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Ausgabe:

1878 Nr. 25

Spalte:

617-618

Autor/Hrsg.:

Thiersch, Heinr. W. J.

Titel/Untertitel:

Die Bergpredigt Christi und ihre Bedeutung für die Gegenwart. Neue Bearbeitung 1878

Rezensent:

Hartung, Bruno

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 25.

618

dener dagegen auch im Fall des Ehebruchs für den un-
fchuldigen Theil für unftatthaft — theils wendet er fich
gegen Heidenthum und Pharifäerthum in der Gemeinde,
theils wird im Lichte des bekannten Standpunktes des
Verf.'s die Zeit betrachtet und die Schrift ausgelegt, in
Beziehung auf die nahe Wiederkunft des Herrn, die Ver-
faffung der Kirche mit ihren Aemtern aus der apoftoli-
fchen Zeit, das neuerwachte Prophetenthum. Doch ift
weder die Exegefe in den Rahmen diefer Anfchauungen
hineingezwängt, noch treten diefelben überhaupt in einer
Weife hervor, welche felbft den erbaulichen Gebrauch
für Andersdenkende unmöglich machte. Dafs fich viele
treffende Auslegungen, geiftvolle Gedanken, im betten
Sinn anregende Stellen finden, war von dem Verf. nicht
anders zu erwarten. Von der modernen Schrifttheologie
hält derfelbe nicht viel. Doch zieht fich Rückfichtnahme
auf ihre Fragen und Ergebnifse unausgefprochen durch
das Ganze hindurch. Da jedoch bei dem durchaus
praktifchen Charakter des Schriftchens eine wiffenfehaft-
liche Erörterung nicht gegeben wird, fchien ein Eingehen
auf die Exegefe im Einzelnen nicht am Platze zu fein.

Leipzig. Härtung.

Das Gebet des Herrn dem Volk erklärt. Bern 1878, Dalp.
(83 S. 8.) M. i. —

Das Vaterunfer gehört zu dem Wenigen, wenn es
nicht das Einzige ift, was der Herr feinen Jüngern fo
zu fagen formulirt übergeben hat. Daher die Hingabe,
welche hier in ganz befonderer Weife der Deutung
jedes einzelnen Wortes zu fchenken ift. Auch der
Verfaffer gegenwärtiger Erklärung ift fich deffen bewirfst
. Er giebt in Betrachtungen zu den einzelnen
Bitten mit Vorliebe concrete Bilder aus dem Volksund
Familienleben, infofern an Stolz erinnernd, aber
auch nur infofern, ohne deffen Originalität, aber auch
ohne feine Derbheit, von einem Standpunkt aus, welcher
dem Schleiermacher'fchen verwandt ift. Doch
tritt das Dogmatifche meift zurück. Die Sprache ift
edel und poctifch, öfters von Sentimentalität nicht frei,
wie wenn der Gang nachGethfcmane ,hinaus in die fchöne
Frühlingsnacht' gefchildert wird, eine Scene, welche
wahrlich folchen Ausputzes nicht bedarf. Ueberhaupt
ift ein wenig zuviel von Morgen und Frühling, von Sonne
und Nebel und Thränen u. f. w. die Rede, zu viele
fchöne Stellen. Eine Auslegung des Vaterunfers will
mehr Kern haben. Doch finden fich vortreffliche Partien
, wie die Erklärung der vierten Bitte. Der tief
religiöfe Geift, der durch das Ganze geht, der finnige
Blick für Natur und Leben, das warme Herz für die
Schäden des Volkes und ihre Heilung, die oft ergrei-
Thiersch, Heinr. W. J., Die Bergpredigt Christi und ihre fenden Schilderungen bewirken, dafs man das Büchlein
Bedeutuno- für die Gegenwart. Neue Bearbeitung, von Anfang bis Ende mit Spannung durchlieft und
Augsburg 1878, Preyfs. Will, 108 S. 8.) M. 1. 80. innerlich erwärmt aus der Hand legt. ■

Die Bergpredigt Chrifti, eine gewaltige Vorarbeit für Leipzig.___Härtung.

das, was der heilige Geift feit dem Pfingftfeft thut, Frhfliiunnsliteratur

hat die Abficnt, die Gebote Gottes in uns zur Wahrheit Zur Erbauungsliteratur.

und Wirklichkeit werden zu laffen. Die Zeit, in der fie I. Kolde, Paft. C. Ad., Gebetswort mit Gotteswort auf

gehalten, hat grofse Aehnlichkeit mit der unferen in den alle Tage des Jahres. Jungen Chriften dargeboten.

fittlichen Zuftänden des Volkslebens, in den Forderungen Hamburg 1876, Agentur des Rauhen Haufes. (VIII.

des Gottesreiches, darin zumal, dafs, wie damals die erfte c ö| f., _u «.

