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Ausgabe:

1880 Nr. 2

Spalte:

40-41

Autor/Hrsg.:

Huyssen, G.

Titel/Untertitel:

Zur idealen Seite der Pädagogik 1880

Rezensent:

Strack, Carl

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Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 2.

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um fchwierigere Fälle handelt, das Gefühl haben, die
Sache fei nun mit der vorliegenden Erörterung zum Ab-
fchlufs gebracht.

Von S. 425 bis 486 bringt diefe zweite Hälfte ein
,Alphabetifches Verzeichnifs der Dichter und ihrer Lieder
'. Hier werden den Namen der Dichter der in diefem j
Lexikon berückfichtigten Lieder kurze biographifche I
Notizen hinzugefügt, die fich meiftens auf Angabe von
Geburtsjahr und Geburtsort, Stand und Todesdatum be-
fchränken, und dann bei jedem Namen die von diefem
Dichter im Lexikon genannten Lieder, oder die Lieder, I
bei denen fein Name aus irgend einem Grunde erwähnt
werden mufste, in alphabetifcher Folge ihrer Anfänge
angeführt. Durch die Zugabe diefes Dichterverzeich-
nifses hat das Lexikon in vielem Betracht an Brauchbarkeit
gewonnen; für manche Zwecke ift es wie ein
Regifter zum Lexikon zu verwenden; aber auch an fich
wird diefes Verzeichnifs manchen willkommen fein. Dafs
für den Verf. die Anfertigung desfelben wieder mit be-
fonderen Schwierigkeiten verknüpft war, wird jeder ver-
ftehen, der fich einmal damit befafst hat, eine Reihe
verläfslicher biographifcher Notizen auch nur in diefer
Kürze zu gewinnen.

Der Verf. hat feinem Werke (elbft fchon hinter dem
Vorwort ein zehn Seiten füllendes Verzeichnifs von
Nachträgen und Berichtigungen hinzugefügt und am
Schluffe des Ganzen findet fich dann auf einem Einzelblatte
noch ein ,letzter Nachtrag'. Wer das Buch nicht
nur oberflächlich, fondern zu gründlichen Studien verwenden
will, darf fich die Mühe nicht verdriefsen laffen,
nach diefem Verzeichnifs fein Exemplar erft zu berichtigen
. Dafs auch aufser diefen dem Verf. fchon bekannt
gewordenen noch mancherlei Verfehen fich vorfinden
werden, weifs der Verf. dabei felbft gut genug; es will
fchlicfslich wenig genug bedeuten, wenn zu einem Werke,
dafs aus vielen taufend Einzelangaben befteht, jemand
aus den Specialunterfuchungen, die er! gerade vorgenommen
hat, etwa ein Dutzend Berichtigungen anzugeben
weifs. Im Ganzen wird jeder, der diefes Lexikon
gebraucht, aus ihm den Eindruck einer grofsen Zuver-
läfslichkeit empfangen; für Ueberfendung einzelner Berichtigungen
ift der Verf., wie der Unterzeichnete bezeugen
kann, fehr dankbar. Möge ihm Gelegenheit werden
, folche in einer zweiten Auflage noch felbft ver-
werthen zu können. Bis das gefchieht, wäre aber wün-
fchenswerth, dafs es ein Blatt gäbe, in welchem für alle,
die fich an diefen Studien betheiligen, zunächft dergleichen
Angaben mitgetheilt werden könnten ; vielleicht
wäre eine theologifche oder kirchliche Zeitfchrift der
richtige Ort hierfür und unfer Verfaffer felbft bereit, in
ihr von Zeit zu Zeit die ihm bekannt gewordenen Berichtigungen
zu veröffentlichen. Wir wollen hier uns
nur noch zwei allgemeinere Bemerkungen erlauben. Es
wundert uns, dafs der Verf. in der Beftimmung des
erften Vorkommens der Lieder fo oft von A. J. Ram-
bach's Angaben eines früheren Druckes abgewichen
ift, z. B. bei den Liedern ,Kommt Kinder, lafst uns
gehen', ,Man lobt dich', ,Mein Jefu zeig mir' und vielen
anderen. Der Unterzeichnete kann aus einer (früheren)
fehr eingehenden Befchäftigung mit Rambach's Angaben,
wie fie namentlich auch im Regifter zum Hamburger
Gefangbuch vorliegen, nur deren feltene Genauigkeit in
literarifcher Hinficht rühmen. Wenn Rambach alfo z. B.
bei dem letztgenannten Liede fagt, dafs es 1712 zuerft
gedruckt fei (natürlich, foweit ihm bekannt), fo hat er
ficher auch den Druck von 1712 gefehen, wie derfelbe
denn auch in der That exiftirt. — Zu den biographi-
fchen Angaben bei den Namen der Dichter hat der
Verf. mitunter auf Monographien hingewiefen; es ift das
gewifs fehr dankenswerth, zumal dann, wenn es fich um
unbekanntere Dichter und vielleicht um Angabe der
Quelle, aus der der Verf. feine Daten fchöpfte, handelt.
Aber es dürfte dann doch nur auf das neufte und befte

