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Ausgabe:

1880

Spalte:

321-326

Autor/Hrsg.:

Hitzig, Ferd.

Titel/Untertitel:

Hitzig’s Vorlesungen über biblische Theologie und messianische Weissagungen des alten Testaments. Hrsg. von J. J. Kneucker 1880

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schürer in Giefsen.
Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 14. 3. Juli 1880. 5. Jahrgang.

Ilitzig's Vorlefungen über biblifche Theologie
und meffianifche Wtiffagungen des alten
Teftamenls, hrsg. von Kneucker (Baudiffin).

Langen, Johannes von Damaskus (Herrmann).

Denifle, Tatiler's Bekehrung, kritifch unterfucht

R e u s s, Notes pour servir ä l'histoire de l'eglise
frangaise de Strasbourg 1538—1794 (Schott).
Makarij, Gefchichte der ruffifchen Kirche, Bd.

IX (Bonwetfch).
Hase, Rofenvorlefungen kirchengefchichtlichen
Inhalts (Möller).

(Möller). Nebe, Zur Gefchichte der Predigt, Charakter

bilder der bedeutendften Kanzelredner, 3 Bde.
(Meier).

Gerok, Albert Knapp als fchwäbifcher Dichter
(Meier).

Hermann, Leben und Wirken von D. Karl

Braune (Lauxmann).
Köhler, Erlebtes, I und II (Lauxmann).

oder gar mit einer Glorie zu umgeben. Dafs von Hitzig
die ,theologifche' Exegefe vernachläffigt wurde, wird
man ziemlich allgemein zugeben und was S. 12 zur
Widerlegung aus Hitzig's eigenem Munde citirt wird,
zeigt doch wohl nur, dafs er ein Bewufstfein diefes Man
gels nicht befafs. Dafs ihm ein ,genialer Blick' eignete,
,welcher fcheinbar weit auseinander Liegendes und Heterogenes
zufammenfchaute', ift unleugbar; die Behaup-

Hitzig's, Dr. Ferd., Vorlesungen über biblische Theologie
und messianische Weissagungen des alten Testaments.

Hrsg. von Ffr. Prof. Lic. J. J. Kneucker. Mit dem
(phototyp.) Bruflbilde Hitzig's und einer Lebens- und
Charakter-Skizze. Karlsruhe 1880, Reuther. (XIV,
64 u. 224 S. gr. 8.) M. 6. —

Das Buch wird eröffnet durch eine ,Lebens- und
Charakter - Skizze' des Heimgegangenen vom Heraus- 1 aber> dafs ?r es .zufammenfchaute zu einer neuen,

geber (64 S.). Bei der Bedeutung Hitzig's ift die forg- d-,h- aber nur für. dlf,,bl ,her, gangbar gewefene Anfällige
Zufammenftellung der Daten feines befcheidenen, J««.»1! neu-.n> ln Wirklichkeit alten, weil ehemals
äufserlich wenig bewegten Lebens mit Dank aufzu- J^^f ^ ^ ^^f^^1**^^1*^

nehmen. Es kann nicht fehlen, dafs jedem Lefer ein Situation' (S..12 f.), ift fehr zu befchranken. Grofs als
wohlthuender Eindruck zurückbleibt von diefer geraden ***8* m der grammat.fchen Grundierung, in der Er-
und lauteren PerfÖnlichkeit, Itreng in den Anforderungen 1 SLÜA ,fg de/j "W* Nuaacen des Gedankens, in der
an f.ch felbft und Andere und doch milde in liebevoller 1 Herftellung des Zufammenhanges und der Erläuterung
Hingabe an die ihm nahe Tretenden. Mancher Zug 1 aur? Analogieen, ift Hitzig fehr unzuverlaffig in feinen
kindlicher Frömmigkeit an dem jugendlichen wie an dem - b'horifchen Combinationen. Sein Buch über die Plnli-
gerdften und alternden Manne ergänzt zu fchöner Har- ! ?f, mubj als verfehlt bezeichnet werden feine Ge-
monie das Bild des Gelehrten mit ficher zerlegendem [chichte Ifraels itt, namentlich die Urgefchichte voll un-

