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Ausgabe:

1880 Nr. 26

Spalte:

632-635

Autor/Hrsg.:

Dobroklonskij, A.

Titel/Untertitel:

Die Schrift des Facundus, Bischofs von Hermiane: pro defensione trium capitulorum 1880

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 26.

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klärung des Einzelnen der gelehrte Apparat nirgends
eine Stelle gefunden: nur darauf fehen wir des Verfaffers
Streben gerichtet, in die Gliederung des Gedankenganzen
einen klaren Einblick zu vermitteln. Eine möglichft
kurze Inhaltsüberficht im Eingang (S. VI — VIII) foll nur
zur vorläufigen Orientirung dienen; feine eigentliche
Arbeit beginnt der Verf. erft, wenn er, von einem Verfe
zum andern folgend, auf dem Wege der Umfchreibung
den Brief zu reproduciren fucht. Abweichender Lesarten,
welchen er ein relatives Recht beilegt, hat er dabei in
Klammern gedacht (z. B. 11, 37: ,Zerfägung [?Verbrennung
]' u. a.), hier und da auch in ähnlicher Weife andere
Auslegungen angedeutet, welche den von ihm befolgten
gleich möglich zu fein fchienen. Betreffs der j
Einzelauslegung wird felbftverftändlich jeder Lefer an
einzelnen Punkten feine eignen Ausftellungen erheben, j
vielleicht werden auch Manche den Wunfeh des Ref. j
theilen, dafs der Ausdruck des Verf.'s fchlichter fei; aber
eine richtige Beurtheilung des Briefes nach Seite feines
Gedankengefüges werden fie der kleinen Brofchüre ficher
mehr zu danken haben, als fo manchem unferer umfänglichen
Commentare.

Leipzig. Wold. Schmidt.

Hieronymi De viris inlustribus Über. Accedit Gennadii
catalogus virorum inlustrium. Ex recensione Guil.
Herdingii. Lipsiae 1879, Teubner. (XLIV, 112 S.
8.) M. 2. 40.

Leider ift diefe Specialausgabe des Uber de vir. ill.
durch Mifsgefchick, Unkenntnifs und Ungefchick des
Herausgebers völlig mifsglückt; ja es hat fchwerlich
eine mangelhaftere Recenfion der Schrift eines Kirchenvaters
in den letzten zehn Jahren die Preffe verlaffen, j
als die vorliegende. Sie ift, wie eine auch nur mäfsige '
Befchäftigung mit derfelben zeigt, einfach unbrauchbar.
Man wird fich alfo an die alte Ausgabe des Vallarfi zu
halten haben, bis die Wiener erfchienen ift.

Der Verf. beginnt: illius de vir. inlustr. libri, quem
a. 392 composiiit Hieron., permulti exstant Codices, qnos
omnes enuvierare longum est [sie]. Er zählt nun die drei
angeblich alterten (Vatic, Veronen., Vercell.) auf und
fpricht fein Bedauern aus, dafs er nur den erfteren habe
einfehen können. Hierauf nennt er noch 3 Codices
{Bamberg, saec. XL, Bernen. saec. XL, Norimberg.
saec. XLV.), die er verglichen habe. ,Ex his quattuor
codicibus, quorutn maxima est discrepantia, Vaticanum ut- I
pote et aetate et auetoritate prineipem secutus textum ita
constitui, ut prorsus alia facta sit libelli species atque, ut
spero, rectior et emendatior1. Das irt neben den üblichen
Dankesbezeugungen dieganzekritifcheVorredezueinerAus-
gabe des Uber de vir. ill., den zu recenfiren eine der fchwierig- j
ften, aber auch'fruchtbarften Aufgaben einer zukünftigen Kri- j
tik ift. Weder die älteren Ausgaben noch fonft irgend
etwas hat der Herausgeber citirt, nicht einmal Vallarfi ■
ift genannt. Aber er hat noch mehr unterlaffen. Das
Verhältnifs der vier Handfchriften, welche er benutzt
hat, hat er überhaupt nicht unterfucht, auch aus ihnen
lediglich eine ganz dürftige Auswahl von Varianten mit-
getheilt. Die zu bevorzugenden Lesarten flehen nicht j
feiten weder im Text noch auch im Apparate, fondern
find einfach verfchwiegen; hie und da erregen auch die
mitgetheilten Lesarten Bedenken an der Treue der
Collation. Der Verf. mufste das felbft zu feiner Befchäm-
ung erfahren. Nachdem er feinen Text gedruckt hatte,
erhielt er Kunde von dem Parifer Hieronymus-Palim-
pseftcodex saec. VLL. und zugleich durch die Güte A.
Schöne's eine Collation desfelben. Diefe Collation,
die der Verf. in einem Appendix p. VII—XLIV mitge-
theilt hat und auf Grund deren er fich ebendort gezwungen
fah, feinen Text recht eigentlich noch einmal
zu recenfiren, enthält an fich fchon eine vernichtende
Kritik der Leiftung des Verf.'s, wovon fich jeder überzeugen
kann, der auch nur den Text der erften 10 Vitae
in der Recenfion des Verf.'s nach dem Appendix durch-
corrigirt. Es ift nicht nur die neue Handfchrift als folche,
die foviel neues und probehaltiges bringt — fo dafs der
Verf. nur von einem Mifsgefchick betroffen wäre —, es
ift die Lüderlichkeit, in welcher der Verf. die ihm bekannten
4 Handfchriften ausgenutzt hat, die vor allem hervortritt.
Warum Verf. und Verleger fich nicht entfchloffen haben,
nachdem der Parifer Codex zugänglich geworden, das
bisher Gedruckte einzuftampfen, ift fchwer verftändlich.
Ift es dem Lefer denn zuzumuthen, Zeile für Zeile feinen
Text durchzueorrigiren, bevor er ihn benutzt?

