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Ausgabe:

1881

Spalte:

363-364

Autor/Hrsg.:

Kähler, Siegfried Aug.

Titel/Untertitel:

Der Weg zur Seligkeit, wie ihn vater und Mutter ihre hausgemeinde lehrt 1881

Rezensent:

Strack, Carl

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Seite 1

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3Ö3

Theologifche Literaturz

eitung. 1881. Nr. 15.

36+

unter diefer Ueberfchrift erwartet, nämlich wefentlich eine
gefchichtliche Begründung der vorher entwickelten Er-
kenntnifstheorie in ihrer Anwendung auf die Gegenftände
des chriftlichen Glaubens. In einem Ueberblick, der
von dem Eintritt des Evangeliums in die jüdifche und
griechifche Welt bis auf feine Beziehungen zum modernen
Denken reicht, wird, oft treffend, ausgeführt, wie es
der überwuchernde Einflufs der formalen Philofophie zu
einer ihrem Gegenftand völlig entfprechenden und auf
feftem Grund der Gewifsheit ruhenden Darftellung der
chriftlichen Glaubenslehre nicht hat kommen lafl'en und
wie darum fchon die Orthodoxie der verfchiedenen Zeitalter
die Keime des Rationalismus in üch getragen hat.
Freilich wird man dabei nicht vergeffen dürfen, dafs wir
Menfchen ganz ohne logifche Formen, die doch die formale
Philofophie zu bearbeiten hat, nun einmal nicht denken,
auch nicht dogmatifch denken können, und dafs, wenn
man einfeitig ein Princip verfolgt, auch ein folches, das
von diefer nichts wiffen will, man unverfchens wieder in
ihre Schlingen geräth. Ob es dem Verf. gelingen wird,
bei näherer Ausführung feiner Grundgedanken fein Princip
confequent feftzuhalten ? Hoffentlich fteht eine folche in
Ausficht, denn wenn wir erfahren, dafs er diefe Schrift
während eines Augenleidens, ohne Benutzung gelehrten
Materials, dictirt hat, fo dürfen wir von dem, will's
Gott, nun Genefenen ficher etwas bedeutendes erwarten.

Leipzig. Härtung.

Kahler, Ob.-Confifh-R. Dr. Siegfr. Aug., Der Weg zur
Seligkeit, wie ihn Vater und Mutter ihre Hausge-
meinde lehrt. Fafsliche Unterweifung im Chriften-
thume nach Luther's kleinem Katechismus, durchweg
begründet mit Ausfprüchen des göttlichen Wortes
und begleitet von Glaubenszeugnifsen aus dem geift-
lichen Liederfchatze der evangel. Kirche. Berlin 1881,
Wiegandt & Grieben in Comm. (VII, 344 S. gr. 8.)
M. 2. —

Eine Katechismuserklärung eigener Art; fie ift zu-
nächft weder für Geiftliche noch Lehrer benimmt, fondern
für folche Eltern, welche über den ungenügenden
Unterricht zur Vorbereitung auf die Einfegnung Klage
führen, namentlich, wenn derfelbe von folchen Perfonen
ertheilt wird, welche die Grundlehren des Chriftenthums
preisgeben, vielleicht fogar in Wort und Schrift beftrei-
ten. Der Verf. will folchen Eltern eine Handhabe bieten
, dafs fie üch für ihre reügiöfen Unterredungen und
Belehrungen im Kreife ihrer Familien vorbereiten können.
Schon daraus ergiebt üch, dafs die Schrift vom gläubigen
Standpunkte aus und zwar ganz im Geifte des luth.
Bekenntnifses abgefafst ift. Die Erklärungen und Erläuterungen
find mehr mit Worten der heil. Schrift als
mit folchen des Verf.'s gegeben. Die wichtigften Bibel-
ftellen, namentlich folche, welche bei der erften Durcharbeitung
benutzt werden follen, find wörtlich abgedruckt
; nur längere Abfchnitte, wie die Gleichnifse des
Herrn, find blofs zum Nachlefen citirt. Die aufserdem
noch citirten Bibelfprüche find für folche beftimmt,
welche fich auf der gegebenen Grundlage weiter belehren
wollen. Befonders reichlich ift jeder Abfchnitt
mit paffenden Liederverfen ausgeftattet, von denen die
am Anfang und am Schluffe ftehenden gefungen werden
follen. Ob folches in vielen kleineren Familienkreifen
möglich fei, möchten wir faft bezweifeln. In wenigen
möchten alle die verfchiedenen Melodien den Gliedern
fo bekannt fein, dafs der Gefang ein erbaulicher werden
könnte, was fchwerlich der Fall wäre, wenn die Melodien
erft eingeübt werden müffen. In der Anordnung ift
der Verf. vielfach von dem Luth. Katechismus abgewichen
, wozu denfelben feine langjährige Lebens- und
Amtserfahrung beftimmt hat. Wir können nicht fagen,
dafs wir diefe Abweichung durchweg billigen. So wird

