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Ausgabe:

1881 Nr. 9

Spalte:

206-207

Autor/Hrsg.:

Réville, Jean

Titel/Untertitel:

La doctrine du Logos 1881

Rezensent:

Harnack, Adolf

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20S

Theologifche Literaturzeitung. 1881. Nr. 9.

206

dies freilich gewifs nicht, da gar kein Grund vorliegt,
rraWrOg anders als in feiner gewöhnlichen Bedeutung zu
nehmen. Denn wir find durch nichts gezwungen, unter
dem von Jefus Sirach verherrlichten Simon den erden
Plohenpriefter diefes Namens zu verttchen.

Für deutfehe Lefer bietet das Buch allerdings nichts
wefentlich Neues. Aber es ift fleifsig und mit umfaffen-
der Sachkenntnifs gearbeitet und verdient daher auch
von deutfeher Seite beachtet zu werden.

Giefsen. E. Schürer.

Röhricht, Rhold., und Heinr. Meisner, Deutsche Pilgerreisen
im heiligen Lande. Hrsg. und erläutert. Berlin
1880, Weidmann. (VIII, 712 S. gr. 8.) M. 20. —

• Diefes mit dem Fleifs und der Gründlichkeit eines
Titus Tobler gefchriebene Werk fchildert in der Einleitung
fehr anfehaulich das Pilgcrwefen des fpäteren
Mittelalters. Tobler gab in feinen Denkblättern eine
Skizze des gefammten Pilgerwefens von den erften Jahrhunderten
an bis auf die Gegenwart. Hier empfangen
wir für einen enger begrenzten Zeitraum ein defto reicher
ausgeführtes Bild. In wie hohem Anfehen noch im
Anfang des 14. Jahrhunderts da und dort die Wallfahrt
nach Jerufalem ftand, zeigt unter Anderem auch eine
Beftimmung im Zürcher. Richtebrief (dem Staatsgrund-
gefetz von Zürich), wornach der Rath gehalten war,
jährlich vier Männer zu diefer Wallfahrt abzuordnen.
Dafs im Kidronthal bei Jerufalem ein Gottesgericht über
die Heiden ergehen werde, haben nach unferer Anficht
fchon Joel und der 2. Jefaja angenommen. Es beruht
daher der bei den Juden und Muhammedanern wie bei
den Chriflen verbreitete Glaube an das Weltgericht da-
felbft nicht blofs auf etymologifcher Mythe. Er zeigt
aber, wie äufserft confervativ der religiöfc Volksfinn in
feinen Vorftellungen ift auch bei mächtig erweitertem
Horizont.

Der Einleitung folgen 23 mehr oder weniger gekürzte
Pilgerfchriften, deren ältefte in die Mitte des 14.
Jahrhunderts hinaufreicht, während die jüngfte der letzten
Hälfte des 16. Jahrhunderts angehört. Mit geringen Ausnahmen
erfcheinen diefe Schriften hier zum erften Mal
im Druck. An Bedeutung kommen freilich die wenigften
derfelben den gröfseren bereits edirten Pilgerfchriften
jenes Zeitalters gleich. Da nun letztere, vor zwei oder
drei hundert Jahren gedruckt, fehr feiten geworden, fo
wäre Neuherausgabe derfelben ein wohl noch verdienft-
licheres Unternehmen gewefen. Immerhin wird der Cul-
turhiftoriker aus den mitgetheiltcn Schriften manche Ausbeute
gewinnen. Längft war im 14. und 15. Jahrh. die
morgenfrifche Begcitterung für das h. Land vorüber, die
einft das ganze Abendland erfüllt hatte, und die Zahl
derer, welche wie z. B. Felix Fabri eine brennende Sehn-
fucht nach Jerufalem hatten, gar fehr zufammengefchmol-
zen. Defto gröfseren Uebermuth zeigten Araber und
Türken denfehwachen Pilgern gegenüber. Aber mochten
letztere daheim auch noch fo fehr über Mifshandlung
von Seiten der muhammedanifchen Gewalthaber klagen,
zu einem neuen Kreuzzug aufrufen, ihr Nothfchrei blieb
ungehört. üb Jakob von Bern (Verona), wie die Herausgeber
wollen, ums Jahr 1346 in Paläftina gewefen, fcheint
uns nicht feft zu ftehen; denn er fagt, Jafa fei vor 75
Jahren zerftört worden und er habe es noch in diefem
Zuftand getroffen. Nun aber war diefer Ort noch 1333,
wie Jfchak Chelo berichtet, eine blühende Handelsftadt.

