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Ausgabe:

1878

Spalte:

601-604

Autor/Hrsg.:

Nägelsbach, Carl Wilh. Ed.

Titel/Untertitel:

Der Prophet Jesaja. Theologisch-homiletisch bearbeitet 1878

Rezensent:

Kautzsch, Emil

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung,

Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schür er in Giefsen.
Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jahrlich 16 Mark.

N°- 25. 7. December 1878. 3. Jahrgang.

Nägelsbacli, Der Prophet Jefaja [Lange's Theol.-
homilet. Bibelwerk, A.T. l4.Thk] (Kautzfeh).

Friedländer, Patriftifche und talniudifche Studien
(llarnack).

Soyres, Montanism and the primitive church
(Harnack).

MonumentaSyriaca ex Romanis codicibus collecta,

ed. Mösinger, 2 voll. (Neflle).
Janffen, Gefchichte des deutfchen Volkes feit

dem Ausgang des Mittelalters, I. Bd. (Pütt).

II off mann, Leben und Wirken des Dr. Ludwig
Friedrich Wilhelm Iloffmann, I. Hälfte
(Lindenberg).

Zimmer, Johann Gottlieb Pichte's Religions-
philofophie nach den Grundzügen ihrer Ent-
Wickelung dargeftellt (Pünjer).

Holtzmann, UeberFortfehritte undRückfchritte
der Theologie unferes Jahrhunderts (Lipfius).

Frick, Das Wefen der wahren Bildung (Wetzel).

Niemann, Ueber falfche und wahre Volksbildung
(Derf.).

Dhombres, Sermons et HomeTies (Lohmann).

Ahlfeld, Was können wir thun etc. ? (Härtung).

Fünf Anfprachen etc. vonLechler, Ahlfeld, Flicke,
Evers und Baur (Derf.).

Thierfch, Die Bergpredigt Chrifti und ihre
Bedeutung für die ^Gegenwart. Neue Bearbeitung
(Härtung).

Das Gebet des Herrn dem Volk erklärt (Härtung
).

Zur Erbauungsliteratur (Wetzel).

Nägelsbach, Pfarrer Dr. Carl Wilh. Ed., Der Prophet

Mit diefen Grundfätzen fcheint nun allerdings dem Ref.
§ 3 (die fchriftftellerifche Thätigkeit und das Buch des
Jesaja. Iheologifch-homiletifch bearbeitet. [Lange s propheten) fehr wenig im Einklang zu ftehen. Wie einige
Theol.-homilet. Bibelwerk, A.T. 14. Theil.] Biele- j frühere Exegetenifl Nägelsbacli den handgreiflichftenThat-
feld 1877, Velhagen & Klafing. (XXXV, 792 S. j fachen zum Trotz von der Ueberzeugung beherrfcht, dafs
o-r. 8.) M. 10. _ wif m dem gegenwärtigen Buch Jefaja eine wohlgeordnete
Sammlung von des Propheten eigner Hand befitzen
Mitdiefem i4.Tb.eile desA. Ted. ift nunmehr das 1856 j (über geringfügige Ausnahmen f. u.), nur dafs im 1. Th.
begonnene Lange'fche Bibel werk in 36 Theilen (20 A. jm ganzen mehr das Prinzip der Sachordnung, als das

Teft., 16 N.Teft.) completgeworden. Nägelsbach hatte fich
bisher nur durch die Bearbeitung des Jeremia und der
Klagelieder (15. Theil, 1868) an dem Unternehmen betheiligt
; mit der vorliegenden Bearbeitung des Jefaja
hat er dem ganzen Werke einen würdigen Abfchlufs
gegeben. Zu diefem Urtheil fühlt fich Ref. gedrungen,
obwohl er faft in allen kritifchen Fragen, die bei diefem
Buche auftauchen, einen andern Standpunkt einnimmt,
als der Verfaffer. Dies hindert jedoch nicht die Anerkennung
, dafs die Arbeit Nägelsbach's auf einer ebenfo
gründlichen, als felbftändigen (bisweilen, wie bei Jef. 7, 14,
nur zu eigenthümlich felbftändigen) Durcharbeitung des
Stoffs, eingehender Benutzung der neueften Literatur
und dazu faft überall wenigftens auf dem Streben nach
wahrhaft hiftorifch-grammatifcher Exegefe beruht.

