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Ausgabe:

1880

Spalte:

49-52

Autor/Hrsg.:

Raebiger, J. F.

Titel/Untertitel:

Theologik oder Encyklopädie der Theologie 1880

Rezensent:

Pünjer, Bernhard

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schür er in Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 3. 31. Januar 1880. 5. Jahrgang.

Käbiger, Theologik oder Encyklopädie der Einleitung und erläuternden Anmerkungen
Theologie (Pünjer). I (Plitt)

Huddenfieg, Die afiyrifchen Ausgrabungen und

das Alte Teftament (Schräder)
Merx, Die Prophetie des Joel und ihre Ausleger

D iftel, Der Klacianismus und die Schönburg'fche

Landesfchule zu Geringswalde (Pütt).
Monrad, Denkrichlungen der neueren Zeit, eine

von den älteflen Zeiten bis zu den Refor- kritifche Rundfchau, deutfche liearbeitung

matoren (Baudiffin).
Jäger, Beiträge zur Evangelien-Auslegung, lieft 1.
(Schürer).

Rinn, Die Augsburgifche Confeffion, mit einer

(Kraufs)

Landerer, Zur Dogmatik, zwei akademifche

Theil in 2 Abtheilungen, deutfche Ausg.
(Kahler).

Müllenfiefen, Das Wort des Lebens, Predigten
auf alle Sonn- und Fefltage des Jahres, 7. Aufl.
(Wetzel).

Johns Communionbuch, II. Aufl. neu bearb.
von Röpe (Härtung).

Reden (Kraufs) i Jac°bi, Der Mutter Grab, Betrachtungen an den

Martenfen, Die chriftliche Ethik, fpecieller Gräbern (Derf.).

fehr Ref. fich deffen freut, einmal, dafs gegenüber der
Schleiermacher'fchen Degradirung der Theologie zu einer
blofsen Technik, ihr echt wiffenfchaftlicher Charakter
und ihre innere organifche Einheit nachdrücklich gewahrt
wird, ferner, dafs gegenüber fpeculativen Verflüchtigungen
die empirifche Thatfache der hiftorifch gegebenen
Religion energifch betont ift, fo wenig befriedigt
ihn die Charakteristik der Philofophie. Soll diefelbe
vor inhaltsleeren Speculationen bewahrt werden, fo mufs
fie ebenfalls als positive Wiffenfchaft in dem angegebenen
Sinn gehandhabt werden. Nur, dafs ihr Object die Ge-
fammtheit alles Dafeienden ift, die Gegenftände des
innern wie des äufsern Sinnes, auch nicht in dem äufser-
lichen Sinne eines Comte, fondern fo, dafs fie zugleich
den Zufammenhang alles Wiffens darlegt. Nur fo dürfte
eine gedeihliche Entwicklung der Philofophie zu erwarten
und nur fo jeder Widerstreit derfelben mit den po-
fitiven Wiffenfchaften, auch mit der Theologie zu vermeiden
fein.

Des Nähern wird dann Begriff und Aufgabe der
Theologie gewonnen durch einen Ueberblick über die
Uauptphafen ihrer gefchichtlichen Entwicklung. In kurzen
, aber klaren und feiten Zügen entwirft der Verf.
ein höchst lehrreiches Bild, wie die Theologie in der
Römifch-katholifchen Kirche und in der proteftantifchen
Scholaltik nur die Lehre der Kirche darfteilen will als
unbeftreitbare göttliche Wahrheit und von allen andern
Wiffenfchaften, auch von der Philofophie, völlige Unterordnung
fordert, wie der Einflufs der felbftändig gewordenen
Philofophie in der Theologie zur Scheidung des
Supranaturalismus und Rationalismus führt, bis auf der
einen Seite die Gefühlstheologie Schleiermacher's, auf
der andern die fpeculative Theologie Hegel's die Löfung
des Streites zwifchen Glauben und Wiffen verfprachen.
Gegenüber dem Pofitivismus der modernen Reftaurations-
theologie, dem auch die Vermittlungstheologie, trotz ihrer
grofsen Verdienfte, nicht nachhaltig widerstehen kann, ficht
der Verf. — und der Ref. mufs ihm darin völlig beiftimmen —
die wiffenfchaftliche Aufgabe der Theologie darin, anknüpfend
an Schleiermacher und an die fpeculative Theologie
, mit Befcitigung ihrer Mängel und Einfeitigkeiten,
aus dem bleibend Wahren beider Richtungen unter gebührender
Berückfichtigung des pofitiven Charakters des
hiftorifchen Chriftcnthums eine fette Norm zu gewinnen.

