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Ausgabe:

1879 Nr. 2

Spalte:

567-572

Autor/Hrsg.:

Bloch, Heinr.

Titel/Untertitel:

Die Quellen des Josephus in seiner Archäologie 1879

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 24.

der eigenthümlichen Lage, die Anftöfse, die ihn zu feinen
Abweichungen nöthigen, meift anerkennen, dagegen
feine eigenen pofitiven Darlegungen mir nicht aneignen
zu können. So halte ich feine Deutung von c. 3 und
fpeciell die von dem Steine Juda's v. 9, fo viel richtige
Anfätze dabei gemacht find, fodann die des Leuchters
in c. 4 und der Oelbäume auf die Levitenfamilie Izhar
für verfehlt, feine Erklärung der Wagen in c. 6, fpeciell
der Unterfcheidung der ftarken, trotz eines guten Anlaufes
für nicht zum Ziele treffend, feine Scheidung von
c. 12 und 14 nicht begründet, endlich feine Deutung
von c. 12 für ganz verunglückt und widerfpruchsvoll.
Es ift unrichtig, wenn man erft leugnet, dafs Juda und
Jerufalem aufser einander und gegen einander gedacht
werden können und widerfpruchsvoll, wenn man dann
jenes fchliefslich die 12 Apoftel, Jerufalem aber und das
Haus David's das nichtchriftliche Ifrael bedeuten läfst.
Und im Ganzen ift mir der Weg zu weit und zu verwickelt
, der aus dem Sacharja in den Römerbrief führt,
als dafs ich ihn mitgehen könnte. — Ich bin zu Ende;
dafs ich fo viel getadelt habe, möge der Verf. als Zeichen
meiner Theilnahme für ihn anfehen, im Uebrigen
aber dem Umftande zufchreiben, dafs er felbft es vorgezogen
hat, uns feine Gedanken in Form eines Com-
mentares zu geben, anftatt in der Form ausgewählter j
Excurfe zu den vorhandenen, z. B. zu dem beften von
Köhler. Denn ein Commentator wird um Alles gefragt, I
nicht blofs um das, was er zufällig gut weifs, und wer |
einen neuen Commentar z. B. über Sacharja fchreibt,
mufs Alles das, was Köhler gegeben, beffer und voll-
ftändiger geben, Alles, was er Wefentliches vergeffen,
nachbringen und Alles , was er verkehrt gedeutet und
geurtheilt, durch Befferes erfetzen. Diefen Mafsftab habe
ich in Vorftehendem bisweilen angelegt und eben ihm
hat der Verf. felbft ficher nicht in jeder Weife ent-
fprechen wollen.

Kiel. Dr. Kloftermann.

Bloch, Dr. Heinr., Die Quellen des Josephus in feiner
Archäologie. Leipzig 1879, Tcubner. (X, 169 S.
gr. 8.) M. 4- —
Die Unterfuchung der Quellen, welche Jofephus in
feiner grofsen Gefchichte des jüdifchen Volkes benützt
hat, hat für die erften zehn Bücher derfelben ein wefent-
lich anderes Intereffe als für die letzten zehn. Jene
gehen mit der biblifchen Gefchichte parallel; und die
Darftellung ruht hier fo gut wie ausfchliefslich auf den
biblifchen Quellen. Nur ift die biblifche Erzählung bei
Jofephus zuweilen fehr ftark modificirt. Die Unterfuchung
hat hier alfo feftzuftellen, welche Umgeftaltungen
vorgenommen worden find, und ob Jofephus für diefe
Umgeftaltungen fchon Vorgänger gehabt hat, und
welche? Mit andern Worten: die Frage nach den Quellen
hat hier nur den Zweck, feftzuftellen, in welcher
Weife die biblifche Gefchichte bei Jofephus und
bei etwaigen Vorgängern desfelben bearbeitet worden
ift. Für die Erkenntnifs der Gefchichte felbft wird
damit nichts gewonnen. — Anders fleht es bei der zweiten
Hälfte der Archäologie. Hier haftet an der Quellen-
Unterfuchung wefentlich das Intereffe, durch Auffindung
der von Jofephus benützten Quellen den Ereignifsen
felbft um einen Schritt näher zu kommen; alfo die
Glaubwürdigkeit der erzählten Gefchichte zu ermitteln.

In der obengenannten Schrift von Bloch fcheint
mir nun der erfte Theil diefer Aufgabe mit mehr Sach-
kenntnifs und darum auch mit mehr Glück in Angriff
genommen zu fein als der zweite. Die jüdifchc Vorbildung
des Verf. hat ihn in den Stand gefetzt, hier manches
zu ermitteln, was ein chriftlicher Gelehrter nicht
leicht hätte finden können. Freilich hat es dem Verf.
hier nicht an Vorgängern gefehlt; und man möchte auch

hier noch etwas mehr Sorgfalt in der Behandlung des
Ganzen wünfehen.

