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Ausgabe:

1879 Nr. 13

Spalte:

307-308

Autor/Hrsg.:

Herminjard, A. L.

Titel/Untertitel:

Correspondance des Réformateurs dans les pays de langue française, recueillie et publiée avec d’autres lettres relatives à la réforme et des notes historiques et biographiques. 2. éd. Tome

Rezensent:

Staehelin, Rudolf

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3°7

Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. 13.

308

übrigen, dann Bifchöfc und Weltclerus, Fürften und
Herren, die Städte, insbefondere Bafel, Strafsburg, Con-
ftanz und andere. Diefer Abfchnitt ift bei dem Umfange
der Abhandlung nothwendig fragmentarifch und konnte
auch die Zeiten nicht genügend auseinanderhalten. Der
Blick des Verfaffers ift dabei vorzüglich auf die Ausgänge
und die Totalwirkung gerichtet. Auch hier ift
in kurzem Raum durch die lebensvolle Darftellung und
Beiziehung einzelner neuer oder nicht beachteter Quellen
Lehrreiches gegeben. Wie denn überhaupt die ganze
Arbeit fich durch die bekannte frifche, geiftvolle und
fachkundige Art des Verf.'s auszeichnet, und eben weil
fie ein anfehauliches Bild giebt, nicht blofs von dem Gelehrten
gerne gelefen werden mag. In dem Rückblick
am Schluffe ift die ganze Bedeutung diefes Kampfes und
feine Wirkung für die Zukunft in glänzenden Zügen
hervorgehoben. Aber freilich ift diefe Betrachtung ähnlich
wie das Urtheil über Ludwig einfeitig. Der Gewinn
lag wohl mehr in der Auflöfung nach allen Seiten hin,
als in wirklichen fruchtbaren Lebensanfängen. Wenigstens
find die letzteren noch ganz zerftreut.

Tübingen. C. Weizfäcker.

Herminjard, A. Li., Correspondance des Reformateurs dans
les pays de langue francaise, recueillie et publiee avec
d'autres lettres relatives ä la reforme et des notes
historiques et biographiques. 2. ed. Tome I. 1512
—1526. Geneve 1878, Georg. (XIV, 495 S. gr. 8.)
M. 8. —

Wir haben es in vorliegender Schrift mit der blofsen
Titelausgabe eines Werkes zu thun, deffen erfter Band
fchon 1866, der fünfte, bis 1539 reichende, 1878 erfchie-
nen ift. Nicht einmal der Nachtrag, welchen diefer fünfte
Band durch die in ihm veröffentlichten neuentdeckten
Briefe zu den früheren und befonders reichlich eben zu
diefem erften gebracht hat, ift in ihr berückfichtigt worden,
was doch durch eine dem Regifter beigefügte Hinweifung
darauf leicht hätte gefchehen können. Immerhin wird,
wenn auch bei einem folchen Identitätsverhältnifs von
einer eingehenden Befprechung mufs abgefehen werden,
diefe Gelegenheit dazu geeignet fein, aufs Neue das
ganze Unternehmen der Beachtung aller um die Refor-
mationsgefchichte Intercffirten zu empfehlen und an den
mannigfaltigen Gewinn zu erinnern, den ihr dasfelbe
theils fchon gebracht hat, theils bei noch gröfserer Beachtung
weiter bringen wird. Schon die hier durchgeführte
Zufammenftellung der fämmtlichen der Entfteh-
ungszeit des franzöfifchen Protestantismus angehörenden
Briefe, fowohl der gedruckten wie der blofs handschriftlich
vorhandenen, gewährt eine Art der Kenntnifsnahme,
die durch keine andere erfetzt und mit keiner an Lebendigkeit
und Treue verglichen werden kann; aber es
kommt hinzu, dafs von diefen Documenten eine beträchtliche
Zahl, zum Theil von grofser hiftorifcher Wichtigkeit
, überhaupt hier zum erften Mal mitgetheilt ift —
einzig unter den 189 Briefen diefes erften Bandes befinden
fich 53 bisher noch nicht veröffentlichte — und
dafs der Verfaffer durch feine reichhaltigen, namentlich
biographifchen und bibliographischen Anmerkungen der
Veröffentlichung zugleich auch den Werth einer um-
faffenden Perfonalchronik der franzöfifchen und theilweife
auch der fchweizerifchen Reformationsgefchichte verliehen
hat. Bei der Leetüre der Urkunden ift dem Referenten
, abgefehen von den vielen für die Entstehungsgeschichte
des franzöfifchen Protestantismus werthvollen
Einzelzügen der Eindruck befonders wichtig geworden,
wie fcharf fchon in diefen feinen Anfängen feine fpätere,
gewöhnlich auf Calvin zurückgeführte Eigenart fich fühlbar
macht, fo dafs die u. A. durch von Polenz vertretene
Annahme eines urfprünglich lutherifchen Typus
desfelben angefichts diefer feiner eigenen Selbffbczeugung

vollends dahinfällt. Barel dringt fchon i524,hierin janoch entschieden
über die calvinifche Kirchenordnung hinausgehend
, auf die unmittelbare Wahl der Pfarrer durch die
Gemeinde, mufs fich aber allerdings von dem bedächtigeren
Gerard Roussel entgegenhalten laffen: presbyteros
a populo deligi mihi probaiur, sed reqidro antea populum
fieri christianum el Dei agi spiritu, qui si desit non Video
qui ita succurri possit christianae rei, cum scindatur incertum
studio, in contraria vulgus (p. 236). Und in Bezug auf

