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Ausgabe: | 1880 Nr. 7 |
Spalte: | 172 |
Autor/Hrsg.: | Dieffenbach, G. Chr. |
Titel/Untertitel: | Ein Hochzeitsstrauss. Aus Gottes Garten und von den Wiesen dieser Welt gesammelt. 3. Aufl 1880 |
Rezensent: | Lindenberg, H. |
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Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 7.
172
Zur Predigtliteratur.
Kühn, Pfr. Dr. Bernh., Festliche Worte zum festlichen Tage.
Fünf Predigten und ein Vortrag. Leipzig 1879, Teub-
ner. (VII, 75 S. gr. 8.) M. 1. 80.
Der Verf. bezeichnet diefe Predigten und den hin- j
zugefügten im Guftav-Adolf-Frauen-Verein zu Dresden
gehaltenen biblifchen Vortrag, die er feinem Schvvieger- j
vater, Confiftorialrath Meier in Dresden, zu deffen j
25jährigem Amtsjubiläum gewidmet hat, als Lehrlingsarbeiten
, zu deren Veröffentlichung ihm nur die liebenswürdige
Bereitwilligkeit des Verlegers Muth gemacht.
Durch folche löbliche Befcheidenheit ift Referent der
Mühe überhoben, auf die Mängel der vorliegenden Leiftung I
befonders hinzuweifen. Bei fo redlichem Streben, wie
es der Verf. in der erften der hier veröffentlichten Predigten
, feiner Antrittspredigt, bezeugt, wird es ihm ge- !
wifs gelingen, die ihm verliehene Gabe weiter auszubilden
und vielleicht noch einmal recht Tüchtiges zu leiften.
Die vorliegenden Predigten aber, ausgenommen etwa
die eben erwähnte, find nach Form und Inhalt doch ]
noch recht anfängermäfsig. Ihr Verf. hat fich befonders
davor zu hüten, in vagen Allgemeinheiten fich
reflectirend zu ergehen, und feinen ganzen Fleifs auf
ein ftrafferes Zufammenhalten und prägnanteren Ausdruck
feiner Gedanken zu richten, um, was er fagen
will, auch wirkfam zur Geltung zu bringen. Wenn es in
der vorausgefchickten Widmung heifst: Unfer himm-
lifcher Meifter, zu deffen Ehre dies Wenige hat gefagt
fein follen, wolle zum feftlichen Tage andere und beffere
Gaben fchenken, fo ift diefer fromme Wunfeh in erfreulicher
Weife erfüllt worden durch
Leonhardi, Pfr. Guft., Zu Jesu Füssen. Sonn- und Feft-
tagspredigten für die Gemeinde des Herrn. Leipzig
1880, Böhme. (VIII, 254 S. 8.) M. 2. 50.
Das find Predigten eines Marlers, der in vollendeter
Geftaltungskunft feine Gedanken zu gruppiren und fie
in edler, oft hinreifsend gewaltiger Sprache zum wirk-
famften Ausdruck zu bringen weifs. Glaubt der Verf.
felbft von denfelben nur das bezeugen zu dürfen, dafs
fie ,zu Jefu Füfsen Licht und Thau empfangen haben,
Licht von feinem Lichte, Thau von feinem Geilte' und !
,in mancherlei Sprache von der Liebe Jefu reden', fo
darf Ref. hinzufügen, dafs dem Verf. eine feltene Gabe !
verliehen ift, von diefer Liebe Jefu zu reden in herzge- j
winnender und herzergreifender Weife, gemeindemäfsig, I
erwecklich, eindringlich und mit überrafchendem Blick 1
für das Leben, ja zeitgemäfs im bellen Sinn des Worts.
