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Ausgabe:

1880

Spalte:

380-385

Autor/Hrsg.:

Berger, Phppe.

Titel/Untertitel:

L’ange d’Astarté 1880

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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in der fehr verfuchlichen Vergleichung der ägyptifchen
Hathor mit der affyr. Idar S. 59) und, fo viel das überhaupt
möglich, nur fclches zu geben gefucht, was nach
dem gegenwärtigen Stande der verfchiedenen Forfchungs-
gebiete als zuverläffig gelten darf. Er fcheint mir durch-
gehends mit flcherem Blick das wirklich Centrale aus
den verfchiedenen Religionen herausgefunden und ge-
fchickt dargeftellt zu haben. Es war keine kleine Aufgabe
, fo unabfehbare Stoffmaffen jeweils in wenige
Paragraphen zufammenzudrängen. — Auf richtigem
hiftorifchem Takte beruht z. B. die vielen, vielleicht den
meiden, Aegyptologen widerdreitende, meines Erachtens
unanfechtbare Ausfage: ,Es id gänzlich verkehrt, die
ägyptifche Religion als die polytheidifche Entartung eines
vorhidorifchen Monotheismus anzufehen' (S. 52 f.). Sehr
gut id die Bemerkung, dafs das babylonifche flu ur-
fprünglich wohl Gattungsname der Götter war, aus welchem
erd fpäter ein individueller Gott gebildet wurde
(S. 82). Richtig id die (gegen Schräder gerichtete) Behauptung
, dafs die Phönicier und Syrer das Zweidrom-
land verladen haben, ,ehe das Religionsfydem der Ak-
kader fo weit mit dem femitifchen verfchmolzen war,
wie wir es fchon bei den alten Babyloniern gefchehen
fehen' (S. 90). Ich würde nur, um die ,Akkader' loszuwerden
, allgemein die fyro-phönicifche Religion als die
ältere Form bezeichnen der ausgebildeteren babylonifch-
affyrifchen gegenüber (vgl. Literaturztg. 1876 C. 75).

Einige wenige Einzelausdellungen füge ich hinzu,
die etwa bei einer gewifs bald nothwendigen zweiten Audage
Berückdchtigung finden können. Eine Ausnahme von
jener gerühmten Vorficht dnde ich in der eingreifenden
Rolle, welche den Vorgängern der Semiten in Mefopo-
tamien, den ,Akkadern' eingeräumt wird (S. 73 ff.; vgl.
S. 91 f. 196). Ich gedehe aber, dafs es nicht ganz zu
vermeiden war, hier in fehr disputable Ausfagen zu ge-
rathen. Dafs ein nichtfemitifches Culturvolk dem baby-
lonifchen und affyrifchcn Reiche in Mefopotamien vorausging
, halte auch ich für zweifellos, ebenfo, dafs durch
diefe Vorgänger die altfemitifche Religion bei den Nord-
femiten modidcirt wurde. Mit diefem Factor mufste
nun eine zufammenfaffendeDardellung irgendwie rechnen,
und da derfelbe nach meinem Urtheil fo gut wie gänzlich
unbekannt id, fo hat eine folche Dardellung ihn
eben zu condruiren, fo gut oder übel dies geht. Ge-
wünfcht hätte ich nur nachdrücklichere Hinweifung auf
die hier bedehende Unficherheit. — Die beiden feindlichen
Sonnengötter, die wir [wie bei den Aegypternj
bei den Semiten wiederfinden' (S. 55; vgl. S. 67), halte
ich für eine Erfindung von Movers oder einem feiner
Vorgänger. Ich habe bis jetzt in der Götterwelt der
femitifchen Religionen, abgefehen von der gefchlecht-
lichen Differenzirung, keine Spur von irgendwelchem
Dualismus zu entdecken vermocht. — Das Ueberzeugt-
fein des Verfaffers durch Schrader's Dardellung von
Arabien als dem ,gemeinfamen, wenn auch nicht älteden,
Stammlande' der Semiten (S. 69 f.) vermag ich nicht zu
theilen. Daran, dafs Ur-Kasdim = Mugheir in Süd-
chaldäa (S. 74), bin ich fehr zweifelhaft geworden; es
fcheint mir nach den biblifchen Berichten nothwendig,
den Ort im nördlichen Mefopotamien zu fuchen. Dafs
die altfemitifche Sonnengottheit Samas weiblichen Ge-
fchlechts gedacht worden fei (S. 82, vgl. S. 88), kommt
mir kaum glaublich vor. Dafs ,eifrige Vertreter des
Jahvismus wie Saul und David' ihre Kinder nach dem
kanaanitifchen Baal benannt hätten (S. 95), id undenkbar
; vielmehr war in der älteren Zeit Baal ein Epitheton
auch Jahwe's (vgl. Hof. 2, 18). — Es id gefchicht-
lich nicht erweisbar, dafs Jahwe zunächd nichts Anderes
war als ein ,gewaltiger Wüdengott', deffen Vordellung
erd gemildert wurde durch Entlehnungen von dem ,ka-
naanäifchen Ackerbaugott', dem ,wohlthätigen Baal, dem
Gott des Segens und Ueberfluffes' (S. 96 f.). — Dafs
Kronos ,mit Chronos, der Zeit, nichts zu thun hat'

(S. 237), fcheint mir nicht fo abfolut ficher. Die Aphrodite
halte auch ich für die modificirte fyro-phönicifche
Göttin und finde die meiden verwandtfchaftlichen Züge
bei der uns genauer bekannten fyrifchen Atargatis (Atar-
Ata), dafs aber der Name Aphrodite ,viell. aus 'Atar
'ata entdanden id' (S. 240), id doch fehr fchwer zu
glauben.

