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Ausgabe: | 1879 Nr. 3 |
Spalte: | 65-68 |
Titel/Untertitel: | Handbuch der Bibelerklärung. Herausgegeben vom Calwer Verlagsverein. 5. umgearbeitete Auflage 1879 |
Rezensent: | Nestle, Eberhard |
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Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 3.
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kommen viel zu wenig zu ihrem Rechte; felbft an den I z. B. das Buch Hiob unmittelbar hinter die Genefis
Fellen vermifst man fie fchmerzlich.
dachtsbuch von andern unterfcheidet und feine Brauch-
geflellt war! — im fyrifchen Canon fteht es doch wenig-
Eine befondcre EDenthümlichkeit, welche dies An- ftens hinter dem Deuteronomium —, Pfalm 90 wurde
nach 4. Mof. 19 eingefchaltet, überhaupt der Pfalter in
barkeit nur erhöht, befteht darin, dafs nicht blofs die 1 die verfchicdenften Stücke zerriffen, das Buch Daniel
befondern Felle der Kirche, fondern auch die verfchie
denften befondern Fälle des Lebens in Zeiten der Freude
und in Zeiten des Leids, fei's des Einzelnen, fei's des
Haufes, bedacht lind. Das fehr würdig ausgestattete Buch
ift fo in Wahrheit ein ,Pilgerftab' für die verfchiedenen
Lebensgänge und ein folcher, auf den man fich ftützen
kann.
Dresden. Meier.
Handbuch der Bibelerklärung. Herausgegeben vom Calwer
Verlagsverein. 5. umgearbeitete Auflage. Calw und
Stuttgart 1878, Vereinsbuchhandlung. 1. Bd. Das Alte
Telfament. Mit zwei Karten. (VIII, 998 S. gr 8.) 2. Bd.
Das Neue Teflamcnt. Mit zwei Karten. (VIII, 628 S.
gr. 8.) M. 6. -
Der .Calwer Verlagsverein', welchen im Jahre 1833
der als Miflionsbefördertr, Kindcrfchriftlteller und ,fchwä-
bifches Original' in weiteren Kreifen bekannte Dr. Barth
(cf. Herzog-Plitt 11, 109 ff.) ins Leben rief, hat im Laufe
feines 45jährigen Bcftehens durch Verbreitung wirklich fofort ohne weiteres unter den richtigen Gefichtspunkt
natürlich vor Esra und Haggai angefctzt. Und was die
Betrachtungsweife der einzelnenSchriften betraf, fo «ruf ie
beim Hiob nicht blofs die Meinung aufs Entfchiedenfte
verworfen, dasfelbe fei ein Gedicht, fondern ebenfo auch
die andere, dafs von den Gefprächen nur die Hauptfache
wirklich gefprochen worden, die weitere Ausführung aber
vom Verfaffer des Buches herrühre; und Luther's bekanntes
Wort von der wahren Hiftorie und dem daraus gemachten
feinen Poema mit der Bemerkung abgefertigt,
Luther habe eben auch manches geredet, was aus menfch-
lichcm Irrthum flofs; in den kanonifchen Büchern der h.
Schrift dürfe man keine einzige Gefchichte als Gedicht
nehmen u. f. w. Dem gegenüber ift nun nicht blofs die
Anordnung des neuen Werkes eine viel einfachere, indem
zwar ebenfalls die chronologifche Ordnung im allgemeinen
beibehalten wurde, aber ohne die Bücher aus-
einanderzureifsen, fondern es find nun auch ganz andere
Anfchauungen über die Zeit und die Art der Entftehung
und den ganzen Charakter der bibhfehen Schriften zum
Ausdruck gekommen. Um wieder einige Beifpiele zu
nennen: in der Einleitung zum Buch Hiob wird dasfelbe
guter, chriftiicherSchriften entfehieden Tüchtiges gelciftet. J eines Lehrgedichtes geftellt, über die Entftehungszeit
Ambekannteften finddieZweimalzweiundfünfzigbiblifchen 1 bemerkt, dafs fie nicht früher als Salomo fallen könne,
Gefchichten, die in Deutfchland in ein und einer halben dafs aber die Anficht, der Dichter müffe zur Zeit des
Million von Exemplaren in bis jetzt247 Auflagen verbreitet, Hiskia und Jefaia gelebt haben, fich am meiften empfehle,
in mehr als 60 Sprachen, darunter 22 afiatifche, 12 afri- Jef. 40—66 wird als von einem gegen Ende des Exils
kanifche, 3 polynefifche überfetzt worden find. Daran lebenden Propheten herrührend, vom erften Theile ge-
fchloffen fich kleine populäre Bearbeitungen der biblifchen trennt, hinter den Ezechiel eingereiht und Daniel, ,die
Geographie, Naturgefchichte, Altcrthümer, eine chrift- Apokalypfe des A. T.'s ans Finde feiner Bücher gefetzt,
liehe Glaubenslehre,Kirchengefchichte.Miffionsgefchichte, weil wir fie für das jüngfte derfelben halten'. Aehnlich