Zu bedauern ift nur, dafs die Feftpredigten, zumal auch :
bei aufsergewöhnlichen Gelegenheiten gehaltene, in der
kleinen Sammlung die gewöhnlichen Sonntagspredigten
an Zahl fo weit überwiegen. Für den Prediger, der an
dem Vorbild des Verf.'s lernen möchte — und einem
jeden find die vorliegenden Predigten als muftergiltig
zu empfehlen ■— dürften gerade die, welche in einer
Landgemeinde an einem gewöhnlichen Sonntag gehalten
worden find, am willkommenflen fein. Und wäre es
nicht vielmehr ein Vorzug, was ihr Verf. an ihnen wie
einen Mangel entfchuldigen zu follen meint, wenn ,fle
nur allzu fehr den Charakter des Bodens tragen, auf dem
fie erwachten find'. Als die Perle der kleinen Sammlung
ift gerade eine Predigt hervorzuheben, von welcher
letzteres vielleicht am eheften gefagt werden dürfte, ein
Mufter edler Popularität und liebevollen Eingehens auf
concrete Lebensverhältnifse: Die Feftftunden im Reiche
Gottes über Luc. 14, I — U-
Anerkennende Erwähnung verdienen wohl auch:
Haller, Diak. A. H., Predigten auf alle Sonn- und Feft-
tage des Kirchenjahres. 2 Thle. Reval 1878, Waffer-
mann. (304 u. 230 S. gr. 8.) M. 9. —
Erinnerte nicht das Placet der Cenfur, welches auf
der Rückfeite des Titelblattes abgedruckt ift, daran,
dafs diefe Predigten im ruffifchen Reiche erfchienen
find, fo dürften fie kaum als Fremdlinge in der deutfeh-
evangelifchen Kirche erfcheinen. Nur einmal in einer
Adventspredigt erwähnt der Verf., dafs man dort in
Rufsland noch mitten im Advent fleht, während in
der übrigen Chriftenheit fchon Weihnachten gefeiert
wird. Sonft weht ein heimathlicher Geift aus feinen
Predigten, der Geift evangelifcher Glaubenseinfalt. Der
Verf. bedient fich der fchlichteften Ausdrucksform, redet
in der einfachften Verftändlichkeit und verfteht es doch,
recht tief in das Schriftwort einzugehen und recht viel-
feitig es zu verwerthen. Können wir feine Predigten
auch nicht als eine hervorragende homiletifche Leiftung
bezeichnen, fo ift doch ihre Veröffentlichung als ein
erfreuliches Lebenszeichen der Kirche in den uns nach
Glauben und Sprache verwandten ruffifchen Oftfcepro-
vinzen auch im evangelifchen Deutfchland mit Dank
willkommen zu heifsen.
Taucha. Diaconus Dr. Wetzel.
Martensen, Bifchof Dr. H., Hirtenspiegel. Ordinations-
reden. Deutfche autorifirte Ausgabe. 2. Aufl. Mit
dem (Lichtdr.-)Bildnifs des Verfaffers. Gotha 1879,
Schloefsmann. (IX, 193 u. 224 S. 8.) M. 3. —; .
geb. M. 4. —
Unter dem glücklich gewählten Titel ,Hirtenfpiegel'
ift bereits 1870 und 1872 je ein Bändchen Ordinations-
reden des feeländifchen Bifchofs Dr. H. Martenfen erfchienen
, welche nun zu einem Bande vereinigt, in 2.
Auflage ausgehen. Die Vorzüge diefer Reden, die tief ans
dem jedesmaligen Ttxtwort geschöpfte Fülle von Gedanken
, die Klarheit und Befonnenheit des Ürtheils, den
von aller Engherzigkeit freien chriftlichen Ernft noch .
befonders hervorzuheben, dürfte jetzt, nachdem die erfte
Auflage bereits vergriffen ift, überflüffig fein. Dafs fleh
die Reden zunächft an Geiftliche wenden und daher zu
einem ,Hirtenfpiegc!', einem Erbauungsbuch für Geift
liehe vorzugsweise geeignet find, liegt in der Natur der
Sache. Doch find die zahlreichen an den nächlten Zweck
fich anfchliefsenden Betrachtungen und Urtheile über die
geiftigen Bewegungen der Gegenwart, über kirchliches
und chriftlich.es Leben allgemein genug gehalten, um
auch Laien das Buch zu einer anregenden und fruchtbringenden
Leetüre zu machen. Das diefer neuen Auflage
vorgeheftete Porträt wird den zahlreichen Verehrern
des dänifchen Theologen ebenfalls willkommen fein.
Nuffe. H. Lindenberg.
Dieffenbach, G. Chr., Ein Hochzeitsstrauss. Aus Gottes
Garten und von den Wiefen diefer Welt gefam-
melt. 3. Aufl. Gotha 1879, Schloefsmann. (XV,
264 S. 8.) M. 3. —; geb. M. 5. —
,Auf dem Lefe- oder Nähtifch im Wohnzimmer
oder im Boudoir' wünfeht der Verf. diefem Büchlein
einen Platz. Dorthin pafst es, und wenn in ftillen Stunden
darin geblättert wird, mag es manche heilfame Anregung
bieten, fofern dies mit Mafs und Urtheil gefchieht.
Der Verf. hat im fünften Abfchnitt, der ,von den Trübungen
und Anfechtungen in der Ehe' handelt, eine Klippe
unerwähnt gelaffen — die Sentimentalität. Die Gefahr,
dafs fein Buch bei unverftändigem Gebrauch derfelben
Vorfchub leifte, liegt nicht fo ganz fern. Einer Empfehlung
wird es nicht bedürfen, da es bereits in dritter
Auflage erfcheint.
Nuffe. H. Lindenberg.