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Ausgabe:

1880 Nr. 13

Spalte:

312-314

Autor/Hrsg.:

Baumgart, Aug.

Titel/Untertitel:

Biblische Festblüthen für das evangelische Kirchenjahr 1880

Rezensent:

Wetzel, R. E.

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3ii Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 13. 312

die bisher nicht erwähnten Prolegomena beziehen, aber ; ausgiebt ,KirkeJiistoriske Sämlinge?', die in dritter Folge
auch auf die weitere Durchführung im Verlaufe felbft. erfcheint und 20 Bände umfafst. Der Herausgeber
Das eine betrifft die Heimat des Pietismus in der refor- Holger F. Rördam hat die Gefchichte derfelben in einer
mirten Kirche. Es ift fehr einleuchtend, dafs dort von eigenen Schrift befchrieben in ihrem erften Vierteljahr-
vornherein durch das ethifche oder disciplinare Element j hundert. Unter den Aufpicien diefer Gefellfchaft ift
im Kirchenbegriff, fodann aber auch durch das Forfchen auch die vorliegende Schrift erfchienen. Der Verf., Pre-
nach den Merkmalen des Gnadenftandes die erften Ur- i diger in Skaelby, hat vorher das Leben des dänifchen

fprünge des Pietismus gegeben find. Aber eine andere
Frage ift, ob fich diefe primäre Zugehörigkeit in der
Art denken läfst, dafs der lutherifchen Kirche der Pie-

Bifchofs Nicolaus Edinger Balle befchrieben und fieht
diefes Werk eigentlich als eine Fortfetzung an. Während
Balle's Leben von 1783—1800 nicht gefchrieben

tismus wie ein fremdes Gewächs zukommt. Mir will j werden konnte, ohne das Alles zu berühren, was fich

es fcheinen, als ob eine Lücke, welche die deutfche in der Kirche bewegte, gilt das nicht von dem letzten

Reformation gelaffen, eben durch die Weiterbildung des j Theil feines Lebens. Während er noch im Amte ftand,

Calvinismus zur Geltung gekommen fei. Der Calvinis- waren es andere Männer, die in den Vordergrund traten,

mus ift ganz und gar in den Grundlagen von der deut- j Es enthält diefe Kirchengefchichte im Wefentlichen die

fchen Reformation abhängig, aber ift er nicht bald ; Gefchichte des Rationalismus in Dänemark, wozu der

für längere Zeit der Träger des Fortfehrittes im ge- Verf. auch das früher unter dänifcher Oberhoheit fteh-

meinfamen Leben geworden? Ich weifs wohl, zu der j ende, jetzt der Preufsifchen Provinz Schleswigholftein

üblichen Gegenüberftellung der beiden Confeffionen pafst [ zugehörende Herzogthum Schleswig hinzuzieht. Dem

dies nicht. Aber vielleicht zu der Erkenntnifs der Ge- j Verf. haben archivalifche Quellen zu Gebote geftanden,

fchichte. | und ift die Arbeit überhaupt wohl ausgeführt. Nachdem

Der andere Punkt betrifft die rückwärtsliegenden ! er einleitend die Vorausfetzungen des Rationalismus be-

Zufammenhänge des Pietismus. Dafs die Täuferei im J handelt hat:, verbreitet er fich über die Erziehung, die

Reformationszeitalter viel mehr einen mittelalterlichen j Seminare, die Volksfchule, die Gelehrtenfchule und die

Trieb hat, als einen evangelifchen, habe ich immer ge- | Univerfität. Dann folgt: die rationaliftifche Predigt, das

Gefangbuch, die Liturgie, die Bibelgefellfchaft, der Katechismus
, die Miffion, die Prediger und die Gemeinde
— das geringe Anfehn des geiftlichen Standes. Darauf
die beginnende Gegenwirkung, anfchliefsend an die beiden
bekannten Namen Mynfter und Grundvig, und
fchliefst dann ab mit einer Befchreibung des Refor-
mations-Jubelfeftes 1817. Es ift das ein nicht unwefent-
licher Beitrag zur Special-Kirchengefchichte, worauf wir
muthet aber doch trotz ihres Verbotes von convivia in- j haben geglaubt aufmerkfam machen zu dürfen.
honesta, Schaufpiel und Tanz fremd genug an. Und j Tondern Carttens

das Unternehmen des Franziskus, fo nahe die Parallele _______1____'._

der Mendicantenfeelforge dem Pietismus liegt, hat doch Baumgart, Aug., Biblische Festbliithen für das evangelische
in dem kirchlichen Miflionsgedanken eine fehr verfchie- Kirchenjahr. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. K.

