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Ausgabe:

1879 Nr. 22

Spalte:

518-520

Autor/Hrsg.:

Hochhuth, C. W. H. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Marburger Kirchenordnung von 1527 1879

Rezensent:

Brieger, Theodor

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Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 22.

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Grunde, weil fie wefentlich den gleichen Charakter an Entwicklung derfelben hier beftimmter als dort einen
(ich tragen und nach unterem Eindruck an denfelben apologetifch.cn Charakter an fich trägt. Auf engem
Leferkreis fich wenden. Denn G.'s .Bibelftudien' find , Räume hat der Verf. ein möglichft reiches Material aus-
keineswegs exegetifche oder kritifche Specialunterfuch- zubreiten gefucht. Dafs wir mit der Ueberlieferung vom
ungen, welche nur für den Theologen von Fach Inter- Leben Jefu auf feftem gefchichtlichen Boden ftehen,
effe haben; vielmehr können fie, wie die zuletzt aufge- beweift er zuerft aus den Berichten gleichzeitiger, jüdi-
führte Brofchüre, überhaupt gebildeten Bibellefern eine . fcher wie heidnifcher, Autoren, um fodann den inneren
anregeivlc Leetüre werden. Uer Grund hiervon liegt Werth unferer neuteftamentlichen Evangelien, der fynop-
in der Kunil, fcheinbar Geringes unter höhere Gefichts- tifchen fo gut wie des johanneifchen, in's Licht zu
punkte zu ftellen; in dem Reiz der Darfteilung, welche (teilen, aber auch auf den Widerfpruch zu antworten,
hier und da fich zu wahrer Schönheit erhebt; nicht zu- welcher gegen den übernatürlichen Charakter vieler

letzt in der Wärme, ja Begeifterung, mit welcher der
Verf. für feine Anfchauung einzutreten verficht. Die
altteftamentlichen Studien dürften in weiteren Kreifen

Thatfachen im Leben Jefu erhoben worden ift. Suchenden
wird die kleine, lefenswerthe Schrift erwünfehte
Handreichung thun.

nicht unbekannt fein. Abgefehen davon, dafs fie jetzt Leipzig ' '-'Wold Schmidt

in neuer Ausgabe vor uns liegen, find zwei derfelben,, ' , . .____■ ■ " ■ • ■

über die Engel S. I bis 23) und über die vier grofsen : Marburger Kirchenordnung von 1527. Hrsg. von Dr. C
Propheten 'S. 113 bis 146), 111 veränderter Geftalt aus
dem Chretien evangelique hier mit aufgenommen, und drei

andere, über die Entwickelung des Lebens auf unferem
Weltkörper (S. 24 bis 50), über das Buch Hiob (S. 147
bis 190) und über das Hohelied (S. 191 bis 256), hatten
früher in der Revue chretieuue eine Stelle gefunden,: fc/
dafs nur die Abhandlung über die fechs Tage der
Schöpfung ('S- 51 bis 112) völlig neu zu nennen ift.
Ohne Zweifel konnte aber der Auffatz über die Engel

W. H, Hochhuth. Kaffel 1878 (Scheel). (32 S. kl. 8.)
Mi I. 25.

2. Hochhuth. Dr. C.W. IL, Die Bedeutung der Marburger
Kirchenordnung von 1527. Kaffel 1879, Hülm. 35 S.

°h$%^m<ii ,n«3JiävS Limite«! o.biiE3bod

Es war ein glücklicher Fund in der Bibliothek zu
Wernigerode, der uns im vorigen Jahre die feit lange

fo gut wie der über die Lebensentwickehing auf unferem j als verloren beklagte fog. Marburger Kirchenordnung
Weltkörper den neuteftamentlichen Bibelftudien einge-; von>Ti527 wiedergab. Das unfichere Taften nach ihrem
reiht werden. Diefer Letzteren find fünf, betitelt : 1. Der Inhalt und ihrer "Stellung hat nun ein Ende. Vor allem

Urfprung unferer vier Evangelien; 2. Jefus Chriftus (der
Menfchenfohn, der Gottesfohn, der Gottmenfch;; 3. das
Werk Jefu Chrifti (für uns und in uns); 4. die vier Haupt

erweift: fich die irreleitende Notiz des alten Leuchter
(1607), dafs Luther eine Vorrede zu ihr gefchrieben, als
unrichtig. Die Vorrede Luther's, welche hier auf den