Die Eintheilung der Theologie in die vier Disciplinen
der exegetifchen, hiftorifchen, fyttematifchen und prak-
tifchen Theologie ift ziemlich allgemein angenommen,
nur die Begründung diefer Viertheilung fchwankt. Der
Verf. giebt folgende: der chriftliche Geht fühlt (ich zu
allen Zeiten gedrängt, ,fich über das vielgestaltige kirchliche
Leben zu erheben und die von Chrifto ausgegan-

50

Raebiger, Prof. Dr. J. F., Theologik oder Encyklopädie
der Theologie. Leipzig 1880, Fues. (VIII, 554 S.
gr. 8.) M. 7. -

Die theologifche Encyklopädie erfreut fich in den
letzten Jahren einer wiederholten Bearbeitung. Es dürfte
fich darin das Bedürfnifs kundgeben, nach zahlreichen
und fruchtbaren Fänzelunterfuchungen auch die Frage
nach dem Gefammtorganismus der Theologie, nach Anordnung
und Gliederung ihrer einzelnen Disciplinen zu
fördern. Auch mufs hervorgehoben werden, dafs alle
neueren Darftcllungen der Encyklopädie eine eigenartige
Auffaffung ihres Gegenstandes darbieten. Sollen wir das
Eigenthümliche des vorliegenden Werkes kurz bezeichnen
, fo ift es fein ,hi(torifcher' Charakter.

Dem entfpricht fchon, dafs die ,Einleitung' (S. 1 —
108) eine höchft intereffante Gefchichte der theolog. Encyklopädie
von den erften Anfängen an bis auf die Gegenwart
herab voranfehickt, denn aus ihr foll die Encyklopädie
der Gegenwart ,fowohl den rechten Gesichtspunkt
theils für die allgemeine Auffaffung der Theologie,
theils für die fyftematifche Gestaltung derfelben, als auch
die rechte Objcctivität zu gewinnen suchen'. Gegenftand
der Encyklopädie ift nicht die Theologie irgend einer
Confeffion, fondern die chriftlich-theologifche Wiffen-
fchaft oder die chriftliche Religionswiffenfchaft. Diefen
Gegenftand hat die Encyklopädie nicht als äufseres Object
fich gegenüber, um ihn in gelehrter oder formaler Weife
zu bearbeiten, fondern fie foll das Wefen der Theologie
nach Inhalt und Form und auf Grund ihres Wefens die
organifche Gliederung der Haupttheile und der zugehörigen
D isciplinen darstellen, fie ift die wiffenfchaftlich
nothwendige Entwicklung der Theologie, gleichfam ein
Compendium derfelben. Deshalb fchlägt auch Verf. den
Namen ,Theologik' vor.

Der ,erste oder allgemeine Theil' (S. 109—211)
behandelt das Wefen der Theologie. Die Theologie
wird bestimmt als pofitive Wiffenfchaft, aber nicht
in Scldeierrriacher's Sinn, dafs ihre einzelnen Theile nur
durch den äufsern Zweck der Kirchenleitung zufammen-
gehalten werden, fondern in dem Sinn, dafs fie am
Christenthum als gefchichtlicher Reli gion, an der göttlichen
Offenbarung, niedergelegt in der Schrift und ausgeprägt
in der christlichen Kirche, ihren thatfächlich
vorliegenden, empirifch gegebenen Gegenftand hat. Dadurch
unterfcheidet fie fich von der Philofophie, welche
.ihren Gegenftand nicht als einen gegebenen vorfindet,
fondern durch die Energie des Denkens felbft aus dem
Leben des Geistes producirt und auch alles von aufsen
ihr dargebotene nur in fich aufnimmt, wenn es fich mit
den Denkgefetzen in Uebereinftimmung erweist'. — So