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Ausgabe:

1879

Spalte:

124-125

Autor/Hrsg.:

Schnedermann, Georg

Titel/Untertitel:

Die Controverse des Ludovicus Cappellus mit den Buxtorfen über das Alter der hebräischen Punctation. Ein Beitrag zu der Geschichte des Studiums der hebräischen Sprache 1879

Rezensent:

Strack, Hermann L.

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Theologifche Literaturzeitung. 187g. Nr. 6.

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im Gegentheil, diefe werden gröfstentheils willig aner- Schnedermann. Dr.Georg, Die Controverse des Ludovicus
kannt und eine umfallende Bekanntfchaft der Mitarbeiter

Cappellus mit den Buxtorfen UberdasAlter der hebräischen
Punctation. Ein Beitrag zu der Gefchichte des Studiums
der hebräifchen Sprache. Leipzig 1879, Hin-

mit deutfcher Theologie und felbft mit neueren und
neueften Werken derfelben ift faft auf jeder Seite zu
fpüren. Gerade weil das der Fall ift, ift es defto auffallender
, wenn ab und an fich das Gegentheil zeigt; richs (68 S. gr. 8) M. 1. 60
wie z. B. wenn II, S. 463, als einzige Biographie Bugen-
hagen's die von Zietz genannt wird und zwar mit der
Jahreszahl der zweiten Aufl., ohne dafs diefes gefagt
würde, oder wenn II, S. 86, als eine der beften Ausgaben

Dafs Ludovicus Cappellus die nachtalmudifche Ent-
ftehung dar Punctation in der hebräifchen Bibel gegen
Joh. Buxtorf Vater und Sohn und deren Anhänger,

des Barnabasbriefes die von Hefele 1843 namhaft ge- welche die Vocal- und Accentzeichen fpäteftens von

macht und im übrigen auf die weiter nicht angeführten
Ausgaben der apoftolifchen Väter verwiefen wird. Dergleichen
Verfehen liefsen fleh eine gröfsere Anzahl nennen,

Esra herrühren liefsen, mit eben fo grofsem Eifer wie
Erfolg vertreten hat, ift allgemein bekannt, nicht minder
die Thatfache, dafs er in feiner Critica Sacra den irrigen

worauf hier jedoch verzichtet werden kann. Ebenfo kann ! Glauben an die völlige Unverfehrtheit des altteftament-

auf eine Kritik des Inhaltes einzelner Artikel nicht ein- liehen Confonantentextes bekämpft hat: denn das Eine

gangen werden. Die Gabe, kurz und doch deutlich, ; wie das Andere wird in allen gedruckten und hand-

wie es für ein folches Werk nöthig ift, das wichtigfte über fchriftlichen Einleitungen in das A.T. berichtet. Wenig

einen Gegenftand in einem lesbaren Artikel zufammenzu- bekannt aber — weil nur aus dem Studium der Originellen
, mag in Frankreich, demMutterlande derEncyklopä-
dieen, verbreiteter fein, als bei uns; während dem deut-
fchen Gelehrten fchwerer werden mag von eigener Un-
terfuchung des Gegenftandes und ausreichender Begründung
des Refultates derfelben zum Vortheil derer, denen
es nur um diefes letztere zu thun ift, abzufehen. Dafs
das franzöfifche Werk gröfstentheils genügend orientirende

nalfchriften zu erfehen — find das eigentliche Wefen
der Beweisführung des Cappellus, die fchwachen Punkte
und die wirklich zutreffenden Gründe, fowie die Lebens-
fchickfale und die religiöfe Gefinnung des genannten
berühmten Gelehrten. Darum wird das in der Ueber-
fchrift genannte Büchlein (es ift zur Plrlangung der Leipziger
Doctorwürde gefchrieben) allen Denen willkommen

Artikel in gefälliger Form liefert, foll nicht geleugnet ■ fein, welche über die eben erwähnten Dinge ein fichcres
werden; im ganzen ift aber nicht zu verkennen, dafs es Urtheil fleh bilden wollen und doch das Arcanuiu puneta-
eben für die Gebildeten überhaupt, nicht vorzugsweife Horns rcaclatum, die Vindiciae anani punetationis u. f. w.
gerade für Theologen benimmt ift; das zeigt fich auch j fammt den umfangreichen Gegenfchriften felbft durch-
darin, dafs fchon Lateinifches feiten angeführt wird, zuarbeiten nicht die Mufse haben; denn der Verf. hat
griechifche Worte nie ohne Ueberfetzung, während he- ; grofsen Fleifs darauf verwendet, uns den Gedankengang
bräifche nach einem für das Werk angenommenen 1 fowohl des Cappellus als auch feines Liauptgegners (des
Uebertragungsfyftem mit lateinifchen Lettern gedruckt ; Sohnes Joh. Buxtorf) möglichft mit deren eigenen Worten
und dann auch überfetzt werden. und mit fteter Angabe der Beweisftellen klar dar-

