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Ausgabe:

1880 Nr. 23

Spalte:

551-552

Autor/Hrsg.:

Lagarde, Paul de

Titel/Untertitel:

Orientalia. 2. Heft 1880

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 23.

552

betonten und unbetonten Sylben unzureichend fei. Man
begreift da nur nicht, weshalb das vorliegende Schriftchen
überhaupt gedruckt ift.

Bafel. Rudolf Smend.

Lagarde, Paul de, Orientalia. 2. Hft. [Aus: ,Abhandlgn.
der k. Gefellfch. d. Wiffenfch. zu Göttingen'.] Göttingen
1880, Dieterich's Verl. (64 S. gr. 4.) M. 3. —

Ueber das erfte Heft vergl. Harnack in diefer Zeit-
fchrift 1879, Nr. 15; dies zweite gehört dem alttefta-
mentlichen Gebiet an. Es vereinigt zwei Abhandlungen:
die erfte ,Erklärung hebräifcher Wörter' S. 1—42 bietet
mehr als die Ueberfchrift erwarten liefse; den Inhalt der
zweiten ,über den Hebräer Ephraims von Edeffa. zu Ge-
nefis 1 bis 38' würden wohl nur wenige aus dem Titel
errathen. Der Eingang der erflen Arbeit fpricht in 4
Sätzen die Aufgabe der hebräifchen Lexikographie aus
(1. Herftellung eines Textes mit vollftändigem kritifchem
Apparat; 2. Sammlung der auf Tradition beruhenden
und der fonftigen Deutungsverfuche; 3. chronologifche
Ordnung der altteftamentlichen Bücher, Ergründung ihrer
Synonymik, Feftftellung was im Hebräifchen femitifch,
hebräifch, ifraelitifch oder jüdifch ift, durch fyftematifche
Vergleichung der andern Dialekte; 4. Controllirung der
Ergebnifse durch parallele Unterfuchungen der altteftamentlichen
Gefchichte und Religion) und klagt, dafs
nichts von all dem bisher gefchehen fei; man begreife
fogar nicht einmal, dafs es gefchehen müffe. Statt in
Commentaren feine Beiträge zum hebräifchen Lexikon
unterzuftopfen, will Lagarde fie in eigenen Heften vorlegen
. Jeder künftige altteftamentliche Commentator
oder Theologe wird gut thun, an ihnen, zunächft an die-
fem Heft, nicht vorbeizugehen. Es ift nicht ausdrücklich
als erftes einer Reihe bezeichnet, hoffen wir, dafs es
nicht das einzige bleiben wird. In 11 längern oder
kürzern Artikeln werden eine Reihe von Wörtern be-
fprochen, die für die Cultür-, Religions- und Literatur-
gefchichte des Alten Teftaments von Wichtigkeit find:
die 4 Mafsbezeichnungen nErN, nn, 13, *trv?; im An-
fchlufs daran (phönic.) "rtbn als Original des griechifchen
y.öllvßov; weiter p-yas (part. act.) als Original von tfipiyl;
dann, die Hauptfache, die Gottesnamen bt< S. 3/10, nrr
S. 27/30; das für die Auffaffung des Pfalters wichtige
Wörterpaar bbn und rmri S. 13/27; weiter TVJ>, d. h. die
Lifte der Sethiten und Kainiten Gen. 5. 6; endlich mbm
Gen. 2, 4 und die an diefes Wort fich knüpfende Com-
pofition des Hexateuch. Was die Herleitung von b«
betrifft, fo verwirft Lagarde die von allen Lexikographen
mit nur einer Ausnahme (das ift doch wohl Dillmann)
vertretene, von btN und behauptet, dafs es von "<b8 her-
ftammt. Man lefe feine pofitiven und negativen Ausführungen
felbft nach; ich fpreche die zuverfichtliche
Erwartung aus, dafs die Herleitung von biN bald allge-
gemein aufgegeben fein wird, ebenfo wie dies nach meiner
Ueberzeugung mit der durch Fleifcher-Delitzfch vertretenen
von mb« gefchehen mufs und wird; ich halte
auch die Zugehörigkeit des Worts zur Wurzel iibs
für erwiefen (warum Lagarde S. 7, wo er die verfchie-
denen Formen von b« befpricht, die am meiften zu
Gunften diefer Zugehörigkeit fprechenden Formen des
Worts in zufammengefetzten Eigennamen, die .von Dillmann
fchon lang mit Recht in diefem Sinn geltend gemacht
wurden, völlig übergeht, ift mir unklar), ich bezweifle
aber fehr, ob die allerdings mit allem Vorbehalt
als zur Zeit erlaubt, vorgefchlagene Erklärung Annahme
finden wird: el, gott, bezeichne vielleicht den welchem
man zuftrebt (vgl. diefelbe, nur viel beftimm-
ter vorgetragene Erklärung, deutfche Schriften S. 222,
el oder älbn der Zielpunkt oder der Erftrebte). — Der
Auffatz über mni widerlegt einzelne Einwände gegen
die hiphilifche Deutung, (teilt die Gründe dafür noch

