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Ausgabe:

1879 Nr. 3

Spalte:

61-64

Autor/Hrsg.:

Kögel, Rud.

Titel/Untertitel:

Aus dem Vorhof ins Heiligthum. Ein Jahrgang evangelischer Zeugnisse über alttestamentliche Texte. 1. Bd.: Von Advent bis Sonntag Jubilate. 2. Aufl 1879

Rezensent:

Lindenberg, H.

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Gl

Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 3.

62

wirkfam wird, fo kommen auch Moral und Weltan-
fchauung nur in der Religion zufammen. Dafür zeugt
namentlich die grofse Maffe des Volks, dem die philo-
fophifchen Surrogate der Religion nicht zugänglich find,
und welches daher mit der Religion auch Moral und
Weltanfchauung zu verlieren pflegt.

Das vorliegende Buch fcheint mir daher in feinem
hiftorifchen Theil brauchbar und verdienftlich, in feiner
Tendenz aber, welcher namentlich der angehängte Effay
Ausdruck giebt, verfehlt zu fein, ein Widerfpruch, der
die Anerkennung nicht ausfchliefst, dafs das ethifche
Ideal, welchem der Verfaffer dienen will, alle Billigung
verdient.

Bafel. J. Kaftan.

Chantepie de la Saussaye Dz., Dr. P. D., Het belang
van de Studie der godsdiensten voor de kennis van het
Christendom. Redevoering. Groningen 1878, Noord-
hoff. (36 S. Lex.-8.)
In der oben näher bezeichneten redevoerivg, welche
die Bedeutung der vergleichenden Religionsgefchichte für
das Verftändnifs des Chriftenthums auseinanderfetzen foll,
wird zunächft auf die Einwirkungen hingewiefen, die das
Chriftenthum bei feiner fortfehreitenden Ausbreitung je
und je vonSeiten der urfprünglichen Religionen der Völker,
die es eroberte, erfahren hat. Es find leider nur recht
alltägliche Dinge, auf welche unfer Blick dabei gelenkt
wird. Zweitens kommt der Verf. darauf zu fprechen,
wie die Erforfchung der anderen Religionen dem Verftändnifs
des Chriftenthums zu Gute komme, wenn man
die Eigenart des letzteren mit derjenigen der anderen
vergleiche. In diefer Hinficht conltatirt er im Hinblick
auf die mythologifchen Religionen eine ungebührliche
Vernachläffigung der frommen Naturbetrachtung in der
Chriftenheit, während doch das recht verftandene Chriftenthum
ganz befonders geeignet fei, den Glauben an ein
befeeltcs Univerfum zu ftärken. Von einer Vergleichung
der dogmatifchen Religionen (Muliammedanismus, Buddhismus
) mit dem Chriltenthum verfpricht er fleh viel für
das Verftändnifs des allgemeinen Wefens dogmenge-
fchichtlicher Bewegungen. Uebrigens nimmt er die Gelegenheit
wahr, die Ueberlegenheit der chriftlichen Religion
über ihre Schwertern hier mit einigen Obfervationen
anzudeuten. Im dritten Abfchnitt verliert der Redner |
fein Thema. Er kommt hier nämlich auf die Frage,
welche Förderung die Unterfuchung über das Wefen der
Religion von dem Studium der Religionsgefchichte zu
erwarten habe. Dabei glaubt er aber auch nichts Anderes
berühren zu brauchen, als die Frage, ob es möglich
fei, allein das Chriftenthum als geoffenbarte, die anderen
Religionen aber als natürliche anzufehen. Der Verfaffer
verneint diefe Frage. So gewifs das Chriftenthum die
nicht nur relativ höchfte, fondern überhaupt die vollkommene
Religion ift, zvaarin de kennis Gods voor zoover
zij den mensch op aarde mogelijk is ontsloten en daarin
het ecuwige Zeven medegedceld zvordt, fo begründet das
doch kein Intereffe, ihm allein den Charakter der Offenbarung
zuzufchreiben. Im Gegcntheil leitet es felbft an,
allen Religionen in ihrem Mafse Offenbarungsurfprung
zu vindiciren. Denn nirgends kann religiöfes Leben erblühen
ohne Selbftbezeugung Gottes. Der Redner meint
hiermit zum Schlulfe auch der Bedeutung, welche die
Kenntnifs des Chriftenthums für das Verftändnifs der
andern Religionen hat, gerecht geworden zu fein. —
Ich verzichte nach dem Referat auf eine Kritik.

Giefsen. Ferd. Kattenbufch.

1. Kögel, Schlofspfr. Hof- u. Dompred. D. Rud., Aus
dem Vorhof ins Heiligthum. Ein Jahrgang evangelifcher
Zeugnifse über altteftamentliche Texte. 1. Bd.: Von

Advent bis Sonntag Jubilate (Bufstag). 2. Aufl. Bremen
1878, Müller. (VIII, 355 S. gr. 8.) M. 5. 40.

