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Ausgabe:

1879

Spalte:

249-250

Autor/Hrsg.:

Uhlhorn, Gerh.

Titel/Untertitel:

Der Kampf des Christenthums mit dem Heidenthum. Bilder aus der Vergangenheit als Spiegelbilder für die Gegenwart. 3. verm. u. verb. Aufl 1879

Rezensent:

Möller, Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung. 1879. Nr. it.

250

man hier eine Berührung durch den Paulinismus nachweifen
, und wenn es richtig in, dafs Paulus den Prä-
exiftcnten als clen himmlifchen Menfchen denkt, der Hebräerbrief
als ein nnvien divinum p. 29 (das fein Verf. übrigens
nach p. 26 trotzdem als erfchaffen denken foll), dann
mag man hier einen Einflufs der alexandrinifchen Logoslehre
muthmafsen, fo fehr der Verf. denfelben p. 30 felbft
einfchränkt. Aber find jene Prämiffen bewiefcn? Oder
hat der Verf. bewiefen, dafs ohne den Vorgang des
Paulus Niemand die Abrogation des Gefetzes lehren
konnte, zumal wenn er diefelbe im Hebräerbrief aus
einem anderen Motive ableitet, wie er p. 21 thut? Oder
wo hätte denn der Hebräerbrief die doctrina de salute
gcniilium recipirt (p. 24), die nur aus dem Paulinismus
herftammcn foll?

Oft ermangeln doch auch die biblifch-theologifchen
Darlegungen des Verf. der wünfchenswerthen Schärfe
und Begründung. Wie kann man der abrahmitifchen
Verheifsung bei Paulus die des melchifedekifchen Hohe-
priefterthums im Hebräerbrief gegenübcrftellen (p. 18),
da der Verf. felbft geftehen mufs, dafs jene auch hier
vorkommt und diefe doch in völlig anderem Zufammen-
hange als jene bei Paulus und bei ihm ? Wie fchief und halbwahr
ift die Verglcichung der Bedeutung des Sühntodes
Chrifti bei Paulus und im Hebräerbrief p. 39, wie unklar
die Behandlung des Glaubensbegriffs p. 48! Nur feiten
kommt der Verf. zu eingehender exegetifcher Erörterung
und wie ungenügend ift diefelbe oft! Um dem
Tt'/.Einiodca, wo es von Chrifto gebraucht wird, den von
ihm angenommenen unrichtigen Sinn zu vindiciren, ent-
fchliefst er fich 2, 10, nachdem er gezeigt, dafs derfelbe
eigentlich nicht pafst, zu einer erkünftelten Umdeutung
des dtc Jttt&nfldxtnr; bei 5, 9 gründet er feinen Beweis
auf die Behauptung: Salusparatur oblatione sacrificii coe-
lesti, der feine eigene Darftellung auf p. 35 {tota salus
Christi morte nititur) direct widerspricht, und bei 7, 28
hilft er fich mit einer Erklärung, welche die unzweifelhafte
Lehre des Hebräerbriefs von dem Gehorfamlernen
Chrifti völlig aufhebt. Vgl. p. 28. Auch die Art, wie
der Verf. das zu feiner Darftellung nicht paffende ave-
rty/.tiv 9, 28 befeitigt (p. 41) und die gangbare Verbindung
von 13, 7. 8 beftreitet (p. 51), ift doch recht
oberflächlich.

Doch liegt dies Alles weniger daran, dafs der Verf.
nicht die Neigung oder Fähigkeit hätte, den Dingen auf
den Grund zu gehen, fondern mehr daran, dafs er fich
eine zu umfaffende Aufgabe geftellt hat. Referent
zweifelt nicht, dafs derfelbe die von ihm begonnenen
Unterfuchungen in fruchtbarer Weife wird fortführen
können.

Berlin. Dr. Weifs.

Uhlhorn, Oberconfift.-R. Abt D. Gerh., Der Kampf des
Christenthums mit dem Heidenthum. Bilder aus der
Vergangenheit als Spiegelbilder für die Gegenwart.
3. verm. u. verb. Aufl. Stuttgart 1879, Meyer & Zeller.
(VII, 452 S. 8.) M. 6. -; geb. M. 7. —

Es wird bei diefer dritten ,vermehrten und verbef-
ferten' Auflage des bekannten Buchs nur erforderlich
fein, darauf hinzuweifen, dafs es auch in ihr feinen Charakter
treu feftgehalten hat, dafs aber der Verf. fortgefetzt
bemüht gewefen ift, die ziemlich rege Einzelforfchung
der letzten Jahre auf dem von feiner Darftellung ura-
fpannten Stücke Kirchengefchichte mit aufmerkfamem
Blicke zu verfolgen, und foweit es der nicht ftreng wiffen-
fchaftliche Charakter feines Werkes geftattete, zu berück-
fichtigen, refp. fich damit auseinander zu fetzen; dafs
alfo in der That die obige Bezeichnung der neuen Auflage
eine wohl berechtigte ift. Man wird dem Verf. eine
gefchickte Zufammenfaffung und Gruppirung eines fehr
reichen Stoffs, und neben der warmen religiöfen Auffaffung