apofiel; 5. Verfuch über die Offenbarung. Neben öfter i Haupttitel {Ghrißliche ordenung wie es zu Marpurg yn
Gehörtem treten in ihnen nicht feiten neue, überrafchende Hefjen, mit Teuffen, Shcramentreichcn wtd mit Beten nach
Combinationen hervor; doch weifs der Verf. auch das, der predigt gehalten wird O27) folgt, ift nur das Nach-
wast Andere vor ihm fchon ausgefprochen haben, gleich- wort zu feinem Taufbüchlein, welches — in feiner zwei-
wie fein Eigenes mit frifchen Farben darzuftellen. Von ten Recenfion (von 1526? ficherlich nicht, wie Hochhuth
glücklicher Phantafie unterftützt greift er dann wohl zu will, von 1527) — die erfte Hälfte der KO ausmacht,
einem Bilde, wie da wo er (S. 12 f., dem ftrengereri Der Druckvermerk fchon am Schliffe diefer erften AbPragmatismus
des dritten Evangeliums gegenüber 'die l| theilung (Gedrucktyn» der newen löblichen Vnherßtet
dem Erften eigene Sachordnung markiren■•will:'. ,Lucas Marpurg ym MDXXVij. jar. am XXij. tag Junij) weift
zeigt fich jedes Mal dem Botaniker ähnlich, der die | darauf hin, dafs, was dem Herausgeber entgangen ift,
Blume gern an ihrem Standort und inmitten ihrer Um- , diefer Marburger Druck des Taufbüchleins auch mit be-
gebung beobachten möchte; Matthäus gleicht'dem Gärt- fonderem Titel als felbftändige Schrift verbreitet worden
ner, der zu einem beftimmten, befondpren Zwecke ein ! ift. Als folche hat er noch 1833 Irmifcher vorgelegen
grofses, prächtiges Bouquet zusammenbindet'. Die Re- (f. E. A. 22, 290 f.). — Dem entfprechend beginnt auch
fultate freilich, bei denen er ftehen bleibt, muthen uns die zweite Hälfte mit neuem Titel (Was dem gemeynen
oft weniger an als ' die gefciVmackvolle Art , • fie ahzu- j Volk nach der predig für zu lejen. Einfctsung des Sacra-
bahnen und zu erweifen. Wir vermögen ;es nun einmal ments des leibs vmi b/uts Chri/li. Auch wie man es den
nicht als haltbaren Ertrag der Schriftkritik zu bezeich- Krankem ynn den heufern überreichen fo//. Ein fchon
nen, wenn (S; tfL 38t44!,fi));!der.; Urflprung■ des* LücaaOl vnterricht. aufi■ frage vnd Antwort geßellet, vom Sacra-
evangcliums (J. 63 oder 64) in die Entftehungszeit der ment des Altars. Marpurg 1527. — Am Schliffe: Ge-
Schrift des Matthäus und überdem weiter hinauf als die druckt zu Marpurg yn Hefjen. MDXXVij). Der Inhalt
Abfaffung des Marcusevangeliums geruckt; oder wenn derfelben ift, wie jeder Kenner der Schriften Luther's
(S. 41 ff.) das Verwandtfchaftsverhältnifs; der Synoptiker•, auf den erften Blick fieht (auch Hochhuth hat das in
aus der mündlichen Ueberlieferung, welche in der Ur- ; der zweiten Schrift richtig erkannt), gröfstentheils wört-

gemeinde lebte, erklärt werden Toll. Mit Erneuerung
folcher Hypothefen find die ficherften Refultate folider
Schriftforfchung, wie wir meinen, einfach wieder über
Bord geworfen. Und nicht befriedigender erfcheint die
Art, wie (S. 170 ff) die .Differenz' zwifchen Paulus und
Jacobus auf exegetifchem Wege beteiligt wird. Sucht
G. liier zu zeigen, dafs mit dem Ausdruck .rechtfertigen'
Paulus einen anderen Sinn verbinde (.die Anfangsrechtlich
aus Luther entnommen, fo namentlich die Abendmahlsvermahnung
mit der Paraphrafe des Vaterunfers
(Vermanungc vnd kurtzc deutung des Vater vnfers) aus
der „Deutfchen Meffe" von 1526 (f. E. A. 22, 239 f.).
Die folgenden Stücke: ,Das Vater vnferfür die kinder',
,Dcr chrißlic/ie Glaub', ,Dic zehen gebot', ,Ein kurtzer be-
Jchlus aller gepote Gottes' lauten ganz ähnlich wie in
Luther's Schriftchen .Kurze Form der zehen Gebote, des

fertigung') als Jacobus (,die fortwährende, alltägliche, Glaubens und des Vater Unfers' von 1520 (E. A. 22, 1 ff

mit der endgültigm Seligfprechung abfchliefsendc Recht
fertigung'), fo können wir darin nur einen alten Irrthum
in neuer Form erblicken (f. m. Lehrgehalt des Jacobus-
briefes S- 176 ff.).;

Gewiffe Grundgedanken, welche in den .Bibelftudien'
zum Ausdruck kommen, find felbftverftändlich in der
kleinen Schrift über die .Glaubwürdigkeit der evange-
lifchen Gefchichte' wiedergekehrt, doch fo, dafs die

oder wie in der erweiterten Ausgabe derfelben, dem
.Betbüchlcin' von 1522 (vgl. E. A, 65, 266 f.), auf welches
Luther noch in der .Deutfchen Meffe' wiederholt (F.. A.
22, 233. 241) hingewiefen hatte. Doch deuten kleine Abweichungen
auf eine andere Vorlage hin. — So kann als
Eigenthum des uns unbekannten Verfaffers oder Herauscre-
bers der Agende höchftens das Schlufsftück gelten0—
falls nicht auch diefes, was höchft wahrfcheinlich, fich als