2. Römheld, Pfr. Dr. C. J., Das heilige Evangelium in
Predigten auf alle Sonn- und Fefttage des Kirchenjahres
dem Volke erzählt und ausgelegt. 1. Hft.
Gotha 1879, Schloefsmann. (VIII, 184 S. gr. 8.)
M. 2. —

3. Hofmeier, Paft. Guft., Die heiligen Sacramente. Predigten
, gehalten in den Katechismusgottesdienften zu
St. Marien in Lübeck. i.Abtheilg.: Das Sacrament der
heiligen Taufe. Bremen 1879, Müller. (IX, 138 S.
8.) M. 2. —

r. Das Erfcheinen der zweiten Auflage diefer in der
theol. Literaturzeitung (Jahrg. 1876 Nr. 25, 651 sq.) bereits
ausführlich befprochenen Predigtfammlung ift wohl
die befte Beftätigung des günftigen dort gefällten Ur-
theils, das Ref. auch heute noch in vollem Umfange
aufrecht erhält. Da die neue Auflage faft unverändert
ift, fo kann hier auf jene Befprechung zurückverwiefen
werden. Die einzige Aenderung befteht darin, dafs für
den 2. Oftertag an Stelle der Predigt über den Doppeltext
Hof. 13, 14 und 1 Cor. 15, 54—57 eine Predigt
über Hefek. 37, 1—14 gefetzt ift, infofern eine glückliche
Aenderung, als die frühere Predigt, wenn auch an fleh
vielleicht eindringlicher als die jetzige, zu denen gehörte,
die in eine Predigtfammlung über altteft. Texte nicht
recht paffen wollen, während der jetzt gewählte altteft.
Text fleh vorzugsweife für eine Ofterbetrachtung eignet.
Auch in feiner neuen Geftalt wird das Buch nicht blofs
gebildeten Laien, die Erbauung fuchen, fondern auch
Studirenden und praktifchen Geiftlichen als homiletifches
Vorbild willkommen fein.

2. Die hier begonnene Predigtfammlung ift von
Nr. 1 grundverschieden. Der Verf. hat Acherlich Recht,
wenn er fagt, dafs die Bcfchaffenheit der Gemeinde ,fo-
wohl auf den Inhalt als auch auf die Faffung der Predigt
einen wefentlichen Einflufs ausüben mufs'. Der Prediger,
der auf der Berliner Domkanzel fteht, kann und mufs
anders reden als ein Dorfpfarrer, womit keineswegs ge-
fagt fein foll, dafs diefem feine Aufgabe, wenn er ihr
wirklich genügen will, leichter geftellt fei. Der Verf.
geht von dem Grundfatz aus: ,Es kann in unferer Zeit
nicht fchlicht und fafslich genug gepredigt werden. Es
gilt nicht ,über' das Evangelium, fondern zunächft ,das*
Evangelium zu predigen. Die heil. Gefchichten müffen
in unfereSprache und in die jetzigen Verhältnifse überfetzt
werden, fo dafs die Begebenheiten vor dem Auge der
Gemeinde entftehen. Wenn dabei auch nicht immer eine
begriffsmäfsige oder dogmatifche Kenntnifs und Erkennt-
nifs gewonnen wird, fo ift's fchon viel werth, wenn die
Zuhörer wieder einmal aus der Atmofphäre der Welt
in eine andere verfetzt, wenn fle in die Nähe des Sohnes
Gottes und in Verbindung mit Jefu gebracht werden.
Wenn fle da wieder einmal Luft aus einer andern Welt
athmen, fo kann dies fchon ein Anfang, und wenn es
wiederholt gefchieht, ein Fortfehritt zur Genefung werden
'. Wer den Standpunkt, auf dem thatfächlich der
gröfste Theil unferer Landgemeinden fteht, aus der Praxis
kennt, wird diefen Grundfatzen im Wefentlichen zuftim-
men und wird dem Verf. das Zeugnifs nicht verfagen,
dafs ihm gelungen fei, in der vorliegenden Sammlung
mehrfach in geradezu klaflifcher Weife feine Grundfätze
zur Darftcllung zu bringen. Da ift nichts Abftractes,
keine dogmatifche Definition, fondern Alles concret und
draftifch, d.h. eben volksthümlich. Mit einer Lebendigkeit
, die auch den gleichgültigen Hörer zur Aufmerk-
famkeit zwingen mufs, wird die Gefchichte ausgemalt
und oft nur mit wenigen Sätzen, aber am rechten Ort
eine kurze praktifche Anwendung gegeben. Um die
hergebrachten homiletifchen Regeln kümmert fleh frei-