Aufser dem Bericht des Jakob von Bern bieten die
Schilderungen von Pfinzung, der zwei Mal wie Fabri das
h. Land befuchte, und von Ludwig von Rauter, der in
befonderem Schutze des Sultans ftand und deshalb weiter
ins Innere des Landes eindrang als andere, hervorragendes
Intereffe. DieEigennamen find freilich inRauter's
Schrift theilweis arg verfchrieben. Abweichend von den
Herausgebern halte ich Schnum für Djenin, Lendefchars

für Chan et - Tudjar, Drofa für Gaza, Derepnito für Te-
rebinthe, Revila für Ramla. Lehrreich ift auch die Reife-
inftruetion, welche der erfahrene Breitenbach dem jungen
Grafen von Hanau giebt.

Den dritten Theil des Werkes bildet ein Verzeich-
nifs ,der wichtigften deutfehen Pilger, welche nachweislich
ficher oder höchft wahrfcheinlich in der Zeit
von 13CO—1600 in das heilige Land gegangen find'.
Gewifs kann in diefes Verzeichnifs noch mancher
Name nachgebracht werden; aber deshalb verdient doch
die höchft mühevolle Arbeit dankbare Anerkennung.
Wir erfehen daraus, dafs neben Bürgern und Geiftlichen
auch Fürften und Adelige es nicht verfchmähten, in de-
müthigtter Weife die h. Stätten zu befuchen. Nicht wenige
Pilger machten die Reife zwei Mal. Wie reich an
Abenteuern war zuweilen das Leben diefer Leute, wie
z. B. des Johannes Schiltberger, der 1394 in der Schlacht
von Nikopolis, 16 Jahre alt, gefangen wurde, dann als
Sclave des Sultans Bajazith, des Tamerlan und deffen
Sohnes 32 Jahre zubrachte, um endlich wohlbehalten
wieder in die Heimath zurückzukehren.

Der letzte Hauptabfchnitt des Werkes enthält Berichtigungen
und Ergänzungen der Tobler'fchen Biblio-
grapläageographica Palaestinae. Wir fühlen uns für diefen
Abfchnitt den Verfaffern zu ganz befonderem Dank ver-
[ pflichtet; denn fie haben die Lücke zwifchen Tobler's
und Socin's Literaturberichten gefchloffen und wir befitzen
nunmehr für Paläftina eine fo vollftändiges Verzeichnifs
der gefammten geographifchen Literatur wie
für wenige andere Länder oder vielleicht für gar kein
anderes Land. Die Verfaffer haben fich nicht begnügt,
nur die gröfseren einfehlägigen Werke zu erwähnen, fondern
auch die zahlreichen in Journalen zerftreuten Auf-
fätze notirt. Möge es dem deutfehen Paläftinaverein gelingen
, nach und nach eine umfaffcndePaläftina-Bibliothek
zu fammeln gleich der von Titus Tobler, die nach Petersburg
gewandert ift.

Ein Gloffar und ein ausführliches Regifter fchliefsen
das Werk. Erhielten ift erkauchen, begriff gleich Umfang,
basig dem fchwedifchen pösig entfprechend ,aufgefchwol-
len, grofs', bescherins tvysse zutheilungsweife, d. h. der
p. 133 genannte König ift der bescherer, er hat das
Lehensrecht, geruenglich gleich gcruoclilich ,bequem, wie
man es gerne hat', glit das ta.*liiö) Imbis bedeutet im
Schweizerüeutfch ,Mittageffen', läuffig ,gerieben, fchlau',
marlielon fchwerlich marrellone, was eine grobe Hacke
bedeuten würde, das Wort fcheint ftark verfchrieben zu
fein. Es ift wohl armelus gemeint, Pestis humeros tantum
tegens sicut scapulare monachorum (Du Cange s. v.). Uff
dem wonende ,auf ihm wohnend, ruhend' nach 1 Kön.
8, 10 f. Curo sein gleich dem ital. essere in curro an
der Reihe fein, nahe dabei fein. Leugc das latein. leuca.
Stainig erinnert an das engl, stained farbig.

Möge das treffliche Werk im weiteften Kreis der
deutfehen Gefchichtsforfcher und der Paläftinafreunde
die verdiente Anerkennung finden.

Zürich._ K. Furrer.

Reville, Jean, La doctrine du Logos dans le quatrieme
evangile>et dans les oeuvres de Philon. Paris 1881,
Fischbacher. (II, 183 p. gr. 8.)

Der Verf. gelangt nach einer freimüthigen Unter-
fuchung zu dem Refultate, dafs die conftitutiven Elemente
der Theologie des vierten Evangeliums die jüdifch-
alexandrinifche Philofophie (,modihee par son evolution in-
tcrne'),(ov/ie die fynoptifche und paulinifcheTraditionfeien.
Jede nähere und directe Verwandtfchaft zwifchen demjoh
Evangelium und den Gnoftikern lehnt er ab. ,Pour l'au-
teur du 4. evang. il ne s'agit plus de fusionner la Philosophie
grecque et la tradition juive contenue surtout dans
VAnden Testament, mais de fondre en un seid tout la Philosophie
judeo-alexandrine, apres avoir ete elle-mcme Ufte