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Ausgabe:

1881 Nr. 10

Spalte:

229-230

Autor/Hrsg.:

Zimmer, Friedrich

Titel/Untertitel:

Der Spruch vom Jonazeichen (Lk. II, 29-32 = Mt. 12, 39-42) nah seinem ursprünglichen Wortlaut und Sinn 1881

Rezensent:

Schürer, Emil

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229 Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 10. 230

geneigt, einen Punkt nach ctfiag-viiuv zu finden unter dem
curfiven a. Auch enthält diefe Seite Cap. XXVI, 26—29,
nicht wie angegeben XXVI, 62-66. Auf Seite 15 hätte
die Zahl der Stellen, wo Z mit x, B, C, und L überein-
flimmt, gegeben werden müffen, um den Vergleich mit
der angegebenen Zahl der abweichenden Stellen zu erleichtern
. Auf Anfrage antwortete der Herausgeber gü-
tigft, die Bibliotheks-Bezeichnung für den Codex fei
K. 3. 4., was unfere Lefer gewifs gerne notiren werden.

Diefer revidirten Ausgabe von Z fügt Abbott die
in demfelben refcribirten Bande enthaltenen Jefaiasfrag-
mente (30, 2-31, 7; 36, 17—38, 1), ebenfalls vom 6.
Jahrhundert, hinzu, welche bisher nicht veröffentlicht
waren, obfchon ihre Lesarten, wenn auch unvollftändig,
in der Holmes u. Parfon'fchcn Ausgabe der LXX angeführt
wurden als Cod. VIII. Auf S. 20—23 werden die
Lesarten diefer Fragmente mit denen der Codd. Vatican.,
Sinait. und Alcxand. verglichen, woraus zu fehen ift,
dafs, wo Ditbl. und Vat. von einander abweichen, die
Codd. Sin. und Alex, ebenfo häufig mit dem einen wie
dem anderen übereinftimmen. Auf S. 17, wo Abbott
fagt: , Tbc/r arc 110 accents', fcheint er oZc auf S. 5 (diefer
Fragmente;, was auch im Facfimile Tafel 2 fleht, für
den Augenblick überfehen zu haben.

Unter dem zweiten Facfimile fteht ein fünfzehiges
Facfimile der älteren Schrift auf 29 Blättern desfelben
Codex, welche Fragmente der Reden Gregor's von Na-
zianz enthalten, etwa vom 9. Jahrh.

Ein prächtiges Facfimile des neuen Blattes aus dem
Codex Palatinns (f. Jahrg. V [1880], S. 195. 196) fchliefst
den Band; das Blatt wird in der Bibliothek N. 4. 18.
bezeichnet.

Indem wir Herrn Prof. Abbott für feine treffliche
Arbeit danken, wünfchen wir ihm weitere Erfolge (be-
fonders zu den Evangclia Antcläeronymiana e codice ve-
tusto Dublinensi, welche angekündigt find) und namentlich
eifrige Schüler und Nachfolger in feiner Wiederbelebung
textkritifcher Studien in Irland.

Leipzig. Cafpar Rene Gregory.

Zimmer. Privatdoc. Hr. Lic. Friedr., Der Spruch vom Jonazeichen
:Lk. II, 29—32 = Mt. 12, 39—42) nach feinem
urfprünglichen Wortlaut und Sinn. Ein Beitrag
zur Quellenfcheidung und Erklärung der fynoptifchen
Evangelien. Hildburghaufen 1881, Gadow & Sohn.
(VII, 35 S. 8.)

Uiefe kleine kritifch-exegetifche Monographie will
an einem einzelnen Beifpiele zeigen, dafs die Quellenkritik
der fynoptifchen Evangelien nicht eine blofse Liebhaberei
der Gelehrten fei, um welche die praktifchen
Geiftlichen fich nicht zu kümmern-brauchten, fondern
eine Sache von eminenter Bedeutung für das richtige
Verftändnifs der Worte des Herrn. Das Beifpiel ift gut
gewählt. Denn die richtige Deutung des fraglichen
Spruches hängt in der That davon ab, dafs man von
der auf Mifsverftändnifs beruhenden Ausdeutung bei
Matthäus zurückgeht auf die urfprüngliche Relation bei
Lucas. — Der Verf. fucht zunächft durch eine fehr forg-
fältige Vergleichung der beiden Parallel-Texte den ur-
lprünglichen Wortlaut, wie er in ihrer gemeinfamen Quelle
geftanden haben mufs, herzuftellen. Ref. kann hier in
allem Wefentlichen beiftimmen, namentlich in dem Hauptpunkte
, dafs die Relation des Lucas, abgefehen von geringen
Modificationen in der Form, die urfprüngliche,
und der ganze Satz bei Matth. 12, 40 eine Einfchaltung
Ut Es ift dies ja auch längft von Vielen (z. B. Straufs,
Neander, De Wette, Bleek) anerkannt und fo fehr mit
Händen zu greifen, dafs man fich nur über die Ablehnung
diefer Einficht bei manchen neueren Exegeten (z. B.
Meyer und Weifs) zu wundern hat. — Nicht ebenfo glücklich
wie in der Quellenkritik ift der Verf. in der Aus-

