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Ausgabe:

1879

Spalte:

147-151

Autor/Hrsg.:

Martin, Abbé

Titel/Untertitel:

Le Pseudo-Synode connu dans l’histoire sous le nom de Brigandage d’Éphèse étudié d’après ses actes rétrouvés en Syriaque 1879

Rezensent:

Weizsäcker, Carl

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Theolögifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 7.

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maffe des gefetzlichen Theils etwa in die erfte Hälfte
des 7. Jahrh., anderes an die Grenze des zweiten und
dritten Zeitraums der Sprache, d. h. doch wohl bis
gegen die Mitte des 6. Jahrh. Die erftgenannte Conceffion,
dafs bei der Abfaffung des jetzigen elohiftifchen Buches
ältere hiftorifche Quellen benutzt feien, kann von den
Anhängern der Graf'fchen Hypothefe um fo williger
gemacht werden, als Graf felbft auf diefelbe hinaus gekommen
ift und z. B. angefichts Gen. 1 abgefehen von
etlichen Spuren einer fpäteren Redaction gar keine andere
Möglichkeit bleibt. Dafs ferner der gefetzliche
Theil, der eigentliche Prieftercodex, nicht das Werk

zutage allerdings verfpätet, foll indeffen, da fie fchon
in No. 2, 1877 angekündigt ift, doch nicht unterdrückt
werden. Die Schrift hängt enge zufammen mit der fran-
zöfifchen Ausgabe der bekannten Syrifchen Acten der
Synode durch den Verfaffer, welche dort erwähnt und
auch in Nr. 25 , 1877 befprochen ift. Ich kann mich
dem an letzterer Stelle zu ihrem Lobe Gefagten an-
fchliefsen und mufs nur bemerken, dafs zwar der Brief
110 in Theodoret's Briefen allerdings ohne Zweifel von
Domnos ift, dagegen der Brief 112 nicht die Antwort
Theodoret's auf denfelben bildet. Denn er handelt offenbar
nicht von dem Verhältnifs des Kaifers zu dem Bi-

einer Hand, fondern einer ganzen Schule fei, hat auch j fchof Irenäus, fondern zu Flavian und von der bevor-
Wellhaufen nachdrücklich betont. Diefes alles ändert i flehenden Synode zu Ephefus, fällt alfo auch in eine
jedoch nichts an der Thatfache: fo wie der Elohift uns andere Zeit.

gegenwärtig vorliegt, ift er von einer Grundanfchauung i Auf Grundlage der Acten ift nun hier eine Gedurchdrungen
und diefe beherrfcht nicht nur die gefetz- fchichte der Synode verfucht, und zwar in 3 Büchern,

liehen, fondern auch die hiftorifchen Partien. Für die
biblifch-theologifche Verwerthung ift und bleibt alfo die
Hauptfrage: wann wurden die verfchiedenen, vielleicht
fprachlich, aber nicht fachlich heterogenen Beftandtheile

deren erftes die Authentie der Acten beweift, das zweite
die Vorgefchichte, das dritte die Synode felbft befchreibt.
Vollftändig ift diefe Gefchichte allerdings nicht, da fie
über den erften Theil der Synode, der in den Syrifchen

zu einem Ganzen redigirt, oder genauer: wann erhielten Acten fehlt, die Verhandlung über Eutyches, Flavian
fie das jetzige einheitliche Gepräge ? Erwägt man nun, und Eufebius, weil diefelbe längft bekannt fei, leicht
wie der Verf. felbft bei einigen Stücken fchwankt, ob hinweggeht. Und doch hätte hier eine Revifion noch
man mit der Anfetzung im zweiten Zeitraum der Sprache mancherlei Arbeit. Aber es ift eine anziehende, geausreiche
, und verfolgt man die überaus bedenklichen ' fällige pragmatifche Darftellung, welche die Hauptergeb-
Indicien, die er p. 38 ff. z. B. in Betreff der F"ormen nifse des neuen Fundes grofsentheils glücklich verar-
ketnbbä, mikhtäbät, uzkara, horban u. f. w. beibringt (man beitet. Doch wird dadurch Hoffmann's treffliche Be-
vergleiche befonders die ftarken Stücke, die p. 70 ff. aus j arbeitung nicht entbehrlich, und was er in feinen Noten
dem Buch Numeri aufgeführt werden), fo dürfte nieman- niedergelegt hat, ift immer noch weitaus das befte, was
dem das Endurtheil verübelt werden, dafs die Schlufs- über den Gegenftand veröffentlicht ift. Dem franzöfi-
redaction gar wohl in nachexilifche Zeit verlegt werden fchen Gelehrten ifl auch manches Urtheil etwas fchwer
kann und mindeftens hinter die Zeit des Deuteronoms geworden, weil er an der römifch-kirchlichen Tradition
fällt. Und dies ift der Punkt, auf den alles ankommt, ftrenge fefthält. Und es ift eben nicht leicht, gleich-
Mögen in der jetzigen Redaction noch fo viele ältere , zeitig Cyrill von Alexandrien und Theodoret als AutoQuellen
benutzt fein, inhaltlich ift diefe felbe Redaction j ritäten zu behaupten, wenn man den Verlauf der Dinge
in vorexilifcher Zeit nicht zu begreifen. Wir laffen dabei j fo nahe anfehen mufs. Nicht gerade von diefem Standganz
unerörtert, ob fich nicht auch für zahlreiche hifto- ; punkte, vielmehr von der Gewohnheit pragmatifcher
rifche Stücke die Möglichkeit denken liefse, dafs Nach- Combination der Quellen ift es abzuleiten, dafs auch
ahmung und Anlehnung an die jehoviftifche Vorlage rein hiftorifche Widerfprüche mehr als billig durch eineinen
ftärkeren Einflufs auf die Sprachfarbe gehabt hat, gefchobene Vermuthungen zugedeckt oder Lücken in
als der Verf. zugeftehen will, während er doch felbft folcher Weife ausgefüllt werden.

