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Ausgabe:

1881

Spalte:

346-348

Autor/Hrsg.:

Breest, Ernst

Titel/Untertitel:

Das Wunderblut von Wilsnack (1383 - 1552). Quellenmäßige Darstellung seiner Geschichte 1881

Rezensent:

Kawerau, Gustav

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Hamack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 15. 16. Juli 1881. 6. Jahrgang.

Joel, Der Aberglaube und die Stellung des
Judenthunis zu demfelben (H. L, Strack).

Breeft, Das Wunderblut von Wilsnack (Kawerau).

Jahrbuch der Gefellfchaft für die Gefchichte des
Proteftantismus in Öflerreich (Lipfius).

Henke, Neuere Kirchengefchichte, bearbeitet von
Vial (Staehelin).

Schulte, von, Gefchichte und Literatur der
Quellen des kanonifchen Rechts (Köhler).

Bode, Quellennachweis über die Lieder des
hannoverifchen Gefangbuches (Bertheau).

Schmidt, Das Verhältnifs der chriftlichen
Glaubenslehre zu den anderen Aufgaben aka-
demifcher Wiffenfchaft (Herrmann).

Schulz, Das Wort von dem Gekreuzigten und

Auferftandenen (Härtung).
Kühler, Der Weg zur Seligkeit (K. Strack).

Luthardt, Gnade und Friede. Predigten
(Meier).

Evangelifche Bruderliebe, Vortrüge (Möller).

Joel, Sem.-Rabb. Dr. D., Der Aberglaube und die Stellung wefentlich halachifchen, auf den Volksglauben oder
des Judenthums-zu demselben. 1. Heft. Breslau 1881, 1 Volksaberglauben fich alfo nicht einlaffenden Inhalte der
Tc-^„k„». 0..* q <rr *n M * — Mifchna. Recht viel Material bietet dagegen der letzte

Koebner. (116 S. gr. b.) M. 3. Abfchnitt (S. 64 ff.). Mit Recht betont der Verf., dafs

Zu den wichtigften, aber keineswegs ftets mit aus- die babylonifchen Amoräer befonders empfänglich für
reichender Gründlichkeit behandelten Capiteln der Cul- das, was wir Aberglauben nennen, gewefen feien und
turgefchichte gehört die Gefchichte des Aberglaubens. dafs namentlich die durch Ardfchir, den Begründer des
Es ift daher fehr dankenswerth, dafs ein mit fo gründ- neuperfifchen Reiches der Saffaniden (226 n Chr wieder-
hcher Belefenheit in der jüdifchen Literatur, wie fie hergeftellte Religionslehre Zoroafter's einen wefentlichen
Chriflen nicht befitzen können, ausgerufteter judifcher Einflufs auf ihre Vorftellungen ausgeübt habe — Die
Gelehrter es unternommen hat, die verfchiedenen Epochen fleifsige Arbeit von Gideon Brecher ,Das Transcenden-
der jüdifchen Culturgefchichte auf ihre Stellungnahme | taie> Magie und magifche Heilarten im Talmud' (Wien
zum Aberglauben zu prüfen. Das ganze Werk foll in l8so> 233 S ) hätte benutzt und genannt werden follen.
heben Abfchnitten behandeln: 1) Die fünf Bucher Mohs, Möchte Hr. Dr. D. Joel auf den zweiten Theil fei-
2) Die übrigen bibhfchen Bucher, 3) Die Mifchna, 4) Die I ner Arbeit, der vermuthlich viel wenig Bekanntes brin-
Gemara, 5) Die Geonim, 6) Die Rabbinen der arabifch- , gen wird, nicht lange warten laffen! Wer vorher über
fpani1 fehen Literaturperiode, 7) Die Rabbinen der deutfeh- die Stellung des Judenthums zum Aberglauben im Mit-
polmfchen Literaturpenode. Das uns vorliegende erfte telaltcr fich orientiren will, vergleiche M. Güdemann's
Heft (Separatabdruck aus dem neueften Jahresberichte ; (Gefchichte des Erziehungswefens und der Cultur der
des jüdifch-theolog.fchen Seminars in Breslau) befchäft.gt ; juden in Frankreich und Deutfchland (X.—XIV. Jahr-

hundert)', Wien 1880.

