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Ausgabe:

1880

Spalte:

436-437

Autor/Hrsg.:

Strickler, Joh. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Actensammlung zur Schweizerischen Reformationsgeschichte in den Jahren 1521 - 1532. 3. Bd 1880

Rezensent:

Staehelin, Rudolf

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Theologifche Litcraturzeitung. 1880. No. 18.

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S. 83 u. 84 Achar ft. Acher (fünfmal), nosehrin ft.
noschrin ynim;; S. 85, Z. 4. 5: Sünden, Sünde, ganz
finnlos ft. Sünder, Sünden; S. 95. 96 Frankl ft. Frankel;
S. 101 Idiot ft. Edujot (der talmud. Tractat); S. 106 ge-
goffen ft. gegeffen; S. 136 Jehuda II. ft. J. III; S. 130
Satan ft. Katan iup; S. 137 Sepporis, Dio Cäfarea, Lida
(ft. Lydda). — Nicht minder liederlich ift die Satzzeichen-
fetzung. — Auch die Genauigkeit der Citate läfst zu
wünfchen übrig; Ref., der nur wenige Stellen nachfchlug,
notirte fich fünf Fehler, die er hier berichtigt. S. 11
lies: Sota 22b; S. 79 L: Sabb. 116a; S. 83 1.: Chag. i5b
fin. (die richtige L.-A. ift übrigens nicht to'in, fondern
minin); S. 125 L: jer. Meg. 74a; S. 127 L: Num. 23, 19.
Desgleichen find die Eigennamen oft verfchrieben oder
verdruckt, S. 40 u. 89 1. Eleafar ft. Eliefer; S. 46 u. f.
ift Eleafar ben Afarjah ft. Eliefer b. A. zu lefen; S. 51 1.
Sonan; S. 125 ff. 1. Abbahu ft. Abuha.

Von einem Buche, welches unter Anderem für die
reifere Jugend beftimmt ift, darf man vor Allem eine
fprachlich richtige Ausdrucksweife verlangen. Entfpricht
das Buch des Hrn. Fr. diefem Erfordernifs? Nein; denn
keine einzige Seite ift in fprachlicher Hinficht als fehlerlos
zu bezeichnen, vielmehr enthält faft jede Seite einen
oder mehrere grobe Sprachfehler. Von den Regeln über
die consccniio temporum weifs der Autor gar nichts, S. 8:
,er fann das Synhedrion von den . . Gäften dadurch zu
befreien, indem er-ihnen . . . bereitet hatte'; S. 48: ,er
verfügte fich zu jenen, die er befonders feine Härte rück-
fichtslos fühlen liefs [ft.: hatte fühlen laffenj, um fie um
Vergebung anzugehen'; S. 104: ,trieb feine . . Zurückgezogenheit
foweit, dafs er . . . nie einer* Einladung,
felbft wenn fie von den edelften . . an ihn ergangen ift,
Folge gegeben hatte'; S. 135: ,Durch das Urtheil [ft. in
Folge] i'ollen mehrere anftändige Familien . . . ihre Ehen
aufgelöft haben, was aber das Volk in eine folch' fürchterliche
Aufregung verfetzt hatte, dafs die Leute den an-
wefenden R. Jehuda fteinigen wollten'. — Unangenehm
berührt den an befferes Deutfch gewöhnten Lefer der
fehr häufige pleonaftifche Gebrauch der Hilfsverba in den
Verbindungen ,zu können, zu dürfen, zu müffen' (ftatt
des einfachen Infinitivs mit ,zu'), z. B. S. 105: ,Ich bin
verhindert dies thun zu können. . . Sobald es mir gelingen
wird . . . meine Rückreife antreten zu können.' —
Nur bei einem armen Pcnny-a-liner, deffen Nahrung nach
der Zahl der zufammengefchriebenen Zeilen bemeffen
wird, find Tautologieen zu entfchuldigen wie S. 9:
,felbftverftändlich und leicht begreiflich'; S. 22: ,hatte
mit Mangel und Noth mannigfacher Art zu kämpfen und
zu ringen [diefe Verbindung a. S. 126]. Um fich erhalten
und ernähren zu können, mufste er . .'; S. 119: ,beftim-
men und verleiten'; S. 121: ,zierten und fchrnückten',
.tief verletzt und beleidigt'. — Auch andersartige Stil-
blüthen finden fich zahlreich, z. B. S. 5: .Reich der Ni-
hilität'; S. 10 .nachdem er feines tief entfittlichten Le-
benswandelns [fo] wegen feine Kräfte vergeudet hatte';
,Als fich ihm der fchwarze Fürft der Schatten näherte,
um ihn gewiffermafsen [!] auf die letzte Stunde vorzubereiten
'; S. 69 er .verftofs'; S. 71 ,ohne das Jammern
der Mütter ... zu fchonen'; S. 97 Jünger, die aus allen
Windrofen herbeiftrömten'; S. 140 .gelang zu Reichthum
'; S. 142 ,in Verlor gerieth'. Sehr oft fteht ,denn
doch' ftatt ,dennoch', ,folch' ftatt ,fo', und befonderes
Wohlgefallen findet Hr. Fr. an dem Fremdworte ,per-
horresciren'.