z. B. die Fürbitte für die Obrigkeit, überhaupt das Ver-
hältnifs zwifchen Obrigkeit und Unterthanen, fowie der
Unterfchied der Stände beim 9. Gebot behandelt. Beim
10. ift von dem Genufs der Lebensfreuden, fowie von
der Nächftenliebe die Rede. Die Lehre von den letzten
Dingen folgt in ausführlicher Darftellung nach dem
Schluffe der fünf Hauptftücke. Eben fo wenig können
wir anderen Abweichungen von dem Luth. Katechismus
unferen Beifall fchenken, dafs z. B. die Stufen der Erniedrigung
Chrifti anders als in demfelben angegeben
werden. Wollen Eltern dem Religionsunterricht ihrer
Kinder förderlich fein, fo müffen fie fich in folchen Dingen
an den Schulunterricht anfchliefsen, fonft kann leicht
Verwirrung bei letzteren entftehen. Wir wünfchen, dafs
das Buch in vielen Familien gebraucht werde, und können
es zu diefem Behufe empfehlen, doch mehr zur Anregung
als zur Belehrung für folche Eltern, die des
Stoffes nicht mächtig find. Auch Geiftliche und fonftige
Religionslehrer können es mit Nutzen zu diefem Zwecke
gebrauchen; fie werden nirgends anderswo eine fo reiche
Auswahl von Verfen aus dem Liederfchatze der evang.
Kirche finden. «

Lang-Göns. K. Strack.

Luthardt, Confift.-R. Prof. Chr. Ernft, Gnade und Friede.

Predigten, zumeift in der Univerfitätskirche zu Leipzig
gehalten. [VII. Sammlung.] Leipzig 1880, Dörffling &
Franke. (VII, 115 S. gr. 8.) M. 2. —

Mit diefer neuen Predigtfammlung, die den zahlreichen
Freunden und Verehrern des Verfaffers eine fehr
willkommene Gabe fein wird, will derfelbe ,einen Trunk
frifchcn Waffers' bieten. Und die Predigten find ein
folcher, ebenfo wie die früheren. Es ift noch diefelbe
Erifche und Klarheit materiell und formell in diefen,
wie in jenen; nur tritt der apologetifche Zug mehr
zurück und tragen die jetzigen Predigten vorwiegend
den Charakter pofitiver Beftimmtheit, mit der die
Gedanken der Schrift und der Kirche verkündigt werden.
Sehr wohlthuend berührt bei dem Ton männlicher und
chriftlicher Entfchiedenheit, in dem die Predigten gehalten
find, der herzliche, nicht feiten ergreifende Ausdruck
warmen und innigen Mitgefühls mit dem einzelnen
Leid und mit den Nöthen unferes ganzen Volkes, dem
man wiederholt begegnet. Der Verf. hofft, dafs feine
Predigten nicht ,kathedermäfsiger' geworden find. Wir
können dies nach unferem Eindruck nur beftätigen. Bei
allem reichen chriftlichen Gedankengehalt, den die Predigten
in grofser Formvollendung bieten, find diefelben
noch einfacher und fchlichter geworden, wenn fie auch,
namentlich in der ganzen Anlage und Dispofition des
Stoffes, mit dem den Luthardt'fchen Predigten eigenthüm-
lichen Zuge in's Grofse und Weite, in die weiten Per-
fpectiven der Schriftgedanken, die Univerfitätskirche nicht
verleugnen.

Zwei der Predigten, deren zehn find, hat der Verf.
übrigens nicht in der Univerfitätskirche gehalten; die
eine, zum Capitelsconvent im Dom zu Meifsen gehaltene,
mit dem Text: 1. Mof. 28, 17 und mit dem Thema: ,die
Predigt, welche das chriftliche Gotteshaus uns hält',
feffelt und erbaut in hohem Grade durch die feine und
finnige Entwicklung der Grundgedanken der kirchlichen
Baukunft und ihrer Gefchichte; die andere ift eine Predigt
am Jahresfeft der innern Miffion in Dresden, die in
grofsen Zügen die chriflliche Barmherzigkeit in ihrem
Urfprung und in ihrem Charakter zeigt, dabei auch die
Stellung der innern Miffion zum geiftlichen Amte be-
fpricht.

Dresden. Meier.