Berlin. Hermann L. Strack.

fich mit den erflen vier Abfchnitten. Am wenigften be
friedigt hat uns das über die biblifchen Bücher Bemerkte
Einmal ftimmt die Eintheilung ,A, die fünf Bücher Mohs;
B, die übrigen biblifchen Bücher' nicht ganz mit der ge-
fchichtlichen Entwickelung überein; auch nimmt der Breest, Ober-Pfarrer Ernft, Das Wunderblut von Wilsnack
Verf. auf die kritifchen Fragen überhaupt keine Rück- ! (1383—1552). Quellenmäfsige Darfteilung feiner Gehellt
, obwohl er zu denfelben wenigftens hier und da, ; fchichte. (In: Märkifche Forfchungen XVI. Bd 1881
z. B. bei der ausführlich (S. 12—24) befprochenen Bi- g i3i_,02n
leamgefchichte, hätte Stellung nehmen müffen. Sodann | j, . . , a

ift aus der Bibel lange nicht alles auf das Thema bezüg- 1 Es wird in unfern Tagen immer mehr als Bedürfnifs

erkannt, behufs völligeren Verftändnifses der Reformation
die kirchlichen und religiöfen Zuftände am Ausgange
des Mittelalters zum Gegenftande eingehender Studien
zu machen. Es bedarf noch vieler monographifcher
ind der uongen l^ueraiur 1 Vorarbeiten, ehe es möglich fein wird, eine diefes weite
zwifchen dem Abfchluffe des Kanons und der Redaction J und bisher ungebührlich vernachläfhgte Gebiet zufam-
der Mifchna gar keine Erwähnung. Endlich enthalten I menfaffende Gefammtdarftellung zu geben. Jeder Bauftein,
diefe beiden langen Abfchnitte (S. 2-54) Vieles, was der jetzt von evangelifcher oder katholifcher Seite hie-
zwar an hell intereffant ift, aber entweder gar nicht zur für herbeigetragen wird mufs willkommen geheifsen
Sache oder in ein fpäteres Capitel gehört. Zu S. 18 be- werden Auch die Wallfahrtsftätten des Mittelalters, die

in den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts geradezu
als Volkskrankheit grafftrende ,atrrcndi libido', die Verbuche
einhehtiger Männer diefem Wallfahrtsfchwindel zu
fteuern und das Verhalten der röm. Curie zu diefen
Formen kathol. Devotion warten noch einer umfaffende-
ren Bearbeitung. Wer uns aber auch nur über eine einheile
Material herangezogen; es fehlen z. B. die Dudaim
Gen. 30, 14 ff., die Amulete (Gen. 35. 4 Jeh 3. 20), die
.Feldtcufel' und Lilith 'Lev. 17, 7. Jef. 13. 21. 34. Uß.
Ferner gefchieht der Apokryphen, mit Ausnahme der
Stelle Sirach 46, 20 CS. 45), und der übrigen Literatur

merken wir, dafs dagegen, dafs mit Bileam im talmud
fchen Schriftthum mehrfach Jcfus gemeint ift, ernfthalter
Widerfpruch wohl nicht mehr erhoben werden kann.
Die dafelbft aus Midrasch Numeri Rabba citirte Stelle
findet hch fchon Sifre zu Deut. 34, 10 (S 357. b,n<~~
mann) S 27 beruhen die Worte ,ein eingeichobenes

Sätzchen' auf einem Verfehen, wie fich aus der folgen- j zelne jener Heilthums'ftätten.und das Stück mittclalter-

1 liehen kirchl. Lebens, das fich an ihr abfpiegelt, wirklich
quellenmäfsigen Auffchlufs giebt, der verdient fich unfern
Dank. Ueber eine der hervorragendften Wallfahrts-

den Uebcrfetzung und dem hebräifchen I ext in der An
merkung ergiebt. — Der dritte Abfchnitt ,Die Mifchna
füllt nur zchntehalb Seiten. Wir finden den Grund da-

für weniger darin dafs man damals ,noch ziemlich frei ftatten des nördl. Deutfchland, die Wilsnacker Kirche,
von allem Myfteriöfen' war (S. 56), als vielmehr in dem hat uns nun Breeft in der bezeichneten umfänglichen

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