Aufser dem allgemeinen Intereffe, das wir Deutfche zulegen. Der Lebensbefchreibung des Capp. 'S. 2—10)
an der Erfcheinung eines folchen Werkes nehmen, um j entnehmen wir folgende Einzelheiten; Ludovicus Cappellus
unfererfeits uns mit den Arbeiten und Anfchauungen der j wurde am 15. oder 16. October 1585 in dem Dorfe St.
evangelifchen Theologen Frankreichs bekannt zu machen, ! Eher, 5 Meilen von Sedan, geboren. Vom 8. bis zum
werden wir es befonders zu verwerthen fuchen, um über 20. Jahre lebte er, da der Vater früh geftorben, unter
Gefchichte und Zuftände des franzöfifchen Proteftantis- ] der Auffleht feines gleichnamigen Oheims meift in Sedan,
mus Auffchlufs zu erhalten. Der Unterzeichnete will ; wo er während der letzten vier Jahre Theologie ftudirte.
nicht verfchweigen , dafs der erfte Verfuch, den er in j Nachdem er vier Jahre Erzieher der Töchter des Her

diefer Hinficht machte, vergeblich war. Aus dem Leben
Beza's, Conrad Gesner's, Johannes Fries' und anderer ift
die Bedeutung, welche Bourges {Avaricum Biturigum) als
Akademie um das Jahr 1530 für die Sache der Reformation
in Frankreich gehabt haben mufs, bekannt; der
Artikel Bourges II, S. 396, giebt hierüber nicht die ge-
ringfte Auskunft. Doch das mag zufällig fein; andere
in derfelben Abficht aufgefuchte Artikel liefsen nicht

zogs von Bouillon gewefen war, erhielt er auf Empfehlung
des Schotten Camero (1602 — 1604 Prof. der Philofo-
phie in Sedan, von grofsem Einflufs auf die Anfchauungen
des Capp.) ein vierjähriges Stipendium zu Reifen
nach Grofsbritannien, Belgien und Deutfchland. 1613
wurde er Prof. der hebr. Sprache in Saumur, 1618 daf.
Prof. der Theologie. Mit Ausnahme eines durch die
Kriegsunruhen veranlafsten zweijährigen Aufenthalts in

ohne die gewünfehte Belehrung. Dafs es fehr fchwer | Sedan blieb er bis zu feinem Tode (18. Juni 1658) in
fei, bei dem grofsen Umfange des Stoffes und dem ein- ! Saumur, nachdem er noch Tags zuvor die grofse Freude
mal feftgefetzten Räume das rechte Gleichmafs für die erlebt hatte, dafs der akademilche Senat in corpore in
gröfsere oder geringere Ausdehnung der einzelnen Ar- fein Haus kam, um feinen noch nicht zwanzigjährigen
tikel zu finden, zumal die verfchiedenen Mitarbeiter auch Sohn zum Profeffor des Hebräifchen zu ernennen. Er
bei gutem Willen erhalten werden müffen, gefleht der ftarb ,bis zuletzt im Glauben flehend, fanft, einem verHerausgeber
felbft. Dem Grundiatz, dem bedeutenden löfchenden Lichte gleich'. Dafs er keineswegs ein Fr. i-
Neuen eine verhältnifsmäfsig gröfsere Ausführlichkeit zu geift im modernen Sinne des Wortes war, zeigt u. A.
geftatten, wird man zuftimmen. Die Ausftattung des feine Schrift ,De Cappellorum gente als deren Zweck er
Werkes ift fehr fchön. Druckfehler find aufser in grie- felbft bezeichnet, ,dafs feine Söhne danken lernen follten
chifchen Accenten, die oft auch ganz fehlen, und in für alles Gute, welches Gott ihnen erwiefen habe'.
Jahreszahlen feiten. Wir wollen dem Werke wünfehen, Auf die kurze Biographie folgt ein Ucberblick über

dafs es einen guten Fortgang habe, und dafs wie der die wiffenfehaftliche Thätigkeit des Lud. Capp., dann
.Herzog und Plitt' für die deutfche, fo der ,Lichtenber- die allgemeine Vorgefchichte der Controverfe vRef. hat
ger' für die franzöfifche evangelifche Theologie ein bef. zu loben, dafs Ginsburg's inhaltsreiche Kinleitung
Sammelwerk für den Ertrag des bisherigen und ein An- vor The Alassoreth hct-AIassorctli of Alias Leaita, Lon-
lafs zu weiterem Forfchen werde. don 1867, benutzt wurde) und Allgemeines über die Art

Hamburg. Carl Bert he au der Beweisführung (S. 11-35). In den Capiteln V-VIII

erhalten wir eine forgläme Analyfe der von Capp. für
feine Anficht vorgebrachten Beweife und der Gegengründe
Buxtorf's, meift mit kurzen Andeutungen über
den wirklichen Werth des von diefer oder jener Seite