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Ausgabe:

1880

Spalte:

180-181

Autor/Hrsg.:

Schaefer, Aloys

Titel/Untertitel:

Die biblische Chronologie vom Auszuge aus Aegypten bis zum Beginne des Babylonischen Exil‘s mit Berücksichtigung der Resultate der Aegyptologie und Assyriologie 1880

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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179

Theologifche Literaturzeitung. 1880. Nr. 8.

beide für mofaifch und auch Am. 2, 4 und Hos. 8, 12
fcheinen Bekanntfchaft mit diefer alterten Codification
mofaifcher Gefetze zu verrathen. Thefe 10 behauptet
die Priorität Ezechiels vor dem Elohiften, Thefe 11 u.
12 negieren, dafs das Buch Jofua der jüngfte Theil des
Hexat. und dafs Mofe der Verf. des Ganzen fei.

Die Schrift felbft befteht aus 2 Theilen: der erfte
§ 4—16 unterfucht, ob Mofe oder einer feiner Zeitge-
noffen den Hexat. verfafst habe, und löft diefe Frage
1) durch Literärkritik §4—7 pluralite des recits paralleles
— des codes, les noms de Dieu, 2) durch fachliche Prüfung
der Gefchichte des Hexateuch: ,ob fie fo gefchehen
fein könne wie fie erzählt fei oder nicht'. Nachdem
diefe Frage verneint ift, giebt ^ 13 eine fehr ausführliche
Sammlung der Inftanzen, die für eine ziemlich fpäte Ab-
faffung des Hexat. im Heil. Lande fprechen. § 14—16
endlich Bellen das Zeugenverhör mit der vorexilifchen
Gefchichte an. — Die Gefchichte des Pent. g 17 -30
beginnt mit der Auffindung des Deut. Von hier aus
ergiebt fich die Priorität des Jehoviften § 18—20, über
welchen fich § 21 näher verbreitet. Betreffs der Com-
pofition diefes Werks enthält fich der Verf. genauerer
Bertimmungen. Am nächften dürfte feine Anficht der
von Nöldeke kommen, nach welcher der Jehovirt mehr
als Ergänzer des zweiten Elohiften erfcheint. Wir
möchten doch für die frühere Selbftändigkeit von E u.
J plaidiren. Der Umrtand, dafs fich zu allen wichtigeren
Erzählungen in E Parallelberichte aus J finden, fällt immerhin
gegen eine blofse Ergänzung des erfteren durch
den letzteren ftark ins Gewicht. Doch ftimmen wir dem
Verf. darin bei, dafs die Acten über diefe Frage noch
keineswegs gefchloffen find. Vor Allem mufs man fich
hüten, Zufätze oder Ueberarbeitungen des Hexateuchre-
dactors im Jehoviften mit felbftändigen Berichten aus
einer jener beiden Quellen zu verwechfeln. Derartige
Ueberarbeitungen verrathen fich gewöhnlich durch eine
Sprache, welche der des erften Elohiften fehr nahe fteht,
übrigens aber auch jehoviftifches oder deuteronomifches
Sprachgut zeigt. Hierdurch wird dann bei Manchen z.
B. Ryffel {de sermone Eloh.) das höchfte Erftaunen über
die Aehnlichkeit der Sprache des erften Eloh. und des
Jehov. wachgerufen. Einen foliden Grund zur Nachwei-
fung derartiger redactioneller Zufätze hat Kuenen in
feinen Bijdr. tot de crit. v. Pent. en Jos. Theol. Tijdschr.
1877, S. 465 ff. gelegt. Wir find überzeugt, dafs auf
diefem Wege auch Gen. 14. 15. 34 u. a. ihre jetzige
Geftalt erhalten haben. § 22—29 liefert der Verf., an
der Hand des Jerem. und^der fpäteren Propheten bis in
die Zeit des Efra u. Nehemia hinabfteigend, die weitere
Gefchichte des Hexateuch. Die Befprechung Maleachi's
auf S. 230 fcheint uns etwas zu kurz gefafst. Gewifs
hat der Verf. Recht, ihn vor Efra anzufetzen; aber wenn
es von ihm heifst: er befchäftige fich hauptfächlich mit
den Intereffen de la caste levitique, fo wäre es doch für
den Lefer von Wichtigkeit gewefen, über das Wefen der
levitifchen Karte etwas nähere Aufklärung zu erhalten.
Dafs in Mal. der Levit mit dem Priefter identifch ift,
wie im Deut, ift doch fehr erwähnenswerth. Nur fehr
allmählich kann es damals gelungen fein, die Leviten
aus ihrer priefterlichen Rangftellung zu verdrängen und
mit den Tempeldienern gleichzuftellen, cf. z. B. Esr. 2,
70, wo die Priefter und Leviten vor dem Volk, nach
dem Volk die Sänger, Thürhüter und Nethinim ran-
giren. In der Parallelftelle Neh. 7 dagegen folgen nur
noch die Nethinim dem Volke. Auch hätte erwähnt
werden können, dafs das Verbot der Ehen mit fremden
Weibern, welches Mal. einfehärft, ebenfalls auf dem Deut.
Cap. 7, 3 beruht, dafs Mal. in Betreff des Zehnten und
der Theruma rein deuteronomifche Terminologie anwendet
Deut. 12, 6, 11, 17, während die Inftitution felbft
grofse Verwandtfchaft mit der Verordnung des Ezechiel
45, 13 ff. zeigt. Für den weltlichen Regenten, dem
Ezech. das Erheben diefer Tempelfteuer überträgt, find

