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Ausgabe:

1881 Nr. 12

Spalte:

283-286

Autor/Hrsg.:

Ryssel, Victor

Titel/Untertitel:

Gregorius Thaumaturgus. Sein Leben und seine Schriften 1881

Rezensent:

Franz Overbeck

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Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 12.

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ift. Der Verf. fagt darüber lediglich folgendes (S. 280 f.):
,Dagegen hätte f:ch ein werthvolles Stück des nachchrift-
lichen Theils von Africanus' Werk reconfixuiren laffen,
wenn die . . . Unterfuchungen A. Harnack's über die rö-
mifche unddieantiochenifcheBifchofsliftein Eufebios' Chronik
fich beftätigt hätten. Allein das auf den erften Blick
fo beftechende Refultat, dafs diefe Cataloge bis auf Philetos
und Calliftus Africanus' Chronographie entflammen,
kann nach den Ausführungen von Lipfius und von
Gutfchmid nicht mehr aufrecht erhalten werden'. Zu-
nächft bedauere ich es, dafs G. in einer Monographie
über A. an diefem Punkte nicht gleichfalls felbftändig in
die Unterfuchung eingetreten ift; gerade feine überragende
Kenntnifs des A. und Eufebius hätte ihn wie
keinen Andern in den Stand gefetzt, hier mitzureden.
Sodann bleibt dunkel nach Geizer, welcher der beiden

Gehalt ziemlich leeren Redensart fafst der Verf. S. 5
was er von Gregor's Bedeutung tagen zu können meint
zufammen, ohne durch fein eigenes kritifches Bewufstfein
über die Befchaffenheit der Tradition (S. 6) und die
Dürftigkeit des von Gregor Bekannten an etwas zurückhaltenderen
Stil fich mahnen zu laffen. Beiläufig bemerkt
: mit der Ueberfetzung von Socrat. KG. IV, 27, 3:
.Gregor habe die Heiden mehr durch Thaten als durch
Worte zum Glauben zu rufen gefucht' (S. 5, 21) wird
dem im Gricchifchen Texte Ausgedrückten eine willkürliche
Wendung gegeben. Auf die Einleitung folgt in
einem erften Excurfe ein chronologifcher Abrifs des Lebens
Gregor's, welchen aus der vorangegangenen Biographie
auszufcheiden um fo weniger Veranlaflurtg war,
je vollftändiger fich der Verf. hier im Bereiche der traditionellen
Annahmen hält, ohne fie durch Begründung

genannten Gelehrten mich widerlegt hat; denn fie felbft , in irgend welcher erheblichen Weife neu zu ftützen.
widerlegen fich gegenfeitig. Es kommt hier nur auf den 1 Und doch beftand wohl Veranlaffung — fo viel wenig-
erften. Theil der Bifchofsliften des Eufebius an (bis Cal- J ftens wird man einer neuerdings (Jahrbb. für proteft.
liftus); denn dafs der zweite eine andere Erklärung zu- j Theol. 1881. Heft 1) erfchienenen Abhandlung von J.
läfst, vielleicht auch fordert, als ich fie ihm gegeben, Dräfeke entnehmen dürfen, — jene Annahmen in Hin-
bekenne ich von meinen gefchätzten Recenfenten gelernt ficht auf das chronologifche Verhältnifs des Panegyricus
zu haben. Drittens möchte ich den Verf. daran er- [ auf Origenes und des Briefs diefes Kirchenlehrers an
innern, dafs wir gerade feiner Arbeit Nachweifungen verdanken
, welche die von mir befürwortete Plypothefe
ftützen. Es ift bewiefen, dafs die römifche Kaiferlifte
nebft ihren Zahlen im Kanon des Eufebius mit der des
Africanus identifch ift und es ift bewiefen, dafs A. in
der jüdifchen Gefchichte auf die forgfältige Herftellung
der öiadoyrj der Hohenpriefter ein Hauptgewicht gelegt
hat. Legen diefe Beobachtungen nicht fchon für fich
die Annahme nahe, dafs A. auch auf die forgfältige Herftellung
der Siudoyjj der Bifchöfe ein Hauptgewicht gelegt
hat, und dafs Eufebius ihm hierbei wie bei der

Gregor nicht fo ganz unangefochten zu laffen. Die
Zahlen, welche der Verf. in feiner Tabelle coordinirt,
find überhaupt von höchft ungleichem Werthe. Unter
der Rubrik: ,Tod Gregor's 270 n. Chr.' belehrt er uns
fogar felbft, dafs ,fich die beftimmte Datirung diefes
Todes in das Jahr 270 durch nichts rechtfertigen läfst'
(S. 19). Ein Beifpiel der in folchen Kragen befonders
empfindlich geringen Präcifion des Ausdrucks des Verf.'s
ift auch die Bezeichnung der Angabe des Euf. KG. VII,
14 als ,ganz allgemein' in Hinficht auf den Amtsantritt
des Gregor (S. 15). Vielmehr ift die Angabe des Eufebius

