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Ausgabe:

1880 Nr. 1

Spalte:

230-231

Titel/Untertitel:

Facsimile of the Codex Alexandrinus. New Testament and Clementine epistles 1880

Rezensent:

Bertheau, Carl

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229

Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 10.

Ürganifation der Einzelgemeinde, feine Auffaffung der
aufseramtlichen Thätigkeiten in der Gemeinde. Durchaus
zu billigen ift die Einreihung des apologetifchen und po-
lemifchen Verfahrens in das Gebiet d r praktifchen
Theologie, weniger freilich die Faffung der Apologetik
und Polemik als der beidem entfprechenden Kunftlehren.
Der .Theorie der amtlichen Bethätigung theologifcher
Erkenntnifs' (2. Th.) fchickt nämlich Hofmann als erften
Theil der praktifchen Theologie voran eine .Theorie
der aufseramtlichen Bethätigung der Theologie: a)
Apologetik und Polemik, b) Buleutik'. Mit der letzteren,
die auf dem Gebiet der praktifchen Theologie dasfelbe
fein würde wie auf dem Gebiet der Ethik die Cafuiftik
(S. 346), denkt Hofmann eine neue Disciplin zu fchaffen,
nämlich eine Kunftlehre der gelehrten Berathung der
Kirche, wie diefe früher in der Form theologifcher Bedenken
geübt wurde, jetzt durch Zeitfchriften und Flug-
fchriften gefchieht (S. 321); doch dürfte, ohne leugnen
zu wollen, dafs diefe durch Zeitfchriften und Flugfchrif-
ten geübte .gelehrte Berathung der Kirche' einer wiffen-
fchaftlichen Berathung vielfach felbft dringend bedürftig
wäre, jener Neufchöpfung kaum das Prognoftikon der
Lebensfähigkeit geftellt werden können.

Obgleich Hofmann, wie getagt, die Beziehung der
Theologie auf den Zweck der Kirchenleitung ausdrücklich
ablehnt rdoch vgl. S. 312. 318), will er in der Zeichnung
der Grundlinien der praktifchen Theologie in auffallendem
Widerfpruch damit die akademifche Vorbildung
der Theologen der amtlichen Bethätigung theologifcher
Erkenntnifs untergeordnet wiffen und ftellt dem-
gemäfs das Amt des akademifchen Lehrers der Theologie
als drittes neben Kirchendienft (.Verwaltung der
Gemeinde') und Kirchenregiment (.Verwaltung der Kirche'
S. 322). Die jener dritten amtlichen Thätigkeit, mit der
,der Schlufs in den Anfang zurückkehrt', gewidmete Erörterung
auf S. 389 ift fehr kurz. Das Buch fchliefst:
,Diefe Vorbildung wird eine theoretifche und praktifche
fein müffen. Aber hiervon zu fprechen, werde ich mir
erlaffen, denn in der Theorie habe ich felbft noch zu
lernen. Es ift noch übrig die theol. Wiffenfchaftslehre
und mit diefer haben wir uns bisher befchäftigt'. Darnach
fiele alfo die Encyklopädie als abfchliefsende Re-
capitulation an das Ende der praktifchen Theologie!
Für die Aufgabe der theologifchen Encyklopädie, die
Theologie als Eine unter den Wiffenfchaften dem Ge-
fammtorganismus des Wiffens einzureihen, fehlte Hofmann
, weil er das Verhältnifs des Chriftenthums zur
Welt vorwiegend als Gegenfatz fafst, das Verftändnifs.

Das Verfahren des Herausgebers ift ein verftändiges
gewefen. Dafs er es fich verfagt hat, das Buch mit Anhängen
zu belaften, fondern vielmehr die verfchiedenen
Schichten, die zu berückfichtigen waren, zu einem Ganzen
verarbeitet hat, ift trotz mancher Inconcinnitäten im
Einzelnen nur zu loben, da fich die Näthe nicht fühlbar
machen. Wenn er aber in der Fertigftellung der Ma-
nufcripte und Hefte für den Druck feiner Selbftthätig-
keit foviel Spielraum gegönnt hat, wie er S. VI ff. felbft
fagt (und zwar berechtigten), fo mufs es auffallen, dafs
er den Stil, wie er für den Hörer paffen mochte, nicht
für den Lefer noch an manchen Stellen mundgerechter
gemacht und die Berückfichtigung der Literatur nicht
weiter geführt hat. Hofmann's Bemerkung in der Vor-
lefung vom J. 1848, dafs Nitzfeh jetzt' angefangen habe,
fein Werk über die praktifche Theologie herauszugeben,
welches aufser dem Entwurf von Marheineke das einzig
fyftematifch angelegte Werk in diefer Disciplin fei
'S. 317), hätte ohne irgend eine Correctur fo nicht ftehen
bleiben dürfen. Statt der Seitenüberfchriften, die den
Inhalt vielfach nur fehr ungenau wiedergeben oder vom
Gedankengang ein unrichtiges Bild erwecken, hätte der
Herausgeber beffer nach Hofmann's eigenem Vorgang
an den geeigneten Stellen Randbemerkungen gegeben,

um den Gedankenfortfehritt, wo es nöthig war, aber
auch nur da, zu markiren.