natürlich die Priefter refp. Leviten eingetreten. Von den
Anfchauungen des Prieftercodex ift bei Maleachi keine
Spur zu finden. Leider fehlt uns der Raum, um die
Meinung des Verf.'s, dafs Efra nur das elohiftifche Gefetzbuch
promulgirt habe, näher zu befprechen; nur
das Eine heben wir hervor: Efra konnte unmöglich das
alte, bis dahin geltende Deuteron, einfach bei Seite
fchieben; fchon dies nöthigt zu der Annahme, dafs von
ihm damals der ganze Pentateuch, wefentlich in feiner
jetzigen Geftalt, dem Volke vorgelegt wurde.

Ueber das Unternehmen überhaupt, die Fragen der
Pentateuchkritik für Laien auseinanderzufetzen, wollen
wir hier mit dem Verf. nicht rechten. Jedenfalls hätten
wir in der Conclusion § 30 einige Winke darüber ge-
wünfeht, dafs durch die Graf'fche Hypothefe die Betrachtung
der Religionsentwicklung des A. T.'s als einer Offen-
barungsgefchichte keineswegs aufgehoben wird. Denn
indem fie nur die Codificirung und Syftematifirung
des Cerimonialgefetzes dem Ende des fechften Jahrhunderts
zuweift, hindert fie keineswegs, die grofsartige re-
ligiöfe Tiefe eines Volkslebens, welches Männer wie die
Propheten und Sittengebote wie den Dekalog hervorbrachte
, als Folge einer grundlegenden Selbftoffienbarung
und fortdauernden Selbftbezeugung Gottes anzufehen.

Greifswald. Lic. Dr. Giefebrecht.

Schaefer, Dr. Aloys, Die biblische Chronologie vom Auszuge
aus Aegypten bis zum Beginne des Babylonifchen
Exil's mit Berückfichtigung der Refultate der Aegyp-
tologie und Affyriologie. Von der theologifchen Fa-
cultät zu Würzburg gekrönte Preisfchrift. Münfter
1879, Ruffell. (VIII, 141 S. gr. 8.) M. 3. -

Der Verf. bemerkt im Vorwort, dafs es feine ,Abficht
war, ein möglichft klares Bild über den dermaligen
Stand vorliegender Frage zu geben. Diefes follte in der
Art gefchehen, dafs auch Lefer, die der Sache ferner
flehen, fich ein Urtheil bilden könnten und zwar ohne
vieles Nachfchlagen in oft fchwer zugänglichen Werken.
Somit erklärt es fich, weshalb Einiges aufgenommen,
Manches erörtert worden ift, was für Kenner überflüffig
erfcheint. Selbftredend konnte es nicht bezweckt fein,
gerade etwas Neues zu bieten.' Ich darf bei diefer De-
finirung der Aufgabe mich mit einer kurzen Hinweifung
auf die Arbeit begnügen. Sie ift dienlich, um über die
beftehenden Schwierigkeiten zu orientiren; dafs ich den
Löfungsverfuchen nicht immer beizuftimmen vermag,
verlieht fich auf einem fo disputabeln Gebiete ziemlich
von felbft.

In einer Einleitung handelt der Verf. von der Bibel
als Quelle für Chronologie und von den aufserbiblifchen
Quellen S. 1 ff.; ein erfter Theil befpricht ,die Mittel',
d. h. Zeitbeftimmungsweifen, Jahresberechnungen und
Aeren bei den Hebräern, Aegyptern, Baby hörnern und
Affyrern S. 11 ff.; der zweite Theil bietet den ,Verfuch
des Aufbaues des chronologifchen Syftems der Bibel',
indem zunächft ein folcher Aufbau aus den biblifchen
Angaben für fich allein verbucht und fodann eine Ver-
gleichung mit den Refultaten der Aegyptologie und der
Affyriologie aufgeftellt wird S. 50 ff. Den Schlufs bildet
eine fynchroniftifche Zufammenltellung der biblifchen,
ägyptologifchen und affyriologifchenAngabenS.139—141.

Um den Standpunkt des Verf. zu charakterifiren,
hebe ich folgende Bemerkungen hervor. Er tadelt, dafs
,man fich mit zu grofser Aengftlichkeit an die einzelnen
biblifchen Zahlen klammert da, wo es der Geift und
Zweck des betreffenden Buches zum Minderten nicht
fordern'; er giebt zu, dafs die Bibel ,durchaus nicht den
Zweck verfolgt, uns ein chronologifches Syftem zu geben';
dann aber fügt er hinzu: ,Dabei bleibt beliehen, dafs
die Würde der Bücher als göttlichen kaum einen eigentlichen
Irrthum in der urfprünglichen Abfaffung ge-