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Ausgabe:

1879 Nr. 2

Spalte:

41-42

Titel/Untertitel:

Die Württemberger Summarien, das ist: Kurzgefaßte Auslegung der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments. 1. Heft 1879

Rezensent:

Sachsse, Eugen

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Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 2.

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Merkmale. Die Kritik fetzt die wirkliche Exiftenz von
Dingen aufser uns ftillfchweigend voraus, bezieht den
transfcendentalen Idealismus nur auf die Empfindung,
d.h.: die Gegenflände der finnlichen Wahrnehmung find
als Erfcheinungen lediglich Vorftellungen in uns. Die
Prolegomena machen die wirkliche Exiftenz von Dingen
aufser uns zum unterfcheidenden Merkmal, beziehen daher
den transfcendentalen Idealismus auf das Ding an fich
und beftimmen ihn dahin: Dinge als aufser uns befindliche
Gegenftände find unferen Sinnen gegeben, doch
wiffen wir nicht, was fie an fich fein mögen, fondern
kennen nur ihre Erfcheinungen, d. h. die vorftellungen
in uns. Bekämpft wird alfo jetzt nicht der fkeptifche
Idealismus des Cartefius, fondern der fchwärmerifche
des Berkeley. Damit hängt zufammen, dafs die Kritik
den transfcendentalen Idealismus erft in der Dialektik
verwerthet zur Abwehr des fkeptifchen Idealismus wie
des Dogmatismus, derfelbe in den Prolegomenen dagegen
als unentbehrliches Beweismittel der Analytik erfcheint.
Ferner finden fich in den Anmerkungen zur Dialektik
Erörterungen über das Ich als ,das Gefühl eines Dafeins',
welche, wenn auch Kant unbewufst, auf eine Fortentwicklung
der Gedanken hinweifen.

No. 2 ift ein Abdruck der Kritik d. r. V. mit Zugrundelegung
der zweiten Auflage und Anführung der
Abweichungen der erften.

No. 3 ift aus einer Einleitung zu No. 2 zu einem
felbftftändigen Buch geworden und befpricht eingehend
das Verhältnifs der erften zur zweiten Auflage der Kritik.
Nach einer Darftellung des Gedankenganges der erften
Auflage folgt (S. 80—97) zur Charakteriftik der Entwicklung
Kant's bis zu den Prolegomenen ein kurzer
Auszug aus No. f. Sorgfältig geht alsdann der Verf.
der Aufnahme der Kritik bei Freunden, halben und
ganzen Gegnern, fowie der fonftigen philofophifchen Bewegung
der Zeit nach und führt den Nachweis, in welcher
Weife gelegentliche Aeufserungen und kleinere
Schriften Kant's aus den Jahren 1781—87 von der Rückwirkung
diefer Vorgänge auf Kant zeugen. Eine ins
Einzelnfte gehende Betrachtung der zweiten Auflage
führt ihn alsdann zu dem Refultat, dafs von den Veränderungen
derfelben fehr wenige .einer rein immanenten
Klärung und blois formellen Fortbildung des urfprüng-
lichen Gedankengehaltes' entfprungen find, die meiften
dagegen der Aufnahme, welche fein Werk fand. Der
Vorwurf der Dunkelheit führt zu ausführlicherer Erläuterung
des kritifchen Hauptzweckes. Zur Abwehr des abfohlten
Idealismus wird die Exiftenz äufserer Dinge als
nothwendig erwiefen, fowohl theoretifch als durch Hinweis
auf die praktifche Vernunft, welcher Nachweis auch
andere Partien des Syftems beeinflufst. Die Abweichungen
der zweiten Auflage dürfen daher weder zu hoch
noch zu niedrig angefchlagen werden.

Wir empfehlen das Studium diefer mit Scharffinn
und Akribie gefchriebenen Abhandlungen allen denen,
welche in die Gedanken des .alles zermalmenden' Kant
tiefer eindringen wollen, angelegentlichft.

Jena. Bernhard Pünjer.

Die Württemberger Summarien, das ift: Kurzgefafste Auslegung
der heiligen Schrift Alten und Neuen Tefta-
ments. Neu hrsg. von einigen evangcl.-luther. Geift-
lichen Bayerns. (In ca. 70 Heften.) 1. Heft. Gütersloh
1878, Bertelsmann. (VIII, 96 S. gr. 8.) M. —. 60.

Die Summarien wurden urfprünglich im Auftrag des
Herzog Eberhard III. verfafst, um in Wochengottes-
dienften vorgelefen zu werden. Die Wiederherausgabe
wurde im Jahr 1859 begonnen, bald aber abgebrochen.
Nunmehr ift das unterbrochene Werk von mehreren
evang.-luth. Geiftlichen Bayerns wieder aufgenommen;
der Herausgeber verfpricht, dafs es in drei Jahren folle
vollendet fein.