dacht. Ritfehl hat uns aber fchon früher darauf vor
bereitet, was er hier ausführt, indem er den Pietismus
felbft als Wiederaufnahme jener früheren Bewegung hifto-
rifch in Zufammenhang bringt mit den Tertiariern des
Franziskanerordens, ja mit diefem felbft, und in feinem
Grundgedanken fo einen katholifchen Trieb nachzu-
weifen fucht. Eine wirkliche Herkunft von diefen Tertiariern
ift nicht nachzuweifen. Die Tertiarier-Regel

dene Richtung. Es wird daher wohl bei einer Analogie
bleiben. Ebenfo habe ich auch einige Bedenken gegen

Weinhold. Striegau 1880, Hoffmann. (V, 178 S. m.

die Verwendung der Seligkeitslehre des Duns Scotus Holzfchn. 8.) M. 2

zur Begründung des Quietismus. Ob man mit Thomas
die delectatio zur beatitudo rechnet als ein blofses con-
comitans oder mit Duns erklärt, fie gehöre nicht zur
essentia derfelben, wird hier ebenfowenig einen wefentlichen
Unterfchied begründen, als wenn jener die beati-

Bibl. Feftblüthen hat der Verfaffer diefe feine Verfe
genannt und hat wohl damit andeuten wollen, dafs dieselben
bei Betrachtung der evangelifchen Perikopen, wie
fie uns das Kirchenjahr an die Hand giebt, aus feinem
Herzen entfproffen feien. Der Verfaffer ift ficherlich von

tudo in die visio, diefer in den actus des Willens verlegt, 1 der Schönheit diefer feiner Producte aufs Tieffte durch-
beide aber fie als operatio denken. Eine von hier aus- 1 drungen, denn er hat für diefelben die allerfchönften
gehende Doppelrichtung der Myftik fcheint mir proble- ! und feltenften Blumennamen, oft in wunderfamer Zu-
matifch. | fammenftcllung, immer je zween und zween, herausge-

Tübingen. C. Weizfäcker. : Wir muffen ihm aber fagen wenn wir uns fehr

mild ausdrücken wollen, dafs er beffer gethan hatte,
fich derfelben ganz allein zu erfreuen, anftatt diefelben
auf die Blumenausftellung des Büchermarktes zu fchicken.
Seine Feftblüthen find eigentlich Nichts als die in Reime
gebrachten Feft-Evangelien mit einem oft fehr langen
Anhange von verfificirten Predigtgedanken, wunderlich
zumeift in Form und Gehalt. Wem dies Urtheil zu hart
erfcheinen möchte, der höre nur im Nachfolgenden
einige Proben diefer Poefien.

So heifst es gleich im erften Abfchnitt ,Palmenzweig
und Fichtenreis' betitelt, auch ,das Hofianna des Kirchenjahrs
' genannt, nach einer Umfchreibung von Mtth.
2i, 1—9 von dem Kommen des Herrn: (S. 8.)
Und er kam voll (liller Ilerzensdemuth
Opfertreue(!) war fein Lebenslauf
Seine Freude aber ward zur Wehmuth
Denn die Seinen nahmen ihn nicht auf. —
Und das Volk, dafs einft fo freudetrunken
Jubelnd ihn zum König fich erkor,
War in fchwarzeften Venrath verfunken (!)
Wankend wie das windbewegte Rohr.
Ueber jene frohe Palmenfeier
Und des Hofiannas Huldigung
Hatte Mord gedeckt den blutgen Schleier (!)

Koch, L., Den danske Kirkes Historie i Aarene 1801 — 1817.

Kjöbenhavn 1879—80, Gad. (302 S. gr. 8.)

Die Kirchengefchichte des Königreiches Dänemark
hat fleifsige Bearbeitung gefunden. Wir befitzen des
Erich Pontoppidan annales ecclesiae danicae diplo-
malicae, Kophg. 1742 ff. in 4 ftarken Quartbänden, Bifchof
Fr. Münter's Kirchengefchichte von Dänemark und
Norwegen, Leipzig 1825—33, in 3 Theilen, beide in
deutfeher Sprache; ferner in dänifcher: aufser Th. Li 1 -
lelund, Kirkehistorie af Danmark, Viborg 1773, Dr. L.
Helwig's den danske Kirkes Historie in 4 Bänden. Zu-
erft erfchien die Abtheilung ,efter Reformationen', Kbh.
1852 ff in 2 Bdn., und nachher ,til Reformationen',
Kbh. 1862 ff., die jetzt in zweiter Auflage erfcheint.
Letzteres ift ein fehr lesbares Werk, nur etwas cinfeitig
im Grundvigianifchcn Geift verfafst. Dänemark hat auch,
neben der Gefellfchaft für vaterländifche Gefchichte
überhaupt, eine Gefellfchaft für dänifche Kirchengefchichte
, Selskap for Danmarks Kirkehistorie, die fich
zahlreicher Theilnahme erfreut und eine Zeitfchrift her-