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Ausgabe:

1879 Nr. 23

Spalte:

540-542

Autor/Hrsg.:

Boettger, Gustav

Titel/Untertitel:

Topographisch-historisches Lexicon zu den Schriften des Flavius Josephus 1879

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 23.

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König Abgar von Edeffa erwirbt fich Rock und Silberlinge
und fendet fie zum Dank für feine Heilung an
Chriftus, der den Rock für fich behält, die Silberlinge
aber ins Schatzhaus der Juden fchickt. Ohne dem Ur-
fprung und den Zufammenhängen der Legende weiter
nachzuforfchen, glaubte ich fie hier kurz mittheilen zu
dürfen , da fie nur wenig bekannt fein möchte. Ein
Räthfel über das Alphabet und einige Notizen über die
fyrifchen Schriftarten {Esthrangelo von Paulus bar
aus Edeffa durch göttliche Infpiration zur Auszeichnung
des Evangeliums erfunden) theilt L. aus derfelben Hand-
fchrift mit.

Das zweite, umfangreichfte, für den Theologen
wichtigfte Stück find die Scholien des Barhe braus
zum Pfalter. Je mehr von diefem Schriftfteller und
insbefondere von feinem grofsen biblifchen Scholienwerk
gedruckt wird, defto mehr mufs man ftaunen über
die enorme Gelehrfamkeit und Arbeitsgewandtheit diefes
Mannes. Man vergegenwärtige fich die exegetifchen
Arbeiten des XIII. Jahrhunderts im Morgen- und Abendland
und nenne einen zweiten, der für die Exegefe des
A. T.'s die Varianten von Septuaginta, Aquila, Sym-
machus, Theodotion, für diePfalmen noch der Quinta und
Sexta des Origenes, der fyrifchen, armenifchen, ägypti-
fchen Ueberfetzungen gefammelt, auf die Unterfchiede
der Lesarten in alten Handfchriften geachtet, alle möglichen
Kirchenväter citirt (in den Pfalmen z. B. von den
fyrifchen abgefehen, Hippolytus, Origenes, Epiphanius,
Athanafius, Bafilius, Hefychius, Cyrill, Gregorius Theo-
logus, Theodor von Mopfueftia) und ein folches Werk
über das ganze Alte und Neue Teftament, an deffen
Herausgabe fich jetzt fchon ein Dutzend Gelehrte verdacht
haben, in der Zeit von 6'0 Monaten zu Stande
gebracht hätte. Selbftverfländlich hat Barhebräus nicht
alle citirten Schriftfteller und Ueberfetzungen in extenso
vor fich gehabt, fondern es lag ihm für das A. T. eine
dem Mailänder Hexaplacodex fehr ähnliche Handfchrift
vor, die an mehreren Stellen noch vollftändiger und
beffer war, daher fich aus diefem Scholienwerk noch
einzelne Ergänzungen zu Field's Arbeit beibringen
laffen; aufserdem vermuthet Lagarde unter den benutzten
Werken gewifs mit Recht Tlieodori Mopsu/testeni
cpiiomatores nescio quos, über die fich erft nach Veröffentlichung
des ganzen Werks Sicheres feftftellen laffe. Schon
um Theodor's willen wäre es wünfehenswerth, das Werk
bald ganz zu befitzen*). Doch laffen lieh auch aus den
Pfalmen allein, verbunden mit den anderweitigen Angaben
in fyrifchen Pfalmenhandfchriften, manche Schlüffe in
diefer Hinficht machen; ift doch gerade in den Pfalmen
der Einflufs Theodor's am bedeutendften gewefen. Oder
auf wen anders als auf ihn follte es zurückgehen, dafs
auch in diefem Scholienwerk, wie in fo manchen fyrifchen
Bibelhandfchriften, eine ganze Reihe Pfalmen in die
Makkabäerzeit verlegt werden, fehr viele auf das Exil,
nicht wenige auf Hiskia-Sanherib bezogen werden. Ich
führe nur Pf. 55 an, der fei »-»sin spsfiB y& tvi ttgoatonov
des Onias gesprochen, als fein Bruder Jafon von An-
tiochus um viel Geld die Führerwürde erkauft hatte und
er vor Jafon und Simon nach Aegypten fliehen mufste.
Theodor hat feine Angaben felbftverftändlich nicht rein
aus der Luft gegriffen, die Tradition, der er folgte, ift
bei der Frage nach den Ueberfchriften der Pfalmen noch
zu wenig beachtet worden. Viel intereffante Einzelheiten
wären beizubringen von der Einleitung an, nach welcher
im fyrifchen Pfalter 732 mal n—173 = rrrv (Delitzfch
zählte 685) und 400 mal t*nb« (Del. 229) vorkommen
foll; aber der Raum läfst es nicht zu. Es wäre eine
paffende Arbeit für einen angehenden Theologen, aus
diefen Scholien dasjenige einem weiteren Kreife zugänglich
zu machen, was von allgemeinerem Intereffe ift.

