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Ausgabe:

1879

Spalte:

616-618

Autor/Hrsg.:

Raabe, Andreas

Titel/Untertitel:

Das Buch Ruth und das Hohe Lied im Urtext nach neuester Kenntniß der Sprache behandelt, übersetzt, mit Anmerkungen und einem Glossar versehen 1879

Rezensent:

Kamphausen, Adolf

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Delitzsch, Prof. D. Frz., Biblischer Commentar über
den Propheten Jesaia. (A. u. d. T.: Biblifcher Commentar
über das Alte Teftament, hrsg. von K. F.
Keil und Fr. Delitzfch. 3. Thl.: Prophetifche
Bücher. 1. Bd.) 3. durchaus umgearb. Ausg. Mit
neuen Beiträgen von H. L. Fleifcher und J. G. Wetz-
ftein. Leipzig 1879, Dörffling & Franke. (XXXVIII,
720 S. gr. 8.) M. 14. —

In dem Commentare Franz Delitzfch's über das
Buch Jefaias begrüfst das theologifche Publicum einen
alten Bekannten. Seine Vorzüge: genaues Eingehen auf
die Erklärung des Einzelnen wie den Gedankenzufammen-
hang, umfangreiche und gefchickte Verwcrthung der vom
Verf. in feltener Weife beherrfchten jüdifchen Literatur,
forgfältigfte Feftftellung des mafforetifchen Textes, find
zu bekannt, als dafs Ref. nöthig hätte, darauf zurückzukommen
. Es genügt zu fagen, dafs fich der Commentar
bei feinem dritten Erfcheinen diefe Vorzüge vollauf bewahrt
hat. Ebenfo bekannt ift des Verf.'s kritifcher Standpunkt
, nach welchem alle im Buche Jefaias befindlichen
Schriftftücke von dem Propheten Jefaias der zweiten
Hälfte des 8. Jahrh. v. Ch. herrühren. In Bezug hierauf
genügt es zu bemerken, dafs der Verf. in diefer neuen
Auflage demfelben durchaus treu geblieben ift. Doch
find ihm, wie es fcheint, die grofsen Schwierigkeiten,
welche feiner kritifchen Pofition entgegenftehen, von
neuem befonders fcharf und deutlich vor die Augen getreten
, wie er fie ja auch in den früheren Auflagen nirgends
zu verfchleiern gefucht, fondern offen anerkannt
hat. Hieraus erklärt fich wohl wie vieles Andere das
gegen früher viel beftimmter ausgefprochene Anerkennt-
nifs, dafs C. C. 36—39 ganz fo wie fie vorliegen, nicht
von Jefaias gefchrieben fein können.

Das foeben Erörterte wird den Ref. rechtfertigen,
wenn er fich bei feiner Befprechung darauf befchränkt,
die Abweichungen diefer neuen Ausgabe von der 2. hervorzuheben
. Der Titel nennt fie eine ,durchaus über- j
arbeitete'. Und wiewohl die Auslegung im Wefentlichen
fich gleich geblieben ift, wird man doch dies Prädicat
als richtig anerkennen müffen. Der Verf. hat fich nicht i
nur faft durchgängig an den einfchläglichen Punkten mit
den inzwifchen erfchienenen Schriften von de Lagarde,
Dieftel, Duhm, Kuenen, Nägelsbach, Reufs,
Wellhaufen u. A. auseinandergefetzt, er hat auch im
einzelnen an der Sach- wie Worterklärung forgfam ge-
beffert und gefeilt. Eine andere Geftalt hat er zunächft
der Einleitung gegeben. S. 1—28 der 2. Aufl., die Einleitung
zu Jefaias bildend, find in (III) zur Vorrede hinzugenommen
worden und bilden S. XXIII — XXXVIII
dcrfelben. Die Erörterung der gefchichtlichen Nachrichten
über Urfia, Jotham, Ahar, Hiskia S. 5—18 in
(II) ift geftrichen worden. Ebenfo der Schlufs von § 2,
die kritifchen Fragen, wie auch manche kleinere Ab-
fchnitte. Auch im weiteren Verlaufe des Buches ift vielfach
gekürzt worden. Viele Bemerkungen über die
Accente, fowie auch andere Dinge find gefallen oder
doch gekürzt worden, während andere neu hinzugekommen
find. Discutable, den Fortfehritt der Darfteilung
aufhaltende, Nebengedanken find mehrfach ausgemerzt
worden. Am angenehmften aber beruht die wohlwollende
Milderung vieler Urtheile über die abweichenden Meinungen
anderer Gelehrter. Ich habe nur eine Verfchärf-
ung gefunden, f. (III) S. 411. Die ,befchnittenen und
unbefchnittenen Rabbinen' der Einleitung zu c. 52,
13 — c. 53, in (II) S. 530, find geftrichen worden. Jedoch
ift das nach des Ref. Ueberzeugung ebenfowenig gerechtfertigte
Wort von der judaifirenden Exegefe' ftehen
geblieben. Ganz im Gegentheile entfpricht ja die meffia-
nifche Deutung diefes Abfchnittes aufs vollkommenfte
den hermeneutifchen Grundfätzen jüdifcher Exegefe. Dafs
letztere fpäter aus polemifchem Intereffe die frühere Erklärung
aufgegeben hat, vermag diefen Sachverhalt nicht
zu ändern. Hoffentlich fchwindet jenes Wort in einer
4. Auflage.