, die Abendmahlslehre, in welcher der genannte Gefchicht-
fchreiber des franzöfifchen Calvinismus zunächst jene
Wahrnehmung gemacht zu haben glaubt, bezeugt fchon
am 14. Juli 1525 der in Bafel wohnende Canonicus Pierre
Toussaint aus Metz, dafs die Mehrzahl der FranzoSn
fich Zwingli anfchlöffcn, durch deffen Auffaffung eben,
wie ein anderer diefer franzöfifchen Flüchtlinge fchon
Ende 1524 fich ausdrückt, erfit ,die Bafis und die Wurzel
des Gräuels offenbart' worden zu fein fchien (p. 310.367).
,Nicht im Waffer (der Taufe) und nicht im Brot und im

( Wein (des Abendmahles)' fagt Farel, deffen Führerfchaft
für diefe Anfänge der evangelifchen Bewegung in Frankreich
durch diefe Correfpondenz überhaupt neu ins Licht

1 gefitellt wird, in einem Brief aus dem erwähnten Anhang
zum fünften Bande, ,Sellen wir Gott Suchen, Icquel devons
chercher. dedans nous et estre sanetifiez de luy par son
sainet esperit. Et ainsi nous sanetifierons l'eau et non pas
l'eau nous et le pain aussy et le vin qui nous doy vent servir
et non pas nous a eux' (V. 400). Für die frühzeitig hervortretende
Gefetzlichkeit in der Handhabung des Schrift -
prineips endlich find die Verhandlungen lehrreich, die
zwifchen Oekolampad und Farel über die Sonntagshei-

I ligung geführt werden (Febr. 1525. p. 336).

Bafel. R. Staehelin.

Reu SS, Conserv. Rod., Pierre Brully, ancien Dominicain
de Metz, ministre de l'eglise frangaise de Strasbourg
1539—1545. Etüde biographique. Strasbourg 1879,
Treuttel & Würtz. (135 S. gr. 8.) M. 2. —

Die in diefer Biographie gefchilderte Perfönlichkeit,
Pierre Brully, dürfte den meinten der an fie herantretenden
Lefer vorher nicht einmal dem Namen nach bekannt
gewefen fein. Und doch hat der Mann fowohl als der unmittelbare
Nachfolger Calvin's und als franzöfifcher Prediger
in Strafsburg, als auch namentlich durch feine refor-
matorifche Wirkfamkeit im Südlichen Flandern und den
dicfelbe krönenden glaubensmuthigen Märtyrertod einen
wohlbegründcten Anfpruch im Andenken der evangelifchen
Kirche bleibend fortzuleben, wie denn auch deren
erfite Gefchichtfchreiber Sleidan und Crespin, die ihn
beide noch perfönlich kannten, in ihren Werken ihn ausfuhrlich
erwähnt und befonders von feiner Gefangenschaft
und feinem Tode eingehenden Bericht hinterlaffen
haben. Dagegen ift in der neueren Ueberliefcrung der
Reformationsgefchichte fein Name verfchwunden; nicht
einmal Plagenbach hat ihn erwähnt, und es ift daher als
ein dankenswerthes Unternehmen zu begrüfsen, dafs hier
der um die Gcfchichte des älteren Protestantismus auch
fonft fehr verdiente Verfaffer in einem Lebensbild, welches
fowohl durch feine einfache, aber fcffelnde Darftellung wie
durch feinen ergreifenden Inhalt unmittelbar anfpricht und
auch im weiteren Kreife der evangelifchen Gemeinde Eingang
zu finden verdient, diefe Erinnerung wieder aufgefrifcht
und zugleich die bereits vorhandene durch die wenn
auch Spärlichen Ptrgebnifse der erneuten, theils eigenen,
theils fremden Nachforfchungen erweitert hat. Was die
letzteren betrifft, konnte Sich der Verfaffer befonders
auf eine eben erfchienene Arbeit des belgifchcn Refor-
mationshiftorikers Ch. Paillard Stützen, deffen VcrdienSe
auf diefem Gebiete neuerdings auch von competenter
Seite in der Zeitfchrift für Kirchengcfchichte gewürdigt
worden find (II. 556 f., vgl. auch Bulletin hiftor. et litter.