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Ausgabe:

1880 Nr. 17

Spalte:

413-414

Autor/Hrsg.:

Oehler, V. Fr.

Titel/Untertitel:

Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Sammlung von Traureden 1880

Rezensent:

Wächtler, August

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413

Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 17.

414

lieh noch dankenswerther gewefen, wenn es einen drei
oder vier Mal gröfseren Umfang bekommen hätte.

Magdeburg. J. Gottfchick.

Oehler, V. Fr., Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen.

Sammlung von Traureden. Heilbronn 1880, Henninger
. (X, 208 S. 8.) M. 2. 70.

Eine Sammlung von Cafualreden verfchiedener Ver-
falTer kommt von Zeit zu Zeit immer wieder dem Be-
dürfnifs entgegen, dafs viele Geiftliche wiffen möchten,
wie andere Amtsgenoffen ihrer Zeit die Cafualien behandeln
, um durch gute Mutter für die eigene ftetig
wiederkehrende Amtstätigkeit neue Anregung und förderliche
Winke empfangen zu können. Namentlich für |
Traureden fehlt es unferes Wittens feit langer Zeit j
an einer Sammlung, die vorliegende erfcheint ungefähr j
gleichzeitig mit der neulich in der Th. L.-Z. angezeigten i
Sammlung von Ohly. Eine Vergleichung der beiden j
Sammlungen ift nicht untere Aufgabe. An derjenigen ;
Reichhaltigkeit, welche im Allgemeinen bei einer folcnen |
Sammlung erwünfeht ift, fehlt es der Sammlung von ;
Oehler nicht; der Band bringt von 33 verfchiedenen Ver-
faffern, aus ziemlich allen Gegenden Deutfchlands, 62
Traureden und 2 Jubclhochzeitreden, welchen im Ganzen
57 verfchiedene Bibeltexte zu Grunde gelegt find.
Auch intereffant genug ift die Sammlung; wenn nicht der
Name des bekannten Verfaffers das Intereffe weckt, fo
thut es die Lage des Brautpaares, welchem die Rede
gehalten ift. Die Anordnung entfpricht, höchft zweck-
mäfsig, der Reihenfolge der Texte in der Bibel, und
fowohl im Inhaltsverzeichnifs als über der betreffenden
Rede noch einmal ift eine Charakteriftik des Paares
gegeben; manchmal nicht unbedenklich, wenn z. B. bei
eineni ,bedenklichen Paar' aufser andern Qualificationen
von dem Bräutigam gefagt wird, dafs er ,dumm und
gutmüthig' fei, oder wenn ein gebildetes Paar' fo cha-
rakterifirt wird, dafs es heifst: ,Er ein Studirter und
etwas ftolz. Sie kirchlich, aber etwas empfindlich. Beide
fchön und jung und in guten Verhältnifsen'. Ift es fchon
fraglich, ob der Geiftliche fich derartige Urtheile für
die Trauung zu bilden hat, fo ift die Veröffentlichung
derfelben ohne Frage nicht ttatthaft. Bei jenem bedenklichen
Paar' ift zudem eine fo feltene Menge bedenklicher
Punkte hervorgehoben, dafs die Wiederkehr eines
folchen Falles kaum anzunehmen ift. Ueberhaupt will
es uns fcheinen, als ob die Sammlung ein wenig zu
reich wäre an befonders intereffanten Fällen, diefe bereiten
dem Geittlichen in der That nicht die Schwierigkeit
, welcher eine folche Sammlung zu Hülfe kommen
foll, und auch das bette Mutter kann nur feiten zeigen,
wie der allgemeine Inhalt der Traurede für ganz fpecielle
Fälle zu gehalten ift. Dasfelbe gilt auch von den mehrfach
in der Sammlung behandelten Fällen, in welchen die
Brautleute durch Verwandtfchaft oder Freundfchaft mit
dem Copulator in naher Beziehung ftehen. Indeffen find
auch andere, häufiger wiederkehrende Verhältnifse gebührend
berückfichtigt, die Verfchiedenheit der Stände
und der Lebensführung, die Eingehung der zweiten
Ehe des einen oder andern Theils oder beider Theile,
der längere oder kürzere Zwifchenraum zwifchen der ftan-
desamtlichen Ehefchliefsung und der Trauung u. drgl.;
für die Trauung eines confeffioncll gemifchten Paares
findet fich allerdings nur eine Rede.