Nach diefen Stilproben werden wir uns bezüglich
des Inhalts auf einige kurze Bemerkungen befchränken
können. Hr. Fr. berichtet über das Leben von 22 Tan-
naiten und 17 Amoräern. Ref. erkennt gern an, dafs
die Ausv/ahl der Perfonen wie des von ihnen handelnden
Stoffes im Wefentlichen zweckmäfsig ift; er mufs aber
hinzufügen, dafs der Verf. augenfeheinlich nicht viel
felbftändig geforfcht, fondern fein Material zum grofsen
Theil aus Graetz' Gefchichte und Frankel's Einleitung

in die Mifchna entlehnt hat. Dafs viele Angaben aus
zweiter oder dritter Hand flammen und nicht nachgeprüft
worden find, ergiebt fich unter Anderem aus der
mehrfach ganz ungenügenden Citirungsweife, z.B. S. 41.
58. 104. 118. 126. 129. — Aus der nicht geringen Anzahl
fachlicher Fehler und verkehrter Urtheile mögen
folgende Beifpiele hier Platz finden. S. 5, Alexander
Jannäus war nicht ,der Nachfolger', fondern der zweite
Nachfolger Hyrkan's. S. 6, dafs die Chriften ,aus dem
Orden der Effäer' hervorgegangen feien, ift vielfach behauptet
, aber nie bewiefen worden (vgl. a. S. 32. 33).
S. 15, Sameas bei Jofephus ift nicht ohne weiteres mit
Schemaja zu identificiren. S. 32: ,Hillel fcheint fein
[Jefu] Vor- und Mufterbild gewefen zu fein; denn der
hillelianifche Grundfatz: »Was dir nicht recht ift, füge
deinem Nebenmenfchcn nicht zu«, war das Grundprincip
feiner Lehren'. Das haben freilich auch A. Geiger und
Andere behauptet, aber mit Unrecht (f. in Kürze des
Ref. Bemerkungen in Herzog-Pütt, PRE2, VI, S. 113 —
115). S. 33, Irriges über Jefu Ablichten. S. 34, Irriges
über den Verrath des Judas Ifcharioth. S. 35, Jefus habe
der Gerichtsbehörde nur ,in einer zweideutigen Weife'

1 zu verliehen gegeben, dafs er fich für den Sohn Gottes
halte. S. 35, die Schrift des Julius von Liberias ift nach

1 dem Verf. noch vorhanden. S. 79, die Behauptung,
dafs die Judenchriften ,fich zumeift mit der Heilkunft be-
fafsten, weil ihnen hierdurch gleichfam Gelegenheit geboten
wurde, ihre Stammgenoffen für ihre Anfchauungen
gewinnen und in ihre Schlingen fangen zu können',
dürfte fich fchwerlich erweifen laffen. S. 85 ift ,unvor-
fichtig' eine viel zu fchwache Bezeichnung für das Verhalten
R. Meir's. Auf S. 88 u. 90 zeigt fich der Verf.
über die Entflehung des Buches Sohar nicht unterrichtet
(vgl. Steinfehneider, Catal. Bodl. Spalt. 1847. l848> J»
chafsin ed. London, S. 95). S. 126, nicht Viele werden
vor dem Verf. .Anthypathos' [fo] für den Eigennamen
eines Proconfuls gehalten haben. S. 137, der Ausdruck
,Lehre von der chriftlichen Liebe, von der wohl die

I Geiftlichen aller Zeiten gefafelt haben', ift, gelinde gefagt,
unpaffend und unbefcheiden im Munde wie in der Feder
eines Mannes, welcher in wiffenfehaftlich auch nur halbwegs
befriedigender Weife zu arbeiten nicht verlieht, ja
nicht einmal richtig deutfch fchreiben kann. — Um den
Lefern diefer Anzeige zum Schliffs auch eine Freude zu
bereiten, theilt Ref. noch mit, dafs laut S. 32 Ewald ,als
confervative [fo] Katholik . . . bekannt' ift.

Berlin. Hermann L. Strack.

Strickler, Joh., Actensammlung zur Schweizerischen Reformationsgeschichte
in den Jahren 1521 —1532. 3. Band
(1531, Jan. bis Ii. Oct. . Zürich 1880, Meyer & Zeller.
(647 S. gr. 8.) M. 20.—

Wie fchon der Profpect des ganzen Werkes in Ausficht
geftellt hatte (I. S. VII), umfafst diefer dritte Band,
etwas kürzer, aber auch ausführlicher als die früheren,

I blofs einen Zeitraum von wenig über neun Monaten aus
der Gefchichte der fchweizerifchen Reformation, aber
allerdings gerade denjenigen, in welchem die eigentliche
Entfcheidung für fie ftattfindet, die bis dahin immer
breiter und mächtiger gewordene Strömung durch die
Kataftrophe von Cappel, mit welcher er abfchliefst, in
ihr fpäteres, enger begrenztes Bett hineingeleitet wird,
und für welchen deshalb auch eine möglichft detaillirte,
actenmäfsige Beleuchtung doppelt willkommen geheifsen
werden mufs. Da die Sammlung in ihren früheren Bänden
in diefem Blatte fchon befprochen und charakterifirt
worden ift (1878, Nr. 23; 1880, Nr. 7), fo befchränken
wir uns auf einige wenige Bemerkungen. Mit Nr. 158
wird ein bisher noch wenig benütztes Document mitge-

! theilt, das offenbar von Zwingli herrührt und ein neues
Licht auf feine Angriffspläne fchon im Februar 1531