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Ausgabe:

1880 Nr. 24

Spalte:

594-595

Autor/Hrsg.:

Bärthold, A.

Titel/Untertitel:

Zur theologischen Bedeutung Sören Kierkegaards 1880

Rezensent:

Lindenberg, H.

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Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 24.

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handkmg der wichtigften apologetifchen Fragen oft recht legt und in derfelben bis auf den Wortlaut wiederdürftig
ift, dafs die einzelnen Abfchnitte ohne rechte Be- gegeben. Glaubt Hettinger in folcher Weife feine Ver-
ziehung zu einander ftehen und, wie fchon erwähnt, der ', trautheit mit der Ausdrucks- und Anfchauungsweife der
Flufs der Darftellung durch zu viel Belegftellen gehemmt grofsen Theologen der Vorzeit bezeugen zu müffen, fo
erfcheint. Die lichtvolle Verftändlichkcit und lieber- hat dies feinem Buche am wenigflen zum Vortheil gereicht,
fichtlichkeit, welche das Werk feines Vorgängers Sprinzl Taucha. Diac. Dr. Paul Wetzel.
auszeichnet, hat Hettinger auch im entfernteften nicht

erreicht. . Bärthold, A., Zur theologischen Bedeutung Sören Kierke-

Inha thch berührt er fich vielfach mit demfelben. . ,', uo , c 0. ^ _ „

Aber während bei Sprinzl doch wcnigftcns das fpecififch 9aards- Halle l88o> Fncke- <8° S" §n 8^ 2a
Katholifche auf den zweiten Theil verwiefen wird, in Dafs der Verf. diefer Schrift Kierkegaard gründ-

dem erften aber viele Partien fich finden, welche für lieh kennt, hat er mit feinen zahlreichen verdienftvollen

jeden chriftlichen Lefer anfprechend find, zieht Hettinger Ueberfetzungen der Schriften desfelben bewiefen. Dafs

das fpecififch Katholifche auch in die Darfteilung der er auch mit der über feinen Autor erfchienenen nordifchen

evangelifch.cn Gefchichte herein und bringt es mit ge- Literatur vertraut ift, davon giebt die vorliegende Schrift

fuchtcr Abfichtlichkeit zur Geltung, auch wo es noch zahlreiche Belege. Ob er aber mit derfelben den Zweck

fo fern liegen mag. So heifst es in $45 desi. Theils, erreichen werde, denjenigen, die Kierkegaard bisher nur

in welchem Hettinger über das Werk Jefu handelt: ,Die vom Hörenfagen kennen, eine einigermafsen klare Vor-

Blüthe des chriftlichen Ethos erfcheint in der freiwilligen Heilung von der theol. Bedeutung desfelben zu geben,

Armuth, der ftrengen Virginität und dem Gehorfam mufs Ref. bezweifeln. Statt zu vernehmen, was Dag-
unter einem geiftlichen Oberen' u. f. w. Im zweiten , blad, was das nordifche Converfationslexikon, was Prof.
Theil flicht Hettinger als Vcrtheidiger der päpftlichen ! Rudin, Bröchner, Peterfen, Rasmus Nieifen u. a. ge

Auctorität feinen Vorgänger noch zu überbieten. Wäh
rend Sprinzl, nachdem er über den Primat des Papftes
fchon gehandelt, die Unfehlbarkeit, die er als Attribut
der Kirche aus dem religiöfen Bedürfnifs einer zuver-
läffigen Auctorität in Glaubensfragen hergeleitet hat, zu

legentlich einmal über K. geäufsert haben, und ihre Ur-
thcile beftätigt oder richtig geftellt zu fehen, wäre es ficher
den meinen Lefern erwünfehter gewefen, vorerft einmal,
nach klar hervorgehobenen Gelichtspunkten geordnet,
Kierkegaard's Anfchauungcn über einzelne Grundfragen

nächft dem Gefammtepifkopat vindicirt, um von da aus j felber kennen zu lernen. Zwar nimmt der Verf. nach
die Unfehlbarkeit auch des Primates plaufibel zu machen, langen, die Sache nur ftreifenden Vorbemerkungen auf
fo führt Hettinger von vornherein die Entfchcidung des , S. 21 endlich einen Anlauf dazu, indem er erklärt:
Vaticanifchen Concils für die päpftliche Unfehlbarkeit ,Kierkegaard hat Seezeichen für die Theologie ausgelegt,
ins Feld. Nachdem er die Beltimmung desfelben in die das tiefe Waffer markiren, in dem man fich halten
extenso angeführt, geht er bei feiner eigenen Darfteilung i mufs, will man fich nicht feftfahren in Triebfand oder
genau den einzelnen Momenten derfelben nach und fucht Klippen. Sollten diefe Grundbegriffe in Beziehung zu
fie aus Schrift und Ueberlieferung zu begründen. Erft I einem theol. Syftem gebracht werden, wie man Seenachträglich
bringt er eine Abhandlung über die übrigen ' zeichen in eine Karte einträgt, fo fcheint mir das von
Träger des unfehlbaren Lehramts. j Ritfchl am meiften orientirende Linien zu geben in der