Die Einleitung (S. IX-XXXV) behandelt zuerft den
zeitgefchichtlichen Hintergrund. Der Verf. hat hier, wie
auch fpäter im Commentar, von der Keilfchriftenforfch-
ung nach Schräder einen befonnenen Gebrauch gemacht;
er fetzt die Invafion Sanherib's in das Jahr 700 und nimmt
urfprüngliche Beziehung der Zeitangabe 36, I (14. Jahr
des Hiskias) auf die Cap. 38 und 39 erzählten Vorgänge
an. Die eigentliche Wirksamkeit des Propheten begann
nach S. Xa erft unter Achas, während die 16 Jahre Jotam's
wohl eine Periode innerer Sammlung und Vorbereitung
gewefen feien. Die Verlegung von Jef. 2—5 in die Zeit
des Achas berechtigt jedoch nur zu dem Schlufs, dafs
wir aus der Zeit Jotam's nichts Schriftliches von dem
Propheten befitzen. In § 2 befpricht der Verf. die Per-
fon und die prophetifche Thätigkeit Jefaja's. Hier erfcheint
dem Ref. das Bedenken (S. XIb) gegen die
Eaffung des Namens ,salus Jovac' ungegründet, fo lange
der analoge st. c. SftJJ Jef. 5, 7 nicht bcanftandet werden
kann; die von Nägelsbach für möglich gehaltene Eaffung
von 5"3- als einer caufativen Verbalform fcheitert fchlech-
terdings an der Etymologie und dem Sprachgebrauch.

der chronologifchen Ordnung vorwaltet' (S. XVIb). Um
diefe Fiction zu begründen, fcheut fich der fonft fo be-
fonnene Verf. nicht vor den künfHichffen Hypothefen.
So foll Cap. 1—6 ,den grofsen, auf das ganze Buch bezüglichen
, dreifachen Introitus' enthalten. Dafs <tn diefer
,kunftreich komplizirten P"orm des Eingangs' die Prophetenweihe
errt an dritter Stelle fleht, wird S. 2a damit
begründet: ,dafs Jefaja nicht blos die Berufung annimmt,
fondern fich felbfl anbietet, ift etwas fo Ausserordentliches
, dafs man fich wohl vorftellen kann, warum er
diefe Erzählung nicht an die Spitze feines Buches Hellen
wollte'! Auf den dreifachen Introitus folgen Cap. 7—39
in fünf Unterabtheilungen, natürlich ohne Ausnahme
echte Orakel; zur 2. Abtheilung (13—27) gehört Cap.
21 — 22 als libellus emblematicus und 24—27 als Finale
oder libellus apocalyptictis. Wenn nur mit diefen finnreichen
Namen etwas zur Hebung des Bergs von Schwierigkeiten
beigetragen wäre, der fich bei Cap. 24—27 auf-
thürmt! ,Die Cap. 36—39 flammen höchfl wahrfcheinlich
aus einer Aufzeichnung Jefaja's', die in anderer, d. h.
der richtigen chronologifchen, Ordnung vorlag. S. 378 f.
bekennt fich der Verfaffer zu der Ueberzeugung, dafs
der Paralleltext 2 Kön. 18 f. der ältere und beffere fei.
Die Abweichungen des Jefaiatextes dürften fich nach
S. 380" daraus erklären, ,dafs der Prophet felbfl angeordnet
(?) habe, dafs fein gcfchichtlicher Bericht nicht
abfolut unverändert in das Weisfagungsbuch aufzunehmen
fei, fondern dafs eine dem Zweck desfelben ent-
fprechende Umftellung der Begebenheiten und Kürzung
des Textes einzutreten habe'. Der Verf. fcheint dabei
zu überfchen, dafs er mit diefer Auskunft einer nach-
jefajanifchen Redactionsthätigkeit, die noch dazu ,wohl
nicht ganz im Sinne des Propheten' gefchehen fein foll,
feinem Grundfatz von der planmäfsigcn Redaction des
ganzen Buches durch Jefaja in bedenklicher Weife wider-
fpricht. — Nach dem oben Bemerkten verlieht fich von

S. XV" bekennt fich der Verf. zu dem Kanon ,dafs jede , felbfl, dafs fich jj 4 (Authentie und Integrität des Buches)
Weisfagung ihren hiftorifchen Grund und Boden haben | zu einer Abweifung aller kritifchen Bedenken geftalten

und dafs Form und Inhalt der Weisfagung hiermit im
Einklang ftehen mufs'; fodann: ,echte Weisfagung wird
im allgemeinen nie auf fpezielle Prädiktion fich einlaffen'.

mufste. Wenn dem entfprechend auch die Authentie
von Cap. 40—66 eifrig von dem Verf. vertheidigt wird,
fo würden wir darüber an fich nicht mit ihm rechten.

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