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Ausgabe:

1879

Spalte:

434-436

Autor/Hrsg.:

Plath, Karl Heinr. Chrn.

Titel/Untertitel:

Gossners Mission unter Hindus und Kolhs um Neujahr 1878. Reisebriefe 1879

Rezensent:

Wurm, Paul

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Thcologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 18.

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lien befchäftigt. Ref. hat die betr. Werke in diefer
Zeitfchrift (1878, Sp. 94 ff., 189 ff.) befprochen. In der
Literatur Italiens hat feit langer Zeit keine Veröffentlichung
fo grofses Auffehen gemacht, wie insbefondere
Curci's Buch. Freilich, wenn man die grofse Zahl von
Artikeln und Schriften, welche es veranlafst hat, als
Mafsftab für feinen abfolutcn Werth nehmen wollte, fo
würde man fehl gehen — eine unleugbar grofse relative
Bedeutung aber hat es dadurch, dafs der Verfaffer es wagt,
wenn auch aus fehr befchränktem Gefichtskreife heraus
die Löfung der Frage zu verfuchen, welche immer
drohender und dringlicher über Italien heraufzieht. Und
zwar fieht er diefe Löfung in ehrlicher Anerkennung der
neuen Ordnung der Dinge von Seiten der Curie und
Kirche, wobei denn freilich als Correlat die neue Aufgabe
an diefe herantreten würde, fich mittels des Ein-
fluffes, über den fie gebietet, zum Herrn auch der poli-
tifchen Situation zu machen. Die freundliche Aufnahme,
welche Curci inzwifchen nach dem Tode Pius' IX. im
Vatican gefunden hat, zeigt, dafs man dort jetzt die
praktischen Vorfchläge des Jefuiten zu würdigen weifs.
Der Grundgedanke des Minghetti'fchen Buches dagegen
ift, kurz gefagt, die Cavour'fche Formel, freilich nicht
ohne gewiffe Befchränkungen, wie die Praxis fie dem
geriebenen Politiker als räthlich erfcheinen läfst. Mit
beiden Schriften fetzt unfer letztes Capitcl fich auseinander
— in welcher Richtung, kann nicht zweifelhaft
fein, wenn man im Auge hält, dafs Curci dem Begriffe
der chrifUichen Religion den der römifchen Kirche fub-
ftituirt, und dafs Minghetti bei aller Anerkennung der Bedeutung
des religiöfen Elementes dasfelbe doch nicht
als die eigentliche Grundlage des Volkslebens gelten
laffen will, weil er im Grunde Chriftenthum und Religion
als überwundenen Standpunkt anfleht. Uebrigens fteht,
wie auch M. andeutet, die Nemefis für jenen oberflächlichen
Liberalismus, zu deffen Vorkämpfer fo auch
Minghetti wird, fchon vor der Thüre — mifcht fich doch
bereits in die jüngft verfuchte neue Parteibildung im
politifchen Leben Italiens der Begriff der katholifchen
Kirche in fehr bedenklicher Weife ein. Vielleicht ift
fchon jetzt der Zeitpunkt nahe, wo auch in der italieni-
fchen Kammer die klerikalen Elemente compact hervortreten
— im Senat find fie bereits in gröfserer Anzahl
vorhanden —: dann wird der entfeheidende Kampf
dort feinen Anfang nehmen. Ref. bedauert, dafs er
das gehaltvolle Werk M.'s nur kurz hat charakterifiren
können. Aber es wird dem Lefer klar geworden fein,
eine wie bedeutfame und eigenartige Erfcheinung der
italienifchen Literatur man hier vor fich hat. Ref. hat
es unterlaffen, gegen Einzelheiten, befonders gegen ab
und zu hervortretende allzu fchroffe oder fummarifche
Urtheile, Einfpruch zu erheben, weil es ihm zunächft
darauf ankam, den Gedankengang im Ganzen und
Grofsen zu zeichnen und er fich in dem Wefentlichen der
Auffaffung mit M. eins weifs. Sonft würde in den
verschiedenen Theilen des Buches Mancherlei, fo z. B.
das Urthcil über Leffing S. 322 A., das fummarifche
und herbe Verdammungsurtheil über die nationallibcrale
Partei in Deutfchland S. 437 f., die Darlegung über das
Princip des Culturkampfes u. a. m. feinen Widerfpruch
hervorgerufen haben.

Bonn. Benrath.

Missionsschriften.