I legung. Zwar fieht er richtig, dafs es fich fowohl bei
Jonas wie bei der Königin von Saba in der Hauptfache
darum handelt, dafs fogar Heiden (die Niniviten und
die heidnifche Königin von Saba) der blofsen Verkündigung
des göttlichen Wortes ohne fpecielle Zeichen,
und zwar durch geringere Offenbarungs-Mittler als Jefus
(durch Jonas und Salomo), Gehör fchenkten. In der fpe-
cielleren Erklärung aber hat er fich durch das /ut. eazai
Luc. 11, 30 irre führen laffen. Er fagt nämlich S. 21 f.:
Jona wird felbft ein Zeichen genannt, und ebenfo
Jefus. Das kann natürlich nicht heifsen follen: Wie

I Jona der Bufspredigcr unter den Niniviten erfchienen fei

; als ein Zeichen, fo werde auch Jefus für dies Gefchlecht

j mit feiner Bufspredigt ein Zeichen fein. Denn das Futurum
eatat weift auf die Zukunft und gerade als Bufs-
prediger hat Jefus nicht mehr auftreten wollen. Das
Zeichen kann nach der Erklärung der beiden Schlufsverfe
nur fein, dafs die Hörer, die Gotterwählten, im Gericht
verdammt werden, Leute aber wie die Niniviten und die
fabäifche Königin, Heiden alfo, die auf Gottes Wort hörten
, fie verdammen und fomit an ihre Stelle treten. Wie
Jona für die Niniviten ein Zeichen wurde, fo — nur im
Gegenbild — wird Jefus für jenes Gefchlecht ein Zeichen
fein, indem fie, obwohl Erwählte Gottes, in Folge ihres
Ungehorfams werden verworfen werden'.

Das ift Alles, was zur Erklärung der Stelle geboten
wird. Denn fcltfamcr Weife verzichtet der Verf. ,auf
eine genauere Erklärung des einzelnen' (S. 22), was bei
einer Monographie von 35 Seiten über einige wenige
Verfe doch kaum geftattet ift, und durch die umftänd-
liche Behandlung der quellenkritifchen Fragen nicht ent-
fchuldigt wird. Wäre der Verf. genauer auf das Detail
eingegangen, fo hätte er fich wohl felbft von der Un-

! möglichkeit feiner Erklärung überzeugt. Er hätte fich

I dann fagen müffen, dafs omitlnv fowohl an fich wie nach
dem Zufammenhang eine Kundgebung Gottes fein mufs,

1 durch welche Gott zur Bufse und zum Glauben auffordert
; dafs alfo das Zeichen nicht in der Verurtheilung

i der Betreffenden beim Gericht beliehen kann. Der Aus-
fpruch Jefu ift ja veranlafst durch die Forderung fpe-
cieller oqueia, durch welche er fich als Offenbarungsträger
legitimiren foll. Darauf erwiedert Jefus: Ein fpe-
cielles Zeichen wird diefem Gefchlecht nicht gegeben

I werden, fondern nur ein folches, wie es einft Jonas den
heidnifchen Niniviten gegeben hat. Wie nämlich diefe
kein anderes Zeichen erhielten als die einfache Predigt
des Jonas, fo foll auch diefem Gefchlecht kein anderes
Zeichen, keine andere Kundgebung Gottes, gegeben werden
aufser meiner einfachen Predigt. Diefes Zeichen mufs
genügen. Denn wenn felbft die heidnifchen Niniviten
auf die Predigt des Jonas hin fich bekehrt haben, fo
können und follen es um fo mehr die thun, welchen nun

| ich predige. Denn fie find Glieder der Offenbarungs-Gemeinde
, und ihnen predigt ein Höherer als Jonas. —
Dies ift der einfache Sinn der Worte, wie er aus Lucas
fich ergiebt. Das Futurum tarai ift lediglich daraus zu
erklären, dafs die Wirkfamkeit Jefu noch nicht abee-
fchloffen ift. fa

Die allgemeinen Vorausfetzungen des Verf.'s über das
Vcrwandtfchaftsverhältnifs der Synoptiker find diejenigen
von Weifs. Zu empfehlen wäre doch noch eine
etwas eingehendere Erwägung der Frage, ob nicht der
von Holtzmann, Weizfäcker u. A. eingefchlagene
1 Weg zu einer einfacheren und befferen Löfung des Pro-
; blemes führt. — Eine feltfame Freiheit erlaubt fich der
I Verf. im Gebrauch der deutfehen verba composita. Man
begegnet nicht nur öfters dem Satz: .Hinzukommt, dafs',
j fondern fogar folgendem Monftrum (S. 24): .Wieder über-
j einftimmt er mit Mc. in dem darauf bei beiden folgen-

! den Berichte.....Aber abweicht er in dem Bericht

über die Veranlaffung diefes Worts' (!!).

Giefsen. E. Schür er.