bei Haggai, Sacharja und fogar Maleachi einen sermo j Den Ephefinifchen Acten felbfl zwar fchenkt der
mirutn in modum purus et emendatus einräumt (p. 29). j Verf. nicht mehr Glauben als billig ift, fofern es fich
Doch laffen wir dies, wie gefagt, auf fich beruhen j nämlich um die Wahrheitsliebe der Synode felbft oder
und find dem Verf. vielmehr aufrichtig dankbar, dafs j ihrer Leiter, und um die Abfaffung ihrer Berichte haner
für diefe noch offene Seite der Unterfuchung einen 1 delt. Dagegen ift anderes, was zur Kritik diefer Quelle
tüchtigen Grund gelegt hat. — Von Einzelheiten mag gehört, doch keineswegs mit derjenigen Aufmerkfamkeit
es genügen , nur folgendes noch zu erwähnen. Das j beobachtet, welche einer Darfteilung der Gefchichte vor-
Zeugnifs des Talmud, dafs Esra nicht scriptor, fondern | auszugehen hätte. Ich will hiefür zwei Beifpiele anführen.
scriba gewefen fei (p. 11), hat fammt den arabifchen I Zu den wichtigeren neuen Mittheilungen, welche wir
und chriftlichen Ausfagen über Esra denfelben Werth, den fyrifchen Acten verdanken, gehören die in dem Pro-
wie die Ausfagen des Talmud über die grofse Synagoge, ceffe des Domnos enthaltenen Briefe zwifchen Domnos
d. h. keinen; übrigens fällt es auch Wellhaufen nicht ] und Dioskoros. Sie find umfomehr zu beachten, je
ein, Esra zum scriptor des Prieftercodex zu machen. ; fparfamer uns die Quellen über den Urfprung des Zwiftes
Dafs fremdartiges Sprachgut bei älteren hebr. Dichtern zwifchen beiden zugemeffen find. Will man aber hifto-
auf bewufster Entlehnung aus den Dialekten beruhe (p. ; rifchen Gebrauch von ihnen machen, fo mufs zuerft ihre
18), fcheint dem Referenten unrichtig; auch moderne Reihenfolge feftftehen, und diefe ift in den Acten
Dichter verwerthen häufig Wörter und Bildungen, die in nicht richtig. Diefe Briefe enthalten allerdings nicht die
Profa zwar ausgeftorben, übrigens aber genuine Beftand- vollftändige Correfpondenz, aber fie laffen doch in den
theile der eigenen Sprache find. Zu der Behauptung, dafs Verlauf der Dinge noch deutliche Blicke thun, wenn fie
die Pintftehungszeit des Ezechiel nie angezweifelt worden richtig geordnet werden. Der Brief des Dioskoros nun,
fei, vgl. Zunz in der DMZ , Bd. 27, S. 676 ff. — p. 29 welcher in den Acten jetzt die dritte Stelle einnimmt,
Z. 12 inf. ift Zach. 7, 7 falfches Citat; überhaupt bedür- ift allen Merkmalen nach, ganz befonders aber nach Ver-
fen die Beifpiele dafelbft Anm. 2 der Sichtung. [ gleichung des als Nr. 86 unter Theodoret's Briefen

garej g Kautzfch ' befindlichen Briefes des Domnos an Flavian, der erfte

unter den überhaupt in die Acten aufgenommenen, und

Martin, Abbe, Le Pseudo-Synode connu dans l'histoire i der jetzt an vierter Stelle flehende bildet die Antwort
sous le nom de Brigandage d'Ephefe etudie d'apres ; des Uomnos darauf und ift der zweite. Später dagegen

ses actes retrouves en Syriaque. Paris 1875, Mai- ift fcr,eprftfe »rief der Acten von Dioskoros gefchrieben,

3 M „. 43 und ebenfo von Domnos in dem zweiten Briet unferer

sonneuve & Cie. (XXI, 214 p. gr. ö.) Acten beantwortet. Es läfst fich übrigens noch recht

Eine Befprechung diefer intereffanten Schrift ift heut- gut erkennen, warum diefer fpätere Brief des Dioskoros