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Ausgabe:

1880 Nr. 9

Spalte:

204-207

Titel/Untertitel:

Gregorii Abulfarag bar Ebhraya In Evangelium Matthaei Scholia e recognitione Johannis Spanuth 1880

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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Theologifche Literaturzeitung. 1880. No. 9.

204

fich bekanntlich aus den Schriften der Väter einiges
Belangreiche aufbringen läfst, in Rom gefchrieben hat,
wird immer wieder aus 13, 24 (aarräCovzai v/uSg 01 anb
tTs 'Italiac) gefolgert. Paulinifche Autorfchaft des Briefes
hält Zill eben ,fchon um der Lehrauctorität der ka-
tholifchen Kirche willen unverrückbar feft, welche den
Hebräerbrief in ihrem Schriftkanon zu den paulinifchen
Briefen zählt' (S. XX). Abweichende Anflehten Anderer
können ihn deshalb wenig beirren. Oft werden fie vornehm
ignorirt. Selbft der Apollos-Hypothefe ift nirgends
Erwähnung gefchehen, wie denn überhaupt der exege-
tifche Apparat auf ein äufserft geringes Mafs befchränkt
ward. Am häufigften wird der fyrifche Text herbeigezogen
und an die Auslegung von Eftius erinnert. Aber
aus der Reihe evangelifcher Commentare fehlen fogar
die Arbeiten von Bleek und Lünemann; und finden
Ebrard, Delitzfch, Riehm, Kurtz Berückfichtigung, fo
gefchieht dies meift in kurzer Anmerkung. Ob der Verf.
von dem .verworrenen Felde häretifcher Schrifterklärung'
(S. XL) nicht einige Blumen zum Schmuck der eignen
Arbeit hätte fammeln können? Wir meinen, dafs feine
Auslegung mehr in die Breite als in die Tiefe geht und
vielfach Beftimmtheit vermiffen läfst. Schon 1, 1 ift
der Sinn des rfoi>vpe(kSg und u nfaregn/t tog nicht klar her-
ausgeftellt. Wird für nohyEQwg (,vielgetheilt') die Beziehung
auf die Oftmaligkeit des Redens Gottes abgelehnt
und ,die Zertheilung der Offenbarungswahrheit,
welche mit der Vielheit der Offenbarungsorgane zufam-
menhängt', feftgehalten, fo ift vergeffen, dafs folch eine
,Zertheilung' eben eine ,Oftmaligkeit' göttlichen Redens
zur P"olge hatte; und foll nohvtQwrtag (,vielartig') ,ebenfo
von der Verfchiedenartigkeit der altteftamentlichen Offenbarung
von Seite Gottes an die Propheten, wie von der
Verfchiedenartigkeit von Seite der Propheten an die
Väter' gelten, fo erhellt, dafs der Ausdruck faft tauto-
logifch neben dem erften ftände. TIoXvLiSQwg kann nur
auf eine Vielheit einzelner Acte iyariis lemporibus) und
icoXvtoojicoq nur auf die mannigfaltige Art und Weife
iyariis rationibus) göttlicher Selbfterfchliefsung bezogen
werden. Solcher Mangel an Präcifion liefse wie hier
auch fonft fich erweifen. In textkritifcher Hinficht ift
uns neben Anderem aufgefallen, dafs Zill II, 37 für die
urfprüngliche Lesart E/ivQÜot/rjoav und EnEiycwitiyutv für
eine frühzeitig entftandene Variante hält, aber dem Letzteren
im Text fo gut wie in der Ueberfetzung (,fie wurden
verfucht') den Vorzug giebt. Doch wir verzichten
darauf, dem Einzelnen nachzugehen. Was der Verfaffer
erftrebt hat, fpricht er felbft aus, wenn er (Vorwort S. V)
es als Plauptaufgabe des katholifchen Exegeten bezeichnet
, ,auf dem feften Grunde feiner Kirche beharrlich
nachzuweifen, wie gegen die überlieferte Lehre
nichts Stichhaltiges vorgebracht werden könne, und
dafs die Lehre der Kirche in den heiligen Schriften
ihre Beftätigung findet'. Das ift derfelbe Gedanke,
den Löhnis, Hermeneutik S. 151 treffender fo wiedergab
: ,Wie ein Diplomat im Geifte und im Intereffe
feines Fürften Alles deuten und auffaffen mufs, wie
er feine Stellung nicht vergeffen darf, wie er feiner
Sendung eingedenk feine Inftruction gewiffenhaft vor
Augen haben foll: fo auch der katholifche Interpret in
Anfehung der katholifchen Kirche'. Das Refultat folchen
Diplomatifirens kann freilich nur ein Einlegen, nicht ein
Auslegen fein. — An Druckfehlern ift kein Mangel. Ob
in die Kategorie derfelben das häufig wiederkehrende
.Origines' (S. XVI. XX. XXI. XXV), ,Antilegumena'
(S. XX zweimal), ,Tharfus' (S. XXX), ,nchiog' (S. 90
zweimal), ,nakaiog' iß. 401. 402) u. A. gehört , wagen
wir nicht zu entfeheiden.

