eine folche
Hoffnung doch nur, wenn trotz aller judaiftifchen Agitatio

hangsheilfam ergänzen. Die Ho Ute n'fche Auslegung des
Galaterbriefes, die fich wie feine Exegefe überhaupt
durch Gcdankcnfchärfe, durch unerbittliche — zuweilen
wohl auch zu ftraffe — grammatifche und fprachliche
Akribie, durch unermüdliches und tiefes Eindringen in
den Gedankenzufammenhang und durch dialektifche
Haltung auszeichnet, läfst auf viele Stellen unteres Send-
fchreibens ein höchft erfreuliches helles Licht fallen.
Leider erlaubt der zugemeffene Raum dem Ref. nur,

nen zwifchen Paulus und den Urapofteln auch a. 58 noch ein einiges Wichtige aus dem Wichtigeren hervorzuheben
leidlich-freundliches, fchiedlich-friedlichesVerhaltnifs : oder auch nur flüchtig zu ftreifen. So feien denn wenig-
beftand. Eine Hauptfchuld an Ho.'s irriger Darfteilung | ftens die vortreffliche Aufhellung der fchwierigen Stehe
trägt übrigens der Umftand, dafs auch er die Differenz j 2, 14—21 (p. 80—89. 1S2~l6r) Ul1«: der Excurs über die

zwifchen P. und den Säulenmännern viel zu fehr als
Zwiefpalt des religiöfen Bewufstfeins' aufgefafst
und zu wenig bedacht hat, dafs Männern wie Jakobus
und noch mehr Petrus die Frage des gefetzesfreien
oder gefetzlich gebundenen Lebens — zumal nach dem
Vorgange Jefu felber — viel mehr unter den Gefichts-
punkt der geheiligten Volksfitte und der dem jüdi-
iehen Gemüthc theueren Lebensgewöhnung als unter
den einer principiellen, religiös -dogmatifchen Beur-
theilung treten mochte. Wir können uns daher die
Miffion der zivsg and 'lay.ioßov fehr wohl mit Ritfehl
Altkathol. Kirche, p. 145) im Sinne einer (auf die Normen
des Apoftelconcils lieh berufenden) Rückgängigmachung
des juden-chriftlichen A bfall s vom Gefetz
und einer Wiederherftellung - der Trennung der
jüdifchen und heidnifchen Gläubigen nach Speifefitte
und Lebensgewohnheit denken.

Nach diefen principiellen Auseinanderfetzungen zur
Exegefe des Galater- und I Korinther-Bricfes übergehend
, bemerken wir, dafs der eigentlichen Auslegung
jedesmal eine ausführliche .Einleitung' vorangeht
und reichliche Anmerkungen nachfolgen, theilweife auch
fchon (in gröfserer Pulle indeffen erft feit p. 262 oder
I Kor. 1, 18) gloffematifch zur Seite gehen. Was zu-
'nächft die Einleitung zu dem kürzer auch fchon im
,Ev. d. Paul. u. d. Petr.' (p. 241—330) befprochenen Ga-
laterbrief, dem pp. 35 —180 des neuen Buches gewidmet
find, betrifft: fo verlegt Holften (p. 35—43) in fieg-
reicher Beweisführung (gegenüber Renan und Hausrath
) die Wohnfitze der Galatcr-Gemeinden mit Recht
(nicht in den Süden der römifchen Provinz Galatien, fondern
) in die f. g. .Galatifchc Landfchaft' mit den
Hauptftädten Ancyra, Peffmus und Tavium, die Stiftung
derfelben aber in die Zeit der 2. Miffionsreife
(ca. 53), alfo nach dem Apoftelconcil (Gal. 2) und nach
dem antiochenifchen Rcncontre mitPetrus (Gal. 2, 11 ff.).
Auch die Erörterung der übrigen Einleitungsfragen, die
Schilderung der paulin. Evangeliumspredigt bei den
Gal. einer- und des tvayytliov der eindringenden judaiftifchen
Gcmeindeverftörcr andererfeits, des Kampfes
der letzteren wider Paulus und fein Evangelium und
ihres theilweifen Erfolges giebt der Verf. (p. 44—60) in
fehr gefchickter und erfchöpfender Weife, und er führt
uns fo in anfehaulichftem Bilde den Processus rcrum vor,
i dem fchliefslich, ca. 2 V, Jahre nach der Stiftung der

