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Ausgabe:

1880 Nr. 13

Spalte:

301

Autor/Hrsg.:

Kraus, Franz Xaver

Titel/Untertitel:

Rael-Encyklopädie der christlichen Alterthümer. 1. u. 2. Lfg 1880

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Seite 1

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301 Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 13. 302

Kraus. Prof. Dr. F. X., Real-Encyklopädie der christlichen Egli, Pfr. Emil, Actensammlung zur Geschichte der Zürcher

Alterthümer. Unter Mitwirkung mehrerer Fachgenoffen , Reformation in den Jahren 1519—1533. Mit Unterbearbeitet
und herausgegeben. Mit zahlreichen, zum ftützung der Behörden von Canton und Stadt Zürich
gröfsten Theil Martigny's Dictionnaire des Antiquites hrsg. Zürich 1879, (Meyer & Zeller). (VIII, 947 S.
Chretiennes entnommenen Holzfchnitten. 1. u. 2. gr. 8.) M. 20. —

Lfg.: Abdankung — Capeila. Freiburg i. Br. 1880,
Herder. (192 S. Lex.-8.) ä M. 1. 80.
Uiefes unter Leitung des verdienten Alterthums-

Nach dem gleichen Plan und Redactionsverfahren
wie in der vor Kurzem angezeigten Sammlung von
Strickler die auf die allgemeine Reformationsgefchichte

forfchersF. X. Kraus erscheinende Werk foll dem Die- der Sfrwe!z. bezüglicher, Acten (vgl. Nr 7 d.efes Jahr-
tionnaire des antiquites chretiennes des Abbe Martigny ga"gt ,."d ln dem vorliegenden Werk die fpeciell der
(2. Aufl. 1877) und dem Dictionary of Christian antiquites 1 Reformation von Zürich angehörenden zufammengefte 11t,
von Smith und Cheetham (l. Bd. 1876) zur Seite treten, und zwar ebenfalls blofs infowe.t fie amtlichen Charakter
Der Herausgeber hat fleh aber für feine Encyklopädie an, *a£en und den öffentlichen Archiven zu ent-
- gewifs mit Recht - eine begrenztere Aufgabe ge- f^11^^"611.: esA e«thalt, wie der genannte Forfcher,
Hellt als die genannten Gelehrten; er will fleh auf die ?^5Sre^:2^^ R°M, rrT^.?"?
Alterthümer der Verfaffung, des Rechts, des Cultus, des desfeIben fchreibt,,die Berathungen der Oberbehorden die
Privatlebens und der Kunft der fechs erften Jahrhunderte , -)e,weden erhobenen Gutachten, die Erlaffe an Gemeinden
befchränken. Der kirchengefchichtliche und literar- oder Beamtete, dieSatzungenund Man^
hiftorifche Stoff foll dabei ausgefchloffen fein. Stricte ' Verhandlungen Kundfchaften Verhöre Urtheile , d,e
ift nun diefe Begrenzung nicht eingehalten: Artikel wie I "^5 oder Petitionen an die Regierung, Urkunden über
die ,Allegonften, Anthropolatrai, Antichnft, Akoimeten,
Ambulantes' u. A. hätten füglich wegbleiben können.
Doch dies find Kleinigkeiten. Mit Grund darf man aber
die Frage aufwerfen, ob der Herausgeber nicht beffer
gethan hätte, die Alterthümer der Verfaffung und des
Rechts bei Seite zu laffen und fleh auf die Cultus-,
Privat- und Kunftalterthümer zu befchränken. Zwar
laffen fleh einzelne untergeordnete Artikel aus dem Gebiete
der Kirchenverfaffung ohne Schwierigkeit in dem
Rahmen eines Lexikons abhandeln; aber gerade die
wichtigeren vertragen eine folche Behandlung auf be-
fchränktem Räume nicht. Man vergleiche z. B. den
ftoftreichen und gut geordneten Art.: .Bifchof. Vieles
Richtige und Nützliche fleht in demfelben zu lefen;
aber die intereffantefte und wichtigfte Frage, die der
Gefchichte des ,Bifchofs' kommt nicht zu ihrem Rechte.
Allerdings wird der katholifche Theologe diefe Frage
und ähnliche fleh kürzer beantworten können als der
Hiftoriker; gewifs aber wird der Herausgeber felbft geflohen
, dafs die Bedeutung feiner Encyklopädie wefent-
lich auf dem Gebiete der Cultus- und Privatalterthu-
mer liegt.

