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Ausgabe:

1879 Nr. 23

Spalte:

553-555

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Woldemar

Titel/Untertitel:

Hülfsmittel zum christlichen Religionsunterrichte 1879

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Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 23.

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Der letzte Hauptthcil wird dem Praktiker vornehmlich
gute Dienfte leiften. Wie der katechetifche Stoff unterrichtlich
zu behandeln ift, damit der pädagogifche Zweck
katechetifcher Unterweifung an den Katechumenen
wirklich erreicht wird, weifs der Verf. mit einer Sicherheit
und Klarheit zu zeichnen, dafs wir nicht anflehen,
diefe Partie feines Werkes dem Bellen zuzuzählen, was
die neuere Literatur diefer Gattung aufzuweifen hat.
Wir enthalten uns weiterer Mittheilungen, empfehlen
aber um fo nachdrücklicher die gehaltvolle Arbeit zu
eingehender Kenntnifsnahme.

Leipzig. Wold. Schmidt.

Hülfsmittel zum christlichen Religionsunterrichte.

Der Bericht, den wir unlängfl (Nr. Ii) erflatteten,
fordert bereits eine Ergänzung; denn eine kleine Anzahl
neuerer Arbeiten liegt vor, welche wie die kürzlich be-
fprochenen dem Religionsunterricht in der Volksfeinde,
bez. in höheren Lehranflalten dienen wollen. Wir nennen
zuerft die ,Gefchichte des Reiches Gottes' von Paflor
Ad. Stüler (Berlin 1879, Schleiermacher. XVI, 293 S.
8. M. I. 60), welche für Mittelfchulen und untere Gym-
nafialklaffcn (bis einfchl. Obertertia) berechnet ift. Wie
der Verfaffer feine Auslegung des kleinen Katechismus
(jetzt 2. Aufl.) als eine ,Normal-Erklärung' markirte
(f. 1878 Nr. 16), fo führt er das vorliegende Lefebuch
mit der ausdrücklichen Bemerkung ein, dafs es ,nach
neuen Grundfätzen bearbeitet' fei. Als das Neue und
Eigenthümliche desfelben bezeichnet er die confequente
Geltendmachung der Reichsidee, die fchon der Titel
betont. Ift diefe freilich auch in Darftellungen Anderer
nicht zu vermiffen , fo hat Stüler's Lefebuch doch ent-
fchieden den Vorzug, dafs jener Grundgedanke aus der
Gruppirung des gefammten Gefchichtsftoffes wie aus der
Benennung der einzelnen Gefchichten vielfach klarer als
in verwandten Schriften entgegentritt. Gerade um deswillen
wird es im Unterricht erfolgreich zu gebrauchen
fein. Aus der Bibelkunde ift überdem paffenden Orts
das Wichtigfte beigegeben, auch am Anfang oder Ende
jedes Abfchnittes die Bedeutung diefes Letzteren kurz
zufammengefafst. — ,Die Frage über den pädagogifchen
Werth und Gebrauch der biblifchen Bilder' hat Herrn.
Gattermann vom äfthetifch-pfychofogifchen Standpunkte
aus betrachtet (Delitzfch 1879, Pabft. 22 S. gr. 8.
M. — 50). Die kleine Schrift, welche auch das literar-
hiftorifche Material in guter Ueberficht bietet, ift lefens-
und beachtenswerth. Bei aller Anerkennung der Bedeutung
, welche das Bild für Schüler der Elementarklaffe
hat, tritt fie mit Recht fgegen Schütze, ,Evang. Schulkunde
'; für die Anficht ein, dafs der erfte biblifche
Gefchichtsunterricht nicht in einen biblifchen Anfchau-
ungsunterricht umzuwandeln fei, fondern dafs das Bild
erft nach der Behandlung des durch dasfelbe dargeftellten
Moments zur Geltung zu kommen habe. — Andere
Schriften wollen Hülfsmittel für den fyftematifchen Religionsunterricht
fein. Unter ihnen ,der Schriftglaube' von
Dr. R. Schramm (Berlin 1879, Staude. IV, 108 S. 8.
cart. M. — 60), jetzt in 3. Aufl. erfchienen. Die
Schrift ift ein Spruchbuch nach der Ordnung des
Luther'fchen Katechismus und wurde, wie ein früheres
Vorwort (vor den Ohren der Kinder!) erzählt,
,ebenfogut von orthodoxen wie von liberalen Theologen
gebraucht'. Seine eigene dogmatifche Anfchau-
ung hat in ihm der Verf. nicht zum Ausdruck gebracht;
wohl aber fcheint er fie dem mündlichen Vortrag aufzuheben
, denn das Spruchbuch , bietet den verfchiedenen
Standpunkten die Möglichkeit, ihre eigene Stellung dazu
einzunehmen und zu begründen. Der orthodoxe Theolog
wird die gegebenen Data des Kirchen- und Schriftglaubens
einfach und ohne weitere Reflexion aeeeptiren,
der liberale wird aus ihrer Vergleichung und ihren Ge-
genfätzen (vor Unmündigen!) die Nothwendigkeit einer