Die Auslegung ift kurz, kräftig und führt ftets auf
die Grundwahrheiten des Evangeliums. Nicht nur Hausväter
können diefelbe gebrauchen, auch angehende Theologen
finden darin für homiletifche Bearbeitung reicheren
und befferen Stoff, als in den meiften modernen Hülfs-
mitteln diefer Art.

Hamm. Sachfse.

Kratzenstein, Pred. Miffions-Infp. Ed., Die Offenbarung
St. Johannis für das Verständnis der Gemeinde ausgelegt.

Halle 1878, Fricke. (VIII, 340 S. gr. 8.) M. 3. —

Es ift unzweifelhaft, dafs das Intereffe der Chriften
unferer Tage fich vielfach auf eschatologifche Dinge gerichtet
hat. Daher ift es eine dankenswerthe Arbeit, die
Offenbarung Johannis dem Verftändnifs der Gemeinde
näher zu bringen. Verfaffer verfucht das, indem er zu-
nächft eine kurze Ueberficht über Plan und Verlauf der
Offenbarung giebt; fodann diefelbe Vers für Vers aus
dem Grundtexte, jedoch unter möglichftem Anfchlufs an
Luther's Ueberfetzung, wiedergiebt, und jedem Verfe
eine kurze Erläuterung und praktifche Anwendung beifügt
. Die Ueberfetzung ift gut, die Auslegung ift klar
und einfach, fie beanfprucht nicht, einen wiffenfehaftlichen
Fortfehritt darzuftellen. Dennoch hätten wir, auch für
die Gemeinde, mehr Beftimmtheit in der Auslegung ge-
wünfeht. Verf. fagt: ,es ift die Meinung entfehieden zu-
rückzuweifen, als ob alles nur ein einziges Mal feine
Erfüllung gefunden habe'. Dadurch wird die Möglichkeit
gegeben, zeitlich weit getrennte Ereignifse aus demfelben
Bild herauszulefen. Z. B. foll das Thier Cap. 13 fowohl
das römifchc Weltreich, wie das franzöfifche Kaiferthum,
wie auch das letzte Antichriftcnthum darftellen. ImGegen-
theil ift zu fagen: jedes Bild oder jeder Vorgang ftellt
ein beftimmtes Ereignifs dar; da nun im Reiche Gottes
wie in der Weltgefchichte alle Verhältnifse fich wiederholen
, fo entflieht für den Ausleger die Frage: welcher
unter den mehreren ähnlichen Vorgängen ift gerade hier
gemeint? Aus diefer Frage ergiebt fich dann die weitere:
überfchaut der Seher die ganze Entwicklung bis zum
Endgericht, fo dafs er die Völkerwanderung, das Papft-
thum, die Reformation, die franz. Revolution u. f. w.
darfteilt? Oder fchildert er nur die Ereignifse bis zum
Untergang der alten römifchen Weltmacht und darauf
gleich das Ende, fo dafs er den dazwifchen liegenden
langen Zeitraum ignorirt! Sowohl die Analogie der alten
Propheten, wie auch die hiftorifchen Andeutungen in
Cap 17 machen das Letztere wahrfcheinlicher. Aber
der Verf. ftellt gar nicht einmal die Frage und damit er-
fpart er fich die Beantwortung. Freilich nicht zum
Vortheil der wifsbegierigen Lefer, welche darüber im
Dunkeln tappen.

Ferner finden wir auch mehrfach willkürliche Ausdeutung
der Zahlen. So pag. 203: fechs als die Zahl,
welche es nicht bis zur fieben, der Gotteszahl, zu bringen
vermöge, fei die böfe Zahl, die Zahl der Sünde; 666 die
dreifach potenzirte Sünde. Das find doch blofs willkürliche
Einfälle, keine Auslegung.

Wir möchten wünfehen, dafs Verf. bei einer neuen
Auflage in diefer Hinficht Verbefferungen vornähme.

Hamm. Sachfse.

Waldenström, Lect. Dr. P., Der Herr ist fromm. Betrachtungen
über den 25. Pfalm. Ueberfetzung aus
dem Schwedifchen mit Erlaubnifs des Verfaffers.
Leipzig 1877, Böhme. (251 S. gr. 8.) M. 1. 50.

Wenn von diefem Buch nach Angabe des Titelblattes
innerhalb eines Jahres 3 Auflagen mit etwa 50,000
Exemplaren erfchienen find, fo fragt es fich, auf welchen
Urfachen diefer zumal für ein in fchwedifcher Sprache
erfchienenes Werk ungeheure Erfolg beruht. Der Titel
ift fo anfpruchslos als möglich: Betrachtungen über einen