Umformung des jüdifchen Bewufstfeins Pauli vom
heilsgefchichtlichen Wefen Abraham's und des Gefetzes
in ein chriftliches (p. 94—97) lobend erwähnt. In's
Schwarze getroffen hat Ho. mit feiner Erklärung der
berühmten Stelle vom /.teaicrjg 3, 19—20 (p. 102—107),
deren Ergebnifs (Wie der Mittler, der zwei in fich unter-
fehiedene einen foll, einem einigen nicht angehört, Gott
aber ein einiger ift: fo gehört das mitteilt eines Mittlers
verordnete Gefctz der den einigen Heilswillen
Gottes darftellenden Verheifsung nicht an) der
Verf. mit farkaftifcher Polemik gegen Fricke (Reform.-
Progr., Lpzg. 1879) überlegen vertritt (p. 165—168). Gut
ift auch die Behandlung von 4, 21—27 (der Sarah- und
der Hagar-Sohn), p. 118—120. 171—173. — Dagegen
hat auch die gründliche Auseinandcrfetzung von Holften
(p. 73 f. 146—148) über die nuoeiou/.coi xptvdddtlfpni
in 2, 4 Ref. nicht überzeugen können, dafs darunter
Eindringlinge in die paulin. Gemeinden zu verliehen
, und dafs mithin die Verlegung der Scene 2 v.
4 f. in die letzteren und in die Zeit vor Abreife P.
zum Apoftelconcil nothwendig — das xaTaa/.07cijaai
war ja auch in Jerufalem möglich! — ja ohne Gewalt-
famkeit gegen den Text auch nur möglich fei. Unnatürlich
gekünftelt, ja fprachwidrig ift die Wiedergabe
von I, io»; Bringe ich Menfchen oder Gott (beide als
fachliches Object gedacht!) zur Glaubensüberzeugung
(sc. bei euch)? Endlich die acoiyeia zov xöo-
/tiov (4, 3. 9) find doch gewifs nicht die ,als lebendige
himmlifche wefen'gedachten, grundkörper (-mächte) der
finnlich fichtbaren weit' (p. 113 f. 168 f.), fondern:
die Anfangsgründe, das ABC, die .unreifen Religionsanfänge
' (Mey.) der vorchriftlichen Menfchheit.

(Kortfetzung folgt.)

Giefsen. Wilh. Weiffenbach.

Koffmane, G., Die Gnosis nach ihrer Tendenz und Organisa
tion. Zwölf Thefcn. Breslau 1881, Köhler. (33 S. 8.)
M. —. 60.

In feiner Abhandlung ,Die Umwandelung der ur-
fprunghehen chriftlichen Gemcindeorganifation zur ka-
Uiohfchcn Kirche' (in Sybel's Hiftorifcher Zeitfchrift Bd.
IX, S. 441—467) und fchon ein halbes Jahr vorher in
1 eln7r kleinen als Manufcript gedruckten Brofchüre von
Gemeinden und nicht lange nach Pauli 2. Befuche gleichem litel hat H. Weingarten darauf hingewiefen,
dafclbß (p 43 64 41 f.)i unfer Fricf als relfe Frucnt , wie irrthumhch es fei, wenn man den Gnofticismus unter
hervorging (IiuMe 55 oder Anfang 56 n. Chr.;. Den 1 den Gefichtspunktcn betrachtet, die mit feinen theoreti-
Schlufs bildet eine kurze Entwicklung des Gedanken- | fchen Elementen zufammenhängen. Als Gefammtcr-
inhaltes und -ganges (p. 60-64), bezüglich deren wir zu fcheinung fei die Gnofis nicht eine philofophifch-fpecu-
haben dafs Ho. (p. 61, cf. 68. 70) das ,thcma lative, fondern eine kirchlich-religiöfe Entwicklung

der erften ausfürung' (1, U—2,21) u.E. unrichtig in ' weien : ihre Speculationen waren weder mannigfach noch
I, 10 fucht, während dasfelbe doch - wie Ho. fpater, | original, fondern nur Nachklang und Modification antiker