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Ausgabe:

1881 Nr. 11

Spalte:

263-264

Autor/Hrsg.:

Roth, Friedrich

Titel/Untertitel:

Augsburgs Reformationsgeschichte 1517 - 1527 1881

Rezensent:

Kawerau, Gustav

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Seite 1

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263

Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. Ii.

264

gebern und dem Verleger aber gratuliren wir von Her- | gegen joh. Eck (S. 46), dafs er 1515 in Bologna ,die
zen zu diefer Leiftung, auf welche fie mit Recht ftolz i wucherifchen Manipulationen der Fugger'vertheidigt habe,
fein dürfen, und wünfchen, dafs die folgenden Bände an bedarf nach den Ausführungen von Albrecht in Zeitfchr.
Vollftändigkeit und Reichhaltigkeit die bisher erfchie- f. hift. Theol. 1873 S. 385 flg. — vergl. auch Janffen,
nenen ebenfo noch übertreffen mögen, wie der zweite Gefch. d. deutfch. Volkes I. 407. 408 — doch einer ge

wiffen Einfchränkung; wenigftens handelte es fleh dabei
nicht um Vertheidigung des Wuchers im modernen Sinn

den erften.

Giefsen. Adolf Harnack.

Roth, Friedr., Augsburgs Reformationsgeschichte 1517 —1527.
Gekrönte Preisfchrift. München 1881, Th. Ackermann.
(257 S. gr. 8.) M. 4. 80.

Vorliegende Schrift verfolgt nicht nur den Zweck,
den für Augsburgs Gefchichte und insbefondre für die
Einführung der evangel. Lehre dafelbft Intereffirten eine
zuverläffige, nach den betten Vorarbeiten zufammen-
geftellte und lesbare Reformationsgefchichte diefer Stadt
darzubieten, fondern fie will auch ein neuer Beitrag zur
Gefchichte jener Tage fein, der durch eigne Forfchung
felbfländigen Werth für fleh in Anfpruch nimmt. Freilich
ift das hier gefammelte Material feiner Hauptmaffe

nach den Fachgenoffen bereits bekannt und durch j Herzog Real-Enc.2 III 541]? Druckfehler und Ungenauig

des Wortes. Dabei bleibt freilich beftehen, dafs Eck's
Zeitgenoffen an feinem Auftreten in Bologna ernftlich
Anftofs nahmen, und dafs feine Motive wohl auch nicht
eben die lauterften waren. Zur Literatur über Hans
Plutt (S. .204) ift nachzutragen Zeitfchr. f. hift. Theol.
1860 (S. 33); zu der über Eitelhans Langenmantel (S. 205)
Baumann, Quellen zur Gefch. d. Bauernkr. 1876 (S. 141).
Ein feltfames quid pro quo ift dem Verf. S. 76 begegnet.
Er citirt dort aus dem Pasquill ,Cunz und der Fritz', ,der
Pfaffen Frofchgefchrei'; es heifst aber fraschgarei'
d. i. das italien. fraseheria, Poffen. Sollte nicht auch S.
187 der ,dämonifche' Ernft des Wiedertäufers Denk aus
einem Mifsverftändnifs des Namens ,daemoniäcil flammen,
mit welchem man Denk's Anhänger bezeichnete [vergl.

Forfchungen und Vorarbeiten Anderer zugänglich ge- keiten in bibliogr. Angaben find nicht ganz feiten. Von erfte-
macht; es fei nur an die ältere Augsburg-Literatur von ren feien notirt S. 55 Altomünfter ft. Altenmünfter ; S. 66
Zapf und Veith, an die Arbeiten zur fchwäbifchen 1 Johann Spengler ft. Lazarus Sp.; S. 186 1526 ft. 1325;
Reformationsgefch. von Th. Keim, an die biographifchen j S, 193 Fenzel ft. Tenzel. In dem Citat S. 187 Anm. mufs
Schriften über die Perfönlichkeiten, die, in Augsburgs es ftatt des unfinnigen ut äe tat ein etiant vincent et ipso
Reformationsgefch. eine hervorragende Rolle gefpielt
haben (Oecolampad, Urban Rhegius, Denk, Hätzer u. A.)
erinnert. Aber der Verfaffer hat nicht nur diefe zahl
reichen Vorarbeiten forgfältig zu Rathe gezogen, fon

etiam videretur, vielmehr sc ipso major videretur heifsen,
vergl. Real-Enc.2 III 540. Auffällig ift auch, dafs der
Verfaffer den Zwinglianer Lycofthenes confequent Wohl-
farth fchreibt. Von bibliogr. Angaben ift z. B. die auf

dem auch durch Benutzung der Augsburger Druckfchriften j S. 77 ganz incorrect, es mufs namentlich ftatt Conciliis
jener Jahre fowie des chroniftifchen und archivalifchen j conuieijs heifsen; in den Titeln der Hätzer'fchen Schrif-
Materials, foweit er desfelben irgend habhaft werden ! ten ift wiederholt Hätzer in Hetzer verwandelt. Ungern
konnte, in Einzelheiten manchen dankenswerthen neuen vermiffen wir ein Perfonenregifter am Schluffe des Buches.

