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Ausgabe:

1880 Nr. 17

Spalte:

406-408

Autor/Hrsg.:

Lemme, Ludw.

Titel/Untertitel:

Die religionsgeschichtliche Bedeutung des Dekalogs. Prolegomena zu einer alttestamentlichen Lehre von der Sünde 1880

Rezensent:

Schultz, Hermann

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Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 17.

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des Lexicon Hcptaglolton ,Castelli' ftatt ,Castellus' oder
,Castle' zu nennen; S. 23 war neben Ewald, ftatt Petermann
, Caspari — Müller — Wright zu nennen; S. 51
ifl die Angabe über die erfte chriftliche Grammatik ,del
fratucscano Corrado Pellicano (Summenhart) dl Tu-
binga, pubblicata a Basilea nel 1503, sotto il titolo: De
modo etc. zum minderten fehr mifsverftändlich ausgedrückt
etc. — Dafs das ,Manua/e' in zwei Ausgaben
,in carta comune' zu L. 7. 50 und ,in carta dislinta' zu
L IO erfchienen ift und gleichzeitig von demfelben Ver-
faffer eine altteftamentliche Einleitung, die wir nächft-
dem anzuzeigen hoffen, fei zum Schluffe noch bemerkt.

Tübingen. Dr. E. Neftle.

Liber Psalmorum. Textum masoreticum accuratissime ex-
pressit, e fontibus Masorae varie illustravit, notis cri-
ticis confirmavit S. Baer. Pracfatus est edendi ope-
ris adjutor hYanc. Delitzfch. Lipsiae 1880, B. Tauchnitz
. (XII, 160 S. gr. 8.) M. 1. 50; Velinpap. M. I. 80.

Die wefentlichen Vorzüge und die im Verhältnifs zu
ihnen unbedeutenden Mängel, durch welche die Baer'- 1
fchen Ausgaben altteftamentlicher Texte lieh charakte-
rifiren, hat Ref. bei der Befprechung des Liber duodeeim
Prophetarum (f. Theol. Lit.-Ztg. 1879, No. 8) fo eingehend
erörtert, dafs er fich diesmal im Wefentlichen
darauf befchränken kann auf die erwähnte Anzeige zu
verweifen. Einem Wunfche des Ref. gemäfs ift ein Inhalts
verzeichnifs beigegeben, durch welches die Benutzung
der Anhänge erleichtert wird. Die fonftigen Ausftellun-
gen des Ref. haben Hrn. Dr. Baer leider nicht veranlafst,
manche unzweckmäfsige Neuerungen aufzugeben, z. B.

1) die Dagefchirung des erften Confonanten eines Wortes
, wenn diefer dem Schlufsconfonanten des unmittelbar
vorhergehenden Wortes gleich ift (-rn—toa), 2) die Dagefchirung
der Confonanten, welche auf einen Guttural
mit Scheba quiescens folgen (nsns:), 3) die Verwendung
des Zeichens t: für Kamcz chatuph, 4) die häufige un-
nöthige Setzung des Raphertriches: folche Neuerungen
gehören — wir halten unfer früheres Urtheil durchaus
aufrecht -— nicht in eine für Studenten und Schüler be-
ftimmte Ausgabe, zudem find fie nicht einmal confequent
durchgelührt, was wenigftens durch einige Beifpiele belegt
fei. 1) ip 58,4 Dfim D'Jtö"!, aber 10,5 l'öBOo Dl"tt&}

2) (/' 88,19 yÄpi aDer niauJrjö, i/> 10,1 o-'ot, aber 119,5
^n»; 3) •/•' 7-9 *:>?Srl. aDer l7$ "'~v?di, tp 8,9 rvrnN, aber
n,6 rr-iDVi; 4) t!> 18,41 "sf:lB7j aber inos, ganz'unnütz |
fleht Rapbe z.B. t/> 16,8. 18,24.25.28. 56.' 20,5. 21,7. 13.

In Bezug auf zwei Einzelheiten wird dem Ref. in der
Vorrede widerfprochen. Gegenüber der Fülle alter Zeugen
, welche 8n rra fehreiben, halten wir auch heute die !
beiden accentuologifch.cn Erfcheinungcn, welche die
Schreibung rNrra vorausfetzen (f. Baer zu Gen. 12,8),
nicht für entfeheidend. Und was Baer's Angabe zu Hofea
4,1 betrifft, "nie- fei an diefer Stelle ohne Waw vor Schin j
zu fehreiben, pumpte hoc -a«' non pertinet ad XXXVII I
plene scribenda' fo beftreiten wirunferm verehrten rVeunde |
wie überhaupt jedem Benutzer der Mafsora die Berechtigung
, eine in der gedruckten Mafsora überlieferte Zahl
(34 im vorliegenden Falle) zu ändern, ohne dafs Aende-
rung und Grund der Aenderung angegeben werden. Ob |
die Autorität der beiden Handfchriftcn, auf welche die j
Vorrede zur neuerten Psalmenausgabe p. VIII fich beruft
, ausreichend ift, kann Ref. augenblicklich nicht un-
terfuchen.