Leipzig. Wold. Schmidt.

Gregorii Abulfarag bar Ebhraya In Evangelium Mat-
thaei Scholia e recognitione Johannis Spanuth.
Gottingae 1879, Dieterich's Verl. (71 S. 4.) M. 5. —

Die Schätze des Thesaurus oder Horreum Mysterio-
rum, des grofsen Scholienwerks zum Alten und Neuen
Teftament werden uns allmählich zugänglich, durch La-
garde's und feiner Schüler Arbeit (vgl. 1878, 15. 17.
79, 23). Ueber die allgemeine Anlage und Bedeutung
des Werkes auf meine früheren Anzeigen verweifend,
ftelle ich hier aus dem zuletzt erfchienenen Theil, der fich
feinen Vorgängern würdig anfchliefst, eine Reihe von

I einzelnen Notizen zufammen, die an fich oder für die

I Gefchichte der exegetifchen Tradition Intereffe haben
könnten. In der Genealogie Chrifti fehlen nach BH.
die 3 Glieder c. I v. 8 nicht wie Africanus von o-N?::1
und der heilige Severus will, weil fie von der gottlofen
Athalja abftammen, auch nicht weil ein alter Schreiber
fie weggelaffen, fo erklärte es der Araberbifchof Georg,
fondern nach Origenes, damit die Zahl 14 herauskomme,

j die bei den gläubigen Hebräern ganz befonders beliebt
gewefen fei, und die 42 Generationen, deren jede als

1 Zeitmafs betrachtet 40 oder 80 Jahre umfaffe, den 42
Wüftenftationen entfprechen. Die vier Frauen werden

j zur Befchämung des jüdifchen Particularismus aufgeführt,
Thamar ift eine Ammonitcrin gewefen; die Differenz mit
Lucas hebt fich durch die Annahme von Lcviratsver-
hältnifsen, der Vater der Maria heifse Jojakim oder "ps:ii
oder Zadoq oder Jozadaq, ihre Mutter Hannah oder
Dinah. c. II. Die 3 Könige kamen mit iooo Mann
nach Jerufalem; nach Jacob von Edeffa waren es 12,
die 7000 Mann am Euphrat zurückgelaffen hatten; der
Stern fei entweder ein Engel gewefen, oder wie eine

I Jungfrau erfcheinend mit einem Kind auf dem Arm

I und einer Krone auf dem Haupt, nach andern eine Buch-
ftabenfehrift. Nazarenus wird mit Ephracm auf Jef. Ii, 1
zurückgeführt, c. III. Bei der Flucht war Chriftus 2, bei
der Rückkehr 5, beim Auftreten des Johannes 30 Jahre
alt; die Wüfte fei die des arabifchen Stammes der Si-
phäer gewefen, wohin Johannes von feiner Mutter vor
Herodes geflüchtet worden fei. Seine Speife beftand
nach einigen aus Wurzeln und füfsen Kräutern; in dem
Diateffaron ftand ,Milch und Honig'; das Wort
Himmelreich hat er zuerft aufgebracht. Die Pharifäer

j waren Nafiräer, die fich von den Sadducäern, die Sa-
maritaner waren, durch einen purpurnen um den Hals
getragenen Faden unterfchieden; der Ausdruck Otterngezüchte
wird, wie im Phyfiologus, erklärt, v. 16. Die
Taube fei fo fanft, dafs fie felbft wenn ihr die Jungen
genommen werden, von den menfehlichen Wohnungen
nicht fliehe; der Satz der Macedonianer, dafs fo hoch
der Menfch über der Taube, fo hoch der Sohn über

| dem Geift flehe, fei fchon von Gregor widerlegt, c. IV.
Vor das tote v. i. falle das Wunder bei der Hochzeit
zu n:rjp; von Mofe und Elia fei das Hungern nach 40-
tägigem Fallen nicht erwähnt, weil an ihrer wahren
Menfchennatur niemand zweifelte; die Verfuchungsge-

i fchichte fei den Jüngern im vkeqwov (Act 2) geoffenbart
worden, wie dem Mofes die Adam's; die Ordnung der
einzelnen Verfuchungen fei bei Lucas richtiger; zu v. 18
findet fich der hübfehe Gedanke, erft feien Hirten berufen
worden, Jacob, Mofes, David, um Gottes Eigenthumsvolk
zu leiten, dann aber Fifcher, um alle ohne
Unterfchied, die fich bereit finden laffen, ins Himmelreich
zu bringen, c. V. Eigentlich feien es 10 Selig-

I preifungen wie 10 Gebote; die Friedfertigen feien die,
fo Seele und Leib in Harmonie erhalten; v. 19. Die
Schriftgelehrten befolgen nicht felbft, was fie lehren, infofern
müffe die Gerechtigkeit der Jünger beffer fein;
gemet mache den Leib, [iwqe die Seele, Gottes Ebenbild,
verächtlich, darum letzteres ftrenger beftraft; der Wider-
facher v. 25 ift die Seele, die man durch die Lüfte des
Fleifches nicht bedrücken darf, das Auge v. 29 Söhne