und fcharffinnig verbindendem Verftande, welches wir
aus den Schriften Hitzig's gewinnen, und lehrt uns die
Art der Rationaliften von der alten Schule, welchen
Hitzig doch wohl beizuzählen ift, von ihrer liebenswür-
digften Seite kennen. Dafs er ein ganzer Charakter war,
mufste wiffen wer mit feinem Stil bekannt; feiten wohl ift
eine Schreibweife fo bezeichnend gewefen wie die feinige,
kernig und gedrungen bis zu änigmatifcher Kürze; original
, nicht selten bizarr in Wort- und Satzbildung und jenes überaus feine Gefühl angeeignet hatte für die Art
ir, ri;f.(V.rr. üu r-rxr,ffr.,.mt- MuOstpn wir ff»rnr>r IVB,™ I des hebraifchen Gedankenausdrucks und der Gedankenhaltbarer
Thefen, feine Eingliederung der Pfalmen in
den gefchichtlichen Zufammenhang ift immer geiftreich,
feiten überzeugend, in manchen Fällen auf Anhaltspunkten
beruhend, deren Geltendmachung bei einem
Andern als fcherzhafter Einfall zu werthen wäre (gegen
S. 15 Anmk.). So triftig im Allgemeinen Hitzig's negative
Kritik, fo wenig ftichhaltig ift die pofitive. Wie er
nicht ohne Beihilfe feiner Kenntnifs der Rabbinen fich

,n diefem allen confequent. Mufsten wir ferner fchon ,

bisher nach der Menge der literarifchen Leiftungen Verbindung fo hat er auch von den Rabbinen die Luit

Hitzig's feine rief.ge Arbeitskraft anftauncn, fo tritt nun gelernt an phantaftifchem

in diefer Lebensfkizze noch deutlicher die von früher ! Dagegen wird jeder billig Urtheilende die S. 18 citirten
Jugend bis in die letzte Lebenszeit ungeminderte Arbeits- i treffenden Worte unterfchreiben: In fo eher gelingen
lull feines emf.gcn Griftes hervor. Mit hingebender ! Topographie-Kenntnifs der hhSchrift und ih^
Pietät ift diefes Lebensbild von dem dankbaren Schüler pbrauches — ift Hitzig nicht blos der Glanz feines Jahrgezeichnet
worden, mit folchcr Bewunderung, dafs er hunderts, fondern der erfte Exeget des Alten Teftaments
darüber vergifst, was nur für ihn, nicht aber für die feit dem Beflande der chriftlichen Kirche'.
Menge der Fernerftehenden Intereffe haben kann. Es Referent mufs geftehen, dafs er den von Plitzig felbft
werden Briefe mitgetheilt, zum gröfsten Theil fo unbe- j herrührenden Theil diefes Buches mit vielem Intereffe
deutend, dafs fie beffer ungedruckt geblieben wären, um des Verfaffers willen, mit geringen Erwartungen von
Solche kleine Mifsgriffe ftören indeffen kaum, da auch dem pofitiv darin Geleifteten zu lefen anfing und dafs
das Unfcheinbare und an fich Gleichgiltige, welches wir er diefe Erwartungen nur in einzelnen Partieen übererfahren
, die Wahrheit des hier fkizzirten Bildes eines troffen gefunden hat. Für eine biblifche Theologie fehlte
Lebens von ftiller Gröfse nur zu heben vermag. Wohl Hitzig das eigentliche Charisma. Ein nützliches Lchr-
aber möchten wir mit dem Herausgeber rechten über buch, wie man es in herausgegebenen akademifchen
einige Beurtheilungen der wiffenfehaftlichen Eigenthüm- Vorlefungen wohl fuchen darf, wird man hier kaum
lichkeit des Meifters. Was Plitzig als Exeget geleiftet finden. Am wenigften ift dem Buche Vollftändigkeit
hat, ift grofs genug, dafs er auch den Tadel einzelner der Verarbeitung vom theologifchen Gehalte des A. T.
Mängel und Wunderlichkeiten verträgt; was ihm fehlte nachzurühmen; es find vielmehr nur einzelne Punkte, allerund
was er Abfonderliches an fich hatte als Forfcher dings die wichtigften, eingehender befprochen worden,
fpringt fo fehr in die Augen, dafs ihm einen fchlechten j Grofses Intereffe aber gewährt es, hier zu erfahren, in
Dienft erweift wer für nöthig hält, Solches zu verfchleiern welcher Weife ein Mann wie Hitzig fich gerade diefen
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