Ebenfalls im Intereffe einer zweiten Auflage füge
ich einige Literaturnachträge bei. S. 1 verdiente noch
eher als einiges unter dem Genannten Erwähnung Konr.
Schwenck's Mythologie 1845—1855 (ein Bd. angeführt
S. 186; eine Ausgabe diefes V. Bandes vom J. 1855 id
mir unbekannt; es id wohl Irrthum datt 1850). S. 9
fehlt bei der Schrift von Fr. Schultze Ort und Jahr
(Leipz. 1871). S. 45 hätte von Lenormant's Buch die
deutfche Ueberfetzung (1875) angegeben werden Pollen
und S. 79 diejenige feiner Divination (1878; die in diefer
Ueberf. zugleich herausgegebene Magie, Paris 1874 wird,
wenn ich nicht irre, überhaupt nicht genannt), ebenfo
S. 102 die Ueberf. von Dozy's Israeliten te Mekka (1864),
S. 118 diejenige von Max Müller's Lectures (2. A. 1866.
70) und die von dem Buch Angelo's de Gubernatis
(1874). (Deutfche Ueberfetzungen find angegeben von
andern Schriften S. 79. 121. 147.) Von Wilkinfon's
Manners and Customs (S. 46) id nach dem Tode des
Verf.'s eine .neue revidirte und verbefferte' Gefammt-
ausgabe erfchienen, beforgt von Samuel Birch 1878.
S. 48 c fehlt Maspero's Histoire ancienne des peuples de
/' Orient (deutfeh 1877), die überhaupt, wenn ich mich recht
erinnere, an keiner Stelle genannt wird, S. 49^: Pietfch-
mann, Hermes Trismegidos (Thoth) 1875 und Derf. „Der
Aegyptifche Fetifchdiend und Götterglaube (Zeitfchr.
für Ethnologie von Badian und Hartmann 1878), S. 89
unter den Hilfsmitteln zum Verdändnifse der phönici-
fchen Infchriften auffallender Weife Schröder's Phönizi-
fche Sprache (1869). Ebenda hätten genannt werden
können die Unterfuchung ,über einige femitifche Götter'
von E. Meyer (ZDMG. XXXI, 1877), auch etwa die Arbeiten
über den Jupiter Dolichenus von Seidl (1854) und
Fei. Hettner (1877), ebenfo S. 102 Krehl, Beiträge zur
Charakteridik der Lehre vom Glauben im Islam (Leipziger
Univerfitätsprogramm 1877) und S. 186 Hübfehmann,
Die parfifche Lehre vom Jenfeits und jüngden Gericht
(Jahrbb. f. proted. Theologie V, 1879 • Von Simrock's
Mythologie (S. 215) id eine 4. Aufl. 1874 erfchienen,
ebenfalls eine vierte von der Jakob Grimm's in 3 Bdd
mit Nachträgen aus Grimm's Nachlafs, herausgegeben
von Elard Hugo Meyer (1875—1878).

Die Ueberfetzung lied fich gut (hart id die Wort-
dellung S. 99 $ 56 letzter Satz). Dagegen id die
Correctur mit einer namentlich für ein Handbuch unerlaubten
Nachläffigkeit gelefen worden, welche befon-
ders dörend wirkt bei Corrumpirungen von Fremdwörtern
und Eigennamen wie z. B. S. 146: Barthelomy Saint-
Hilaise, S. 147 Reümfat (Remüfat), S. 149: Badhibaum.
Zwifchen o und u, c, e und o hat der Corrector fehr
vielfach keinerlei Unterfchied beobachtet.

Ich fchliefse, indem ich dies allen für Religionsge-
fchichte fich Intereffirenden, namentlich den Lernenden,
unentbehrliche Hilfsmittel nochmals empfehle.

Strafsburg i. E. Wolf Baudiffin.

Sabatier, A., Memoire sur la notion hebrai'que de l'esprit.
— Berger, Phppe., Lange d'Astarte. Etüde sur la
seconde inscription d'Oum-el-Awamid. (Gratulations-
fchrift der protedant. Theologen-Facultät zu Paris
für Hrn. Prof. Ed. Reufs in Strafsburg.) Paris 1879,
Fischbacher. (55 S. gr. 4.)

Die beiden in diefer Gratulationsfchrift vereinigten
Abhandlungen haben keinen weiteren Zufammenhang
als die ihnen gemeinfame Beziehung auf das Alte Teda-