Ein fcheinbarer Vorzug- des Hettinger'fchen Buchs j Geffalt, wie es durch Prof. Herrmann dargeftellt ift'.

ift die eingehende Berückfichtigung der Kirchenväter und
Scholaftiker. Hettinger fagt im Vorwort: ,Die Stellen,
der Väter wurden im Urtext angeführt, die Ausführungen
der Theologen mit ihren eignen Worten, es follte dadurch
den Schülern Gelegenheit gegeben werden, an der
Hand des Lehrers fo recht in den Geift des kirchlichen

Aber diefer Ariadnefaden in dem Labyrinth aphoriftifcher
Bemerkungen fchwindet in den nachfolgenden Ausführungen
dem Lefer nur zu bald wieder aus den Händen.
Paff macht es den Eindruck, als ob der Verf. abfichtlich
den Lefer in einem geheimnifsvollen Dunkel erhalten
wolle, wenn er bald diefen bald jenen aus dem Zufam-

Alterthums einzudringen und fo mit ihrer Anfchauungs- menhang herausgenommenen Satz Kierkegaard's citirt,
und Ausdrucksweifc vertraut zu werden'. Aber kann um daran feine Bemerkungen anzuknüpfen. Dafs das
das die Aufgabe eines Lehrbuchs der Apologetik fein? menfehliche Denken feine Grenze habe, dafs das Chriften-

Ift dies mit der ermüdenden Anführung von möglichft
vielen Belegftellen aus den verfchiedenften Vätern und
Scholaftikern überhaupt zu erreichen? Eine gefchicht-

thum (K. gebraucht mit Vorliebe diefen allgemeinen
Ausdruck] dem Gedanken ein Paradox bleibe und als
folches von dem Denken erfafst fein wolle, dafs der

lieh treue Charakterifirung der Lehrentwickelung des j Glaube eine Wahl, eine fittliche That, ein perfönliches
kirchlichen Alterthums zu geben, ift ohnehin der Verf. Handeln fei, dafs darum für die Perfönlichkeit erft mit

bei feiner unhiftorifchen Anlchauung von der Infallibilität
der Kirche am wenigften befähigt. Die vielen Citate,
die der Verf. beibringt, dienen nur dazu, die Leetüre
feines Buches noch unerquicklicher zu machen als fie
es bei feiner trockenen Darftellungsform fchon ift. Het-

dem Glauben die Kategorie der Wirklichkeit beginne,
während das Denken fich auf dem Gebiet der Möglichkeiten
bewegt — das Alles find Grundfätze, die wohl
etwas klarer, als hier gefchehen, mit Kierkegaard'fchen
Ausführungen hätten belegt werden können. Erft in dem

tinger hat den Grundfatz adoptirt, dafs auch die Ter- 1 letzten Abfchnitt, in welchem der Verf. wieder auf Prof.
minologie der Schule nicht ohne zwingende Gründe zu Hcrrmann's Buch: ,die Religion in ihrem Verhältnifs zum
verlaffen fei. In der That aber ift nicht nur die fcho- Welterkennen und zur Sittlichkeit' zurückkommt, wird
laftifche Terminologie in dem ganzen Buche ängftlich die Darftellung wieder durchfichtiger. Hier wird auf den

feftgehalten, fondern das Lieblingsgebiet des Verf.'s find
auch die bereits von der Scholaftik angebauten Lehrzweige
. So lefen fich ganze Abfchnitte feines Buches
als ftünden fie in einem Lehrbuch der fcholaftifchen
Theologie, nicht in einer Apologetik des 19. Jahrhunderts
. Thomas Aquinas ift für Hettinger der eigentliche
Normaltheolog. Der Erkenntnifslehre desfelben hat er
einen eigenen, ausführlichen Abfchnitt gewidmet und
feine Diftinctionen find in dem ganzen Buch als Erfatz
für die eigne Entwickclung und Beweisführung gegeben.

diametralen Gegenfatz hingewiefen, in welchem Kierkegaard
's Anfchauung zu dem Herrmann'fchen Satz fteht:
,Der Menfch exiftirt als perfönlicher Geift nur in dem
Verkehr mit der gefchichtlich gewordenen Gemeinfchaft,
welche ihn umfafst', während Kierkegaard auf religiöfem
Gebiet nichts gelten läfst als ,den Einzelnen' und ,die
Gemeinfchaft' der Zeit zuweift, wo ,der Wanderftab
niedergelegt ift'. Zu einer Discuffion über die Berechtigung
der einzelnen Kierkegaard'fchen Sätze ift hier nicht
der Ort. Wer aber, wie Ref., überzeugt ift, dafs K.,

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Oefters find auch päpftliche Bullen und Breven, oder j wenn auch in fchroffer Einfeitigkeit, manche fehr b
Conciliendecrete der eignen Entwicklung zu Grunde ge- herzigenswerthe Wahrheit vertreten hat, der wird gewifs