Die Unterfuchung beginnt fachgemäfs mit der Frage,
ob Jofephus den hebräifchen Text oder die Uebcrfetzung
der Septuaginta benütze? (S. 8—23). Es wird confta-
tirt, dafs Jofephus ,in feiner Bearbeitung der biblifchen
Zeit zumeift der LXX gefolgt, ohne jedoch, wie andere
Helleniften, den hebräifchen Text zu verfchmähen'
(S. 18). Leider hat fich aber der Verf. damit begnügt,
eben nur diefe allgemeine und zweifellos richtige That-
fache zu conftatiren, ohne auf das Wie? näher einzu-
! gehen. Wenn einmal diefe Dinge cx professo unterfucht
werden, dann follte doch auch gefragt werden, in welchem
Umfang Jofephus den hebräifchen Text herange-
■ zogen hat, und in welchem den griechifchen? Hat er
beide neben einander benützt, oder befchränkt fich feine
j Benützung des hebräifchen Textes auf die gelegentliche
Erklärung hebräifcher Worte? Auf diefe Fragen erhält
man hier keine Antwort. — In eingehender und fachkundiger
Weife wird dagegen in einem weiteren Abfchnitt
(S. 23-53) gezeigt, dafs für viele der Ausfchmückungen,
mit welchen Jofephus die biblifche Erzählung bereichert,
fich Parallelen in Talmud und Midrafch finden, woraus
mit Recht gefchloffen wird, dafs Jofephus diefe Aus-
J fchmückungen in der exegetifchen Tradition feiner Zeit
bereits vorgefunden hat. Wenn auch manche der bei-
' gebrachten Parallelen fich nicht genau decken, fo ift
I doch im Allgemeinen der Beweis erbracht, dafs Jofephus
I bei feiner Bearbeitung der biblifchen Gefchichte einer
l bereits herrfchenden Methode, ja einer fchon vorhandenen
Tradition folgt. — Neben der in den Schulen Pa-
läftina's herrfchenden exegetifchen Tradition fcheint er
aber auch noch die Bearbeitungen der biblifchen Gefchichte
von den jüdifchen Helleniften Demetrius, Eu-
polemus und Artapanus benützt zu haben, wie
Bloch (S. 53—62) im Änfchlufs an Freudenthal (Alexander
Polyhiftor 1875) ziemlich wahrfcheinlich macht. Nur
ift es fehr fraglich, ob Jofephus, wie Bloch annimmt, die
Originalwerke jener Helleniften felbft, nicht nur die Ex-
cerpte des Alexander Polyhiftor, eingefehen hat. Jofephus
nennt contra Apion. I, 23 die drei Helleniften Demetrius
, Philo, Eupolemus ganz in derfelben Reihenfolge
nebeneinander wie Clemens Alexandrinus Strom
I, 21, 141. Dies macht es doch wahrfcheinlich, dafs er
fo gut wie Clemens fie nur aus der Zufammenftellung
bei Alexander Polyhiftor kennt. Denn dafs Clemens aus
"Alexander Polyhiftor fchöpft, ift zweifellos. — Zu den
Helleniften gehört nun auch Philo der Philofoph, mit
deffen exegetifcher Bearbeitung der biblifchen Gefchichte
fich die Darfteilung bei Jofephus mannigfach berührt, namentlich
im Leben Mofis, aber auch fonft. Bloch handelt
über das Verhältnifs desjofephus zuThilo in einem fpäteren
Zufammenhang (S. 117—140), indem er zu zeigen fucht,
dafs Jofephus weder Philo's hiftorifche Schriften über
die Conflicte unter Caligula, noch deffen exegetifche
Schriften gekannt habe. Letzteres weift er deshalb ab,
weil da, wo Philo und Jofephus fich berühren, fich die
Parallelen auch in Talmud und Midrafch, alfo — wie
der Verf. fchliefst — in der exegetifchen Tradition der
Paläftinenfer finden, auf welche Philo und Jofephus als
gemeinfame Quelle zurückgehen. So viel Fleifs der
Verf. auch auf diefen Nachweis verwendet hat, fo wird
er doch fchwerlich damit durchdringen. Denn die Parallelen
zwifchen Philo und Jofephus find fo ftark und
zahlreich, dafs fie die an fich naheliegende Benützung
Philo's durch Jofephus zu einem hohen Grad von Wahr-
1 fcheinlichkeit erheben.

Eine befondere Art von Ergänzungen der biblifchen
Gefchichte bei Jofephus bilden die zuweilen eingefchal-
teten Notizen aus den griechifchen Profanfchriftftellcrn,
fo z. B. über die Sintfluth (Antt. I, 3, 6), über das Lebensalter
der Menfchen in der Urzeit (Antt. I, 3, 9),
über die phönieifche Gefchichte (Antt. VIII, 5, 3. 13, 2.