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Ausgabe:

1879

Spalte:

154-155

Autor/Hrsg.:

Parkman, Franz

Titel/Untertitel:

Die Jesuiten in Nord-Amerika im siebzehnten Jahrhundert 1879

Rezensent:

Plitt, Gustav Leopold

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Seite 1, Seite 2

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153 Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 7. jb^

überhaupt jede Neuerung auf dem betreffenden Gebiet Auch hier haben fich dem Verfaffer eine Reihe neuer

abgefprochen, auch diejenige, dafs er die Priefter mit Refultate ergeben: ich verweife nur auf Abfchnitte, wie
der Abnahme der Reichte betraut habe, denn der ,Sa- j p. 60 f., wonach im meroyingifchen Reich wenigftens
cerdos' bei Leo ift, wie im ganzen Alterthume, = Bifchof. ! eine Zeit lang königliche Erlaubnifs zur Heidenmiffion
— Sodann wird p. 272 — 276 wieder die ältere, gegen- nothwendig war; p. 138—143 Beftreitung der herrfchen-
wärtig meift verworfene Anficht neu begründet, wonach den Anficht über die Kxiftenz von concilia mixta; p. 217 —
diefe Periode von den fpäter fog. censuris latae sententiae 220 über die Fortdauer des Metropolitanverbands;
noch nichts gewufst habe. — Am werthvollften aber ift p. 260—268 über den Ausfchlufs der Bifchöfe von allen
hier, wenn L. p. 295 ff. die immerhin auffallende That- , weltlichen Aemtern; p. 286—308 über die Frage, ob die
fache, dafs die Bifchöfe fo fehr früh nach der Anerkennung j Cleriker wie die Kirche nach römifchem Recht oder nach
der Kirche von Conftantin eine wirkliche Gerichtsbarkeit , ihren Stammesrechten gelebt haben. (L. entfeheidet fich
erhalten haben, durch den Hinweis auf den Umftand er- , für das letztere.) Insbefondere aber möchte ich verklärt
, dafs die jüdifchen Patriarchen fchon zuvor ganz j weifen auf den Abfchnitt in Cap. 4, welcher die irifch-
dasfelbe Recht im Reich genoffen hatten, dafs darin alfo fchottifchen Klöfter behandelt, p. 411 —447. Loening fetzt
nur die Parität mit den letzteren durchgeführt wurde. < fich hier faft durchweg mit Ebrard, die i rifch-f cho t-
Diefe Motivirung gewinnt zudem dadurch bedeutend an 1 tifche Miffionskirche des 6.—8. Jahrh. auseinander
Wahrfcheinlichkeit, dafs K. Arcadius in zwei rafch auf ein- und erbringt m. E. den Beweis vollftändig, dafs die
ander folgenden Gefetzen, von denen das zweite dem erften I Quellen von Ebrard's Refultaten fo ziemlich gar nichts,
felbft im Wortlaut nachgebildet ift, diefe Gerichtsbarkeit 1 in vielen Fällen aber gerade das Gegentheil enthalten,
fowohl den chriftlichen Bifchöfen als den jüdifchen Pa- J Man wird nur hoffen können, dafs durch feine Unterfuch-
triarchen wieder entzog. I ung, welche zugleich eine Anzahl von Ebrard überfehener

In Cap. 8 findet fich wieder eine neue Erklärung von j Schriften herbeizieht, dem ein Ende gefetzt wird, was den

can. 6 des Nicaenum und feiner Paraphrafe bei Rufin.
Der insbefondere von Maafsen entwickelten Auffaffung
des Canon, wonach diefer den Primat des römifchen Bi-
fchofs über das ganze Abendland vorausgefetzt hätte,
tritt L. entgegen und beftimmt den Inhalt desfelben dahin
, dafs dem Bifchof von Rom in Analogie mit dem
von Alexandrien für die Kirchen mehrerer weltlicher Provinzen
das Recht zugefprochen worden wäre, die Bifchöfe
zu weihen und zu beftätigen. L. fucht dies mit Recht
durch Feftftellung der fpeeififchen Vorrechte des Patriarchen
von Alexandrien zu erweifen, mit welchen ja
diejenigen des römifchen Bifchofs verglichen werden.
Er findet den Vergleichungspunkt in dem Privileg, nicht
nur die Bifchöfe einer einzigen Provinz —wie es den übrigen
Metropoliten zuftand —, fondern diejenigen mehrerer zu
ordiniren. Als den Bezirk fodann, in dem der römifche
Bifchof zur Zeit des Nicaenum, und darum auch nach dem
Sinn des Canon, fein Recht ausgeübt habe, fucht Loening
ganz Italien zu erweifen. Der Zufatz bei Rufin, welcher
ein kleineres Gebiet beftimmt, erklärt fich dann durch
die inzwifchen erfolgte Ausbildung der oberitalifchen
Metropolitieen und die dadurch bedingte Befchränkung
des römifchen Sprengeis. L. hat dabei nur noch eine
Schwierigkeit wegzuräumen, die erft durch das grofse
Werk von Maafsen, ,Gefchichte der Quellen und Litte-
ratur des canonifchen Rechts im Abendland' hereingekommen
ift. In der hier in Beil. 2 p. 903—909 unter
Beiziehung aller bekannten (4) Handfchriften gefertigten
Ausgabe von Cäcilian's Ueberletzung der nieänifchen Ca