Breslau. Lic. Lemme.

Facsimile of the Codex Alexandrinus. New Testament and
Clementine epistles. Published by order of the trustees.
London 1879, sou^ at tne British Museum and by
Longmans & Co. etc. (1 Bogen u. 144 einzelne Blätter,
hoch 4.) In Callicomappe.

Diefer Abdruck des neuen Teftamentes aus dem
Codex Alexandrinus ift eine durch Photographie vermittelte
genaue Wiedergabe des vierten Bandes der feit

! Wetftein mit A bezeichneten Bibelhandfchrift, welche
fich bekanntlich auf dem britifchen Mufeum in London
befindet; die drei andern Bände, welche das A. T. enthalten
, follen in gleicher Ausgabe folgen, fo dafs diefer
Band auf dem Rücken der Mappe fchon als Codex

< Alexandrinus IV. bezeichnet ift. Der Abdruck, in der
Vorrede an autotype facsimile genannt, ift auf rein mecha-
nifchem Wege erfolgt ohne irgend welche Zuthat aus
freier Hand, ,in a form free from the errors of the prin-
ting press and untouched by the hand'. Jedem Blatte des

1 Codex entfpricht ein Blatt diefer Ausgabe, deren einzelne
Blätter nicht gebunden find, was eine genaue Be-
fichtigung, namentlich auch mit bewaffnetem Auge,
wefentlich erleichtert. Die Blätter find von fehr fettem
weifsen Papier oder dünnem Carton, etwa 38,5 cm. hoch
und 28 cm. breit; jedes Blatt ift auf beiden Seiten bedruckt
mit Ausnahme zweier, die auch im Codex nur

j auf einer Seite befchrieben find. Die Bildfläche der
Seiten ift zwifchen 31 und 32 cm. hoch und etwa 26

! bis 26,5 cm. breit; diefe letztgenannten Mafse find alfo
diejenigen des Codex, fo dafs die Blätter unferer Ausgabe
gröfser find, als die des Codex. Solcher einzelnen
Blätter find 144 da, nämlich aufser den 143, die von
dem das N. T. und die Clemensbriefe umfaffenden Theil

i der Handfchrift erhalten find, ein Vorfatzblatt, auf wel-

i chem Junius das Verzeichnifs ,1er Bücher des N. T. mit
Angabe der von ihm eingetragenen Ziffer des Blattes,
auf welchem jedes Buch beginnt, gefchrieben hat; diefes
Vorfatzblatt, welches wohl erft, als die Handfchrift in
England in vier Theilen gebunden wurde, hinzugefügt
ift, ift wahrfcheinlich von Papier (?), während die Handfchrift
auf Pergament ift. Die einzelnen Blätter find in
diefem Abdrucke nicht anders numerirt, als es jetzt im
Codex felbft der Fall ift; vgl. über diefe Numerirung
derfelben die zweite Ausgabe der Clemensbriefe von
Gebhardt und Harnack, Patrum apostolicorum opera,
partis I. fasc. I. editio altera, Lips. 1876, in der Vorrede
S. VIII f. Anm. 7. Da die Blattziffern, fowohl die von
Junius herrührenden als auch namentlich die ältern, oft
undeutlich geworden find, auch die Bezifferung felbft
mangelhaft ift (Junius überfchlug z. B. ein Blatt nach dem
von ihm mit 141 bezeichneten, u. f. f.), fo wäre für den
Gebrauch eine Paginirung der Blätter am obern oder
untern Rande (über oder unter der photographifchen
Wiedergabe) eine angenehme Zugabe; doch findet man
fich auch ohne fie leicht zurecht, zumal Junius die Capitel-
eintheilung der Bücher in den Codex hineingefchrie-
ben hat.

Dafs eine Prachtausgabe diefer Art nicht zu denen
gehört, die man mit Recht .unnütz prunkvoll' nennt, vgl.
Nr. 5, Spalte 107, des diesjährigen Jahrganges diefer
Zeitung, braucht nicht erft gefagt zu werden. Die vorliegende
Ausgabe kann dem biblifchen Kritiker den
Codex felbft völlig erfetzen; in den wenigen Fällen, in
welchen das nicht der Fall fein follte, werden die Pro-
legomena, die für den erften Band aufgefpart find, genügend
nachhelfen. Der Codex hat vielfach gelitten;
: nicht nur ift er am innern Rande oben mehrfach lädirt',
! fondern die Buchftaben find oft verblichen oder beim