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Ausgabe:

1878 Nr. 6

Spalte:

148-149

Autor/Hrsg.:

Herzog, J. J.

Titel/Untertitel:

Real-Encyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. 2. durchg. verb. u. verm. Aufl. 2. Bd 1878

Rezensent:

Schürer, Emil

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M7

Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 6.

148

Tiefe chriftlichen Erfahrungslebens gefchöpfter Gedanken
beifammen finden. Das Schriftchen ift weder ftreng wif-
fenfchaftlich, noch in gewöhnlichem Sinn erbaulich, fondern
in einer Schreibweife gehalten, wie wir fie bei Löber,
z. Th. bei Martenfen, vorzüglich bei franzöfifchen und
englifchen Theologen finden, dem Effay auf anderem Gebiet
vergleichbar, indem die eigentlich fyftematifche Darfteilung
der dogmatifchen Gedanken vorausgefetzt und
nach einer einzelnen Seite hin befonders der ethifche
Gehalt derfelben hervorgehoben wird. Aus eigener Krankheit
und Trauer herausgeboren, ift der Grundgedanke
des Verfaffer's diefer, dafs ,als ein Chrift leiden' etwas
anderes ift, als das Leiden aufser der Gemeinfchaft mit
dem Heilande, nämlich etwas Actives, ein Wirken, eine
Arbeit, kurzum eine Verleugnung unterer felbft, bei welcher
das Kreuz aufgenommen, nicht blofs auferlegt wird. So
wird, wie bei Chriflus, alfo auch bei den Chriften in der
Gemeinfchaft mit ihm das Leiden nicht ein Hindernifs
der Herrlichkeit, fondern die nothwendige Bedingung
derfelben, infofern wir nur durch Selbftverleugnung der
Selbftverzehrung entgehen, welche fonft der Charakter
menfchlichen Lebens ift, und itatt des Lebens, welches
wir dahingehen müffen, ein bleibendes gewinnen. Die
Darftellung ift bei aller Nüchternheit überreich an Beziehungen
zur biblifchen, wie zur Kirchen- und Weltge-
fchichte: trotz manches Bedenklichen im einzelnen —
wie wenn gefagt wird, dafs auf ihrer höchften Stufe Kunft
und Chriftenthum nothwendig auseinander gehen müffen,
oder die fchwarze Farbe des Erdbodens mit der Sünde
in Zufammenhang gebracht wird — ein fortlaufender
Commentar für das, was einmal ,das aufgedeckte Angefleht
Chrifti hinter den Dingen der Welt fehen' genannt
wird. Das Büchlein gehört zu denen, welche fich nicht
excerpiren laffen; es will gelefen fein, wenn man nur
einen flüchtigen Eindruck von feiner Art und Gedankenfülle
gewinnen will.

Leipzig. Härtung.

Zimmermann, weil. Prälat Dr. Karl, Der Gustav-Adolf-
Verein nach seiner Geschichte, seiner Verfassung und
seinen Werken. Aus dem Nachlaffe des Verdorbenen
herausgegeben von feinem Sohne Dr. Wilh. Zimmermann
, Reallehrer. Mit einem Geleitworte von Dr.
Fricke in Leipzig. Darmdadt 1878, Zernin. (XII,
339 S. gr. 8.) M. 3- 60.

,Neben den laufenden Arbeiten für den Verein waren
feine letzten Sorgen und Mühen auf die Vervolldändig-
ung diefes Werkes gerichtet gewefen. Wir dürfen fagen,
dafs der Tod ihm dabei die Feder aus der Hand genommen
. Aufser der letzten Feile des Letzten war eben
die Arbeit vollendet. Es wird ihm eine füfse letzte
Freude gewefen fein. Id doch fein Leben, wie das
keines Anderen mehr, neben dem Amte der Förderung
des Vereins gewidmet gewefen. — Seine ganze Liebe
undAufmerkfamkeit, fein ganzer Menfch gehörte dem Vereine
in feiner Totalität wie in der Einzelheit feiner Arbeit
. Er hat den Verein entdehen, wachfen, mit fich
verwachfen fehen; ficher kein Tag id vergangen, wo
nicht neue Arbeit für den Verein und in ihm die Ver-
• trautheit mit feinem Stande und mit feinen Aufgaben
ihm erhalten und erweitert hätte. So id denn diefe nun
vollendete Arbeit des Gefchiedenen die fchönde Palme,
die auf fein Grab gelegt werden konnte'. Mit diefen
Sätzen feines ,Geleitwortes' hat der gegenwärtige Vorfitzende
des Centralvorftandes des G. A. V. treffend
ausgefprochen, wie es dem Verf. felbd noch vergönnt
war, in dem vorliegenden Werke die Summe feiner
Iiebften, eifrigden und gefegnetden Lebensthätigkeit zu
ziehen. Aber er hat damit auch für die Zukunft Allen,
welche für die Arbeit des G. A. V. fich intereffiren, das
bede Hilfsmittel zur Orientirung und zu anregender Belehrung
gegeben. Von ganz befonderem Intcreffe id
die Gefchichte der Entdehung und feitherigen Entwickel-
ung des Vereins (S. 1 —71), welcher bekanntlich durch
eine Verbindung der fchon 1834 condituirten G. A.

