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Ausgabe:

1878 Nr. 5

Spalte:

124-125

Autor/Hrsg.:

Zöckler, Otto

Titel/Untertitel:

The Cross of Christ: Studies in the history of religion and the inner life of the church 1878

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 5.

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ein vorhandenes Bedürfnifs befriedigen. Gewifs dürfte
dies bei der erftgenannten der Fall fein, infofern
diefelbe in umfaffenderer Weife, als bisher gefchehen,
durch Eingehen auf die Paftoraltheologie nach Theorie
und Praxis den Intereffen des geiftlichen Amtes dienen
will, Der Standpunkt ift der pofitiv evangelifche, unter
Ausfchlufs extremer Richtungen. Sowohl das Verzeich-
nifs der Mitarbeiter, zum grofsen Theil Württemberger,
aber auch fonft bedeutende Namen aus Nord und Süd,
als die bisher in drei Monatsheften gelieferten Arbeiten
beweifen, dafs die Sache in gute Hände gelegt ift. Das
Blatt bringt I) wiffenfchaftlich-praktifche Abhandlungen
(bis jetzt ,Die Predigt und die Perfönlichkeit des Predigers'
von Oofterzee und ,Der Geiftliche und die apologetifchen
Beftrebungen unfrer Zeit' von Kirchner in Magdeburg),

II) kurze Predigten, Meditationen, Katechefen u. f. w.,

III) paftorale Mittheilungen, IV) Bücherfchau. So ent-
fprechend diefe Rubriken an fich find, fo ift doch der
Schwerpunkt zu einfeitig in die zweite gelegt (im 1. Heft
30 Seiten von 48). Denn abgefehen davon, dafs zum'
homiletifchen Studium die Leetüre von einzelnen, hier
und da zufammengetragenen, noch fo trefflichen einzelnen
Arbeiten von zweifelhaftem Werth ift, mufs es nicht
mindeftens nach aufsen bedenklich erfcheinen, wenn den
Predigten und Entwürfen principiell zunächft die Peri-
kopen der nächftfolgenden Sonntage zu Grunde gelegt
find? Möchten unter Nr. II befonders Auffätze, wie die
von Kübel ,Bemerkungen zu einer Katechefe über das
Kirchenjahr', Heft 1, oder von Lang über den Confir-
mandenunterricht, H. 3,' ihren Platz finden, und dann III) j
reichlicher bedacht werden — letzteres freilich, weil vielfach
eine Sache zartefter Discretion, leichter gefagt, als |
gethan —, die Zeitfchrift würde ihrem Zweck gewifs
beffer dienen.

Die an zweiter Stelle genannte will im Intereffe
evangelifcher Freiheit, ,welche darin befteht, dafs Gläubige
in der Rede Chrifti bleiben' und von felbft Schwärmerei
und Irrthum ausfchliefst, fich zurechtweifen laffen
und zurechtweifen. In zwei Irrthümern fieht fie vor
anderen den Grundmangel unferes kirchlichen Lebens, in
falfchen eschatologifchen Anfchauungen nach Conf. Aug.
17, und in der Abfchaffung der Selbftcommunion des
Geiftlichen. Letztere insbefondere, ohne die der facra-
mentale Lebenszufammenhang des Geiftlichen und mittelbar
der Gemeinde mit Chrifto Schaden leiden müffe, ift
der Herausgeber beftrebt, wieder einzuführen, in einer,
man mag zu der Frage ftehen, wie man will, ihre Bedeutung
weitaus überfchätzenden Weife. Mit reicher
Schriftkenntnifs, zum Theil in Geht Beck's, ausgeftattet,
hat fich derfelbe abfeits von der Heerftrafse theologifcher
Richtungen angefiedelt, freilich auf die Gefahr hin, dafs
darum unter diefen feine Stimme wenig gehört werde.

Leipzig. Härtung.

Luthardt, Domh. Konfilt.-R. Prof. D. Chrph. Ernst,
Gesammelte Vorträge verfchiedenen Inhalts. Leipzig
1876, Dörffling & Franke. (VI, 414 S. gr. 8.) M. 6. —

Die vorliegende Sammlung von Vorträgen, die bei
verfchiedenen Gelegenheiten, theils vor einem gemifchten
Publicum, theils bei Paftoralconferenzen und Vereinsfeften
im Verlauf der Jahre 1863 — 75 gehalten und nun zu
einem Sammelband vereinigt find, bildet eine willkommene
Ergänzung zu den weitverbreiteten ,apologetifchen
Vorträgen' desfelben Verfaffers. Vieles, was in den
letzteren der Natur der Sache nach nur kurz angedeutet
werden konnte, findet hier in den beiden erfien Ab-
fchnitten ,Biblifches' und , Kirchliches' feine weitere
Ausführung. Die letzten acht Vorträge, die unter der
Rubrik ,Kunft- und Iuteraturgefchichtlich.es' zufammen-
gefafst find, berühren infofern auch das Gebiet der
Apologetik, als es fämmtlich Gegenftände der kirchlichen
Kunft find, die hier zur Sprache kommen. Wenn trotz