Ankunft Chrifti erfolgt, nunmehr feine Wiederkunft nahe 4<>3 b- Sr- l6-) —' Seb- 2- 2°-

ift. So follen wir daraus lernen, wie ein Chrift und eine Ein recht empfehlenswerthes kleines Büchlein. Es

Gemeinfchaft von Chriften wandeln foll, um vor feinem enthält kurze Gebete auf alle Tage des bürgerlichen
Tage zu beliehen. Es wird nun eine fortlaufende er- Jahres, fowie befondere für Sonn- und Feiertage und für
bauliche Erklärung der Bergpredigt gegeben, in 17 Ab- einzelne perfönliche Verhältnifse. Diefelben fchliefsen
fchnitten deren jedem einige paffende Liederverfe bei- fich in der Regel an einen kurzen Bibelfpruch an, öfters
gefügt find. Die Bedeutung für die Gegenwart wird ift auch ihre Stelle vertreten durch einen paffenden Lie-
dabei theils durch Rückfichtnahme auf befonders bren- dervers oder einen Pfalm, in welchem die weniger ver-
nende Fragen, wie die Eidesleiftung und Ehefcheidung, Handlichen Verfe ausgelaffen find. Der Ton diefer Ge-
hervorgehoben — den bürgerlichen Eid hält der Verf. bete ift herzlich und kindlich, die Sprache einfach und
nunmehr für erlaubt, die Wiederverehelichung Gefchie- i dem kindlichen Verftändnifs entfprechend. Der Verf.

der reformirten Kirche von Chäteauroux und zur Einführung
des erften evangelifchen Pfarrers an diefem Orte.
Ein katholifcher franzöfifcher Hauptmann hatte als Gefangener
in Deutfchland den evangelifchen Glauben kennen
und lieben gelernt; er vermachte in feinem Tefta-
mente einen beträchtlichen Theil feines Vermögens den
Proteftanten feiner Heimathftadt Chäteauroux, mit der
Beftimmung, dafs davon eine proteftantifche Kirche da-
felbft gebaut werde, was mit Hülfe der societe des prote-
stants dissemines (des franzöfifchen Guftav-Adolf-Vereins)
gefchah. Die Arbeit von Dhombres hat nicht nur in
Erankreich, fondern auch in Holland, wo der Verfaffer
bekannt ift, und in England ihren Leferkreis gefunden;
auch in Deutfchland wird man gewifs feine Predigten
und Homilien gerne lefen.

Neuwied. G. Loh mann.

1. Ahlfeld, Paft. D. Friedr., Was können wir thun, damit
unserem Volke aus den grossen Jahren 1870 und
1871 ein geistliches Erbe verbleibe? Vortrag auf der
Berliner Conferenz den 10. October 1871 gehalten.
3. Aufl. Leipzig 1878, Hinrichs' Verl. (34 S. gr. 8.)
M. — 40.

2. Fünf Ansprachen, bei dem aufserordentlichen Trauer-,
Dank- und Bitt-Gottesdienft am 5. Juni 1878 zu Leipzig
in den vier Pfarrkirchen und der Univcrfitätskirche
gehalten von den DD. Lechler, Ählfeld, Fricke,
Evers und Baur. Leipzig 1878, Hinrichs' Verl.
(43 S. gr. 8.) M. 1. —

Der auf der Octoberverfammlung zu Berlin 1871
gehaltene Vortrag von Ahlfcld bedarf bei feinem wiederholten
Erfcheinen nicht der Empfehlung, fondern
nur der Ankündigung. Anlafs zu der neuen Ausgabe
haben die Vorgänge des Sommers gegeben, welche zeigen
, wie wenig Bleibendes aus jener Zeit zurück geblieben
, und die oben geftellte PTage, welche hier durch
Eingehen auf die einzelnften concreten Lebensverhält-
nifse von oben bis unten beantwortet wird, von neuem
nahe legen. — Von gleichem Geift find die in den 4
Parochialkirchen und der Univerfitätskirche zu Leipzig
gehaltenen Predigten getragen. Sie geben treu die
Stimmung jener Tage wieder, fchlagen mit Ernft den
Ton der Bufse an und follen, auf vielfeitigftes Verlangen
gedruckt, den Taufenden, welche fie gehört haben, eine
bleibende Erinnerung und Mahnung fein.

Leipzig. Härtung.