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Ausgabe:

1881 Nr. 15

Spalte:

350-352

Autor/Hrsg.:

Henke, E. L. Th.

Titel/Untertitel:

Neuere Kirchengeschichte. Nachgelassene Vorlesungen 1881

Rezensent:

Staehelin, Rudolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 15.

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mus in Oefterreich bezüglichen Denkmale, Schriftftücke,
Druck- und Bildwerke, Nachrichten u. f. w.' Als erfreuliche
Frucht der Vereinsthätigkeit liegen die beiden erften
Doppelhefte des Jahrbuchs der Gefellfchaft vor, welche

Henke's, Dr. E. L. Th., Neuere Kirchengeschichte. Nachgelaufene
Vorlefungen, hrsg. von Dr. W. Gafs. 3. Bd.
Gefchichte der Kirche von der Mitte des 18. Jahreine
Reihe zum Theil höchft intereffanter Veröffentlich- I hunderts bis 1870, für den Druck bearb. von Pfr. Dr.
ungen enthalten. Eröffnet werden die hiftorifchen Ar- Alex. Vial. Halle 1880, Niemeyer. (XV, 214 S.
beiten durch zwei Ueberfichten über die Anfänge der CTr g m 4 co
Reformation im Erzherzogthum Oefterreich und in Krain, ö "

von Ritter von Otto in Wien und Pfarrer Dr. Elze in Der Herausgeber der beiden erften Bände von Hen-

Laibach. Aus dem reichen Stoffe, welchen die übrigen j ke's Neuerer Kirchengefchichte, Dr. Gafs, gefleht in der
Arbeiten bieten, find als befonders werthvoll hervorzu- 1 Vorrede darüber gefchwankt zu haben, ,ob nicht vielheben
die Mittheilungen ,zur Gefchichte der Gegenrefor- leicht das Werk fchon mit den beiden erften Bänden,
mation in Steiermark' von Dr. Czerwenka in Frankfurt weil fie die felbftändigftcn Studien Henke's umfaffen, fei-
a/M. und die Abhandlung von Senior Dr. Trautenberger nen Zweck hinreichend erfüllt habe', bis theils der mehr-
,zur Gefchichte der Religionsbewegungen in der mäh- 1 fach geäufserte Wunfeh, theils die Bereitwilligkeit eines
rifchen Wallachei'. Die Bedeutung beider Arbeiten be- früheren vertrauten Schülers von Henke zur Uebernahme
fleht darin, dafs fie uns quellenmäfsige Kunde geben von der Arbeit ihm feine Bedenken hob und die Hinzufugung
dem verborgenen Fortleben des Proteftantismus in jenen des hier vorliegenden Schlufsbandes möglich machte.
Ländern in den traurigen Zeiten vor dem Erfcheinen des In der That wird man bei diefem letzten Bande ungleich
jofephinifchen Toleranzedictes. Czerwenka theilt uns den f mehr als bei den beiden früheren daran erinnert, dafs
erften Theil einer aus den Urkunden des Ordinariats des 1 wir es hier mit ,nachgelaffenen Vorlefungen' zu thun
Bisthums Scckau gezogene Chronik mit, der von 1598 bis | haben, deren Umfang durch den Zweck und die Beding-

1752 reicht, und mit behenderer Ausführlichkeit die feit
dem Jahre 1733 zur Unterdrückuno; der .Ketzerei' in Ober-
fteier, insbefondere im Vicariate Schladming getroffenen
Mafsregeln berichtet. Trautenberger's Arbeit giebt eine
lebendige Darfteilung der feit dem Einfalle der Schweden
im Jahre 1Ö42 in der mährifchen Walachei (im Grenzgebirge
, welches das örtliche Mähren von Ungarn fchei-
det) ausgebrochenen religiöfen Bewegung, des entfetz-
lichen Strafgerichtes, welches nach Abzug der Schweden
über die ,Rebellen' verhängt wurde und des abermaligen
Wiederaufflammens der Bewegung, welche in Folge der
Heimtücke leidenfehaftlicher katholifchcr Miffionäre im
Jahre 1777 über fechzig Ortfchaften ergriff. Die Zwangs-
mafsregeln, welche Maria Therefia zuerrt über die unglücklichen
Evangelifchen jener Gegenden verhängt, wurden
jedoch in Folge des energifchen Auftretens Jofeph's
II noch von der Kaiferin felblt einigermafsen gemildert.