einmal zufammen, vermuthet in dem Namen ein ifrae-
litifches und zwar kein befonders altes Theologumenon,
da er, als femitifch, nur entweder den Fallenden (als
Baetyl) oder den Fällenden als Gewittergott bezeichnen
könnte, und beweift, meines Erachtens, die Möglichkeit
, keineswegs aber die Wahrfcheinlichkeit, noch weniger
die Richtigkeit oder Nothwendigkeit der vorgetragenen
Erklärung. Ueber den leidigen, an diefe Erklärung
fich knüpfenden Prioritätsftreit fiehe jetzt Schräder
in der Zeitfchrift der deutfchen morgenländifchen
Gefellfchaft S. 404. — Die an bbn und n'nh angeknüpften
Unterfuchungen über den Pfalter und die Form des Got-
tesdienftes, die derfelbe vorausfetzt, über die Tempel-
mufik und die Gefchichtlichkeit der Mufikmeifter Davids
Afaf, ,Aethan, Haeman', über den ägyptifchen Urfprung
der Leviten und das b der Pfalmenüberfchriften, das den
Pfalm nicht feinem Verfaffer, fondern einer beftimmten
Riege der Tempelmufik zur Aufführung zuweift [inb =
der vom König geftifteten ?], über den Wechfel der Namen
des Liederbuchs und der Gottesnamen: alle find
mit eben foviel Scharffinn als Gelehrfamkcit geführt;
aber nur wenig Ergebnifse fcheinen fo fichcr, wie das
aus Neh. 12, 27 ff. und der Chronik Entnommene über
die Mufik der Leviten; man vergl. damit die ziemlich
dürftigen Ergebnifse des dritten Theils der parallele Unterfuchungen
anftellenden Differtation von Ralph Meyer
(Halle 1880). Wie der Wechfel der Gottesnamen fich
aus der Beftimmung der verfchiedenen Lieder für ver-
fchiedene Theile des Gottesdienftes erklären foll, blieb
mir unerfichtlich. — Der letzte Artikel über m'ibvn führt
aus, dafs dies Wort Gen. 2, 4 im Unterfchied von allen
andern Stellen paffive Bedeutung hätte, alfo dort nicht
richtig fei, dafs es von diefer btelle abgefehen zehnmal
im Hexateuch vorkomme, dafs der durch diefe Formel
vermittelte Aufbau [trotz des auch von Lagarde anerkannten
grofsen Sprungs zwifchen Jakob und Aharon
Gen. 37, 2 und Num. 3, 1] auf die Verherrlichung des
Priefterthums hinauslaufe, der Hexateuch fchon deswegen
nicht aus der Königszeit flamme und dafs Ruth 4, 18
die Antwort der monarchifch Gefilmten gegen diefe Dar-
ftellung enthalte.

Die zweite Abhandlung bafirt auf dem erften Band

] der 1836 in Venedig armenifch gedruckten Werke

| Ephräm's (f 373) und befpricht 31 Stellen der Genefis
von 1, 2 bis 38, 9, an denen Ephräm eine Deutung
des Hebräers (0 'Eßgaiog, to 'EßQar/.i») einer andern ge-
genüberftellt. Lagarde fucht zu zeigen, ob und wo die
vom ,Hebräer' bekämpfte und die von ihm vertretene
Erklärung fonft noch zu finden fei. Die erflere ift nicht
feiten in der recipirtcn fyrifchen, aber auch in der griechifchen
Verfion noch aufzuzeigen, die letztere in einem der
verfchiedenen Targume, hie und da läfst fich auch keine
von beiden nachweifen. Das Ganze ift ein wichtiger
Beitrag zur Kenntnifs der exegetifchen und lexikalifchen
Tradition und darf von keinem Erklärer der Genefis
und keinem hebräifchen Lexikographen überfehen werden
. Ein Anhang: zum 22. Pfalme, verfucht den Nachweis
, dafs derfelbe auf die Bedrängung Nehemia's und
feiner Gemeinde durch Samariter, Ammonitcr und Araber
zu beziehen fei, und will V. 17 vor V. 15 geftellt
wiffen. — In jeder Linie zeigt fich die bekannte Gelehr-

I famkeit und Akribie; S. 16, 13 lies 35, S. 44, 6 v. u.

j S 63, 3.

Münfingen. E. Ncftle.

Lagarde, Paul de, Symmicta. II. Göttingen 1880, Dieterich
's Verl. (VIII, 224 S. gr. 8.) M. 5. —

Mit Freuden bringe ich Lagarde's Symmicta II zur
. Anzeige — über I f. Jahrgang 1878, Nr. 14, vgl. S. 223
j des vorliegenden Bandes —, aber auch mit Schmerz.
Mit Freuden, denn es bringt unfere Erkenntnifs wieder
um ein gutes Stück vorwärts (S. 149216 ,des Epipha-