Ein Lexikon, wie das vorliegende, an welchem fo
verfchiedene Kräfte gearbeitet haben, in Kürze zu beur-
theilen, ift unmöglich. Auch möchte Ref. nicht Bedenken
ausfprechen, die Jeder, der die zahlreichen ar-
chäologifchen Publicationen des Herausgebers gelefen
hat, bereits im Voraus erheben kann. Jedenfalls zeigen
fchon die beiden bisher erfchienenen Lieferungen, dafs
diefe Encyklopädie ein werthvolles Handbuch zu werden
verfpricht; namentlich zeichnen fleh die von dem Herausgeber
felbft bearbeiteten Artikel durch Gründlichkeit
aus. Ich verweife z. B. auf den vortrefflichen Art. ,Bafi-
lika', der nicht leicht zu überbieten fein dürfte. Das
Dictionnaire Martigny's wird durch diefe Publication
für Deutfchland überflüfflg gemacht, wie eine Vcrgleich-
ung lehrt; die englifche Encyklopädie ift mir hier in
Giefsen nicht zur Hand. Die Verlagshandlung hat das
Werk mit Illuftrationen reich ausflutten können, da fie
die Cliches der 675 Holzfchnitte, welche das Martig-

wichtige Rechtsgefchäfte u. dgl. m., foweit fie den Gang
der Reformationsbewegung beleuchten können'. ,Die
Verflechtung der kirchlichen Ordnung des fpätern Mittelalters
mit den politifchen, focialen und ökonomifchen
Zuftänden, die Einwirkung der neuen Religionsanfichten
auf die mehr oder weniger gedrückte Maffe des Volkes,
die Anfänge einer neuen Gefetzgebung, die Entftehung
der Landeskirche und den Antheil der Staatsgewalt an
diefer Neubildung, die Gründung eines höheren Schul-
wefens und manche andere Schöpfungen, Beftrebungen
oder Gewohnheiten der Reformationszeit follte der Lefer
wie in einem Tagebuche beobachten und verfolgen können
' (S. VI).

Diefe Inhaltsangabe wird genügen, um fowohl den
Werth der Veröffentlichung, als auch die ihr gezogenen
Schranken ins Licht zu ftellen: ohne den Anfpruch zu
erheben, ein zufammenhängendes und vollftändiges Bild
der Zürcher Reformationsgefchichte zu bieten, ergänzt
fie doch in willkommener Weife das in Privatfchriften,
Briefen und Chroniken vorhandene Quellenmaterial der-
felben und vervollständigt gleicherweife auch jene oben
erwähnte Actenfammlung von Strickler,, indem fie
ebenfo ausfchliefslich wie diefe letztere auf den Verkehr
und die äufseren Beziehungen zwifchen den eidgenöffi-
fchen Ständen, ihrerfeits nun auf die innere Reformationsgefchichte
des Kantons Zürich fich befchränkt und
das actenmäfsige Material dafür in möglichster Vollständigkeit
vorlegt. Manches davon ift allerdings fchon
in früheren Arbeiten verwerthet, wie in Hottinger's immer
noch brauchbarer Helvetifcher Kirchengefchichte und be-
fonders in Mörikofer's biographifchem Werk überZwingli,
Manches auch bereits in den älteren Sammlungen von Füfsli
und Simmler und in Bullinger's Reformationsgefchichte
zum Abdruck gebracht worden, und nur in Bezug auf
das in Zwingli's Werken bereits Gedruckte ift, foweit
die Aufnahme nicht wie z. B. bei der Ehegerichtsordnung
Nr. 711 durch den Plan des Ganzen gefordert war,
die Wiederholung grundfätzlich unterlaffen; es läfst fich
wohl mit demVerf. ftreiten, ob diefem Grundfatz nicht auch
bei den zahlreichen Berührungen mit der Chronik Bul-

' rr n(vwk Vier.n ™k T . st ~> Hl linger's Folge zu geben gewefen wäre, deren Kenntnifs ja

cVt fi^r£H%r&£^ & rf1"1^ ^ l ■ doch kaum weniger als die der Werke Zwingli's für eine
f7hmtte,- 5^Z<SS^V^UM^U ?KmTn i l ' ergiebige Benützung diefer Actenfammlung vorausgefetzt

,Roma ■S^WgJ^ diefes Handbuches, welches webrden8muf md^(en ift die chronologifche Aneinander-
UV etwa 2 Lieferungen von 5-7 Bogen erfchemen foll, ; feihu ,„ w , h dje dort Szerftreuten Stücke

dl ein ^.n»^-l^ea^^ Artikel find unter- ; überbi^ken könne doch auch von Werth und dem
zemhnet; der ^^^1^en^ daher nur fur I früher Gedruckten gegenüber giebt fich die forgfältigere
die eigenen die Verantwortung. j Redactjon deg Verf.'s überall zu fpüren, fowie auch die

Giefsen. Ad. Harnack. j Brauchbarkeit der von ihm mit grofser Genauigkeit und

___ Umficht ausgearbeiteten Wort- und Sachregister durch

I diefe Vollständigkeit wefentlich bedingt ift. Und auch
I das kann der Gefchichtfchreibung der Reformation nur