*) Wir freuen uns daher, von 2 Schülern Lagarde's hald weitere Theile
des Werks erwarten zu dürfen.

Ueber die philologifche Seite von Lagarde's Arbeit habe
l ich hier nichts zu fagen, nur das Bedauern darüber kann
ich nicht unterdrücken, dafs er und feine Schüler auf
2 Berliner u. Göttinger Handfchriften aus den Jahren
I 1645 und 1783 angewiefen find, während in Florenz ein
Exemplar des ganzen Werkes liegt, das 7 Jahre nach
Vollendung desfelben von dem Äutograph des Barhebräus
abgefchrieben wurde. Am Schlufs des Ganzen
druckt Lagarde noch zwei Stücke ab: 1) eine ethnologifche
Abhandlung des David von Beth Rabban (VIII s.)
über die Söhne Noahs {Gen. 10), und 2) die Capitel 16. 17.
25 aus dem fechften Buch der Eufebianifchen Kirchenge-
fchichte über die griechifchen Bibelüberfetzungen. Für alle
, Stücke diefes Bandes, die grofsen wie die kleinen, fprechen
wir ihm unferen verbindlichften Dank aus.

i

Tübingen. E. Neftle.

Burk, Dr. C., Ein Blick in's Leben Jesu. Vortrag, im
Saal der evang. Gefellfchaft in Stuttgart gehalten.
Stuttgart (1878), Buchhandlung der Evang. Gefellfchaft
. (52 S. gr. 8.) M. — 30.

Mit vorliegender Schrift ift die populäre Vortragsliteratur
von Neuem erweitert worden. Dafs fie fonder-
lich bereichert ward, möchten wir nicht behaupten.
Nichts Geringeres unternimmt der Verf., als — nach
längerer Einleitung — über Urfprung, Charakter und
Werth unferer neuteftamentlichen Ffvangelienfchriften zu
orientiren, die hervorragendften Thatfachen aus dem
Leben Jefu vor Augen zu führen und nicht blofs diele,
fondern auch die Wefensmomente der Lehre Jefu vor
dem Widerfpruch ihrer Gegner ficher zu Hellen. Bei
folcher Ueberfülle von Material hat er felbftverftändlich
meift nur angedeutet, fehr feiten näher begründet
und ausgeführt, aber eben dadurch unferem Gefühl
nach dem Zweck feines Vortrags keinen Dienft ge-
leiftet. Oder follten wirklich durch die aphoriftifchen
Bemerkungen über Jefu Geburt von der Jungfrau S. 13 f.,
über die Verfuchung in der Wüfte S. 20 f., über die
I Verklärung auf dem Berge S. 37 f. u. A. tiefer gehende
| Mifsverftändnifse befeitigt, wefentlich neue Erkenntnifse
I aufgefchloffen werden? Wir meinen, dafs auch Nicht-
I theologen der Ertrag der pofitiven Theologie noch
anders zu vermitteln ift, wenn nämlich diefer Letzteren
neue Freunde gewonnen werden follen.

Leipzig. Wold. Schmidt.

Boettger, Palt. Gultav, Topographisch-historisches Lexi-
con zu den Schriften des Flavius Josephus. Compila-
torifch zufammengeftellt und herausgegeben. Leipzig
1879, Fernau. (XIV, 285 S. gr. 8., M. 8. —

Ein verdienter Emeritus, der nach 42jähriger geift-
licher Amtsführung die ihm gewordene Mufse zu lite-
rarifchen Studien benützt und fich hauptfächlich der
Leetüre des Jofephus gewidmet hat, bietet hier ein
,topographifch-hiftorifches Lexicon' zu den Schriften des
Jofephus. Sein Zweck ift dabei, wie er in der Vorrede
'S. IX) fagt, ,Allen denen, welche fich mit der Topographie
des heiligen Landes befchäftigen . . ., einen
ichnellen und leichten Ueberblick zu gewähren
über alle die Städte, Dörfer, Flüffe, Gegenden
Paläftinas und feiner Nachbarländer, die Jofephus
in feinen Schriften erwähnt'. Durch dufte
Erklärung und durch den Titel des Buches ift Inhalt
und Zweck desfelben genügend charakterifirt. Es zählt
in alphabetifcher Reihenfolge die fämmtlichen geogra-
phifchen Namen, welche bei Jolephus vorkommen, auf
und giebt über jeden derfelben die wichtigften Nachweife
, wie fie eben für den Zweck einer allgemeinen
Orientirung nothwendig und dienlich find. Die Grenzen