hingewiefen werden, was uns nicht immer gefchehen
fcheint. Wenn beifpielsweife bei Flemming (richtiger
Fleming) auf die Schriften von Schwab und Varnhagen
von Enfe aus den Jahren 1820 und 1826 verwiefen ift
und nicht auf die epochemachenden Werke von Lappenberg
und die Ausgabe der Gedichte mit biographifcher
Einleitung von Tittmann, fo fcheint uns dadurch der
Lefer um fo übeler berathen zu fein, als er nach
diefer Angabe unferes Verf.'s doch meinen mufs, beffe-
res neueres gäbe es nicht.

Doch damit genug; auf Einzelheiten, auch auf Berichtigung
einiger biographifchen Angaben, wollen wir
uns abfichtlich hier nicht weiter einlaffen. Aber wir
wollen nicht die Feder aus der Hand legen, ohne dem
Verf. für feine Gabe zu danken und fie allen , die aus
Neigung oder von Amtswegen ähnliche Studien treiben,
beftens zu empfehlen.

Hamburg. Carl Bertheau.

1. Huyssen, Mil.-Oberpfr. G., Zur idealen Seite der Pä
dagogik. Barmen 1878, Klein. (IX, 231 S. 8.) M. 3. -

2. Huyssen, Mil.-Oberpfr. G., Fünf Kapitel zur idealen Seite
der Pädagogik. Barmen 1880, Klein. (VII, 339 S. 8.)
M. 4. —

Ref. hat beide Schriften zufammengenommen, nicht
blofs, weil fie von demfelben Verf. herrühren, fondern weil
fie auch dasfelbe Ziel vor Augen haben: die ideale Seite
bei der Erziehung der Jugend, welche in unferer vor-
zugsweife materiell gerichteten Zeit vielfach vernach-
läffigt oder wenigftens hintangefetzt werde, mehr zur
Geltung zu bringen. Der Verf. verkennt nicht die Nützlichkeit
und Nothwendigkeit, die Kinder zu brauchbaren
Leuten, die einmal nützliche Glieder der menfehlichen
Gefellfchaft werden können, heranzubilden und fie deshalb
mit einer Menge von nützlichen Kenntnifsen und
Fertigkeiten für den Gebrauch des täglichen Lebens und
den künftigen Beruf auszurüften; doch dürfe die Erziehung
und Bildung hierauf nicht befchränkt werden,
denn es gäbe aufser der realen Welt auch noch eine
ideale, aufser dem leiblichen Leben mit feinen Anfprüchcn
auch noch ein geiftiges, aufser der Zeit eine Ewigkeit.
Und wenn bei der Erziehung die idealen Güter und Intcr-
effen des Geifies zurückgefetzt würden zu Gunften der
realen des täglichen Lebens, fo könnten wohl Leute
gebildet werden, die in einem befchränkten Berufe oder
Gefchäftskreife eine lobenswerthe Thätigkeit entwickelten
; aber fie würden doch immer nur als Lohnarbeiter
fich darftellen, die ,der Noth gehorchend, nicht dem eigenen
Triebe', hauptfächlich nur, um leben zu können,
ihren Pflichten obliegen und einigermafsen ihre Schuldigkeit
thun, als Beamte um ihre Vorgefetzten, als Ge-
fchäftsleute um ihre Kunden zu befriedigen. Diefen Bemerkungen
des Verf.'s glauben wir vollkommen beipflich-
! ten zu können und zu müffen. Unfere Schulen haben
I eine höhere Aufgabe, als den Kindern die für das Leben
j nothwendigen Kenntnifse und Fertigkeiten beizubringen.
Auf der andern Seite aber glauben wir, dafs namentlich
in unferen Volksfchulen das oft mifsbrauchte und mifs-
deutete Wort: ,Non scholac, sed vitai', zu fehr aufser Acht
gelaffen wird, indem die Kinder Gegenftände lernen und
dem Gcdächtnifse einprägen müffen, welche keinen Nutzen
fürs Leben haben und welche der idealen Bildung im
Sinne des Verf.'s keinen Vorfchub leiften. Es gilt dies
allerdings weniger von den höheren Lehranftalten. Letztere
aber hat der Verf. vorzugsweife oder ausfchliefslich
im Auge, wie fchon die behandelten Themata beweifen.
I In Nr. 1 werden folgende Gegenftände befprochen:
1) Ueber die Poefie in der Volksfchule. 2) Die pädago-
j gifche Bedeutung des Lebens Jefu. 3) Die Bedeutung des
Schönen iür die Jugend-Erziehung. 4) Die Bedeutung des
Studiums der Alten für die weibliche Bildung. 5) Goethe's