j Stiftung in Dresden und Leipzig mit den durch Zimmer-

I mann's Aufruf vom 31. October 1841 neu entdandenen
Vereinen feine gegenwärtige Gedalt erhalten hat. Hierauf

| folgt die Dardellung der Verfaffung und der Statidik
des Vereins (Centralvordand, Vereinsvermögen, General-
verfammlungen, Haupt- und Zweigvereine u. f. w. S. 71—
276), fowie der befreundeten und ähnliche Zwecke ver-

i folgenden Vereine im Aus- und Inlande (S. 276—288).

j Daran reiht fich endlich eine Ueberficht desjenigen, was
der Verein für evangelifche Gemeinden in der Diafpora

| gethan, durch Reifeprediger und Reifelehrer, durch die
Fürforge für die Wittwen und Waifen von Pfarrern und
Lehrern, durch Erbauung von Kirchen, Schulen, Confir-
mandenanftalten, Pfarrhäufern, PViedhöfen (S. 288—337).
Sieht man da, wie feit kaum mehr als einem Menfchen-
alter der Verein und feine gefegnete Arbeit, aber auch
fein Arbeitsfeld weit über die kühnften Erwartungen
feiner Begründer hinaus gewachfen ift; fo erfcheinen die
Hoffnungen auf die Zukunft des Vereins, mit welchen
der Verf. fchliefst (S. 337—339^, als wohlbegründet. Es
liegt in der Natur eines folchen Werkes, dafs einzelne Angaben
, namentlich infofern fie fich auf Zahlen beziehen,
trotz aller aufgewandten Mühe und Sorgfalt Berichtigungen
zulaffen. Diefe aber gehen in einem folchen Falle
am beften von Denen aus, auf deren Verhältnifse eine
etwaige nicht ganz genaue Angabe fich bezieht, und fie
werden von diefer Seite dem Herrn Herausgeber zum
Behufe einer 2. Auflage nicht vorenthalten werden. Hier
dürfen wir uns darauf befchränken, das Buch allen Freunden
der Vereinsfache, welcher es dienen will, auf das
wärmfte zu empfehlen. Auch die Gegner werden daraus
viel Nützliches lernen, wenn fie es über fich gewinnen
können, es mit der erforderlichen Unparteilichkeit zu
lefen und einer ernften Ueberlegung zu unterziehen.

Leipzig. G. Baur.

Herzog, Prof. D. J. J., und Prof. D. G. L. Plitt, Real-
Encyklopädie für protestantische Theologie und Kirche.

Unter Mitwirkung vieler proteftantifcher Theologen
und Gelehrten in zweiter durchgängig verbefferter
und vermehrter Aufl. herausgegeben. 2. Bd. Aurelian
bis Bundeslade. Leipzig 1878, Hinrichs. (802 S.
Lex.-8.) M. 10. —; geb. M. 12. —

Von der rüftig fortfehreitenden neuen Aufl. der Pro-
teftantifchen Real-Encyklopädie liegt hiermit bereits der
zweite Band abgefchloffen vor. Da wir fchon beim Erfcheinen
des 1. Bandes das Verhältnifs diefer neuen Aufl.
zur erften näher befprochen haben (Theol. Litztg. 1877,
Nr. 17), fo befchränken wir uns hier darauf, nur im Allgemeinen
die Bemerkung zu wiederholen, dafs die neue
Auflage fich wefentlich von der alten unterfcheidet, indem
über die Hälfte der Artikel von andern Verfaffern neu bearbeitet
worden ift; fo auch in diefem Bande gleich auf den
erften Bogen die Artikel: Ausfatz (Orelli), Auftralien
(Herrn. Wagner), Azazel (Volck), Albert von Riga (Plitt),
Baal (Baudiffin), Babel, Babylonien (Volck), Baden
Mühlhäufser), Bader (Gelbert), Bahrdt (Tfchackert), u.
f. w. Einen gröfseren Artikel über chriftlichc Baukunft
hat der verftorbene Clem. Brockhaus geliefert (S. 135—-
157). Neu find von gröfseren Artikeln auch diejenigen
über: Beichte (Zezfchwitz), Benedict, Päpfte (Zoepffcl),
Beza (Heppe), Bibeltext des N. T. (ftark revidirt v. Gebhardt
), Biblifche Theologie (Kähler), Böhme (Hamberger),
Bonifacius, Päpfte (Zoepffel), Breitinger (Karl Meyer,,
Brüder, böhmifche (Zezfchwitz), Brüder des gemeinfamen
Lebens(Hirfche), Bugenhagen (Plitt., Bullinger (Juftus Heer).
— Der Artikel von Hirfche über die Brüder des gemeinfamen