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Ausgabe:

1879 Nr. 22

Spalte:

516-518

Autor/Hrsg.:

Godet, F.

Titel/Untertitel:

Die Glaubwürdigkeit der evangelischen Geschichte 1879

Rezensent:

Schmidt, Woldemar

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515 Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 22. 516

geurtheilt werden; aber es ift dem Verf. trotz feiner englifchen, wälifchen, franzöfifchen, deutfchen, holfön-
umfaffenden bibliographifchen Nachforfchungen entgan- difchen, flämifchen, dänifchen, isländifchen und böhmigen
, dafs in altbulgarifcher Ueberfetzung die Teftamente fchen Verfionen. Die Zahl der Drucke fowohl wie der
in zwei Recenfionen, einer längeren und einer kürzeren, Handfchriften (15. u. 16. Jahrh. vorzugsweife) ift eine
exiftiren. Tichonrawow hat fie im erften Bande feiner ftaunenswerth grofse. Die Teftamente muffen zwei Jahr-
Ausgabe der Apokryphen an 8. Stelle veröffentlicht, hunderte hindurch zu den gelefenften Erbauungsbüchern
Diefe Ueberfetzung mufs ebenfalls als felbftändiger Zeuge , in der abendländifchen Kirche gehört haben. Auch hier
in Betracht gezogen werden. Was die armenifche Ver- i bildet das Zeitalter des dreifsigjährigen Krieges unge-
fion betrifft, fo ift diefelbo bisher nie gedruckt worden; fähr die Grenze —der bedeutendfte Wendepunkt in der
aber die Handfchriften find ziemlich zahlreich, Sink er Gefchichte der kirchlichen Literatur, ihrer Kenntnifs
nennt eine Wiener, fechs von S. Lazaro und eine jetzt und Auffaffung im Abendlande.

in England befindliche. Die ältefte ift v.J. 1220 datirt; Qiefsen Ad Harnack

die Wiener, welche Herr Paul für S. eingefehen und
genau befchrieben hat, ift v. J. 1388. Eünf von den in
S. Lazaro befindlichen 1 landfchriften find Theile von
Bibelhandfchriften. Dennoch haben die vorfchnell geurtheilt
, welche behaupteten, die Teftamente feien ein
kanonifches Buch in der armenifchen Kirche. Das find

Bartels, Paft. Herrn., Exegetische Uebersetzung des Briefes
St. Pauli an die Römer. Deffau 1878, Reifsner.
(VI, 66 S. gr. 8.) M. 1. —

Wie fchon der Titel, andeutet, will vorliegende Schrift
fie fo wenig je gewefen, wie der lateinifche Hermas weder nur eine Verfion, noch auch eine mit gelehrtem
oder Jofephus in der abendländifchen. Aber für die ; Apparat ausgeftattete Erklärung des Römerbriefes fein,
Gefchichte des Kanon ift die Stellung des Hermas fowohl fondern, Ueberfetzung mit Erklärung verbindend, zwi-
wie dieser Teftamente in Bibelhandfchriften^ allerdings fcnen der wiffenfehaftlichen Exegefe in den theologifchen

Commentaren und der populären Schriftauslegung, wie
fie in den Bibelwerken für die Gemeinde zu finden ift, die
Mitte halten. Den Grundtext hat nämlich der Verfaffer

von nicht geringem Intereffe. Die armenifche Ueber
fet/.ung der letzteren foll der klalfifchen Epoche jener
Sprache angehören. Dr. Paul hat zwei ihm von S. bezeichnete
Abfchnitte, Jud. 24—26 und die berühmte I m wortgetreuer Ueberfetzung wiedergegeben und diefer

Stelle Benjamin 10—12, genau ins Deutfche übertragen
Ueberrafchend ift, dafs jede Beziehung auf den Apoftel
Paulus in Benjam. 11 nach dem Armenier fehlt. IG liehst
hier: ,Seiet nun Kinder, Theilhaber derjenigen, welche
den Herrn fürchten, denn wenn ihr in Heiligkeit wandern
werdet, fo werdet ihr wieder in mir wohnen, und der
gefammte Ifrael wird fich zu euch verlammeln, und er
wird nicht mehr Räuberanführer, fondern Wolf genannt
werden [sie] wegen eures Raubes, fondern der Geliebte
des Herrn und Vollftrecker des Wohlgefallens feines
Willens'. Diefe Beobachtung ift um fo wichtiger, als
auch in R der Paffus über Paulus fehlt. Benjam. 11
lautet völlftänclig nach R: xui ovxeri ffirfttjodfiSl 'Xvxog
ItQnal; Ötct rag iuj/iuyag t-fidr, cü'/.a igyärtjg /.vgloi' dia

nichts Anderes als das zum Verftändnifs des Schriftworts
Nöthigfte (durch anderen Druck hervorgehoben;
allenthalben eingefügt. Mit abweichenden Auffaffungcn
wird zwar der Lefer auf diefem Wege nicht bekannt
gemacht, aber er empfängt in der That ,ein exegetifches
Promptuarium', welches die vom Interpreten gefundenen
Refultate auf möglichft knappen Ausdruck bringt und
zu fchneller Orientirung über eine einzelne Stelle oder
einen längeren Abfchnitt verhilft. Der Verfion liegt der
Tifchendorf'fche Text zu Grunde, ohne dafs der Verf.
ihm durchweg gefolgt ift; vielmehr hat er z. B. 5, 1 mit
der UeberfetZüng ,als die Gerechtfertigten nun haben
wir Frieden zu Qott' den von Tifchendorf in den Text
aufgenommenen Schreibfehler (■'•/onav glücklich vermie-