Bauftein herbeigetragen. Wir weifen namentlich auf
Cap. 4 (,Der Aufftand in der Stadt und der Bauernkrieg')
und auf Cap. 6 (,Die Wiedertäufer in Augsburg') hin.
Wie durch fleifsige Benutzung des Quellenmaterials und
der weit verftreuten reformationsgefchichtl. Literatur, fo
fpricht Roth's Arbeit auch durch fachgemäfse Gruppir-
ung des Stoffs und durch fchlichte und klare Darfteilung
an. Freilich ift dem Verfaffer im Einzelnen manches
entgangen, was für die Augsburger Reformationsgefchichte
wohl hätte herangezogen werden können.

Klemzig. Kawerau.

Mendelssohn's. Mofes, Schriften zur Philosophie, Aesthetik
und Apologetik. Mit Einleitungen, Anmerkungen und
einer biographifch-hiftorifchen Charakteriftik Mendels-
fohn's hrsg. von Dr. Mor. Brafch. 2 Bde. Leipzig
1880, L. Vofs. (XC, 537 ü. VI, 602 S. gr. 8. mit Portr.
in Stahlft.) M. 12. —

Wir notiren z. B. Scheurl's Briefbuch II, 16 zu S. 48 i Diefe neue Ausgabe der Hauptfchriften Mendels*

u. II, 40 zu S. 51; Zasii epp. ed. Riegger pg. 4. 5 zu S. I fohn's verdankt ihre Entftehung der Ueberzeugung, dafs

54; Herzog, Chronik v. Zwickaull,200 zu S. 69 (über Hans
Schönsperger). Zu S. 42 wäre auf Gothein, ,Polit. u.
relig. Volksbewegungen vor der Reform.', Breslau 1878,
S. 88—95 zu verweilen; ebendafelbft fehlt bei Erwähnung
der frommen Betrügerin, welche angeblich ohne Speife

diefelben ,nach Inhalt und Form die Vergeffenheit nicht
verdienen, der fie jetzt verfallen zu fein Rheinen'. Der
Herausgeber hat dabei nicht nur die zweifelsohne hervorragende
Bedeutung im Auge, welche M. für die Periode
der Aufklärung gehabt: feine Schriften als wichlebte
, ein Hinweis auf Tifchreden (Förftem.-Bindf.) IV, i tige Urkunden derfelben zugänglicher gemacht haben, ift
435. Ueberfehen ift, dafs von den von ihm befprochc- : gewifs verdienftlich, und mit Recht weift er darauf hin,

nen Pasquillen die meiften (mehr, als er angemerkt hat)
in der Sammlung von O. Schade abgedruckt find; ebenfo
, dafs die meiften von ihnen auch von A. Baur

dafs die von M. in der Wcchfelwirkung mit Leffing vollzogene
eigenartige Entwicklung der Leibnitz'fchen Keime
zu einer Theorie des Schönen von den Gefchichtsfchrei-

,Deutfchl. in den J. 1517—1525' eingehend befprochen ! bern der Aefthetik nicht genügend gewürdigt ift. Er
find. Die von Roth S. 54 Anm. gegebene Correctur der ! möchte aber den religionsphilofophifchen und ethifchen
Annahme, dafs Luther 1518 zuerft im Auguftinerklofter 1 Gedanken M.'s eine Bedeutung auch noch für die Gegen-
zu Augsburg abgeftiegen fei, ift bereits bei Kolde 1 wart vindiciren. Dafs fie eine folche haben, möchte Ref.
,Auguftinercongregation' S. 319 zu lefen. Dafs die ; bezweifeln, natürlich nicht, fofern es bei ihnen auf eine
Parodie des Judasliedes [nicht Judenliedes] auf Murner theiftifche Weltanfchauung herauskommt, fondern was
fich zuerft in der Schrift ,Defensio ckristianorum' die Art der philofophifchen Begründung anlangt. M.
befinde, ift bereits von Hoffmann v. Fallersleben, Kir- ! lehnt bewufst jede Benutzung der von dem perfönlichen,
chenlied 3. Ausg. S. 232 nachgewiefen. Irrig ift dabei fühlenden und wollenden Menfchen geübten Werthfchätz-
Roth's Angabe, diefe Defensio fei pfeudonym erfchie- ung als eines leitenden Motives des wiffenfehaftlichen
nen; Matthäus Gnidius nennt fich ja als Verfaffer auf Denkens ab und bleibt auch darin vorkantifcher Philodem
Titel.] Die Angabe über das Verhalten des Bifchofs foph; der M.'fchen theoretifchen Begründung aber der
Stadion bei Publication der Bannbulle (S. 68) wird durch theiftifchen Weltanfchauung durch eine dogmatifche Meta-
die inzwifchen von v. Druffel in Veröffentl. der Münch, j phyfik fcheint doch auch der Herausgeber keine blei-
Acad. 1880 (Phil.-hift. Cl. Bd. I, 5, S. 573) gegebenen j bende Bedeutung zuzufchreiben, jedenfalls hat fie weder
Mittheilungen erheblich berichtigt. Die Anfchuldigung mit der induetiven Naturwiffenfchaft unferer Tage noch