Am deutlichften ift die forgfam nachbeffernde Hand
des Verf.'s daran fichtbar, dafs er fich jetzt über viele
Einzelheiten vorfichtiger oder doch unbeftimmter ausdrückt
. Beifpielshalber verweife ich auf 1,5. 2,3. 6. 4,5 >>•
6. 13. 22. 8,13—15. 9,5, auf die Zeitbeftimmung des Abfchnittes
c. 10,5 — c. 12, die Erörterung über die Nichterfüllung
von 20,3 ff. 22,1 ff., könnte aber dies Verzeich-
nifs leicht vergröfsern. Zu 9,5 vertheidigt der Verf. die
beibehaltene Trennung von yrr »be ausführlicher als
früher. Ref. ift nicht überzeugt worden. Ihm feheinen
die drei folgenden Wortpaare eine dagegen entfeheidende
! Inftanz zu bilden, anderer Gründe zu gefchweigen.

Bei verfchiedenen Punkten hat fich der Verf. mit
abweichenden Meinungen des Ref. befchäftigt. - Ich
bemerke, dafs nach meiner Ueberzeugung der Beweis
dafür, dafs c. 19 nach Pianchi's Zug fällt, auch dann nicht
ftringent geführt werden kann, wenn man das jetzige
c. 19 der damals gehaltenen Rede des Propheten gleichfetzt
. Ref. hält es wie andere Capitel für ftark überarbeitet
. Piele es aber auch fpäter und hält man es für
jefajanifch, fo bliebe die Annahme, dafs die damals eingetretenen
Zuftände die Farbe der Weisfagung tingirt
j haben. Der Beziehung auf Pfametich fleht andererfeits für
den Verf. die Annahme der Plerftammung von Jefaias
entgegen, fonft nichts. Die zu 20,6 bekämpfte Anficht
aber ift nicht mehr die meinige, f. de Is. vat.Aeth. S. 129.

Für keine Verbefferung hält Ref. die in diefer Auflage
angenommene Transfcription von t vor durch «.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dafs wir es hier mit
mit einem ö zu thun haben, welches durch Methcg fo
wenig zu einem langen Vocale wurde, wie und . Formen
wie rbyii für iibrn, in welchen die Verlängerung eingetreten
ift,' belegen' diefe Anficht. Schreibungen wie iäch°li,
0' olo ftatt/oAVf, ptf &lb können das Mifsvcrftändnifs erregen
, als feien die Vocale der erften und zweiten Silbe
von verfchiedener Färbung.

Die lexikographifchen Beiträge Fleifcher's liegen in
der neuen Auflage vermehrt vor. Dagegen hat Conful
Wetzftein feine bisherigen fünf Excurfe, welchen er
demnächft eine erweiterte Geftalt zu geben beabfichtigt,
zurückgezogen. An die Stelle derfelben find zwei
neue getreten, 1) über n~- Jef. 11,8 und ~~irr Jof. 19,34,
2) über ybo Jef. 16,1. 42, 11 und rn^s Jef. 34,6. 63,1.
Letztere halt er für identifch. Für rnr; nimmt er die
Bedeutung niederlegen in Anfpruch: der Knabe legt
nieder feine Hand auf die STTtSB des Bafilisken und erklärt
von einer gleichbedeutenden Wurzel irr aus auch
das ficher verdorbene m-rr Jef. 19, 34.

Delitzfch's Commentar über das Buch Jefaias wird
auch in diefer neuen Auflage zu den gelefenften der
Commentare über das gelefenfte der prophetifchen
Bücher gehören und auch von denjenigen, welche des
Verf.'s kritifche Stellung nicht theilen und von abweichenden
Anflehten über das Wefen des hebräifchen Prophetismus
ausgehen, gern zu eigener Belehrung und ftetiger
Auseinanderfetzung ftudirt werden.

Giefsen. Bernhard Stade.

Raabe, Andreas, Das Buch Ruth und das Hohe Lied im Urtext
nach neuefter Kcnntnifs der Sprache behandelt,
überfetzt, mit Anmerkungen und einem Gloffar ver-
fehen. Leipzig 1879, Fernau in Comm. (157 S. gr. 8.)
M. 4. 50.

Der berühmte Tholuck liefs noch 1872 auf dem
Titelblatte der Auslegung der Bergpredigt feinen Namen
nach alter Sitte nicht ohne Angabe feiner Titel erfcheinen
, welche fechs enggedruckte Zeilen füllen. Mit Recht
hält man folche Ausführlichkeit jetzt für überflüffig. Zu-