Kaiferlifte einfach gefolgt ift? Eine wirkliche Widerleg- befonders genug — fie befagt, dafs Gregor im J. 260
ung des Nachweifes, dafs Eufebius in der Chronik die Bifchof war — hat aber auf die Zeit des Amtsantritts
Bifchofsliften des A. herübergenommen hat, erwarte ich • gar keine, weder allgemeine noch befondere, Beziehung,
noch; mit denen aber, die wie Erbes diefes Refultat Für die überhaupt grofse Undeutlichkeit der Kritik der
discreditiren zu müffen meinen, weil dasfelbe mög- Quellen im Ryffel'fchen Buche ift es charakteriftifch,
licherweife die Dogmen ihrer liberalen Kritik' antaftet, dafs der Verf. fich ganz unbeforgt darum zeigt, den
oder mir folches als verfteckte Abficht fupponiren, habe Lefer ftets davon in Kenntnifs zu erhalten, auf welchem
ich mich nicht abzugeben. — Zum Schlufs die Bitte, es ; Zeugniss feine biographifch.cn Angaben beruhen — z. B.
möge dem Verf. gefallen, mit feiner für den 2. Band ge- 1 die über Gregor's Erwählung zum Bifchof auf Gregor
planten Zufammenftellung der Fragmente des A. auch von Nyffa (S. 14). Gregor's des Thaumaturgen eigener
eine Ueberficht über die Quellen desfelben zu verbinden. Panegyricus, die Angaben des Origenes und des Eufebius

Giefsen, 15. März. Adolf Harnack. ®»% »j>n.un<J clie Heiligengefchichte des Gregor von

j 1 Nyffa find aber Quellen von fo verfchiedenem Werthe,

dafs was eine jede von ihnen bezeugt wohl auseinander-
Ryssel, Doc. Lic. Dr. Vict, Gregorius Thaumaturgus. Sein zuhalten ift. Dafs Gregor ,in feiner Abwefenheit zum
Leben und feine Schriften. Nebft Ueberfetzung zweier • Bifchof geweiht' worden fei (S. 14) ift wohl nur Druckbisher
unbekannter Schriften Gregors aus dem Syri- fehler für gewählt (vgl. S. 60). Ein zweiter Excurs han-

c u„ t „:„,:„• ,öq^. t?d-„-,,, iiu .As <-; rr,- s , delt von ,Gregor dem Wunderthäter in der kirchlichen
fchen. Leipzig 1880, Bernau. (Vitt, 100 B. gr. 8.) T. /c rr<. ■ ■ t i- «u j a ri

f & ' v b j Literatur' (S. 19 ff.): einige Notizen über das Anfchen

™*. 5- ' Gregor's in dieler Literatur, aus welchen Ref. die ge-

,Den Mittelpunkt vorliegender Monographie bilden legentlich auftauchende Beobachtung über die Unab-

die hier zum erften Male aus dem Syrifchen überfetzten ' hängigkeit Rufin's von Gregor von Nyffa (S. 19 f.) nur

zwei Schriften Gregor's'. Man wird wohl thun, um Ent- als Beifpiel der Fragen hervorhebt, welche man in einer

täufchungen zu entgehen, mit diefer Erklärung der Vor- kritifchen Biographic, wie fie uns hier geboten wer-

rede des Verfaffers fofort den Titel, den er felbft den- j den foll, angelegentlicher verfolgt und heller ins Licht

noch feiner Arbeit gegeben hat, zu corrigiren. Denn ! gefetzt zu fehen wünfeht. Der dritte Excurs giebl

mit dem Mafsftabe einer Monographie über Gregor den ; eine Ueberficht über die Schriften Gregor's, ihren Inhalt

Thaumaturgen überhaupt gemeffen, kann diefe Arbeit und ihre Echtheit (S. 23 ff.) Das hier zunächft vorlieg-

nicht gut beftehen. Begonnen wird mit einer Einleitung ende Verzeichnifs der Gefammtausgaben giebt wiederum

über ,Gregor's Bedeutung für die Kirche und die chrift- nur ein paar Notizen, die fich zu verfchaffen auch fonft

liehe Wiffenfchaft feiner Zeit' (S. 1—11). Hier ver- keine Schwierigkeit hat, läfst dagegen, was eine Ueber-

fpricht der Titel wiederum nicht wenig, aufserordentlich ficht der Art erft belehrend und wirklich nützlich macht

viel für jeden, der bedenkt, wie es mit unferer Kenntnifs — eine genaue Feftftellung der handfehriftlichen Grund-

der ,Zeit' Gregor's des Thaumaturgen fleht. Man kann ' läge der verfchiedenen Ausgaben und ihrer Abhängig

aber nicht leicht weniger inftruetiv und in blafferen keit unter einander — faft vollftändig vermiffen. Ueber

Worten von der Sache reden, als es hier vom Verf. den Panegyricus auf Origenes, mit welchem für uns

gefchieht. ,Das Bild eines Kirchenfürften in des Wortes eine Form der damaligen Weltliteratur zum erften Male

idealfter Bedeutung' follen wir von Gregor erhalten — in die Kirche einzieht und in welchem der erfte Ver-

mit diefer im vorliegenden Falle zumal von hiftorifchem 1 fuch der Selbftbiographie eines Chriften vorliegt, war