1. Burkhardt, Dr. G. E., Kleine Missionsbibliothek. 2.

Aufl., gänzlich umgearbeitet und bis auf die Gegenwart
fortgeführt von Paft. Dr. R. Grundemann.
3. Bd. Afien. I. Vorderindien. Bielefeld 1879,
Velhagen & Klafing. (X, 340 S. gr. 8.) M. 3. 60.

2. Plath, Miflions-Infp. Privatdoc. Lic. Karl Heinr. Chrn.,
Gossners Mission unter Hindus und Kölns um Neujahr
1878. Reifebriefe. Mit dem Bilde des Stifters u.
zwei anderen Bildern. Berlin 1879, Buchhandlung der
Gofsner'fchen Miffion. (VIII, 292 S. gr. 8.) M. 3. —

Die Burkhardt'fche Miffionsbibliothek wird in
der oben angegebenen Abtheilung von Dr. Grundemann
völlig neu bearbeitet. Nur den Rahmen des
früheren Werkes hat er ftehen laffen, und fo mufste
ganz Vorderindien in einem Heft abgehandelt werden.
Jeder, der mit dem evangelifchen Miffionswerk einiger-
mafsen bekannt ift, wird zugeftehen, dafs dadurch dem
Bearbeiter feine Aufgabe fehr erfchwert ift. Denn es
fteht in gar keinem Verhältnifs zum Umfang des Mif-
fionswerks, wenn die dünn bevölkerten Polarländer
Grönland und Labrador in einem Heft, die ausfterben-
den Indianer von Amerika in einem Heft, und nun das
alte Culturland Vorderindien mit feinen 240 Millionen
Einwohnern von mannigfaltiger Mifchung, und feinen
Hunderten von Miffionaren, welche verfchiedene
Miffionsmethoden repräfentiren, ebenfalls nur in einem
i Heft behandelt wird. Da Dr. Grundemann in der
I Vorrede (S. VI) auf unfre Recenfion der früheren Hefte
(1878 Nr. 8) Bezug nimmt, aber die Haupteinwendung
nicht richtig aufgefafst zu haben fcheint, möge zunächft
ein Wort zur gegenfeitigen Verftändigung geftattet fein.
Der Titel .Kleine Miffionsbibliothek' läfst in Bezug
auf die Auswahl des Stoffs verfchiedene Anflehten zu,
wenn auch jedermann darunter ein Buch verfteht, wel-
j dies in die Miffion einführen und eine Ueberlicht über
diefclbe geben foll. Um eine andere Disciplin zu vergleichen
: eine Einleitung in das A. oder N. Teft. ift
etwas anderes als ein exegetifchcr Commentar, obgleich
beide in denfelbcn Gegenftand einführen follen. Eine Einleitung
kann ein ganz vortreffliches, gründliches Werk fein
und doch weniger Abnahme finden als ein vielleicht weniger
j forgfältig gearbeiteter Commentar, weil letzterer von
J mehr Leuten zum praktifchen Gebrauch gekauft wird.
| Wenden wir dies auf die Miffionsbibliothek an, fo entfprach
I das Burkhardt'fche Werk in feiner erften Auflage mehr
einem Commentar als einer Einleitung, d. h. es fuchte
neben einer Ueberficht über das Ganze die fchönften und
wichtigften einzelnen Züge aus der Miffionsgefchichte den
Lefern vorzuführen. Grundemann hat in den zwei erften
Heften diefe Weife beibehalten, von da an aber entfpricht
fein Werk mehr cincrEinleitung, und zwar einer vortrefflich
bearbeiteten Einleitung. Von Vorderindien nun war
es bei der gegenwärtigen Ausdehnung der Miffion gar
nicht möglich, auf 340 Seiten mehr als eine Einleitung
zu geben. Wir wünfehen und hoffen zwar, dafs das
Buch auch in feiner gegenwärtigen Geftalt viele Abnehmer
finde, und müffen es namentlich den Theologen
als das befte Mittel zur Orientirung auf dem Miffions-
gebiet wiederholt empfehlen. Ref. möchte namentlich die
Zuverläffigkeit diefes Führers hervorheben, denn er hat
Gelegenheit gehabt, zwei Miffionaren, die in verfchie-
denen Gefellfchaften gearbeitet haben, die Abfchnitte
über ihre Arbeitsfelder und den Stand ihres Werkes
vorzulefen, und beide haben erklärt , dafs die Schilderung
wahrheitsgetreu fei. Wer da weifs, wie fchwierig
für einen Fernftehenden bei aller Zuverläffigkeit der einzelnen
Berichte die Zufammenftellung des ganzen Bildes
ift, der wird diefen Vorzug nicht gering fchätzen. Trotzdem
fürchten wir, es werde die Grundemann'fche Bear-