! Gefchmack in der Darfteilung nachrühmen dürfen. Im
Ganzen möchte Ref. fagen, dafs die Stärke der Dar-

| ftellung in den Partien ruht, in denen es fich vorwiegend
um cultur- und fittcngefchichtliche Schilderung handelt,
weniger in denen, in welchen es fich darum handelt,
die innere Gedankenwelt des werdenden und fich
fiegreich behauptenden Chriftenthums zum Verftändnifs
zu bringen, was freilich auch an fich einem nicht
fachmännifchen Lefcpublicum gegenüber das ungleich
Schwerere ift.

Kiel. Möller.

Rossi, Comm. G. B. de, La Roma Sotterranea Cristiana

descritta ed illustrata, pubblicata per ordine della San-
titä di N. S. Papa Pio Nono. Tomo III. Roma 1877,
coi tipi del Salviucci. (XXIV, 752 S. LH Taf. 4.)

Bei einem fo grofsartigen Unternehmen wie das
vorliegende beanfprucht auch die Gefchichte der Ent-
ftehung und des allmählichen Fortganges der Arbeit ein
befonderes Intereffe. Neun Jahre liegen zwifchen der
Veröffentlichung des zweiten und der des dritten Bandes.
Wenn man aber in der Vorrede zu dem letztern von
den anderweitigen unauffchiebbaren Arbeiten lieft, welche
den Herausgeber mittlerweile in Anfpruch genommen
haben (S. X f.) und von den Schwierigkeiten, welche
der Durchführung feines Planes auch in Folge der veränderten
politifchen Verhältnifse in Rom entgegengetreten
find (S. IX—XI), fo wird man mit nur um fo
gröfserer Bewunderung die umfaffende Gelehrfamkeit,
den unermüdlichen Fleifs, die genaue Detailkenntnifs
und die darauf fufsende divinatorifche Combinationsgabe
betrachten, welche den Verf. in Stand fetzten, ein fol-
ches Werk faft ohne fremde Beihülfe nach dem von
ihm feftgeftelltcn Plane bis zu dem jetzt erreichten
Punkte zu fördern. Diefer Plan geht bekanntlich dahin
, das ganze grofse Gebiet der um Rom vorhandenen
altchriftlichen Coemetericn wiifenfchaftlich zu unter-
fuchen und zu befchreiben, die übrig gebliebenen künft-
lerifchen Darftellungen zu vervielfältigen, die epigraphi-
fchen Ueberrefte zu fammeln, zu veröffentlichen und zu
erklären, und fo für eine genaue Kenntnifs der römi-
fchen Katakomben in ihrer Gefammtheit zum erftenmale
eine allen Anforderungen entfprechende Darftellung und
zugleich einen zuverlässigen Führer in den fich erhebenden
Problemen zu geben.

Würde man dem Ref. die Frage vorlegen, ob de
Roffi's Werk in feiner Anlage und Durchführung fo hoch-
gefpannten Anforderungen genüge, fo könnte er im allgemeinen
nur mit Ja antworten. Die hier und da zu
Tage tretende Befangenheit des Urtheils in Fragen, wo
die dogmatifche, diseiplinarifche oder liturgifche Tradition
der katholifchen Kirche ins Spiel kommt, die nicht feiten
übermäfsige Breite auch in folchen kleinen Dingen, welche
nicht zu grofsen hinüberleiten, endlich die Unficherheit des
Verf. in der fpeeififeh kunftgefchichtlichen Beurtheilung des
Vorhandenen — alle diefe Schwächen werden reichlich
aufgewogen durch Eigenthümlichkeiten, deren Kehrfeitc
fie eigentlich find: durch eine perfönliche Theilnahme
an der Entwickelung und dem jeweiligen Beftande der
Lehren und Einrichtungen der katholifchen Kirche, grofs
genug, dafs de Roffi auch für das Entlegenfte Theilnahme
zeigt und zu wecken vermag; durch die erftaun-
lichen, wenn auch vielleicht nicht immer ficheren Ergeb-
nifse einer auch durch apologetifche Intereffen ange-
fpornten Combinationskunft; endlich durch die Solidität
der Forfchung, die fich von vornherein ihre Stützen auf
dem epigraphifchen und zeitgefchichtlichen literarifchen
Gebiete fucht und auf Folgerungen aus der lediglich
äfthetifchen Betrachtung lieber verzichtet.

Leider verbietet dem Ref. die Rückficht auf den
Raum, diefe allgemeinen Andeutungen in concreter Darlegung
durchzuführen und zu begründen. Es bleibt ihm

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