Umbildung und Fortbildung des Dogma's erweifen'.
Sapienti sat. Wir gedenken lieber der Grundfätze, nach
welchen W. Friedrich ein ,Hilfs- und Handbüchlein
zum Confirmandenunterricht' gefchrieben hat (Leipzig
1879, Hinrichs. VII, 116 S. 8. M. I. —). Auch hier ift
felbftverftändlich der Luther'fche Katechismus als Grundlage
genommen. Aber den Inhalt desfelben hat Friedrich
weder wie etwas ihm Fremdes tradirt, noch auch
mit feinen eigenen zufälligen Anflehten vermengt, fondern
als das, was er ift, als evangelifche Heilslehre
fchlicht und volksthümlich ausgelegt. Der biblifchen
Gefchichte gerecht zu werden, ift an den erften Artikel
die Gefchichte des A. T.'s, an den zweiten die des N.
T.'s, an die Lehre von der Kirche im dritten Artikel

, die Kirchengefchichte paffend angereiht; und dies Alles
mehr nur andeutend, in Geftalt eines Umriffes, nicht
einer ausgeführten Zeichnung. Wir meinen, dafs Geift-
liche bei Ertheilung des Confirmandenunterrichtes dem
Hülfsbuch mannigfacheAnregung danken würden. Aehn-
liche Zwecke wie Friedrich verfolgt W. Becker in feinem

I ,Leitfaden für den Religions-Unterricht zur Vorbereitung
auf die Confirmation' (2. Aufl. Gotha 1879, F. A.Perthes.
96 S. 8. M. — 60). Mit jener Schrift verglichen ift

j diefe letztgenannte knapper und mehr darauf bedacht,

l die nöthigen Definitionen wie überhaupt den religiöfen

1 Lehrftoff überfichtlich fo zufammenzuftellen, dafs an
dem Gegebenen die Katechumenen für ihre Repetitionsund
Memorirarbeit einen guten, feiten Anhalt haben.
Eben deshalb find auch die Sprüche, welche auswendig
gelernt werden follen, überall abgedruckt, während andere
fich nur in der Form von Citaten finden, damit
das Kind genöthigt werde, fie felbft nachzufchlagen und
in der Schrift fich heimifch zu machen. Anhangsweife find
noch 39 Kirchenlieder beigegeben.

Soweit ihre Anfänge urtheilen laffen, ift eine fehr
beachtenswerthe Leiftung in K. L. Fr. Mezger's ,Hilfs-
buch zum Verltändnifs der Bibel' im Erfcheinen begriffen
(I.Bändchen. Gotha 1879, F.A.Perthes. VIII, 112 S. 8.
M. 2. —). Es ift zunächst für obere Gymnafialklaffen
beftimmt, will aber nicht ein Leitfaden für die Hand
des Schülers fein, fondern allein dem Lehrer dienen.
,Diefem, dem Vielbefchäftigten, eine dem jetzigen Stand
der Bibelwiffenfchaft entfprechende Fundgrube, ein Com-
pendium zu bieten von allem Wefentlicheren, was er für
feinen Unterricht in biblifcher Gefchichte und Bibelkunde
, wie auch zum Verltändnifs des Grundtextes,
wiffen mufs, zu denken und zu bedenken hat, wo möglich
keiner Frage und keinem Einwurf, der auf diefem
dornenvollen Wege aufftöfst, fcheu auszuweichen, fondern
ihm offen und aufrichtig Rede zu flehen und
nach beftem Wiffen und Gewiffen das löfende Wort
zu fprechen — das ift die Aufgabe, welche man mit
allem Recht einem folchen Hilfsbuche Hellt'. Das erfte

Bändchen, welches bis jetzt vorliegt, läfst im Grunde
noch wenig fehen, wie der Verf. der Aufgabe felbft ge-

j recht zu werden verlieht. Es ift überwiegend methodo-
logifchen Charakters; denn als Einleitung in das Ganze
giebt Mezger (S. 3 bis 65) eine Entwickelung der Prin-

1 eipien, nach denen der bezeichnete Unterricht überhaupt
zu ertheilen fei, und die er fpeciell für fein ,Hilfsbuch'
als mafsgebend erachtet habe; woneben dann (S. 66
bis 112) noch die nöthigen Vorbegriffe (1. von Gott und

| Religion überhaupt; 2. von der Offenbarung; 3. von der

j heiligen Schrift) erörtert werden. Erft die nächften vier
Bändchen werden eine Bearbeitung des A. T.'s bringen,
und ein fünftes foll vielleicht über die neuteftament-
liche Religionsgefchichte und Bibelkundc handeln. Was
bis jetzt feine Darftcllung gefunden hat, fordert nicht
feiten wohl zum Widerfpruch auf, ift aber anregend und
reich an wirklich neuen Gefichtspunkten. Nur Einiges
zu feiner Charakteriftik. In den erften zwei Jahren des
oberen Curfus will Mezger biblifche Gefchichte nebft
Bibelkunde, in den zwei letzten .Glaubens- und Sitten-