Aber auch abgefehen von dem allen und vorausgefetzt
, der Verf. hätte feine Ausgabe unter Zugrundelegung
des Parisiensis neu gedruckt, fo zeigt doch feine
Arbeit Seite für Seite, dafs er zum Kritiker des Hieronymus
nicht befähigt ift. Sein Unternehmen kann denjenigen
zur Warnung dienen, welche meinen, zur Herausgabe
eines Schriftftellers genüge die formale paläogra-
phifchc und philologifche Vorbildung, die der Verf. freilich
auch nur oberflächlich befitzt. Da er weder den
Eufebius noch überhaupt die alterte Kirchengefchichte
kennt, fo hat er fich eine Reihe von Fehlern zu Schulden
kommen laffen. Man vergleiche z. B. feine Recenfion
der Stellen, die von Jofephus handeln refp. aus ihm genommen
find, oder die Reception der LA. ,quartum deci-
mumNeronis annum' in cap. 7 oder die ganze Recenfion der
vita L^apiae c. 18. Fügen wir endlich hinzu, dafs der
Herausgeber in der Orthographie principlos und fchwan-
kend verfahren ift und namentlich die Namen höchft
willkürlich bald fo bald fo fchreibt, fo wird bereits das
oben abgegebene Urtheil nicht mehr zu hart erfcheinen.
An der Ausgabe ift geradezu nichts zu loben als die
Schöne'fche Collation des Parisiensis. Diefe wird man
einftweilen mit dem Vallarfi'fchen Text zu vergleichen haben
. Bei dem dermaligenZuftandc desEufebius- undRufin-
textes können diefe nicht zur Emendation des Tractats
de vir. illustr. herangezogen werden, vielmehr erwarten
wir umgekehrt den Hieronymus für jene verwerthen zu
können. Aber auch fchon der gegenwärtige Eufebiustext
hätte den Herausgeber davor bewahren können, Thor-
heiten in den Text des Hieronymus aufzunehmen.

Giefsen. Ad. Harnack.

d,0 6p0raohcRift, A., Co'imirnie 'l'aiij 11,vg enacHona repMiaBcitaro:
bt> aanurry Tpex"b r.i.iBi.. HcTOpHHOBpaTHiecRoe h»c.iiiAo»auie aai>
anoxH V-ro BceaeacRaro coöopa. Mockbü 1880.

Dobroklonskji, A., Die Schrift des Facundus, Bischofs von
Hermiane: pro defensione trium capitulorum. Hiftorifch-
kritifche Unterfuchung aus der Epoche des 5. öku-
menifchen Concils. Moskau 1880. (312 S. gr. 8.)

Die Vorgänge vor der 5- ökumenifchen Synode,
fowie ihr Verlauf find Dank den gelehrten Unterfuch-
ungen von Baronius, Noris, Garnier und den Bal-
lerini's einigermafsen aufgehellt; im 18. Jahrh. hat noch
einmal Walch im 8. Bande feiner Ketzerhiftorie den
ganzen Stoff in feiner pünktlichen, aber weitfehweifigen
Manier behandelt; das gefammte Material ift von Manfi
zufammengeftellt worden (Bd. IX), die einfchlagenden
Streitfchriften von Gallandi (Bd. XI). Dann ruhte die
Unterfuchung, bis in neuefter Zeit namentlich Hefele
(Concil.-Geich. Bd. II [2. Aufl.] S. 798 f.), dann A.
Vincenzi — letzterer in umfaffender Weife die Thefen
der Jefuiten Halloix' und Garnier's wieder aufnehmend
Ln saneti Gregorii Nysseni et Origenis scripta et doc-
trinam ncroa defensio. Romae 1864 f. 5 Bde.] — in die
Forfchimg eintraten. Was fonft über die 5. Synode ge-
fchrieben worden ift — die Schrift von Punk es, Papft
Vigilius und der Dreikapitelftreit 1865, fowie ein Auffatz
von Ginzel in feinen kirchenhiftorifchen Abhandlungen
find mir unbekannt geblieben — fufst ganz wefentlich