Öiöiov TQOtpiji' ioig EQyi(Zufuvoig rh dycii/nr-xul uvciarrjatzai (jenj während er 9, 5 durch die Beziehung der Doxo
!.v raitynig üyatitjTdsxvQior ex imiofiarnc 'Im'.öu v.ai st&vi iogie auf Gott der Tjfchendorf'fchen Intcrpunction mit

1 Recht den Vorzug gegeben hat. — Ueber Einzelnes
läfst fich felbftverftändlich ftreiten. Aber im Allgemeinen
beweift das vom Verf. Geleiftete eine gefunde exe-
getifche Methode, fpeciell feine Ueberfetzung eine Treue
gegen den Grundtext, bei welcher der Anfchlufs an die
gegenwärtige deutfche Eiteraturfprache nicht vernach-
läffigt, und feine eingeftreuten Erläuterungen eine Knapp-

nou'v tvöo/.iav tv ozöfian aixov, yvioatv y.aiv^v (ponitfo*
uavTcc tu ti}vtt. Unzweifelhaft ift dies die urfprüngliche
LA; denn fie ftimmt nach Inhalt und Porm ganz zufammen
mit den übrigen Interpolationen des kathölifchen Bearbeiters
des urfprünglich judifchen Buches. Dafs ÜP
wie G lefen, verfchlägt wenig (gegen Sinker)vBiiSteht
doch auch der Paffus über Paulus ohne jede Parallele

in den übrigen leftamenten. Was die altbulgarifchen heit, welcher die Klarheit des Gedankens nicht leicht
Verfionen bieten, vermag ich eben nicht zu fagen,da geopfert wird. Läfst der Verf. diefem erften Hefte
fie mir nicht bei der Hand find. Die Einficht aber, dafs wirklich noch eine Ueberfetzung der übrigen neutefta-
R hier den urfprünglichen Text bietet; dürfte dazu ver- ! mentlichen Briefe folgen, fo geben wir ihm zur Er-
anlaffen, den Werth von R noch einmal zu prüfen. Wie wägung, ob nicht einige einleitende Vorbemerkungen

dem Verftändnifs derfelben förderlich find.

tl243£9 89 nlgf/II noflU liolol'/ R£ flif/jt) •'{•-'

,Leipzig. I Wold. Schmidt.

bin; li'jihml.'eSn ['■[ uui offiül miu dal Iii ■:<) J;-iid ■■:;'.■//

1. Godel, Prof. Dr. E., Bibelstudien. Deutfch bearb.-it.-t
" "'von Pfr. J. Kägi. 1. und 2. Theil. Vom Verfaffer

autorif. und durchgehen, deutfche Ausg. Hannover

-Inhalt; 1. Zum alten Teftament. 2. Ausg. (IV, 276 S.) M. 2. 40.
21ÜJ09T3 *r Zura Neuen, Teftament. (VII, 289 S.) M. 3. 60.

2. Godet, Prof. Dr., Die Glaubwürdigkeit der evangelischen
Geschichte. Zeitfragen des chriftl. Volkslebens 3. Bd.
2. Hft] Frankfurt a.M. 1878. Heilbronn, Henninger.

(44;ßufif'.8.) M. 1. -

Die genannten Schriften meinen wir nicht blofs deshalb
zufammenordnen zu dürfen, weil in ihnen derfelbe
Verfaffer zu ubs' redet, fondeni mehr noch aus dem

foviele fogen. Apokryphen, fo find auch die Teftamente,
wie der Armenier, die kürzere altbulgarifche Verfion und
R lehren, mehrfach redigirt worden, und vielleicht ift der
von C gebotene Text gerade ihre letzte Geftalt.

Sehr grofse Mühe hat fich Sinker gegeben; die Verbreitung
der Teftamente im Mittelalter aufzudecken.
Eine alte lateinifche Ueberfetzung ift bisher nicht gefunden
; S. vermuthet aber, dafs es eine folche gegeben
hat. Allein die Spuren einer Bekanntfchaft der alten
abendländifchen Kirche mit den Teftamenten find doch
fehr unficher; gefetzt auch den Fall, dafs eine Stelle bei
Tertullian auf diefelben zu beziehen ift, fo ift damit
eine lateinifche Verfion noch nicht erwiefen. Von der
MAlichen Ueberfetzung des Groffetefte vermag S.
jetzt 41 Handfchriften aufzuzählen; der ältefte Druck
flammt aus den Jahren 1510—1520 (nicht 1483, wie Fa-
bricius angiebt). Seitdem find die Teftamente wiederholt
feparat und in den Bibliotliccis Patrwn gedruckt worden
. Es folgen nun genaue Nachweifungen über-die