der bunten Mannigfaltigkeit der Themata die Sammlung
einen einheitlichen Eindruck macht und wie aus einem
Guffe erfcheint, fo liegt der Grund darin, dafs der Verf.
jedem Gegenftand, den er behandelt, den Stempel feiner
Perfönlichkeit aufzudrücken weifs. Ob er ein fpeeififeh
dogmatifches Thema wie die Auferftehung des Fleifches
oder die Erfcheinungen des Auferftandenen im Kreife
feiner Jünger behandelt, ob er, in die praktifche Ethik
hineingreifend, von der focialen Bedeutung der innern
Miffion oder dem Dienft der Frauen redet, ob er Thor-
waldfen's Marmorftatuen oder die gemüthvollcn Holz-
fchnitte und Kupferftiche Dürer's, des ,deutfchen, reli-
giöfen, gedankenhaften Künftlers' fchildert, in jedem
Vortrag fühlt man den warmen Pulsfchlag innerfter
Ueberzeugung. Es ift nicht der kühl abwägende und
prüfende Gelehrte, der hier redet, fondern der gereifte
Mann, der, was ihm in langjähriger, vielfeitiger, wiffen-
fchaftlicher Arbeit zur Ueberzeugung geworden und in
Fleifch und Blut übergegangen ift, hier mit begeifterten
Worten vor dem Hörer entfaltet. Darin liegt neben der
geradezu klaflifchen Darftellung, die fchon an den apologetifchen
Vorträgen fo vielfach gerühmt worden ift,
die Stärke diefer Vorträge. Darin liegt aber zugleich
die Anfechtbarkeit einzelner Behauptungen. In der Darfteilung
,der Eigentümlichkeit unferer Evangelien' (1),
in dem Vortrag über ,die Bedeutung der Lehrcinheit für
die lutherifehe Kirche der Gegenwart' möchte Ref. zu
manchem Satze ein Fragezeichen hinzufügen. Andere
werden vielleicht Anderes beanftanden. Dennoch darf
dem Verf. kein Vorwurf daraus gemacht werden, dafs er
bei dem angegebenen Zweck feiner Vorträge auf einen
detaillirten wiffenfehaftlichen Nachweis verzichtet. Er
ftelltfich von vorneherein mit feinem Buch auf den Standpunkt
Taffo's: ,Und wie der Menfch nur fagen kann:
hier bin ich, fo kann ich auch nur fagen: nimm es
hin' und fchliefst damit der Kritik im Einzelnen den
Mund. Aber auch diejenigen, welche gegen diefe oder
jene Aufftellung ihre Bedenken nicht unterdrücken können,
werden diefen Vorträgen, unter denen wir den beiden
über Albrecht Dürer den Preis zuerkennen, mit Genufs
folgen; und namentlich möchten wir fie allen gebildeten
chriftlichen Familien als eine Geift und Gemüth in gleich
hohem Grade anregende Hauslectüre aufs Angelegent-
lichfte empfehlen.

Nuffe. H. Lindenberg.

Die Bdd. 230—254 der Bibliothek der Kirchenväter
(herausgegeb. v. V. Thalhofer, Kempten, Köfel'fche
Buchhandlung; vgl. Theol. Lit.-Zeitg. 1877 Nr. 15 Col.
435 f.) enthalten Ueberfetzungen der Werke des Gregor
v. Nazianz (Bd. 232. 233. 244. Nr. 5—7: ausgewählte
Reden überf. v. J. Röhm), des Bafilius (Bd. 236. 237.
245. 246. Nr. 7 — io: Regeln überf. v. V. Grone), Ori-
genes (Bd. 234. 235. 247. 248. Nr. 12 — 15: Fortfetzung
der Schrift c. Cels. bis zum VIII. B.), Auguftin (Bd.
238—240. 249. 250. Nr. 32—36: Erklär, des Joh. Ev. überf.
v. H. Hayd [noch unvollendet]), und des Caffian (Bd.
251. 252. Nr. 1. 2: V. d. Einrichtung d. Klöfter überf. v.
A.Abt). Aufserdem ift in den Bdd. 230. 231. 241—243.
253. 254. (Nr. 14—20) die Ueberfetzung der ,Briefe der
Päpfte' (Briefe Leo's I.) weitergeführt.

Zöckler, C1., Professor, The Cross of Christ: Studies in
the history of religion and the inner life of the church.
Translated, with the co-operation of the author by
the Rev. Maurice J. Evans, B. A. London 1877,
Hodder & Stoughton. (XXXII, 447 S. gr. 8.)

Die in vieler Hinficht lehrreiche und dankenswerthe
Monographie Zöckler's über die Gefchichte des Kreuzes
(vgl. Theol. Lit.-Zeit. 1876 Nr. 16 S. 415 f.) ift durch diefe
Ueberfetzung auch englifchen Lehern zugänglich gemacht
worden. Die Ueberfetzung fchliefst fich enge an