endlich als umfangreichftes der vom Verein herausgege- : werden auch im N. T. die Einleitungsfragen befprochen
benen Werke, ein Handbuch der Bibelerklärung und die den traditionellen Anflehten entgegenftehenden
(erfte Auflage 1849, dritte ziemlich veränderte 1855, Schwierigkeiten wenigftens offen zugeftanden. Es wäre
vierte 1861). Eine englifche, franzöfifche, holländifehe, nun aber trotzdem ganz unrichtig, wenn etwa Jemand
armenifche und kanarefifche Uebcrfetzung find davon aus dem Angeführten fchliefsen wollte, dafs die Neu-
erfchienen. Etwa feit Anfang des laufenden Jahrzehnts bearbeiter des Werks fich die Vertretung und Verbrei-
find die jetzigen Leiter des Vereins an die Aufgabe her- tung liberaler, kritifchcr Anfchauungen zum Ziel gefetzt
angetreten, ihre Schriften den Bedürfnifsen und Anforde- hätten. Dem ift keineswegs fo: der Standpunkt, von dem
rungen der Gegenwart anzupaffen und nach den Reful- die Erklärung ausgeht, ifl vielmehr ein ziemlich ftreng
taten der neueren Forfchung umarbeiten zu laffen. In confervativer; nicht blofs erklärt das Vorwort ausdrück-
weitaus den meiften Fällen mit dem bellen Erfolg; es lieh, dafs fich alle Erklärer auf offenbarungsgläubigem
genüge hier an Dieftel's Befprechung der Neubearbei- Boden beifammen finden; es wird auch kaum auf irgend
tung der .Biblifchen Alterthümer' zu erinnern (Jahrb. einem Punkte an dem eigentlichen Inhalt fei's der
f. D. Th. 73. 149 f.), die feitdem in wiederum verbefferter altteftamentlichen, fei's der neuteftamentlichen Gefchichte
Geftalt neu aufgelegt wurden. Seit Kurzem liegt nun Kritik geübt; die hergebrachten apologetifchen Auskünfte
auch das genannte Handbuch der Bibelerklärung in erfcheinen vielfach wieder; nichtsdeftoweniger glaube ich,
gründlichster Umarbeitung vor. Eine Reihe tüchtiger namentlich im Blick auf die früheren Ausgaben, dafs
Theologen hat fich zu derfelben vereinigt, zwölf an der mit der vorliegenden Neubearbeitung ein bedeutender
Zahl, deren Namen nicht genannt werden, ältere und Schritt zur Erfüllung deffen gethan worden ift, was kein
jüngere Kräfte der evangelifchen Kirche Württembergs; geringerer Theolog als Rothe für eine der allerwich-
das N. T. ift von einer Hand bearbeitet, — es wird tiglten und allerdringendften Aufgaben der heutigen
keine Indiscretion fein, das zu fagen — von Barth's Nach- Theologie und für die Pflicht gerade der Theologen
folger in Calw, Dr. Gundert. Warum eine Neubear- erklärt hat, welche fich bei der gläubigen Gemeinde
beitung des Ganzen angezeigt war, ift in der Vorrede des vollftcn Vertrauens erfreuen: nämlich eben der
nicht ausdrücklich gefagt; der Grund kann dem nicht Gemeinde zwar mit aller Befonnenheit und Umficht,
lange zweifelhaft fein, der eine der alten Auflagen kennt aber auch mit aller Aufrichtigkeit und vertrauensvollen
und die neue damit vergleicht. Es ift mit einem Wort Unumwundenheit getreüe Rcchenfchaft davon abzulegen,
der, dafs bisher in dem Werk eine Anfchauung von der wie die Theologie auf Grund gewiffenhafter hiftorifcher
Bibel, insbefondere vom Alten Teftament vertreten war, Unterfuchung die heilige Schrift als Ganzes und in ihren
welche jetzt wohl kaum mehr irgend ein evangel. Theologe einzelnen Theilen und Elementen anzufeilen fich genö-
mit gutem Gewiffen vertreten könnte. Um es an einem thigt finde. Ich geftehe offen, dafs die von den Her-
Beifpiel zu erläutern: es folltc durchweg in dem Buche ausgebern vertretene Form des Offenbarungsglaubens
auch für die Lehr- und prophetifchen Schriften im A. T. nicht ganz die meinige ift, um fo mehr aber glaube ich
die gefchichtliche Ordnung befolgt werden und eben da- es ausfprechen zu müffen, dafs es kaum möglich fein
mit hoffte das Werk laut Vorrede zur erften Ausgabe, dürfte, die von ihrem Standpunkt aus fich ergebende
neben allen bisherigen Bibclwerken eine bedeutende Lücke Anfchauung von der heiligen Schrift kürzer und treffen-
auszufüllen. Wie war das nun aber ausgeführt? so, dafs der, fafslicher und tiefer zu entwickeln, als dies in d 1