Wenn wir auch von einer Beurtheilung der einzelnen
Reden hier abfehen müffen, fo dürfen wir doch
tagen, dafs in keiner das evangelifche Zeugnifs von
dem Wefen und der Aufgabe einer chrittlichen Ehe fehlt.
Da bei der Trauung das allgemeine und immer erforderliche
in dem neben der Rede gebrauchten liturgifchen
Formular ausgefprochen ift, fo kann es fich nicht um eine
erfchöpfende Darlegung der Aufgaben handeln, fondern
die Ausführungen der Traurede haben fich von dem für

den fpeciellen Fall ausgewählten Bibeltexte aus auf diejenigen
Punkte zurichten, welche dem betreffenden Brautpaare
gerade befonders zu fagen find. Die allgemeine
chriftliche Wahrheit , welche der eine Text enthält,
ift dann auch auf die befondere Lage der Betheiligten,
auf Hindernifse, Gefahren und Förderungsmittel für ihr
chriftliches Leben anzuwenden, während wieder die befondere
Wahrheit des anderen Textes mit den allgemeinen
Erfordernifsen des chriftlichen Eheftandes in Verbindung
zu fetzen ift. Dies ift das einzige Mittel, der
Cafualrede ihre felbftändige Stellung neben dem Formular
und ihren eigenthümlichen Werth für jeden Fall
zu bewahren. Nach diefer Seite hin, welche uns bei
einer folchen Sammlung die wichtigfte zu fein fcheint,
glauben wir in der vorliegenden die Reden von Weifs
in Tübingen, von Taube in Bromberg und von Kleinert
in Berlin als befonders befriedigend hervorheben zu dürfen
, auch die Reden von Brennekam in Cröchern zeichnen
vor den andern fich aus, wenngleich diefe nach Inhalt
und Umfang eher Hochzeitspredigten als Traureden zu
nennen find.

Ueber eine Beobachtung möge uns noch ein Wort
geftattet fein. In manchen Reden wird das Brautpaar
wie die einzelnen Brautleute durchweg mit ,Sie' angeredet
, in andern fleht als gemeinfame Anrede ,Ihr', als
befondere ,Sie', in den meiften ift die Anrede ,Ihr' und
,Du' durchweg beibehalten. Ein Unterfchied nach der
Gegend läfst fich nicht conftatiren, die Verfchiedenheit
kehrt bei den Reden aus Norden und Süden gleich-
mäfsig wieder. Liturgifche Bedenken dagegen geltend
zu machen, dafs die Brautleute mit ,Sie' angeredet werden
, wird nicht genügen, da in manche Agenden, u. a.
auch jüngft erft in den Entwurf für die fächlifchc Landes
kirche, die moderne Anrede geradezu als normale aufgenommen
ift. Trotzdem möchten wir uns ganz entfehieden
dagegen erklären, dafs in der amtlichen Bezeugung des
Wortes an heiliger Stätte diefe moderne Anrede gebraucht
wird, welche mit dem Wortlaut unferer Bibel-
überfetzung und mit dem ganzen Tenor unferer kirchlichen
Sprache in Disharmonie fteht. Mag die Anrede
auch noch fo gebräuchlich fein, es ift und bleibt doch
eine Mode, welche die Kirche nicht mitmachen foll.
Segens- und Grufsformel werden wir auch bei folchen
Gelegenheiten ohne Aenderung der Anrede gebrauchen.
Es mag fein, dafs in einzelnen Fällen eine fpecielle Anrede
der einzelnen Betheiligten nicht anders als in der
modernen Form möglich ift, aber auch dann wird fie
vorfichtig gebraucht werden müffen, und felbft die fpe-
ciellfte Anwendung wird auch ohne directe Anrede
möglich fein.

Halle a/S. A. Wächtler.

Jünglingsfest-Predigten von Dürfelen, Hugendubel, Carl
Krummacher, f Friedr. Wilh. Krummacher,
Quandt, Thelemann und Weber. Hrsg. vom
Comite des Rheinifch-Weftfälifchen (Weftdeutfchen)
Jünglingsbundes. Gütersloh 1880, Bertelsmann in Comm.
(VII, 70 S. gr. 8.) M. 1. —

Jünglingsfeftpredigten find folche Predigten, welche
an den Jahresfeften evangelifcher Jünglingsvereine gehalten
worden find. Das vorliegende Heft enthält fieben
derartige Predigten von fieben namhaften Leitern folcher
Vereine, welche den Reichthum des göttlichen Worts
für das geiftliche Leben der Jugend nach verfchiedenen
Seiten darlegen. In der erften Predigt mahnt Fr. Wilh.
Krummacher zur Erfüllung des Jünglingsberufs, treffend
und anfaffend, zugleich höchft bezeichnend für feine
Art zu predigen im Anfchlufs an act. 5, 6: es ftanden
die Jünglinge auf und thaten ihn beifeit etc.; in der
letzten klagt Emil Quandt, mit Zugrundelegung des
Sendfehreibens an die Gemeinde zu Ephefus apoc. 2, dafs