Verf. zu der ausführlichen Behandlung veranlafst hat, dafs
die Ebrard'fchen Refultate in andere Darftellungen übergehen
. — P. 468 ff. zeigt dann Verf., wie der grofse Um-
fchwung im Bufs- und Beichtwefen, den man früher Leo I.
zugefchrieben, vielmehr durch das Eindringen der irifch-
fchottifchen Mönchsdisciplin in die Kirche erfolgt ift. —
In der Darftellung des Eherechts folgt L. meift den Unter-
fuchungenSohm's, ohnejedochdeffen Anficht überdielden-
tität von Verlobung und Ehefchliefsung zu aeeeptiren. —
Endlich verweife ich auch noch auf feine Ausführungen von
Immunität und Gerichtsbarkeit (p. 724—740), in Betreff
deren er die Anficht begründet und weiterbildet, nach
welcher der Gerichtsftand der immunen Befitzungen und
ihrer Hinterfaffen urfprünglich durchaus nicht verändert
worden war.

Es wird fich fchon aus dem wenigen, was hier herausgehoben
worden ift, abnehmen laffen, wie viel auf diefen
Gebieten immer noch zu thun übrig war. Ein Abfchlufs
der ftreitigen Fragen und der Forfchung überhaupt ift
natürlich auch mit dem Werk Loening's nicht erreicht.
Aber dafs viele Punkte durch dasfelbe in der That weiter
gefördert find, mufs ohne weiteres anerkannt werden.
Dafür und für die erftmalige Zufammenfaffung der hifto-
rifchen Forfchung auf dem Gebiet des deutfehen Kirchenrechts
gebührt dem Verfaffer lebhafter Dank auch von
Seiten der Theologie. Möge die Fortfetzung und Vollendung
des ausgedehnten Werks bald gelingen.

Die Ausftattung des Werks ift eine vorzügliche.
Druckfehler finden fich allerdings in ziemlicher Zahl

nonen findet fich nämlich bei can. 6 fchon der erklärende i — nicht nur in der erften Hälfte des erften Bandes

Beifatz ,ut in suburbkaria loca sollkitudincm gerat1. Dadurch
fcheinen diefe Worte als dem Nicaenum gleichzeitig
erwiefen zu werden. Allein da nach Maafsen's
eigenem Nachweis von den 4 Handfchriften diefer Verfion
gerade die ältefte, von den Ballerini benützte (sec. VII),
diefen Zufatz nicht hat, die drei übrigen aber (sec. IX)
in fehr nahem Verwandtfchaftsverhältnifs zu einander
ftehen, fo hat Loening, der übrigens auch noch andere
Gründe beibringt, vollkommenes Recht zu der Annahme,
dafs der Zufatz eben aus Rufin in die gemeinfame Vorlage
diefer drei Handfchriften gekommen fei.

Der zweite Band, für welchen der Boden namentlich
durch die Forfchungen von Waitz, Roth und Sohm vorbereitet
ift, behandelt in 7 Capiteln 1) Kirche und Staat
im merovingifchen Reich, 2) die fränkifche Landeskirche,
ihr Verhältnifs zum Papft, ihre äufsere Organifation und
ihr Organ, die Nationalconcilien, 3) die Verfaffung der
Kirche, 4) das Klofterwefen, 5) die kirchliche Disciplinar-
gewalt incl. die Frage nach dem Gerichtsftand der Geift-
lichen und ihrem Einflufs auf die Rechtspflege, 6) die Ehe,
7) das kirchliche Vermögen.

—, aber feiten von finnftörendem Charakter. Eine Erhöhung
des Werths und eine grofse Erleichterung für
den Gebrauch des Buchs wären vollftändigere und namentlich
zufammenfaffende Literaturangaben, etwa wie bei
Hinfchius, fowie die Beifügung eines Regifters, das in
diefem Fall doch nicht durch eine Inhaltsangabe erfetzt
werden kann.

Tübingen. Lic. Dr. Carl Müller.

Parkman, Franz, Die Jesuiten in Nord-Amerika im siebzehnten
Jahrhundert. Stuttgart 1878, Abenheim. (XI,
452 S. gr. 8.) M. 3. -

Das in etwas marktfehreierifchem Gewände auftretende
Buch ift die deutfehe Bearbeitung einer vor wenigftens
zehn Jahren erfchienenen amerikanifchen Schrift: Francis
Parkman, The Jesuits in America. Es giebt zunächft
(S. 1—54) eine Schilderung der im 17. Jahrhundert in der
NordofteckeNordamerikas häufenden Indianer, ihrergefell-
fchaftlichen Zuftände und ihrer religiöfen Anfchauungen
Bezüglich der letzteren fchliefst der Verf. fich der von