Druckfehler, p. IX, Z. 17 1. quarum; p. X, Z. 2 v.
u. 1. aaentuum; p. 89 Z. 4 v. u. 1. ,fol. 21a' ft. p. n';
p. 111, Z. 11. similiter ac; p. 116 Mitte 1. confirmat; p 117 Z. j
12 v. u. 1. vocabuli. — Zu p. 85 Z. 10 fei bemerkt, dafs
«3*1 «Tunis älter ift als Ben Naphtali, f. Derenbourg, j
Manuel du lecteur p. 122 fin.

Dafs die hier angezeigte Ausgabe die beiden früher

(1860. 1874) von Baer bearbeiteten Editionen des he-
bräifchen Pfalters in mancher Beziehung übertrifft, bedarf
, da der unermüdliche Fleifs des Herausgebers bekannt
ift, kaum befonderer Erwähnung. Obwohl Ref.,
wie aus feiner früheren und der gegenwärtigen Anzeige
erfichtlich, nicht mit allen Mafsnahmen des Hrn. Dr.
Baer einverftanden zu fein vermag, erkennt er doch gern
an, dafs die Textausgaben des genannten Gelehrten an
Correctheit allen anderen überlegen find und daher warm
empfohlen zu werden verdienen.

Berlin. Hermann L. Strack.

Lemme, Privatdoc. Lic. Ludw., Die religionsgeschichtliche
Bedeutung des Dekalogs. Prolegomcna zu einer alt-
teftamentlichen Lehre von der Sünde. Breslau 1880,
Köhler. (XIII; 147 S. gr. 8.) M. 3. —

Der Herr Verf. beabfichtigte, diefe Unterfuchung
als grundlegenden Beftandtheil einer biblifchen Lehre
von der Sünde zu verwenden, und obwohl fie zu einer
felbftändigen geworden ift, zeigt fie doch in ihrer ganzen
Anlage deutlich die Beziehung auf diefen Zweck. Von
dem Gedanken aus, dafs die Religion die überzeitliche
oder transcendente Form des menfehlichen Bewufstfeins
ift, und zwar in den Beftimmungen deffelben als Selbft-
bewufstfein, Weltbewufstfein und Gattungsbevvufstfein,
dafs die Sittlichkeit aber ihre Wirklichkeit in empirifch-
greifbaren, alfo zeitlich räumlich beftimmten Beziehungen
hat und dem Gattungsbewufstfein angehört, will der
Verf. zeigen, dafs im Dekaloge, als dem Ausgangspunkte
der alttertamcntlichen Religionsentwicklung, die richtige
Auffaffuiig der Sittlichkeit als der einzigen im Intereffe
der göttlichen Verehrung geforderten Activität fchon
mit enthalten ift, und damit auch die richtige Auffaffung
der Sünde in ihrer religiöfen und fittlichen Beziehung.
,Der Dekalog ift authentifches Denkmal des Mofaismus
und für ihn ebenfo bezeichnend, ja noch wichtiger, als
das Vaterunfer für das Neue Teftament. (1—10). Er ift
nicht Gefetz, nicht ein Excerpt aus der Gcfammthcit der
Gebote, fondern der Ausdruck deffen, was für Sunde
gilt. So beweift diefer Dekalog, dafs die altteftamentliche
Religion als Haupttendenz des religiöfen Intereffes die
Negation der Sünde hat, und fich damit dem Hcidentluune
durchaus gegenüberftellt. Darin wurzelt der Kampf, der durch
das Alte Teftament hindurchgeht, und die Thätigkeit der
Propheten. Die altteftamentliche Anfchauung ringt mit
der natürlich-heidnifchen. (10—18). — Die erften drei der
Zehnworte zeigen die Sünde in religiöfer Hinficht. Gott
ift Jahve, d. h. er ift die frei über der Natur waltende
Wirkungsmacht. So wird im erften Worte gefordert, dafs
Isracl's Religion allein auf diefen Gott bezogen fei, als
eine gefchichtlich, nicht von der Natur beftimmte, und
es wird die Gewifsheit ausgefprochen, dafs keine Erweiterung
des Weltbcwufstfeins für Ifrael eine Erweiterung
des Gottesbewufstfcins bringen kann, — ohne dafs
an fich die Realität andrer Götter geleugnet würde. Im
zweiten Worte wird nicht die Abbildung Jahves verboten,
fondern die Vergötterung der Naturmächte, in denen die
göttliche Wirkung als in relativ felbftändigen fich vollzieht
. Im dritten nicht der falfche Schwur, fondern der
Aberglaube im fcheinbaren Dienfte Jahves, d. h. der Ver-
fuch ihn zu bcherrfchen und zu Naturzwecken zu mifs-
brauchen, — als Mi fsbrauch feines Namens. (18—60). —
Indem fo die menfehliche Activität von der religiöfen
Bcherrfchung der Welt fchlechterdings ausgefchloffen
wird, ift der Menfch für die von ihm erftrebte active
Bcherrfchung der Welt einzig auf feine Arbeit angewie-
fen. Daraus ergiebt fich die Bedeutung des vierten Worts.
.Die Arbeit wird vorausgefetzt, zugleich aber die Ruhe
als ,Ruhe für Jahve' in ein befondres Verhältnifs zur
Gottesverehrung geftellt. Und zwar wird nicht blofs für
die religiöfe Beziehung zu Jahve diefe Inactivität des