ungen akademifcher Mittheilung begrenzt worden ift uac
deren letzte Redaction beinahe zehn Jahre hinter der
Veröffentlichung zurückliegt. Gröfsere, zum Theil fehr
wichtige Abfchnitte find ganz weggelaffen, wie die Gefchichte
der griechifch-ruffifchen Kirche, die kirchlichen
Bewegungen und Neubildungen in Holland, in Dänemark
, in der Schweiz, die Reorganifation des Proteftantismus
in Frankreich, fo dafs Namen wie Grundtvig,
Vinet, Monod vergebens in dem Buche gefucht würden.
Und nicht minder ftöfst man auch in den zur Behandlung
gelangten Partien auf Lücken, die ihre Erklärung
wieder nur darin finden können, dafs nicht überall die
Rückficht auf den Stoff, fondern gelegentlich auch die
auf möglichft knappe Gruppirung und auf den herannahenden
Abfchlufs des Semefters bei der Auswahl mafs-
gebend gewefen ift; man vergleiche den kurzen Abfchnitt
über Amerika, wo neben einer allgemeinen und über

Das betreffende Handfchreibcn der Kaiferin vom 14. Nov. Gebühr ideal gehaltenen Charakteriftik der kirchlichen

1777 ift im erften Doppelheft von G. Wolf mitgetheilt;
eine weitere wichtige Ergänzung der Gefchichte jener Bewegungen
bietet der von Fr. Preidel aus dem k. k. Haus-
Hof- und Staatsarchiv mitgetheilte Vifitations-Bericht des
ftreng katholifchen, aber menfehlich gefinnten Propftes
Johann Leopold von Hay ddto. Wfetin 3. September 1777.

Von fonftigen Arbeiten heben wir aus dem erften
Doppelhefte noch heraus die Mittheilungen des Pfarrers
Fr. Koch in Gmunden über die Lage der evangelifchen
Kirche in Oberöfterreich beim Regierungsantritte Kaifer
Ferdinand's I (eine Klagfchrift des Senior Theodor Weh-
renfennig in Goifern vom 28. Auguft 1837 und ein Bericht
desfelben über eine Unterredung mit dem Minifter
Grafen Kolowrat am 30. Auguft desfelben Jahres). Im
zweiten Doppelhefte ift noch von befonderem Interelie
die forgfältige (wenn auch nach meift fchon gedruckten
Quellen gearbeitete) Abhandlung von Trautenberger:
.Böhmen zur Zeit der Schlacht auf dem weiften Berge .
Diefelbe enthält in dem bis jetzt abgedruckten 1 heil
.Berichte aus dem Lager des Winterkönigs'. Wir wun-
fchen dem fo glücklich begonnenen Unternehmen, dem
unfere volle Sympathie gekichert ift, kräftigen hortgang.
Möge dasfelbe an feinem Theile zur Stärkung des evangelifchen
Bewufstfeins unter den Proteftanten Oefterreicns
das Seinige beitragen!
Jena. Lipfius.

Zultände blofs die Abfchaffung der Sklaverei erzählt ift,
während fonderbarer Weife von den Mormonen in der
Sectengefchichte Grofsbritanniens und von einem Parker
und Channing bei den Parteien der anglikanifchen Kirche
die Rede ift; offenbar hat der Verfaffer jenen erften Abfchnitt
über Amerika erft nachträglich eingefchaltet und
es dabei unterlaffen, das früher anderswo Untergebrachte
nun an feine richtige Stelle herüberzunehmen und das
Bild auch nach feinen übrigen hauptfächlichen Seiten
hin zu vervollftändigen. Ihn felbft trifft natürlich ange-
fichts der urfprünglichen Beftimmung feiner Arbeit bei
dem Allen kein Tadel; im Gegentheil, fie ift für ihn, an
diefer gemeffen, ebenfo wie die früheren Bände das Zeug-
nifs einer Lehrgabe und zugleich einer bis ins Kleinfte fich
erftreckenden Lehrtreue, von dem auch unter diefem Ge-
fichtspunkt Vieles zu lernen fein wird; aber wäre es nicht
für die weitere Veröffentlichung die Sache des Herausgebers
und auch dem bei den erften beiden Bänden befolgten
Verfahren entfprechender gewefen, wenigftens
folche Unebenheiten wie die zuletzt berührten durch
eine etwas freiere Redaction auszugleichen, um fo mehr
als er bei derfelben laut der Vorrede ohnehin in der
Zufammenftellung der auf die Gegenwart bezüglichen
Notizen auf eine gewiffe Selbftändigkeit angewiefen war?
Auch einzelne andere Uebelftände, wie fie mit einer
folchen nachträglichen Veröffentlichung fich fo leicht
verbinden, hätten fich vielleicht auf diefem Wege befei-
tigen laffen; es hätten die ftatiftifchen Angaben über
Grofsbritannien und Amerika, welchen zumgröfsten Theile
noch Berichte aus den Fünfziger Jahren zu Grunde liegen
, einigermafsen ergänzt, in Bezug auf Irland neben
der alten und antiquirten kirchlichen Conftitution von
1833 die neue von 1869 erwähnt, verftelltc Jahreszahlen